Anmerkungen zu einer pädagogischen Hermeneutik [Textkritische interaktive Ansicht mit a als Leittext]
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Anmerkungen zu einer pädagogischen Hermeneutik

[086:1] 1924 schrieb Rainer Maria Rilke in ein Exemplar seiner
Duineser Elegien
für Frau Kröller in Den Haag das folgende Widmungsgedicht:
[086:2]
Nach so langer Erfahrung sei
Haus
,

Baum
oder
Brücke
anders gewagt;

immer dem Schicksal eingesagt,

sag es sich endlich aus!

Daß wir das tägliche Wesen entwirrn,

das jeder anders erfuhr,

machen wir uns ein Nachtgestirn

aus der gewußten Figur.
1
|A 135||B 120| 1U. Fülleborn/M. Engel (Hg.): Materialien zu Rainer Maria Rilkes
Duineser Elegien
, Frankfurt/M. 1980, S. 313 f.
AB
[086:3] Dieses Gedicht ist nicht nur eine Deutung später Bilder van Goghs2
|A 135||B 120|2Diesen Hinweis und die historisch-philologische Begründung dafür verdanke ich einem Vortrag des niederländischen Germanisten H. Meyer im Wintersemester 1984/85 im Literaturwissenschaftlichen Kolloquium an der Universität Göttingen.
, sondern enthält, in knappster Form, eine hermeneutische
Theorie
. Genauer sollte ich vielleicht sagen: das Gedicht verweist auf das Ausgangsproblem der Hermeneutik, jedenfalls in der Form, in der sie uns seit Schleiermacher bekannt ist und von Lacan auf die Spitze getrieben wurde. Insofern enthält es auch eher Fragen als Antworten, und zwar in äußerster Verdichtung. Diese Verdichtung in eine diskursive Rede von Fragen aufzulösen, kommt naturgemäß einer Beschädigung des Gedichts gleich; denn: wäre das im Gedicht Gesagte ohne Sinnverlust auch in der argumentativen Rede darstellbar, bedürfte es nicht des Gedichtes. Aber: Sofern wir glauben, im Recht zu sein, wenn wir die Lebensäußerungen, die Selbstpräsentation eines Kindes analytisch zergliedern, und zwar nach Maßgabe unserer szientistischen Bildung, nach Maßgabe der als
bewährt
geltenden Kategorien oder Dimensionen körperlich-seelischer Ereignisse, insofern dürfte es auch erlaubt sein, dem Gedicht diese
Beschädigung
anzutun. Ja, wir dürfen es sogar noch viel eher als im Falle des Kindes, bleibt doch das Gedicht, trotz der Analyse, was es für sich selbst ist.
[086:4] Ich sehe in Rilkes Gedicht die folgenden hermeneutischen Fundamentalfragen gestellt:
|A 121|
[086:5] Auf welche Weise könnte es gelingen,
das tägliche Wesen
zu entwirren, d. h. in |a 421|ihm überhaupt so etwas wie eine
Figur
auszumachen? Weiter: Wenn dieses
tägliche Wesen ... jeder anders erfuhr
, wie ist dann überhaupt der Rekurs auf ein Allgemeines noch möglich? Ferner: Von welchem Wissenstypus|B 109|ist die Rede in dem Ausdruck
gewußte Figur
? Schließlich: Wie verhält sich das je Andere der subjektiven Erfahrung zum Typischen des
Nachtgestirns
, das ja, in den Bildern van Goghs wie in den Gedichten Rilkes3
|A 135||B 120|3Vgl. dazu beispielsweise das achtundzwanzigste im 2. Teil der
Sonette an Orpheus
, wo es heißt:
Du, fast noch Kind, ergänze/ für einen Augenblick die Tanzfigur/ zum reinen Sternbild einer jener Tänze/ darin wir die dumpf ordnende Natur/ vergänglich übertreffen ...
.
, nicht nur eine psychotische Projektion oder eine mystische Idiosynkrasie ist, sondern, als Mitteilung, den Anspruch einer kommunizierbaren Deutung enthält.
[086:6] Wenige Tage vor der Niederschrift jenes Gedichtes schrieb Rilke in einem Brief:
Freilich hat das dichterische Wort eine Atmosphäre der Freiheit um sich, die uns fehlt; es hat keine Nachbarn, außer wieder andere gleichwertige Bildungen, und zwischen ihm und ihnen mag eine Geräumigkeit sich ausgestalten, ähnlich der des gestirnten HimmelsAB.
4
4Brief an die Gräfin Mirbach vom 9. 8. 1924, in: U. Fülleborn/M. Engel, a.a.O., S. 310.
Ich denke, daß Hermeneutik sich in dieser
Geräumigkeit
entfalten kann; wobei es zur Sache gehört, daß die Grenzpunkte, zwischen denen dieser Raum entsteht, durch ästhetische Objekte und Urteile bestimmt werden.
[086:7] Aber was hat dies alles mit dem zu tun, was wir Pädagogik nennen? Um die Brücke zu schlagen, will ich Rilkes hermeneutische Fundamentalfragen noch einmal umformulieren; und diese Umformulierung soll der Inhalt des folgenden Versuchs sein, den ich in vier Schritten ordne: Annäherung an das Problem (1), Schleiermachers Exposition (2), Hinweis auf Lacan (3), Hermeneutisches Urteilen und Wissen (4).

1 Annäherung an das Problem

[086:8] Seit mit hermeneutischer Theorie mehr beansprucht wird als die kunstmäßig-philologische Erschließung von Textbedeutungen, steht sie in Opposition zu den szientistisch-arbeitsteiligen
erklärenden
Theorien und Verfahren der Einzelwissenschaften, nimmt sie eine philosophische Frage sich zum Ausgangspunkt: Wie steht die sprechende und handelnde Person, oder ein sprechendes und handelndes Kollektiv von Personen, zu dem gesprochenen oder sonstwie gemachten (durch Handeln erzeugten) Produkt? Oder, in entgegengesetzter Richtung |A 122|gefragt: Können wir durch das Studium der Produkte (
Nachtgestirn
) von Menschen etwas über diese selbst oder über die Kollektive erfahren, in denen sie verbunden sind? Die Frage scheint trivial zu sein und leicht zu beantworten. Tut denn die Geschichtswissenschaft, die Sozialisationsforschung, die Literaturwissenschaft, die Kunstgeschichte etwas anderes? Es scheint, als bestünde da ein ganz und gar unproblematischer Konsens. Indessen beruht dieser Konsens auf einer Unterstellung im Hinblick auf den Gegenstand der Humanwissenschaften: Wir unterstellen unseren Gegenstand |a 422|im Regelfall nicht als dieses oder jenes besondere Phänomen, sondern, als ein bereits Allgemeines, als mitteilbare
Figur
, die bereits im
Zwischen
der Intersubjektivität angesiedelt ist; und wir verwenden vergleichsweise wenig |B 110|Mühe darauf, die Genesis derartiger Figuren im Subjekt sorgfältig zu studieren. Je nach Wissenschaftszugehörigkeit und theoretischer Option wird dieses Allgemeine als Stil, als Epoche, als soziale Schicht, als Habitus, als Struktur, als kompakte Klasse u. ä. ins Auge gefaßt. Es ist der Typus, der im Vordergrund des Interesses steht.5
|A 135||B 120|5Das ist freilich, im Hinblick auf die Schwierigkeiten des darin enthaltenen wissenschaftslogischen Problems, etwas zu knapp gesagt. Begriffe wie
soziale Schicht
und
Struktur
beispielsweise haben einen durchaus verschiedenen theoretischen Status; und der Bildungstheorie Piagets oder etwa auch der Psychoanalyse kann man kaum nachsagen, daß sie sich für die Genese von Strukturen im Subjekt nicht interessieren.
AB
[086:9] An den Rändern derartiger Wissenschaftspraxis aber stellen sich Zweifel ein. Für die theoretische Perspektive von Pädagogen liegen solche Zweifel besonders nahe, denn sie betreffen die Natur des Bildungsprozesses. Und dieser, der Bildungsprozeß, beginnt spätestens dann, wenn das Kind
das da
und
nein
und
ich
zu sagen beginnt: drei elementare Abgrenzungen (im Hinblick auf die Dinge, im Hinblick auf fremden Willen, im Hinblick auf Nicht-Bewußtsein), mit denen das Individuum als solches zu existieren beginnt. Freilich sagt es früher schon
Mama
; und das verweist auf eine Schwierigkeit in der Sache: Was war vor dem Moment, in dem jene Abgrenzungen sagbar wurden? Auch davor war das Kind ja schon
jemand
; allerdings – und das ist hier entscheidend – nicht im Sinne des
cogito ergo sum
des Descartes. Über das, was es war, läßt sich zudem nichts im Sinne irgendeiner Individualitätstheorie aussagen, denn ein
Individuum
, ein Unteilbares, das ein Bewußtsein derartiger Unteilbarkeit hat, kann es ja erst sein, wenn es sich über jene Abgrenzungen als solches bestimmt hat, erst dann, wenn es, den
Einsagern
(Peter Handke) folgend, sich in die Möglichkeitsbedingungen geschickt hat, die die Sprache (die Struktur) für es bereit hält, Sich-von-anderen-unterschieden und sich-anderen-zugehörig wissen, das sind zwei Seiten derselben Medaille, das ist eine Opposition, |A 123|die es nur im Zusammensein beider Momente geben kann.6
|A 135||B 120|6Insofern liegt die
Symbiose
vor oder als Defizit nach dieser Opposition; in der Symbiose gibt es keine
Individualität
.
A
[086:10] Genau diese sowohl lebensgeschichtlich wie theoretisch wichtige Situation interessiert Lacan, wenn er darüber nachdenkt, was mit dem Menschen geschieht in dem Moment, in dem er, angeleitet durch die Sprache, mit dem Selbst- und Weltdeuten beginnt. Das von Lacan ins Auge gefaßte Problem ist nun jedoch nicht nur eine Frage nach diesem ontogenetischen Übergang vom vorsprachlichen Subjekt zum sprachlichen Individuum, dem keine Wahl bleibt, als sich in den kulturell vorhandenen Codes, Habitus oder Strukturen zu definieren. Lacan Problem betrifft den Menschen in allen seinen Bildungsstadien: immer nämlich bleibt jene Differenz erhalten zwischen dem, was das unprogrammierte
Subjekt
, und dem, was das gesellschaftsfähige
Individuum
als mehr oder weniger kompetenter Teilnehmer an Sprach- und Handlungsspielen ist. Das hermeneutische Fundamentalproblem ist demnach die Frage, ob über diese Differenz irgendetwas Vernünftiges und Relevan|a 423|tes ausgesagt werden kann. – Jeder kennt die Antworten, die darauf gegeben wurden und die uns mindestens seit der Jahrhundertwende beschäftigen: Entfremdung (Marx), Ich und Es und Über-Ich (Freud),
I
und
Me
(Mead),
Je
und
Moi
(Lacan), Person und Rolle (Dahrendorf), das
man
(Heidegger), die
Struktur
(Levi-|B 111|Strauss),
Konstitution
und
Personalisation
(Sartre),
Sagbares
und
Unsagbares
(Frank). Genaugenommen sind es keine Antworten, sondern immer neue Formulierungen des Grundproblems in je anderen Gewändern.
[086:11] Es kommt mir sehr folgerichtig vor, wenn die Gesellschaftsgeschichte der Moderne, die – um von der Vorgeschichte hier zu schweigen – mit der Thematisierung des
Ich
begann, und die zudem sich als
Aufklärung
begriff, allmählich, unter dem Eindruck von Bevölkerungsexplosion, kapitalistischer Ökonomie, standardisierter Administration, den Typisierungen und Taxonomien moderner Humanwissenschaften, Zweifel hervorbringt, die das Verhältnis zwischen derartigen Typisierungen und dem
Subjekt
-Charakter menschlicher Existenz betreffen.

2 Schleiermachers Exposition

[086:12] Schleiermacher, der Vorvater moderner Hermeneutik, hatte es wohl geahnt. Nicht nur ist seine Pädagogik-Vorlesung von |A 124|1826 die beste Exposition pädagogischer Grundprobleme der Moderne; auch seine Psychologie beginnt er mit dem hermeneutischen Grundproblem: nämlich wie Ich und System sich zueinander verhalten.7
|A 135||B 120| 7Obwohl Schleiermacher der Terminus
System
in diesem Sinne durchaus fremd war, läßt sich seine Problemstellung heute dennoch unter dieser Formel fassen; so zum Beispiel, wenn er in den Pädagogikvorlesungen von 1813 und 1826 von der Pädagogik die Beantwortung der Frage verlangt, wie es möglich sein könnte, daß die Erziehung die heranwachsende Generation an die großen
Gemeinschaften
Staat, Kirche, Gesellschaft und Sprache
abliefere
und zugleich das Ich sich selbstreflexiv bilde.
AB In einer Feinsinnigkeit, die unter modernen Psychologen selten ist, beginnt Schleiermacher mit der Frage, wie und wo der Ausgangspunkt für eine Psychologie gefunden werden könne. Ein klassisch-definitorisches Vorgehen bei der Bestimmung des Gegenstandes wird von ihm verworfen, weil es sich nicht um einen solchen handele,
den man aufzeigen kann, also ein äußerlich wahrnehmbarer ... Auf eine solche Weise ist uns aber die Seele gar nicht gegeben.AB
8
8Dieses und die zunächst folgenden Zitate sämtlich aus F. D.Schleiermacher: Sämmtliche Werke; dritte Abtheilung Zur Philosophie, Bd. 6
Psychologie
, hg. von L. George, Berlin 1862, S. 3 f.
AB Vielmehr sei sie
für einen jeden rein innerlich
gegeben. Aber wie läßt sich sichern, daß bei dieser Weise des Gegebenseins wir
voraussetzen dürfen, daß es dem einen dasselbe ist, wie dem anderen
? Eine
rein innerliche
Weise des Gegebenseins scheint ja zunächst jede Objektivierung, jedes Gegebensein für ein
Wir
auszuschließen, jedenfalls im Sinne eines Gegebenseins, das nicht nur vermutet oder hypothetisch angenommen wird, sondern behauptet werden darf. Auf keine andere Weise könne dieses
rein innerliche
Gegebensein als ein Allgemeines behauptet werden als |a 424|dadurch, daß wir uns an die Sprache halten. Und dort finden wir einen sowohl allgemeinen wie zuverlässigen Ausgangspunkt: die Tatsache, daß wir
Ich
sagen und darin dieses
Ich
setzen können.
Nun ist soviel gewiß, daß wo das Ich-Setzen gar nicht verkommt, auch keine Sicherheit darüber gegeben ist, ob unser Gegenstand, nämlich die Seele vorhanden ist
, aber
wo dies (das Ich-Sagen und -Setzen) sich findet, da nehmen wir Seele an.
A
[086:13] Das klingt fast cartesianisch. Aber Schleiermacher ist seinem eigenen Anfangspunkt gegenüber skeptisch, und zwar in zwei Richtungen: den Anfang beim Sagbaren zu |B 112|nehmen, bedeute nicht, daß, wo kein
Ich
sich in den bekannten Formen der Rede ausspreche, auch keine Seele sei;
denn das wäre schon zuviel behauptet
. In seiner Pädagogik hat er diesen Hinweis produktiv gewendet durch die Maxime, es sei pädagogisch geboten, von allem Anfang der Entwicklung des Kindes an
Intellektuelles
zu unterstellen, auch dann, wenn es uns in der Form der Sprache noch nicht unmittelbar entgegentritt9
|A 135||B 121| 9Zum ersten Mal ausdrücklich in der Pädagogik-Vorlesung 1813 (F. Schleiermacher: Pädagogische Schriften, Bd. 1, hg, von B. Weniger/Th. Schulze, Frankfurt/M. 1983).
. (Dies ist übrigens auch ein Grund dafür, daß jede pädagogisch-hermeneutische Bemühung auf
Divinatorisches
, d. h. auf Erraten und Erahnen, nicht verzichten dürfe.)
|A 125|
[086:14] Die Sprache aber – und das ist der zweite Selbsteinwand, den Schleiermacher sich macht – ist nicht unbedingt zuverlässig. Wir sagen beispielsweise, der Mensch, der von sich in der ersten Person Singular spricht,
besteht aus Seele und Leib
. Was heißt
besteht
? Mit diesem Ausdruck meinen wir im Regelfall, daß etwas aus Verschiedenem zusammengesetzt sei, dessen Elemente auch ohne die Bindung aneinander Vorkommen können. Läßt man sich auf diesen sprachlichen Ausdruck ein, dann zeigt sich, beim Vergleich verschiedener Sprachen und Kulturen, daß die Weise der Zusammensetzung derart unterschiedlich gedacht werden kann, daß keine Gemeinsamkeit mehr auffindbar ist (Schleiermacher zeigt das im Hinweis auf die Vorstellungen der griechischen Antike, die den unseren durchaus ungleich sind). Schleiermacher umgeht die Schwierigkeit mit einer außerordentlichen Vorsicht – und das zeigt den großen Hermeneutiker: Er verweist darauf, daß, auch über historische Differenzen hinweg, die Signifikanten
mein Leib
und
meine Seele
als sinnvoll akzeptiert würden, d. h. daß niemand bezweifeln würde, daß ihnen ein Signifikat entspreche. Und da
Ich
es bin, der derart von Seele und Leib spricht, sind diese beiden immer schon verbunden: Ich
bin
mein Leib wie meine Seele. Wir brauchen uns also über die historischen Varianten, die je über das Verhältnis beider im besonderen gedacht wurden, nicht zu beunruhigen.
Wir haben keinen Grund, irgendetwas von der Seele auszusgen, was sich gar nicht auf das Zusammensein derselben mit dem Leibe bezieht, wie es das Ich constituirtAB
.10
|A 135||B 121|10
Schleiermacher, a.a.O., S. 8
. Übrigens zögert Schleiermacher,
das Ich
zu sagen. Dies ist nicht unerheblich. Offenbar hatte er die Schwierigkeiten beim Übergang zu einer objektivistischen Redeweise bemerkt.
Ich bin immer beides: Seele und Leib.
[086:15] Nun gibt es da aber eine Schwierigkeit. Schleiermacher meint offenbar, daß das Ich, |a 425|indem es sich im Ich-Sagen selbst setzt, zugleich auch sich als
Psychisches
, als
Zusammensein von Leib und Seele
hervorbringt. Aber wie steht es denn mit der Situation des Kindes vor dem Spracherwerb? Und auch, wenn es die ersten sprachlichen Äußerungen hervorbringt, sagt es ja noch nicht
Ich
. Schleiermacher sieht das Problem und behilft sich mit der Vorstellung allmählicher Übergänge. Um das seiner selbst bewußte Ich als Anfangs- und Endpunkt einer Hermeneutik des Seelischen (denn darum handelt es sich in seiner
Psychologie
) aufrechtzuerhalten, denkt er sich den Bildungsprozeß des Kindes als ein kontinuierliches Zunehmen der Ich-Funktionen, zunächst bis zu dem Punkt des Ich-Sagens hin, dann über diesen hinaus als bruchlosen Zuwachs an Kom|A 126||B 113|petenzen des Erkennens, Wollens, Fühlens, vor allem aber als die immer klarer hervortretende einheitsstiftende Tätigkeit des Ich.

3 Hinweis auf Lacan

[086:16] Das ist zwar für ein idealistisches Publikum plausibel, aber falsch – sagen Strukturalisten und Psychoanalytiker. Auch Rilke hatte einen Einwand angedeutet, als er von dem
Nachtgestirn
oder
Sternbild
zwar sagte, daß
wir
es uns, kraft unserer Ich-Funktionen,
machen
, aber daß wir darin die
dumpf ordnende Natur
eben auch nur
vergänglich
übertreffen. Was da
dumpf ordnet
, heißt bei den einen
Es
, bei den anderen
Struktur
. Der französische Psychoanalytiker Jacques Lacan nimmt beides zusammen. Das
Ich
, von dem Schleiermacher spricht – so würde er geltend machen ist das
Moi
, das sich im Kontext der herrschenden Bedeutungen als identisch setzt, aber um den Preis, darüber das zu verlieren, was es als Subjekt schon war oder sein könnte. (Freilich ist es ziemlich vermessen, die Ansichten Lacans hier in wenigen Sätzen darstellen zu wollen. Zudem bin ich nicht einmal sicher, ob ich ihn wirklich verstanden habe. Rechtfertigen kann ich mich nur durch mein Interesse an einer einzigen hermeneutischen Frage: wie das sprechende Ich sich zu sich verhält und was von neostrukturalistischer Seite dazu zu sagen ist.)
[086:17] Während für Schleiermacher die sprechende Person im Sprechen sich allmählich zur Mitteilung und Klarheit bringt, wird es für Lacan darin gerade verborgen. Das
Moi
, ähnlich wie bei G. H. Mead das
Me
, ist durch die sozialen Symbolsysteme gleichsam in eine Form gebracht, in der nicht nur das Ich sich selbst setzt, sondern in der zugleich eine Differenz zwischen diesem selbstbewußten
Teil
der Person und einem anderen,
unbewußten
gesetzt wird.
Das Unbewußte ist das Kapitel meiner Geschichte, das weiß geblieben ist oder besetzt gehalten wird von einer LügeAB.
11
|A 135||B 121| 11
Jacques Lacan: Schriften 1, hg. von Norbert Haas, Frankfurt/M. 1975, S. 98
. Zur Bedeutung Lacans für die hermeneutische Theorie |A 136| vgl. besonders M. Frank: Was ist Neostrukturalismus, Frankfurt/M. 1983, S. 367 ff.
Die Besetzer sind die strukturalen Ordnungen der Sprache, der |a 426|Verwandtschaftssysteme12
|A 136||B 121|12
Denn keine Macht außer der sprachlichen Benennung von Verwandtschaftsgraden ist imstande, das System von Präferenzen und Tabus zu institutionalisieren, das durch Generationen hindurch die Fäden der Abstammung miteinander verflicht und verknotet. Die Verwischung der Generationsgrenzen wird denn auch in der Bibel wie in allen traditionalen Gesetzen ebenso verflucht wie die Entweihung des Wortes (verbe) und die Gottverlassenheit des Sünders
(Lacan, a.a.O., S. 118)
. Die Nähe zu der von C. Levi-Strauss vorgetragenen Theorie der anthropologischen Bedeutung von Verwandtschaftssystemen ist hier ganz deutlich.
, der Dinge, der Ökonomie, kurz das, was uns als äußere Realität erscheint. Die aufklärerische Lesart des berühmten Satzes von Freud
Wo Es war, soll Ich werden
,erscheint in diesem Lichte also suspekt: das
eigentliche
Subjekt ist nicht |A 127|dieses Ich, sondern ein anderes, das sich nur im vorsprachlichen
Begehren
(
désir
im Unterschied zum schon versprachlichten
Wunsch
) anmeldet. Dieses
Begehren
findet in den strukturalen Ordnungen gleichsam keinen Platz. Das andere Ich, das sich über die Sprache jene Ordnungen zu eigen gemacht hat, hält alle Plätze immer schon besetzt.
Es kann in seiner täglichen Arbeit effektiv an dem gemeinsamen Werk mitarbeiten und seine Freizeit vom Kriminalroman bis zur Memoirenliteratur, von Pädagogik-Vorträgen bis zur |B 114|Orthopädie von Gruppenbeziehungen mit allen Annehmlichkeiten einer überwuchernden Kultur ausstaffieren, die ihm Stoff bietet, seine Existenz und seinen Tod zu vergessen und zugleich in falscher Kommunikation den besonderen Sinn seines Lebens zu verkennenAB.
13
|A 136||B 121|13
Lacan, a.a.O., S. 123
.
[086:18] Aber die
Existenz
, das andere Ich, das eigentliche Subjekt, das hinter den Strukturen der sozialen Realität nur verborgen, nicht aber verschwunden ist, meldet sich, wenngleich nur in Spuren: z. B. in den Äußerungen des Leibes, in Erinnerungen, in den Unstimmigkeiten des Vokabulars.14
|A 136||B 121| 14A.a.O., S. 98.
AB Es liegt in der Natur der Sache, daß dieses Subjekt des
Begehrens
nicht zu Wort kommen kann Im Sinne unserer alltäglichen, auch wissenschaftlichen Diskurse. In ihnen bleibt es eine Leerstelle. Wenn es schon irgendeine Redeweise geben könnte, in der es sich ausspricht, dann wäre es höchstens die Metapher
ein Synonym der symbolischen VerschiebungAB
.15
|A 136||B 121|15
A.a.O., S. 99
.
Wollte man nun aber jene Verschiebung gerade rücken, d. h. in die Strukturen der herrschenden Ordnung einfädeln, dann würde man zwar jener aufklärerischen Lesart des Freudschen Satzes (
Wo Es war, soll Ich werden
) Genüge tun; das Bildungsereignis aber, das in derartigen Metaphern sich als Opposition von
Moi
und
Je
, von realitätsgerecht reflektierendem Ich einerseits und durch sein Begehren spontan getriebenem, aber kulturell nicht integriertem Ich andererseits zur Äußerung bringt, wäre liquidiert.
[086:19] Diese Problemstellung weist nicht nur, psychoanalytisch, auf die traumatisierenden Bruchstellen von individuellen Lebensläufen hin. Sie ist von allgemein-hermeneutischem, besonders aber pädagogischem Interesse, spätestens seit den Rätselfragen |a 427|des Augustinus16
|A 136||B 121|16Vgl. den Beginn der Autobiographie von Aurelius Augustinus: Confessiones/Bekenntnisse; lateinisch und deutsch; eingeleitet, übersetzt und erläutert von J. Bernhart, München 1955, S. 21 ff.
, sofern wir uns darauf verständigen wollen, daß die Fundamentalfragen der Pädagogik sich auf die Beschaffenheit des Bildungsprozesses richten. Nach Maßgabe des herrschenden Wissenschaftshabitus scheint es riskant, sich auf |A 128|derartige Grenzzonen einzulassen; daß von
Sozialisation
häufiger die Rede ist als von
Bildung
, hat vermutlich darin seinen Grund, daß der Begriff des gesellschaftlich handlungsfähigen
sozialisierten
Individuums sich dem
rationalen
Diskurs eher fügt als ein Begriff von Bildung, der gerade die Grenzzone zwischen Subjekt und Individuum, Innen und Außen, Ich und Wir,
Begehren
und Sinn zum Thema macht. Extreme Fälle wie autistische Kinder, Kaspar Hauser oder Victor von Aveyron17
|A 136||B 121|17Vgl. dazu L. Malson (Hg.): Die wilden Kinder, Frankfurt/M. 1972 – und J. Hörisch (Hg.): Ich möcht ein solcher werden wie ... Materialien zur Sprachlosigkeit des Kaspar Hauser, Frankfurt/M. 1979.
werfen deshalb für die Pädagogik keine marginalen Probleme auf, sondern betreffen den Kern der Frage, wie das Verstehen von Kindern, ihren Äußerungen und mithin ihren Bildebewegungen möglich sei.
[086:20] Kunstwerke haben es, wenn ich recht sehe, an sich, daß sie diese Differenz zwischen dem sozialisierten und dem in einer Bildebewegung begriffenen Ich aufrechterhalten. Rilkes Verszeilen (
Daß wir das tägliche Wesen entwirrn/ das jeder anders erfuhr/ machen wir uns ein Nachtgestirn/ aus der gewußten Figur
) bekommen nun vielleicht einen leichter verständlichen Sinn: Das Wis|B 115|sen, von dem dort die Rede ist, ist das
Wissen
jenes vorsprachlichen Subjekts des Begehrens. Dieses, in die Sprache eines Gedichtes oder eines Bildes gebracht, behält, als metaphorische Mitteilung, eine Ambivalenz; es verweist, als
Nachtgestirn
, auf beide Seiten: auf das Subjekt des Begehrens und auf das andere Subjekt (Moi), das Teilnehmer strukturaler Spiele ist und dabei auf jenes andere Ich nur als auf einen Mangel aufmerksam wird.

4 Hermeneutisches Urteilen und Wissen

[086:21] Das Subjekt des Begehrens hätte demnach ein Wissen ohne Bewußtsein – eine logisch wenig befriedigende Formulierung. Dennoch aber weist Lacan auf ein Problem hin, das bei der Interpretation pädagogischer Ereignisse offenbar nicht umgangen werden kann: Wie soll mit der Tatsache umgegangen werden (um es noch einmal anders zu formulieren), daß jedes pädagogische Ereignis sich immer zwischen zwei Fronten abspielt: den Ordnungen der historisch gegebenen Lebensformen und den noch nicht diskursfähigen Impulsen, die das Subjekt auch als die seinen anerkennen muß, und für die, früher oder später, das Problem entsteht, wie sie sich in die
Totalität
der individuellen Eigentümlichkeit und der Kommunikationsgemeinschaft integrieren.18
|A 136||B 121|18Vgl. dazu N. W. Bolz: F.D.E. Schleiermacher, in: Klassiker der Hermeneutik, hg. von U. Nassen, Paderborn 1982, S. 108 ff.
AB
|a 428| |A 129|
[086:22] Diese Problembestimmung ist nicht so abstrakt, wie sie scheinen könnte. Zunächst noch ganz oberflächlich läßt sich schon sagen, daß eine szientistische Redeweise, die von den klassifikatorischen Ordnungen des Systems wissenschaftlicher Arbeitsteilung bestimmt ist und grundsätzlich mit der Kausalitätsannahme
Erklärungen
präsentieren will, diese Problemebene nicht erreicht. Das Dilemma zeigt sich beispielsweise deutlich in der aus dem symbolischen Interaktionismus hervorgegangenen und in der Pädagogik häufig in Anspruch genommenen
labelling
-Theorie: die klassifikatorischen Ordungen, denen das heranwachsende Kind unterworfen wird, werden dort zwar gelegentlich sehr scharfsinnig aufgedeckt und der Kritik unterzogen; an ausgeführten Entwürfen einer nicht-etikettierenden Rede mangelt es aber. So wiederholt sich auf der Ebene der Wissenschaft, was Lacan für das Verhältnis von
Moi
und
Je
behauptet. Ist das eine Aporie?
[086:23] Wenn es eine wäre, dann täten wir wohl gutAB, uns doch auf die theoretischen Rekonstruktionen zu verlassen, die die Einzelwissenschaften uns anbieten, als Lerntheorie, Neurosenlehre, Umwelttheorien, Theorie abweichenden Verhaltens usw. Die Suche nach einer pädagogischen Hermeneutik wäre vergebens. Aber ich mache mir Mut und versuche noch einmal eine Annäherung mit Schleiermacher. Sein Entwurf einer hermeneutischen Theorie war nicht nur als Kunstlehre für Philologen konzipiert, sondern als allgemeine Theorie der Interpretation, für alle Humanwissenschaften. Ich erinnere |B 116|deshalb noch einmal daran, daß er seine
Psychologie
ganz unszientistisch begann, damit, ob nicht alle Probleme der Bildung des Menschen durch das Nadelöhr der Frage gehen müßten, was das Ich sei und wie dasjenige gedacht werden müsse, als welches das Ich sich im Bewußtsein seiner selbst erfaßt. Dies ist nun, wie wir aus seinen Texten zur Hermeneutik und den Pädagogik-Vorlesungen wissen, nicht nur eine Frage der Psychologie, sondern das zentrale Problem der Erziehung, der Bildung des Kindes. Wie das Verstehen von Texten, so solle auch das Verstehen von Äußerungen des Menschen überhaupt, also auch von Kindern, sich zweier Verfahren bedienen, die sich allerdings wechselseitig nicht entbehren können: der grammatischen und der psychologischen Interpretation. Die
grammatische
sucht das zu interpretierende Ereignis im Kontext der Strukturen der Lebensform auf, unter denen für Schleiermacher freilich die Sprache die wichtigste ist; die
psy|A 130|chologische
Komponente der Interpretation sucht das Ereignis als eine Äußerung auf, in der das Ich sich sinnvoll mitzuteilen versucht, und zwar mit Bezug auf jenes schon zitierte
Zusammensein
von Leib und Geist. Eingeschränkt auf Reden und Sprache heißt es deshalb:
Wie jede Rede eine zwiefache Beziehung hat, auf die Gesamtheit der Sprache und auf das gesamte Denken ihres Urhebers: so besteht auch alles Verstehen aus den zwei Momenten, die Rede zu verstehen als herausgenommen aus der Sprache, um sie zu verstehen als Tatsache im Denkenden.AB
19
|A 136||B 121|19F.D.E. Schleiermacher: Hermeneutik und Kritik, hg. von M. Frank, Frankfurt/M. 1977, S. 77.
[086:24] Auf der
psychologischen
Seite, bei der Interpretation der Rede
als Tatsache im Denkenden
aber entstehen Schwierigkeiten. Haben wir eine Person, nach Maß|a 429|gabe der grammatischen Interpretation, innerhalb der Ordnungen angemessen lokalisiert, müssen wir uns ja nun auf sie selbst beziehen; und dabei sind wir, wie in einem Gespräch, ganz auf ihre Äußerungen angewiesen, die nun freilich nicht immer den Regeln der Ordnungen folgen. Es scheint, als habe Schleiermacher irgendwie schon das Problem Lacans ins Auge gefaßt. Er formuliert das sehr vorsichtig:
Allein nun gestattet das Gespräch auch Absprünge. Da entsteht die Frage, wie ist der Sprechende dazu gekommen? Die Aufgabe ist, die Genesis solcher Absprünge zu erkennen.AB
20
|A 136||B 121|20A.a.O., S. 202.
Wie macht man das? Für uns, 160 Jahre später, liegt es nahe, nun die Psychoanalyse zu befragen. Ich finde es indessen lehrreich zu sehen, wie weit Schleiermacher ohne diese Denkmittel kommt. Es sind fünf Komponenten, mit deren Hilfe die Kontur einer hypothetischen Antwort entsteht:
  1. 1.
    [086:25] Die
    Absprünge
    können nur verstanden werden, wenn ich den
    Text
    nicht nur als ein Produkt des Denkens verstehe, sondern auch als eine Äußerung des Zusammenseins von Leib und Seele.
  2. 2.
    [086:26] Eine derartige Äußerung kann überhaupt nur verständlich sein, sofern wir unterstellen, daß der Mensch/das Kind sich nicht nur als empfängliches/rezeptives Wesen, sondern auch als tätiges/spontanes bildet – dies sind die |B 117|grundlegenden, die
    elementaren
    psychischen Funktionen. 21
    |A 136||B 121|21Diese elementare Alternative entwickelt Schleiermacher ausführlich in der
    Psychologie
    (
    Aufnehmende Tätigkeiten
    S. 176 ff. und
    ausströmende und spontane Tätigkeiten
    S. 216 ff.) und verwendet sie zur Grundlegung erzieherischen Handelns in seiner Pädagogik, dort in dem Gegensatzpaar Rezeptivität/Spontaneität (Pädagogische Schriften, a.a.O., S. 51 ff. und S. 388 ff.).
    AB Sofern das Kind empfänglich ist, nimmt es die Ordnungen auf; sofern es tätig ist, tritt es in Opposition zu ihnen.
    Das bestimmt vorher gewußte Wollen
    ist dabei erst der
    höchste Punkt der Entwicklung der Selbsttätigkeit.
    22
    |A 136||B 121|22
    Schleiermacher: Psychologie, a.a.O., S. 220.
    Davor liegen die aus dem Leib-Seele-Zusammenhang stammenden, noch nicht nach Maßgabe der Ordnungen, der
    Grammatiken
    gebildeten Äußerungen – |A 131|bis hin zu den für Schleiermacher schlechterdings unverständlich bleibenden Träumen.23
    |A 136||B 121|23Schleiermacher: Hermeneutik und Kritik, a.a.O., S. 203.
    AB
  3. 3.
    [086:27] Aber selbst hier noch darf, wenngleich von
    Denken
    nicht die Rede sein kann, nicht etwa nur
    dumpf ordnende Natur
    (Rilke )S. 62 angenommen werden, da ja dem Redenden oder sonstwie sich Äußernden nicht bestritten werden kann, daß er imstande ist, das unverständlich Scheinende in die Einheit seines Ich einzufügen. Deshalb könne, so Schleiermacher, nur die Rede sein von einem
    freien Spiele der Vorstellungen, wobei unser Wille passiv ist, das geistige Sein aber doch in TätigkeitAB
    .24
    |A 136||B 121|24
    Ebd.
    Wie praktisch folgenreich diese Behauptung ist, zeigt sich beispielsweise im pädagogischen Umgang mit autistischen Kindern; sie ist auch die theoretische Bedingung der pädagogischen Maxime, daß es
    keine hoffnungslosen Fälle
    gebe (Lubbers).
  4. 4.
    [086:28] Dies nun können wir auf keinerlei zuverlässige Weise wissen, so etwa, wie wir die Folgerichtigkeit einer Argumentation oder die Gesetze einer Naturerscheinung wissen können. Wir können es nur unterstellen, sofern wir es von uns selbst schon |a 430|wissen; nämlich:
    Dabei müssen wir die eigene Selbstbeobachtung zugrunde legenAB.
    25
    |A 136||B 121|25Ebd.
    Nur sofern wir uns selbst kennen, sind wir imstande, den anderen zu verstehen, und zwar in dem, was er mehr oder anderes ist oder sein könnte, als ein Kreuzungspunkt der Ordnungen.
  5. 5.
    [086:29] Nun ist die fünfte Komponente der Schleiermacherschen Problemkontur nicht mehr überraschend: Wenn die
    Selbstbeobachtung
    die einzige Gewißheit vermittelt, die uns für das Verstehen der
    Absprünge
    in den Äußerungen des anderen bleibt, dann können wir uns offenbar und letzten Endes nur durch den anderen, und den anderen nur durch uns erkennen. Die ursprüngliche Entgegensetzung, der einerseits der Impuls für jede Hermeneutik entspringt und die andererseits ihr Verstehensziel sein muß, ist das Verhältnis von Ich und Du. Gegen Fichte gerichtet, meint Schleiermacher, daß es unzureichend sei zu sagen, im
    Ich-Setzen
    setze dieses Ich sich lediglich einem Nicht-Ich entgegen. Das sei gar kein Gegensatz, aus dem irgendeine Bewegung sich entwickeln könne, weil dieses
    Nicht-Ich
    schließlich alles Mögliche sein könne,
    nur eine Negation
    , sonst nichts. Er schlägt also vor, davon auszugehen, daß das
    Ich-sagen ein beständiges Du-suchen
    sei, oder doch wenigstens ein
    Postulieren
    dieses
    Du
    . 26
    |A 136||B 121|26
    Schleiermacher: Psychologie, a.a.O., S. 18.
    Nur unter der Bedingung dieser Annahme ist es dann auch sinnvoll, die
    Selbstbeobachtung
    zum letzten Kriterium hermeneutischen Verstehens zu machen.
[086:30] Das alles bleibt zwar psychoanalytisch unaufgeklärt, und ebensowenig bedient es sich der Redeweisen moderner Psychologie. Aber ist das so schlimm? Eine
Schülerin
Lacans hat, ohne |A 132|sich weiter mit den hermeneutischen Traditionen auseinanderzusetzen, beides parallel versucht: Maud Mannoni hat in |B 118|Büchern über die
antipsychiatrische
Einrichtung für psychotische Kinder in Bonneuil bei Paris einerseits die einzelwissenschaftlichen, in diesem Fall psychoanalytischen, Theoreme erläutert, die der Arbeitsweise dieser Einrichtung zugrunde liegen. Sie hat aber andererseits in Protokollen und Falldarstellungen Geschichten erzählt, mit sehr weitgehendem Verzicht auf wissenschaftliches Vokabular. Sie hat damit eine Regel befolgt, die Schleiermacher vorgeschlagen haben könnte: Den in den Äußerungen des Kindes, auch des psychotischen, verborgenen Sinn kann man nur zum Teil dadurch entschlüsseln, daß man die Wege der grammatischen Interpretation geht, und das heißt auch, sich am Typus der bestimmenden Urteile (Kant) orientiert, die das Besondere unter das Allgemeine subsumieren; der andere und vielleicht wichtigere Teil pädagogischer Hermeneutik wird darin realisiert, daß dem zu verstehenden Ereignis der richtige Begriff hinzugefunden werden muß, ein reflektierendes Urteil also, nach der Terminologie Kants. Die Grundfrage pädagogischer Hermeneutik läßt sich nun so stellen: Wie kann das Hinzufinden des richtigen Begriffs gedacht werden, oder – in der Formulierung Schleiermachers – in welchen Operationen vollzieht sich die Gleichzeitigkeit des
Ich-Sagens
und
Du-Suchens
? G. H. Mead hat darauf eine pädagogisch außerordentlich gehaltvolle und folgenreiche Antwort versucht, als er argumentierte, die Bedeutung einer Äußerung, einer |a 431|
Geste
, sei sie nun sprachlich oder nicht-sprachlich, werde nur dadurch entschlüsselt, daß der eine in sich die Geste nachvollzieht, die der andere gerade hervorgebracht hat, und zugleich darauf mit einer eigenen Geste reagiert, die dem anderen die gleiche Operation gestattet.27
|A 136||B 121|27Vgl. G. H. Mead: Geist, Identität, Gesellschaft, Frankfurt/M. 1968, S. 115 ff. und S. 157 ff.
AB Man kann dieses Verstehens-Konzept
dialogische Nachahmung
nennen, sofern hier
Nachahmung
nicht die bloße Wiederholung der Oberflächengestalt einer Geste ist, sondern die Imagination der inneren Bewegung, die (hypothetisch) der Geste zugrunde liegt. Da nun aber nie zuverlässig unterstellt werden kann, daß
meine
innere Bewegung mit
deiner
identisch ist, und also
Ich
es bin, dessen Signifikate auf der Oberfläche Gleiches, im Innern aber Verschiedenes signifizieren, ist das
Du-Suchen
zugleich ein
Ich-Sagen
. Pädagogisch-beispielartig gesprochen: Das Verstehen eines Kindes vollzieht sich darin, daß wir seine Gesten
nachahmen
, ihre |A 133|inneren Bewegungen imaginieren, sie nach Maßgabe unserer eigenen Ich-Kompetenzen modulieren und so uns selbst wie dem Kinde, in ein- und demselben hermeneutischen Akt, Selbst- und Fremdverstehen ermöglichen.
[086:31] In einer derartigen Operation, in der das denkende und dialogisch verstehende Ich sich auf sich selbst und auf den anderen richtet, kann es freilich, unter allen egologischen Sätzen, die es formulieren mag, auch den geben, daß
es sich (und also auch andere) nicht versteht
, obwohl die psychologischen und psychoanalytischen
Einsager
(Handke) keine Grenze gelten lassen wollen. Es läßt sich, sagt Schleiermacher,
das Nichtverstehen ... niemals |B 119|gänzlich auflösen
.28
|A 136||B 121|28
Schleiermacher: Hermeneutik und Kritik, a.a.O., S. 328.
ABWir müssen deshalb an jede hermeneutische Aufgabe mit
divinatorischer Kühnheit
29
|A 136||B 121|29A.a.O., S. 327.
herangehen: Die Erfahrungs- oder Erlebnispartikel, die Erinnerungsfragmente, Körpersensationen und deren versprengte Spuren im Gedächtnis, Bruchstücke von Imaginationen – all dies, was sich den wissenschaftlichen Diskursen nicht einfügen läßt, müssen wir ins Spiel bringen, um eine Ahnung davon zu bekommen, was das zu interpretierende pädagogische Ereignis sei. Unsere wissenschaftlichen Kenntnisse, die bestimmenden Urteile, helfen dabei wenig; sie stecken nur den Rahmen ab.

Schluß

[086:32] R. Lubbers hat vorgeschlagen, pädagogische Ereignisse im Hinblick auf ihre Partituren zu lesen.30
|A 136||B 121| 30R. Lubbers: Hermeneutische Psychodiagnostik (Manuskript), S. 13 f.
AB Das hat einen feinen Doppelsinn: Eine Partitur enthält die Regeln, nach denen das Stück gespielt wird; sie ist, für die Spieler des Stücks, ein Code, nach dem sie ihre Besonderheiten zurückhalten, um nun peinlich genau sich, bzw. ihre Performanz, den Coderegeln zu subsumieren. Die Partitur ist aber auch die Darstellung eines ästhetischen Ereignisses, das, wenn es gut ist, sich keiner Subsumptions|a 432|regel beugt, außer, wie J. S. Bach sagte,
daß es stimmt
. Welcher Seite nun wollen wir uns Zuschlagen? Sind Kinder nur Spieler von Partituren oder machen sie selber welche, möglichst so,
daß es stimmt
?
[086:33] Ich kann diese Frage wirklich nicht beantworten; auch Schleiermachers Empfehlung, das
divinatorische
Vermögen zu bemühen, hilft mir da nicht weiter. Mir fallen nur zwei Hinweise, zwei Ausblicke ein.
[086:34] Nicht nur Kinder leben nach bisweilen schwer verständlichen Partituren. Auch Erwachsene haben gelegentlich Schwierig|A 134|keiten, die Partitur zu finden, nach der sie bisher lebten. Autobiographien – übrigens die vorzüglichsten pädagogischen Quellen, die ich kenne – sind solche Versuche, nachträglich die Partitur zu schreiben. Ein hervorragendes Beispiel, das ganz zu meinem Thema paßt, ist das Buch
Kindheit
von Nathalie Sarraute. So, als hätte sie Schleiermacher oder Lacan oder beide gelesen, ist diese Lebenserinnerung in der Form eines Gesprächs des
Ich
mit
Sich
geschrieben. Im Bilde der Partitur gesprochen geschieht in dem Buch folgendes: Das sich erinnernde Ich erzählt; was es erzählt, sind Bilder, Situationen, allesamt bruchstückhaft, scheinbar diskontinuierlich, Metaphern für Seelisches, ohne daß die Bedeutung ganz klar würde. In diesen Erinnerungsstrom mischt sich beständig ein anderes Ich ein, das reflektiert, nachfragt, die Erinnerungsarbeit tiefer treibt. Das geschieht mit Fragen und Aufforderungen von der Art:
War es wirklich so?
,
Hast Du nicht etwas vergessen?
,
War das eben nicht ein Klischee?
,
Warum sprichst Du nicht über X, der doch auch da war?
,
Warst du wirk|B 120|lich so glücklich, wie Du jetzt erzählst?
,
Denk noch mal nach!
,
Mach dir nichts vor!
usw. Und darauf erweitert das erste, sich erinnernde Ich seine Erinnerung, ergänzt und modifiziert sie – bis aus den Motiv-Fragmenten zwar keine perfekte Partitur, aber doch ein vom Leser ergänzungsfähigesAB
spielbares
Stück wird.
[086:35] Der zweite Hinweis oder Ausblick betrifft das Ästhetische. Zwei Sachverhalte im Hinblick auf ästhetische Ereignisse kommen der hermeneutischen Grundfrage eigentümlich entgegen: eine Eigentümlichkeit ästhetischer Gegenstände und eine Eigentümlichkeit des ästhetischen Urteils: Ästhetische Gegenstände, Kunstwerke also, repräsentieren gerade deshalb eine besondere Erkenntnisweise, weil sie das in diskursiver Argumentation kaum zu fassende Spiel des Subjekts mit seinen grammatischen Formen zur Darstellung bringen. Das ästhetische Urteil unterwirft sich, jedenfalls in der kantianischen Bestimmung, keinem
Zweck
; es ist
interesselos
insofern, als es im ästhetischen Objekt nach dessen eigenem Begriff sucht und es nicht nach Maßgabe theoretischer Kategorien oder verallgemeinerter praktischer Zwecke
bestimmt
. Beides, so scheint mir, sind fundamentale Hinweise auf das, was pädagogische Hermeneutik sein könnte. Deshalb auch war das Gedicht Rilkes, mit dem ich begann, keine rhetorische Caprice, sondern der vielleicht wichtigste Beitrag zur Sache.
AB
ø
AB
.
B
überhaupt
AB
4
4Brief an die Gräfin Mirbach vom 9. 8. 1924, in: U. Fülleborn/M. Engel, a.a.O., S. 310.
AB
ø
AB
1.
AB
szientisch
AB
mittelbare
AB
ø
AB
.
AB
vor
AB
ø
A
.
B
[086:9-10] An den Rändern derartiger Wissenschaftspraxis aber stellen sich Zweifel ein. Für die theoretische Perspektive von Pädagogen liegen solche Zweifel besonders nahe, denn sie betreffen die Natur des Bildungsprozesses. Und dieser, der Bildungsprozeß, beginnt spätestens dann, wenn das Kind
»das da«
und
»nein«
und
»ich«
zu sagen beginnt: drei elementare Abgrenzungen (im Hinblick auf die Dinge, im Hinblick auf fremden Willen, im Hinblick auf Nicht-Bewußtsein), mit denen das Individuum als solches zu existieren beginnt. Freilich sagt es früher schon
»Mama«
; und das verweist auf eine Schwierigkeit in der Sache: Was vor vor dem Moment, in dem jene Abgrenzungen sagbar wurden? Auch davor war das Kind ja schon
»jemand«
; allerdings – und das ist hier entscheidend – nicht im Sinne des
»cogito ergo sum«
des Descartes. Über das, was es war, läßt sich zudem nichts im Sinne irgendeiner Individualitätstheorie aussagen, denn ein
»Individuum«
, ein Unteilbares, das ein Bewußtsein derartiger Unteilbarkeit hat, kann es ja erst sein, wenn es sich über jene Abgrenzungen als solches bestimmt hat, erst dann, wenn es, den
»Einsagern«
(Peter Handke) folgend, sich in die Möglichkeitsbedingungen geschickt hat, die die Sprache (die Struktur) für es bereit hält, Sich-von-anderen-unterschieden und sich-anderen-zugehörig wissen, das sind zwei Seiten derselben Medaille, das ist eine Opposition, |A 123|die es nur im Zusammensein beider Momente geben kann6
6Insofern liegt die
»Symbiose«
vor oder als Defizit nach dieser Opposition; in der Symbiose gibt es keine
»Individualität«
.
. Genau diese sowohl lebensgeschichtlich wie theoretisch wichtige Situation interessiert Lacan, wenn er darüber nachdenkt, was mit dem Menschen geschieht in dem Moment, in dem er, angeleitet durch die Sprache, mit dem Selbst- und Weltdeuten beginnt. Das von Lacan ins Auge gefaßte Problem ist nun jedoch nicht nur eine Frage nach diesem ontogenetischen Übergang vom vorsprachlichen Subjekt zum sprachlichen Individuum, dem keine Wahl bleibt, als sich in den kulturell vorhandenen Codes, Habitus oder Strukturen zu definieren. Lacan Problem betrifft den Menschen in allen seinen Bildungsstadien: immer nämlich bleibt jene Differenz erhalten zwischen dem, was das unprogrammierte
»Subjekt«
, und dem, was das gesellschaftsfähige
»Individuum«
als mehr oder weniger kompetenter Teilnehmer an Sprach- und Handlungsspielen ist. Das hermeneutische Fundamentalproblem ist demnach die Frage, ob über diese Differenz irgendetwas Vernünftiges und Relevan|a 423|tes ausgesagt werden kann. – Jeder kennt die Antworten, die darauf gegeben wurden und die uns mindestens seit der Jahrhundertwende beschäftigen: Entfremdung (Marx), Ich und Es und Über-Ich (Freud),
»I«
und
»Me«
(Mead),
»Je«
und
»Moi«
(Lacan), Person und Rolle (Dahrendorf), das
»man«
(Heidegger), die
»Struktur«
( Levi-|B 111|Strauss),
»Konstitution«
und
»Personalisation«
(Sartre),
»Sagbares«
und
»Unsagbares«
(Frank). Genaugenommen sind es keine Antworten, sondern immer neue Formulierungen des Grundproblems in je anderen Gewändern.
AB
2.
AB
ø
AB
die
AB
.
AB
ø
AB
8
8Dieses und die zunächst folgenden Zitate sämtlich aus F. Schleiermacher: Sämmtliche Werke; dritte Abtheilung Zur Philosophie, Bd. 6
»Psychologie«
, hg. von L. George, Berlin 1862, S. 3 f.
AB
ø
AB
.
AB
ø
A
.
AB
E.
AB
ø
AB
).
AB
[086:12-13] Schleiermacher, der Vorvater moderner Hermeneutik, hatte es wohl geahnt. Nicht nur ist seine Pädagogik-Vorlesung von |A 124|1826 die beste Exposition pädagogischer Grundprobleme der Moderne; auch seine Psychologie beginnt er mit dem hermeneutischen Grundproblem: nämlich wie Ich und System sich zueinander verhalten7
7Obwohl Schleiermacher der Terminus
»System«
in diesem Sinne durchaus fremd war, läßt sich die Problemstellung heute dennoch unter dieser Formel fassen; so zum Beispiel, wenn er in den Pädagogikvorlesungen von 1813 und 1826 von der Pädagogik die Beantwortung der Frage verlangt, wie es möglich sein könnte, daß die Erziehung die heranwachsende Generation an die großen
»Gemeinschaften«
Staat, Kirche, Gesellschaft und Sprache
»abliefere«
und zugleich das Ich sich selbstreflexiv bilde.
. In einer Feinsinnigkeit, die unter modernen Psychologen selten ist, beginnt Schleiermacher mit der Frage, wie und wo der Ausgangspunkt für eine Psychologie gefunden werden könne. Ein klassisch-definitorisches Vorgehen bei der Bestimmung des Gegenstandes wird von ihm verworfen, weil es sich nicht um einen solchen handele,
»den man aufzeigen kann, also ein äußerlich wahrnehmbarer ... Auf eine solche Weise ist uns aber die Seele gar nicht gegeben8
8Dieses und die zunächst folgenden Zitate sämtlich aus F. Schleiermacher: Sämmtliche Werke; dritte Abtheilung Zur Philosophie, Bd. 6
»Psychologie«
, hg. von L. George, Berlin 1862, S. 3 f.
«
. Vielmehr sei sie
»für einen jeden rein innerlich«
gegeben. Aber wie läßt sich sichern, daß bei dieser Weise des Gegebenseins wir
»voraussetzen dürfen, daß es dem einen dasselbe ist, wie dem anderen«
? Eine
»rein innerliche«
Weise des Gegebenseins scheint ja zunächst jede Objektivierung, jedes Gegebensein für ein
»Wir«
auszuschließen, jedenfalls im Sinne eines Gegebenseins, das nicht nur vermutet oder hypothetisch angenommen wird, sondern behauptet werden darf. Auf keine andere Weise könne dieses
»rein innerliche«
Gegebensein als ein Allgemeines behauptet werden als |a 424|dadurch, daß wir uns an die Sprache halten. Und dort finden wir einen sowohl allgemeinen wie zuverlässigen Ausgangspunkt: die Tatsache, daß wir
»Ich«
sagen und darin dieses
»Ich«
setzen können.
»Nun ist soviel gewiß, daß wo das Ich-Setzen gar nicht verkommt, auch keine Sicherheit darüber gegeben ist, ob unser Gegenstand, nämlich die Seele vorhanden ist«
, aber
»wo dies (das Ich-Sagen und -Setzen) sich findet, da nehmen wir Seele an«
. Das klingt fast cartesianisch. Aber Schleiermacher ist seinem eigenen Anfangspunkt gegenüber skeptisch, und zwar in zwei Richtungen: den Anfang beim Sagbaren zu |B 112|nehmen, bedeute nicht, daß, wo kein
»Ich«
sich in den bekannten Formen der Rede ausspreche, auch keine Seele sei;
»denn das wäre schon zuviel behauptet«
. In seiner Pädagogik hat er diesen Hinweis produktiv gewendet durch die Maxime, es sei pädagogisch geboten, von allem Anfang der Entwicklung des Kindes an
»Intellektuelles«
zu unterstellen, auch dann, wenn es uns in der Form der Sprache noch nicht unmittelbar entgegentritt9
9Zum ersten Mal ausdrücklich in der Pädagogik-Vorlesung 1813 (F. Schleiermacher: Pädagogische Schriften, Bd. 1, hg, von E. Weniger/Th. Schulze, Frankfurt/M. 1983).
(Dies ist übrigens auch ein Grund dafür, daß jede pädagogisch-hermeneutische Bemühung auf
»Divinatorisches«
, d. h. auf Erraten und Erahnen, nicht verzichten dürfe ).
AB
?
AB
Signifikation
AB
»mein Leib«
AB
»meine Seele«
AB
Signifikant
AB
irgend etwas
AB
10
10
Schleiermacher, a.a.O., S. 8
. Übrigens zögert Schleiermacher,
»das Ich«
zu sagen. Dies ist nicht unerheblich. Offenbar hatte er die Schwierigkeiten beim Übergang zu einer objektivistischen Redeweise bemerkt.
AB
ø
AB
ø
AB
sagen
AB
3.
B
Ich- Funktionen
AB
).
AB
11
11
Jacques Lacan: Schriften 1, hg. von Norbert Haas, Frankfurt/M. 1975, S. 98
. Zur Bedeutung Lacans für die hermeneutische Theorie vgl. besonders M. Frank: Was ist Neostrukturalismus, Frankfurt/M. 1983, S. 367 ff.
AB
ø
AB
.
AB
13
13
Lacan, a.a.O., S. 123
.
AB
ø
AB
.
AB
ø
AB
.
AB
15
15
A.a.O., S. 99
.
AB
ø
AB
Oppositon
AB
4.
AB
ø
AB
ø
AB
.
B
klassifi- katorischen
AB
labeling
AB
Ordnungen
AB
daran
AB
:
AB
zweifache
AB
19
19F.D. Schleiermacher: Hermeneutik und Kritik, hg. von M. Frank, Frankfurt/M. 1977, S. 77.
AB
.
AB
ø
AB
ø
AB
20
20A.a.O., S. 202.
AB
.
AB
ø
AB
ø
AB
.
AB
22
22
Schleiermacher: Psychologie, a.a.O., S. 220.
AB
.
B
Seele- Zusammenhang
AB
ø
AB
.
AB
24
24
Ebd.
Wie praktisch folgenreich diese Behauptung ist, zeigt sich beispielsweise im pädagogischen Umgang mit autistischen Kindern; sie ist auch die theoretische Bedingung der pädagogischen Maxime, daß es
»keine hoffnungslosen Fälle«
gebe (Lubbers).
.
AB
ø
B
;
AB
25
25Ebd.
AB
ø
AB
ø
AB
ø
AB
die
AB/
ø
AB
.
AB
Grenzen
AB
ø
AB
.
AB
ø
AB
.
AB
ø
AB
,
B
Ästhetische Gegenstände
B
ästhetische Urteil