Gesellschaft in pädagogischer Sicht [Werkkommentar]

1 Werk: Formale Beschreibung 

1.1 Leittext

[1] Mollenhauer, Klaus. Gesellschaft in pädagogischer Sicht (Beitrag 1964; KMG 012-a1). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe. Historisch-kritische Edition. (2025). Herausgegeben von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3w5gj&edition=a1.
[2] Basierend auf:
  • [3] Mollenhauer, Klaus (1964). Gesellschaft in pädagogischer Sicht. In Hans-Hermann Groothoff (Hrsg.), Das Fischer Lexikon. Pädagogik (S. 102–112 und 354). Frankfurt am Main: Fischer.
[4] Der Lexikonbeitrag Gesellschaft in pädagogischer Sicht erschien erstmals 1964 als einer von drei von Klaus Mollenhauer verantworteten Beiträgen (s. KMG 013-a1 und KMG 014-a) im Fischer Lexikon. Pädagogik und umfasst etwa 10 Druckseiten. Ergänzende Literaturangaben sind, wie bei allen Beiträgen, am Ende des Lexikons gesondert aufgenommen.
[5] 1.2 Weitere Fassungen
[6] Mollenhauer, Klaus. Gesellschaft in pädagogischer Sicht (Beitrag 1965-1973; KMG 012-a2). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe. Historisch-kritische Edition. (2025). Herausgegeben von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3w5gj&edition=a2.
[7] Basierend auf:
  • [8] Mollenhauer, Klaus (1965). Gesellschaft in pädagogischer Sicht. In Hans-Hermann Groothoff (Hrsg.), Das Fischer Lexikon. Pädagogik (2. Auflage, S. 102–112 und 354). Frankfurt am Main: Fischer.
  • [9] Mollenhauer, Klaus (1966). Gesellschaft in pädagogischer Sicht. In Hans-Hermann Groothoff (Hrsg.), Das Fischer Lexikon. Pädagogik (3. Auflage, S. 102–112 und 354). Frankfurt am Main: Fischer.
  • [10] Mollenhauer, Klaus (1967). Gesellschaft in pädagogischer Sicht. In Hans-Hermann Groothoff (Hrsg.), Das Fischer Lexikon. Pädagogik (4. Auflage, S. 102–112 und 354). Frankfurt am Main: Fischer.
  • [11] Mollenhauer, Klaus (1968). Gesellschaft in pädagogischer Sicht. In Hans-Hermann Groothoff (Hrsg.), Das Fischer Lexikon. Pädagogik (5. Auflage, S. 102–112 und 354). Frankfurt a. M.: Fischer.
  • [12] Mollenhauer, Klaus (1969). Gesellschaft in pädagogischer Sicht. In Hans-Hermann Groothoff (Hrsg.), Das Fischer Lexikon. Pädagogik (6. Auflage, S. 102–112 und 354). Frankfurt am Main: Fischer.
  • [13] Mollenhauer, Klaus (1971). Gesellschaft in pädagogischer Sicht. In Hans-Hermann Groothoff (Hrsg.), Das Fischer Lexikon. Pädagogik (7. Auflage, S. 102–112 und 354). Frankfurt am Main: Fischer.
  • [14] Mollenhauer, Klaus (1971). Gesellschaft in pädagogischer Sicht. In Hans-Hermann Groothoff (Hrsg.), Das Fischer Lexikon. Pädagogik (8. Auflage, S. 102–112 und 354). Frankfurt a. M.: Fischer.
  • [15] Mollenhauer, Klaus (1972). Gesellschaft in pädagogischer Sicht. In Hans-Hermann Groothoff (Hrsg.), Das Fischer Lexikon. Pädagogik (9. Auflage, S. 102–112 und 354). Frankfurt am Main: Fischer.
  • [16] Mollenhauer, Klaus (1973). Gesellschaft in pädagogischer Sicht. In Hans-Hermann Groothoff (Hrsg.), Das Fischer Lexikon. Pädagogik (10. Auflage, S. 102–112 und 354). Frankfurt am Main: Fischer.
[17] Der Text erschien in der Fassung 014-a2 in leicht korrigierter Form, die unverändert bis 1973 übernommen wurde.
[18] Mollenhauer, Klaus. Gesellschaft in pädagogischer Sicht (Beitrag 1973-1980; KMG 012-b). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe. Historisch-kritische Edition. (2025). Herausgegeben von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3w5gj&edition=b.
[19] Basierend auf:
  • [20] Mollenhauer, Klaus (1973). Gesellschaft in pädagogischer Sicht. In Hans-Hermann Groothoff (Hrsg.), Das Fischer Lexikon. Pädagogik (Neuausgabe, S. 100–111 und 367). Frankfurt am Main: Fischer.
  • [21] Mollenhauer, Klaus (1974). Gesellschaft in pädagogischer Sicht. In Hans-Hermann Groothoff (Hrsg.), Das Fischer Lexikon. Pädagogik (Neuausgabe, 2. Auflage, S. 100–111 und 367). Frankfurt am Main: Fischer.
  • [22] Mollenhauer, Klaus (1975). Gesellschaft in pädagogischer Sicht. In Hans-Hermann Groothoff (Hrsg.), Das Fischer Lexikon. Pädagogik (Neuausgabe, 3. Auflage, S. 100–111 und 367). Frankfurt am Main: Fischer.
  • [23] Mollenhauer, Klaus (1975). Gesellschaft in pädagogischer Sicht. In Hans-Hermann Groothoff (Hrsg.), Das Fischer Lexikon. Pädagogik (Neuausgabe, 4. Auflage, S. 100–111 und 367). Frankfurt am Main: Fischer.
  • [24] Mollenhauer, Klaus (1976). Gesellschaft in pädagogischer Sicht. In Hans-Hermann Groothoff (Hrsg.), Das Fischer Lexikon. Pädagogik (Neuausgabe, 5. Auflage, S. 100–111 und 367). Frankfurt am Main: Fischer.
  • [25] Mollenhauer, Klaus (1978). Gesellschaft in pädagogischer Sicht. In Hans-Hermann Groothoff (Hrsg.), Das Fischer Lexikon. Pädagogik (Neuausgabe, 6. Auflage, S. 100–111 und 367). Frankfurt am Main: Fischer.
  • [26] Mollenhauer, Klaus (1980). Gesellschaft in pädagogischer Sicht. In Hans-Hermann Groothoff (Hrsg.), Das Fischer Lexikon. Pädagogik (Neuausgabe, 7. Auflage, S. 100–111 und 367). Frankfurt am Main: Fischer.
[27] Für die Neuausgabe des Lexikons 1973 wurde der Beitrag stark überarbeitet. In dieser Fassung erschien der Lexikonbeitrag in allen sieben Auflagen der Neuausgabe von 1973 bis 1980 und umfasst 11 1/3 Druckseiten; eine Literaturliste ist wiederum gesondert am Ende des Bandes zu finden.

1.3 Übersetzungen

[28] Übersetzungen liegen unserem Kenntnisstand nach nicht vor.

1.4 Unveröffentlichte Quellen

[29] Unveröffentlichte Quellen liegen unserem Kenntnisstand nach nicht vor.

2 Inhalt und Kontexte

[30] Der Beitrag Gesellschaft in pädagogischer Sicht steht (wie auch die anderen beiden Texte von Mollenhauer im Fischer Lexikon. Pädagogik, s. KMG 013-a1 und KMG 014-a) als Lexikonbeitrag in einem spezifischen Kontext. Für die beiden Ausgaben von 1964 bis 1973 sowie von 1973 bis 1980 hat der Herausgeber des Lexikons die unterschiedlichen Rahmenbedingungen und Ansprüche genannt. Während 1964 in einer der Titelei vorgeschalteten Beschreibung von einer Übergangszeit die Rede ist, in der es darum gehe, den
neuen Stand pädagogischer Erkenntnis
(Enzyklopädie des Wissens, 1964, S. 2)
aufzuzeigen, wird in der Neuausgabe 1973 an gleicher Stelle als Aufgabe festgehalten, den
heutigen Stand der Erziehungswissenschaft [zu referieren und dabei] sowohl die Position einer
kritischen Pädagogik
zu vertreten als auch die weitreichenden Beziehungen einer modernen, technologisch ausgerichteten Pädagogik zur empirischen Sozialforschung aufzudecken
(
Enzyklopädie des Wissens, 1973, S. 2
; s. a. Groothoff, 1973, S. 9–10).
[31] In seinem Beitrag bearbeitet Mollenhauer nach eigener Darstellung ein neuartiges Thema, das erst mit der Verwissenschaftlichung der Pädagogik in der Moderne aufgetreten sei: Im ausgehenden 18. und frühen 19. Jahrhundert sei
die Gesellschaft erstmalig in
pädagogischer Sicht
(
KMG 012-a1, Abs. 012:3
; KMG 012-b, Abs. 012:1–3) erschienen. Zwischen den unterschiedlichen pädagogischen Positionen habe über das Gesellschaftsverständnis allerdings keine Einigkeit bestanden.
[32] Die Erziehungswissenschaft stehe, wie andere Wissenschaften,
in Distanz zur gesellschaftlichen Wirklichkeit
(
KMG 012-a1, Abs. 012:4
; KMG 012-b, Abs. 012:3–6) und sei durch ihre Verfahren (zweckrational, analysierend, aufklärend) zugleich kritisch. Demzufolge sei
Gesellschaftskritik […] eine ihrer Funktionen
(
KMG 012-a1, Abs. 012:4
; KMG 012-b,Abs. 012:3–6). Sie orientiere sich am Postulat der Mündigkeit, das ihr aus dem gesellschaftlichen Zusammenhang selbst zukomme; Prüfkriterium dafür sei, was pädagogisch zulässig sei. Dafür sei eine rationale Theorie nötig, die auch die Gefahr der Ideologisierung, der Unterordnung von Bildung unter die
ökonomischen Verwertungsinteressen
(KMG 012-b, Abs. 012:6)
im Blick haben müsse.
[33] In einer mündigen, selbstkritischen Gesellschaft habe auch das mündige, kritische, zum Widerspruch fähige Individuum seinen Platz. Individualität und Spontaneität, Autonomie und Selbsttätigkeit seien die – zur
Zeit der bürgerlichen Revolution
(KMG 012-b, Abs. 012:7)
– leitenden Begriffe einer Pädagogik, die sich als
Sachwalterin der Autonomie der heranwachsenden Generation
(
KMG 012-a1, Abs. 012:5
; KMG 012-b, Abs. 012:6–8) verstehe. Damit gehe es in der Erziehung nicht mehr allein um Bewahrung des Hergebrachten, sondern um Veränderung; pädagogische Reform und Gesellschaftsreform stünden in einem engen Zusammenhang. Aufgabe der Erziehungswissenschaft sei die Analyse der
Erziehungslage
, die auch eine Analyse der
Gesellschaftslage
beinhalte und auf eine Tradition seit Pestalozzi, Humboldt und Schleiermacher verweisen könne (
KMG 012-a1, Abs. 012:8
; KMG 012-b, Abs. 012:9–12); sie finde sich
heute in der Erziehungswissenschaft allenthalben, am konsequentesten im Werk Th. Litts
(KMG 012-a1, Abs. 012:8)
bzw. sei
nach dem Ersten Weltkrieg vor allem von S. Bernfeld geleistet [worden] und stellt heute, auf den gegenwärtigen wissenschaftlichen Kontext bezogen, die wichtigste Aufgabe der Erziehungswissenschaft dar
(KMG 012-b, Abs. 012:8)
.
[34] Pädagogische Gegenwartsprobleme seien zu sehen in einer veränderten Erziehungswirklichkeit und Problemen der Familienerziehung sowie der
Pädagogisierung der Gesellschaft [durch] [i]mmer neue Institutionen und Maßnahmen
(
KMG 012-a1, Abs. 012:9
; KMG 012-b, Abs. 012:9–12; Herv. i. Orig.). Unter den Stichwörtern Industrialisierung und Demokratisierung führt Mollenhauer weitere Momente auf, die Chancen eröffnen, aber auch das Mündigwerden gefährden könnten (Verstädterung, Leistungsgesellschaft, Mobilität, Konflikte, Informationsvielfalt, Pluralismus, Arbeit, Freizeit, Massenmedien verbunden mit verschiedenen Rollenanforderungen und Tendenzen zu Wirklichkeitserfahrung aus zweiter Hand und Entfremdung sowie mit schichtspezifischen Unterschieden). Erziehung
zur Selbsttätigkeit, zur Wahlfähigkeit und zur Konfliktbewältigung; […] zum kritischen Umgang mit Informationsmitteln
(
KMG 012-a1, Abs. 012:17
; KMG 012-b, Abs. 012:17–21) sowie
zur Fähigkeit eines reflektierten, aber parteinehmenden politischen Handelns in Richtung auf Abbau und Kontrolle von Herrschaft
(KMG 012-b, Abs. 012:21)
laute die Aufgabe der Erziehung in einem gegen die Tendenzen der modernen Gesellschaft geschützten Raum.
[35] Abschließend nimmt Mollenhauer die
Sozialvorstellungen der Pädagogik
(KMG 012-a1, Abs. 012:19
; KMG 012-b, Abs. 012:26 ) in den Blick, die notwendigerweise in den verschiedenen Institutionen und Theorien enthalten seien, da Erziehung immer in einem sozialen Zusammenhang stattfinde. Das Konzept Mündigkeit sei davon geprägt, ebenso wie Methoden, Organisationsformen und Erziehungsstile. Die Erziehungswissenschaft habe solche Zusammenhänge aufzudecken, bewusst zu machen
und nach Maßgabe des Mündigkeitsprinzips zu kritisieren
(
KMG 012-a1, Abs. 012:21
; KMG 012-b, Abs. 012:24–26).
Es gehört damit konstitutiv zu ihrer Aufgabe, nach der gesellschaftlichen Funktion ihrer Begriffe, Modelle und Theoreme zu fragen und deren Ort – dem kritischen Prinzip folgend, nach dem sie begonnen hat – im Prozeß der politischen Emanzipation zu bestimmen.
(KMG 012-b, Abs. 012:26)
[36] In Teilen (Gesellschaftskritik, Mündigkeit, Veränderung, s. o.) lassen sich die hier formulierten Gedanken auch im Kapitel A. 1 der ebenfalls 1964 erschienenen Einführung in die Sozialpädagogik wiederfinden (KMG 011-A, Abs. 011:26–42).
[37] In der Neuausgabe 1973 sind einzelne Passagen in einer Weise umformuliert oder ergänzt, dass das aktuelle von den politisch-soziologischen Debatten der Zeit geprägte Vokabular sichtbar wird: So ist nun die Rede von der bürgerlichen Klassengesellschaft, der
tendenziellen Subsumption des
Bildungswertes
unter die Wertgesetze und Wertformen der kapitalistischen Tauschgesellschaft
und die
ökonomischen Verwertungsinteressen
(KMG 012-b, Abs. 012:6)
, von
Antagonismen der kapitalistischen Gesellschaft
(KMG 012-b, Abs. 012:21–24) anstelle der zuvor bemühten
pluralistische[n] Struktur der Gesellschaft
(KMG 012-a1, Abs. 012:18). Zudem sind Beispiele ersetzt, z. B. mit Blick auf den Zusammenhang von Erziehungs- und Gesellschaftsreform die
Pädagogische Reformbewegung, Landerziehungsheime im ersten Drittel unseres Jahrhunderts
(KMG 012-a1, Abs. 012:6)
durch
entschiedene Schulreform und Einheitsschule, sozialistische Reformbewegung, Landerziehungsheime im ersten Drittel unseres Jahrhunderts
(KMG 012-b, Abs. 012:6)
oder – bezüglich der Aufgabe der Erziehungswissenschaft, die Erziehungslage ebenso wie die Gesellschaftslage zu analysieren – Theodor Litt durch Siegfried Bernfeld (s. o.). Die Fassung von 1973 steht mithin sprachlich und argumentativ den Theorien zum Erziehungsprozeß von 1972 (KMG 047-A1) nahe, auch wenn der Lexikonbeitrag in der Grundidee keine grundsätzliche Veränderung erfuhr.
[38] Zu dem Lemma ist eine knappe Bibliografie zusammengestellt – ob vom Autor des Beitrags oder von Herausgeberseite ist allerdings nicht ersichtlich. Zwischen den beiden Fassungen KMG 012-a1, Abs. 012:23-44 (1964 bis 1973) und KMG 012-b, Abs. 012:27–48 (ab der Neuausgabe 1973) gibt es dabei deutliche Unterschiede und lediglich ein Buch taucht in beiden Listen auf.
[39] Im Fachdiskurs der Zeit stand der Lexikonbeitrag von Mollenhauer im Kontext einer intensivierten Beschäftigung mit Fragen des Zusammenhangs von Erziehung und Gesellschaft. Peter Martin Roeder wies in seiner 1968 veröffentlichten Habilitationsschrift Erziehung und Gesellschaft auf, dass das
Problem Erziehung – Gesellschaft seit langem Gegenstand der Erziehungswissenschaft wie der Gesellschaftswissenschaft
(Roeder, 1968, S. 2)
gewesen sei, und rekonstruierte die Geschichte des Problems im ausgehenden 18. und im 19. Jahrhundert. 1969 erschien der Band Erziehungswissenschaft als Gesellschaftswissenschaft zum Verhältnis von Pädagogik/Erziehungswissenschaft und Soziologie (Goldschmidt et al., 1969), für den die
Ergebnisse moderner Sozialwissenschaften […], daß Erziehung ein gesellschaftlicher Vorgang ist
(Goldschmidt & Händle, 1969, S. 9)
grundlegend waren:
Nach heutiger Auffassung kann die Wissenschaft von der Erziehung den Vorgang der Erziehung nur klären […], wenn sie die Gesellschaft in ihrer gegenwärtigen Struktur und in ihren Entwicklungstendenzen […] untersucht und auf angemessene Konvergenz der pädagogischen und gesellschaftspolitischen Ziele achtet.
(Goldschmidt & Händle, 1969, S. 10)
[40] In den genannten Arbeiten wurden vornehmlich erziehungswissenschaftliche Theorien und das Verhältnis von Soziologie und Erziehungswissenschaft analysiert und diskutiert. Demgegenüber stellt Mollenhauer in seinem Lexikonbeitrag die Frage ins Zentrum, wie sich Gesellschaft aus pädagogischer Sicht darstellt und welche Konstruktionen von Gesellschaft sich bei pädagogischen Akteur*innen sowie in Institutionen und Methoden finden, und mahnt die Aufklärung darüber an. Dabei knüpft er u. a. an seine Dissertation von 1959 über Die Ursprünge der Sozialpädagogik sowie an seine Überlegungen zum Thema Anpassung von 1961 an. Für die Fassung 014-b ab 1973 sind zudem die Studien in Erziehung und Emanzipation von 1968 (wo sich in gewisser Weise als Begründung für das hier gewählte Vorgehen der Satz findet:
Die Entfaltung eines Zusammenhangs pädagogischer Sätze ist zugleich die Entfaltung eines Gesellschaftsbildes.
KMG 028-A, Abs. 028:44
) sowie die Theorien zum Erziehungsprozess von 1972 als Referenzen wichtig.

3 Rezeption

[41] Der Beitrag Gesellschaft in pädagogischer Sicht wird von Heinz-Elmar Tenorth im Zusammenhang mit seiner These, dass der Beginn der kritischen Erziehungswissenschaft auf das Jahr 1964 und hier auf Mollenhauers Beitrag Pädagogik und Rationalität zu datieren sei, als flankierender Text genannt, in dem ebenfalls die Botschaft von Pädagogik und Rationalität zu finden gewesen sei (Tenorth, 2000, S. 20). Auch Christian Niemeyer und Michael Rautenberg sehen beide Texte in einem engen Zusammenhang, widersprechen aber der These von Tenorth (Niemeyer & Rautenberg, 2012, S. 336) (s. dazu den Werkkommentar zu KMG 016-a).

4 Literatur

4.1 Andere hier verwendete Werke von Klaus Mollenhauer

    [42] Mollenhauer, Klaus. Die Ursprünge der Sozialpädagogik in der industriellen Gesellschaft. Eine Untersuchung zur Struktur sozialpädagogischen Denkens und Handelns (Monografie 1959; KMG 005-A). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe. Historisch-kritische Edition. (2025). Herausgegeben von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3qqvc&edition=A.
    [43] Mollenhauer, Klaus. Anpassung (Beitrag 1961; KMG 008-a). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe. Historisch-kritische Edition. (2025). Herausgegeben von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3qqtx&edition=a.
    [44] Mollenhauer, Klaus. Einführung in die Sozialpädagogik. Probleme und Begriffe (Monografie 1964; KMG 011-A). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe. Historisch-kritische Edition. (2025). Herausgegeben von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3qqtk&edition=A.
    [45] Mollenhauer, Klaus. Sozialpädagogik (Beitrag 1964; KMG 013-a1). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe. Historisch-kritische Edition. (2025). Herausgegeben von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3qqsz&edition=a1.
    [46] Mollenhauer, Klaus. Sozialpädagogische Einrichtungen (Beitrag 1964; KMG 014-a1). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe. Historisch-kritische Edition. (2025). Herausgegeben von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3qqsw&edition=a1.Mollenhauer, Klaus. Sozialpädagogische Einrichtungen (1965-1973; KMG 014-a2). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe. Historisch-kritische Edition. (2025). Herausgegeben von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3qqsw&edition=a2.
    [47] Mollenhauer, Klaus. Pädagogik und Rationalität (Beitrag 1964; KMG 016-a). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe. Historisch-kritische Edition. (2025). Herausgegeben von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3qqt1&edition=a.
    [48] Mollenhauer, Klaus. Erziehung und Emanzipation. Polemische Skizzen (Monografie 1968-1971; KMG 028-A). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe. Historisch-kritische Edition. (2025). Herausgegeben von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3qqrv&edition=A.
    [49] Mollenhauer, Klaus. Theorien zum Erziehungsprozeß. Zur Einführung in erziehungswissenschaftliche Fragestellungen (Monografie 1972; KMG 047-A1). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe. Historisch-kritische Edition. (2025). Herausgegeben von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3qqq8&edition=A1.

4.2 Weitere Literatur

    [50] Enzyklopädie des Wissens (1964). In Hans-Hermann Groothoff (Hrsg.), Das Fischer Lexikon. Pädagogik (S. 2). Frankfurt am Main: Fischer.
    [51] Enzyklopädie des Wissens (1973). In Hans-Hermann Groothoff (Hrsg.), Das Fischer Lexikon. Pädagogik (Neuausgabe, S. 2). Frankfurt am Main: Fischer.
    [52] Goldschmidt, Dietrich & Händle, Christa (1969). Der Wandel der Pädagogik in der Auseinandersetzung mit der Soziologie. In Dietrich Goldschmidt, Christa Händle, M. Rainer Lepsius, Peter-Martin Roeder & Franz Wellendorf, Erziehungswissenschaft als Gesellschaftswissenschaft. Probleme und Ansätze (S. 9–44). Heidelberg: Quelle & Meyer.
    [53] Goldschmidt, Dietrich, Händle, Christa, Lepsius, M. Rainer, Roeder, Peter-Martin & Wellendorf, Franz (1969). Erziehungswissenschaft als Gesellschaftswissenschaft. Probleme und Ansätze. Heidelberg: Quelle & Meyer.
    [54] Groothoff, Hans-Hermann (1973). Einleitung. In Hans-Hermann Groothoff (Hrsg.), Das Fischer Lexikon. Pädagogik (Neuausgabe, S. 7–10). Frankfurt am Main: Fischer.
    [55] Niemeyer, Christian & Rautenberg, Michael (2012). Klaus Mollenhauer (1928-1998). Pädagogik als vergessener Zusammenhang. In Bernd Dollinger (Hrsg.), Klassiker der Pädagogik. Die Bildung der modernen Gesellschaft (3. Auflage, S. 331–352). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
    [56] Roeder, Peter-Martin (1968). Erziehung und Gesellschaft. Ein Beitrag zur Problemgeschichte unter besonderer Berücksichtigung des Werkes von Lorenz von Stein. Weinheim [u. a.]: Beltz.
    [57] Tenorth, Heinz-Elmar (2000). Kritische Erziehungswissenschaft. Oder von der Notwendigkeit der Übertreibung bei der Erneuerung der Pädagogik. In Cornelie Dietrich & Hans-Rüdiger Müller (Hrsg.), Bildung und Emanzipation. Klaus Mollenhauer weiterdenken (S. 17–25). Weinheim [u. a.]: Juventa.
[58] [Klaus-Peter Horn]