Pädagogik [Werkkommentar]

1 Werk: Formale Beschreibung

1.1 Leittext

[1] Mollenhauer, Klaus. Pädagogik (Beitrag 1964; KMG 015-a). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe. Historisch-kritische Edition. (2025). Herausgegeben von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3qqt3&edition=a.
[2] Basierend auf:
  • [3] Mollenhauer, Klaus (1964). Pädagogik. In Erwin von Beckerath, Hermann Bente, Carl Brinkmann, Erich Gutenberg, Gottfried Haberler, Horst Jecht, Walter Adolf Jöhr, Friedrich Lütge, Andreas Predöhl, Reinhard Schaeder, Walter Schmidt-Rimpler, Werner Weber & Leopold von Wiese (Hrsg.), Handwörterbuch der Sozialwissenschaften. Achter Band Nutzen – Reparationen (S. 161–170). Stuttgart: Gustav Fischer, Tübingen: J.C.B. Mohr und Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
[4] Der Lexikonbeitrag Pädagogik umfasst etwas mehr als neun Druckseiten mit insg. 19,5 Spalten.
[5] Das Handwörterbuch der Sozialwissenschaften (HdSw) ist die Neuauflage des Handwörterbuchs der Staatswissenschaften, das bis 1929 mehrere Auflagen erlebt hatte; die Nachfolge des HdSw wiederum trat ab 1972 das Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaften (HdWw) an.
[6] Die 12 Bände des HdSw tragen die Erscheinungsjahre 1956 bis 1968. Allerdings erschienen die Bände vorab jeweils in Lieferungen, und die erste Lieferung lag bereits im September 1952 vor (Schaeder, 1951, S. 212). Solche Lieferungen bestehen i. d. R. aus mehreren Bögen, die zu Lagen zusammengefasst und auf der ersten Lagenseite unterhalb des Textspiegels in kleinerer Schrift mit sog. Bogensignaturen versehen werden, um die spätere Zusammenfügung zu einem Band zu erleichtern. An Übergängen zwischen den Lieferungen können einzelne Seiten doppelt geliefert werden, die bei der Bindung entfernt werden. Sobald alle vorab geplanten Lieferungen eines Bandes komplett sind, werden diese als Buch gebunden, das das Erscheinungsjahr der den Band abschließenden Lieferung erhält (s. Corsten et al., 1987–2016, hier insb. die Einträge
Bogen
,
Bogenfolge
und
Bogensignatur
in Band I sowie
Lieferung
und
Lieferungswerk
in Band IV).
[7] Band 8 des HdSw mit dem Beitrag Mollenhauers bestand nach den bibliografischen Angaben der Deutschen Nationalbibliothek aus fünf Lieferungen von 1961 bis 1964 (Lieferungen 38, 42, 45, 47 und 51) (s. https://d-nb.info/456905286 ). Die erste Lieferung zu diesem Band trug die Nummer 38 und bestand aus den Lagen
N 1
bis
N 11
; alle diese Lagen waren zusätzlich mit der Angabe
X. 1961
versehen (die Lagen
N 12
bis
N 21
der Lieferung 42 mit der Angabe
IV. 1962
). Der Beitrag von Mollenhauer, der auf S. 161 die Angabe
N 11
und auf der vorletzten Seite die Angabe
N 12
aufwies, gehörte demnach zur ersten Lieferung, die seit dem Oktober 1961 in öffentlichen und privaten Bibliotheken verfügbar war. Da die abschließende Lieferung 51 des 8. Bandes erst im April 1964 ausgeliefert wurde, erhielt der Band 8 insgesamt und damit auch der Beitrag von Mollenhauer das Veröffentlichungsjahr 1964. Die Entstehungszeit des Beitrags ist aber auf 1960/61 zu datieren.
[8] Die Entstehungszeit und die starke Konzentration auf Literatur aus der Geisteswissenschaftlichen Pädagogik (s. u. Abschnitt 2) werden nachvollziehbarer, wenn berücksichtigt wird, dass ursprünglich nicht der junge Assistent Mollenhauer mit der Aufgabe betraut wurde, den Lexikonbeitrag zu verfassen, sondern sein Lehrer und Vorgesetzter Erich Weniger, der am 28. Juli 1960 einen entsprechenden Vertrag über den Beitrag
Pädagogik
im
Handwörterbuch der Sozialwissenschaften
unterzeichnet hat. Als Abgabetermin für den auf einen Umfang von sechs Spalten festgelegten Beitrag war der 1. April 1961 vorgesehen (s. SUB Göttingen, Cod. Ms. E. Weniger 3:8, 14). Ob und in welchem Ausmaß Weniger selbst in der Zeit vom Juli 1960 bis zu seinem Tod am 2. Mai 1961 an dem Beitrag gearbeitet hat, lässt sich nicht klären. Denkbar ist, dass er seinen Assistenten Mollenhauer mit Zuarbeiten dafür beauftragt hat und dieser den Beitrag dann allein fertiggestellt hat.

1.2 Weitere Fassungen

[9] Weitere Fassungen liegen unserem Kenntnisstand nach nicht vor.

1.3 Übersetzungen

[10] Übersetzungen liegen unserem Kenntnisstand nach nicht vor.

1.4 Unveröffentlichte Quellen

[11] SUB Göttingen, Cod. Ms. E. Weniger 3:8, 14: Vertrag über den Beitrag
Pädagogik
im
Handwörterbuch der Sozialwissenschaften
, unterschrieben von Erich Weniger am 28. Juli 1960.

2 Inhalt und Kontexte

[12] Im HdSw sind vornehmlich wirtschafts- und sozialgeschichtliche, wirtschaftswissenschaftliche, soziologische und juristische Themen vertreten. Erziehungswissenschaftliche Stichwörter hingegen sind nur sehr wenige zu finden – im engeren Sinne können die Stichwörter
Erwachsenenbildung
sowie
Fach- und Berufsbildung
dazugerechnet werden, in einem weiteren Sinne auch Stichwörter wie
Bildungsstatistik
,
Freizeit
,
Fürsorge
oder
Schulstatistik
. Der Beitrag Pädagogik stellte also im HdSw eine Besonderheit dar.
[13] Mollenhauer befasst sich in seinem Beitrag I. mit der dreifachen Wortbedeutung von
Pädagogik
(Erziehungspraxis, vorwissenschaftliche Erziehungslehre und Erziehungswissenschaft) und II. mit der Geschichte der Pädagogik (Erziehungspraxis und -denken von der Antike bis zur Gegenwart). Im III. Abschnitt
Allgemeine Erziehungswissenschaft
geht er auf den Gegenstandsbereich der Erziehungswissenschaft (die
Erziehungswirklichkeit
), die aktuelle wissenschaftstheoretische Diskussion (im Vergleich von fünf Ansätzen der Erziehungswissenschaft: normative Systeme, empirisch fundierte Erziehungswissenschaft, deskriptive oder analytische Erziehungswissenschaft, phänomenologische Erziehungswissenschaft sowie – am ausführlichsten – geisteswissenschaftliche Erziehungswissenschaft), das Verhältnis von Theorie und Praxis (insbesondere unter Rückgriff auf die Überlegungen Wilhelm Flitners und Erich Wenigers) und die Grundbegriffe der Erziehungswissenschaft (von Bildsamkeit bis Erziehungsstil) ein. Als Forschungsrichtungen stellt er IV. die Pädagogische Anthropologie, die Pädagogische Psychologie, die Pädagogische Soziologie und die Historische Pädagogik mit ihren spezifischen Begriffen und Methoden vor. Abschließend sind V. die Anwendungsbereiche und hier insbesondere Schule und Sozialpädagogik Thema.
[14] Auffällig ist die in fast allen Abschnitten zu findende prominente Platzierung der Geisteswissenschaftlichen Pädagogik, ihrer Begriffe und Hauptvertreter, die sich auch in der Literaturübersicht spiegelt, die in chronologischer Reihenfolge mehr als 60 Publikationen (auch Zeitschriften und Lexika) von 1806 bis 1961 enthält, darunter fast ein Drittel von Autoren aus der Geisteswissenschaftlichen Pädagogik. Einige im Text besonders erwähnte Autoren wie Wolfgang Brezinka, Helmut Schelsky, Theodor W. Adorno oder Hans Thomae dagegen sind in der Literaturübersicht nicht vertreten.
[15] Der Beitrag, der offensichtlich schon 1961 (s. o.) abgeschlossen worden war, stand im Kontext der Beschäftigung Mollenhauers mit allgemeinen Fragen der Erziehungswissenschaft, die sich in weiteren Beiträgen der Zeit finden lässt. Dazu zählen der Aufsatz Pädagogik und Rationalität von 1964 (KMG 016-a), die Auseinandersetzung mit wissenschaftstheoretischen Fragen in dem Beitrag Das Problem einer empirisch-positivistischen Pädagogik 1966 (KMG 022-a) oder auch der Rezensionsaufsatz Was ist Erziehungswissenschaft im gleichen Jahr (KMG 026-a), in denen er sich stärker von der Geisteswissenschaftlichen Pädagogik distanziert. Mit Blick auf die Einteilung verschiedener Denkrichtungen in der Erziehungswissenschaft ist der Beitrag für das HdSw allerdings differenzierter, unterscheidet er hier doch fünf Richtungen, während in späteren Veröffentlichungen die Gegenüberstellung von empirischer und Geisteswissenschaftlicher Pädagogik allein von Interesse ist.

3 Rezeption

[16] Cornelia Füssenhäuser nimmt Mollenhauers Bedeutungsklärung des Begriffs
Pädagogik
mit seinen drei Facetten (s. o.) auf, ordnet die im Folgesatz zitierte Aussage Mollenhauers zum Thema Theorie und Praxis aber fälschlicherweise dem gleichen Werk zu (
1964b, 15
,
Füssenhäuser, 2005, S. 60
), obwohl es sich um ein Zitat aus der Einführung in die Sozialpädagogik von 1964 (KMG 011-A) handelt, das dort wiederum nicht auf S. 15, sondern auf S. 13 steht. Irreführend ist zudem die Aussage, Mollenhauer habe
insbesondere in den 1970er Jahren de[n] Begriff Pädagogik durch die Begriffe Lernen oder auch Sozialisation, später durch Bildung ersetzt und entsprechend im erweiterten Sinn genutzt
(Füssenhäuser, 2005, S. 60)
. In den als Belegen genannten Gesprächen Mollenhauers (s. KMG V66-a und KMG V75-a) kommt hingegen zweifelsfrei zum Ausdruck, dass es dabei nicht um
Pädagogik
, sondern um den Begriff
Bildung
ging, an dessen Stelle die Begriffe
Lernen
und
Sozialisation
getreten seien.

4 Literatur

4.1 Andere hier verwendete Werke von Klaus Mollenhauer

    [17] Mollenhauer, Klaus. Einführung in die Sozialpädagogik. Probleme und Begriffe (Monografie 1964; KMG 011-A). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe. Historisch-kritische Edition. (2025). Herausgegeben von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3qqtk&edition=A.
    [18] Mollenhauer, Klaus. Pädagogik und Rationalität (Beitrag 1964; KMG 016-a). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe. Historisch-kritische Edition. (2025). Herausgegeben von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3qqt1&edition=a.
    [19] Mollenhauer, Klaus. Das Problem einer empirisch-positivistischen Pädagogik (Beitrag 1966; KMG 022-a). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe. Historisch-kritische Edition. (2025). Herausgegeben von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3qqsd&edition=a.
    [20] Mollenhauer, Klaus. Was ist Erziehungswissenschaft? (Beitrag 1966; KMG 026-a). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe. Historisch-kritische Edition. (2025). Herausgegeben von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3qqs6&edition=a.
    [21] Klaus Mollenhauer im Gespräch mit Theodor Schulze (Gespräch 1987; KMG V66-a). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe. Historisch-kritische Edition. (2025). Herausgegeben von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3qqhq&edition=a.
    [22] Mollenhauer, Klaus & Winkel, Rainer. Pädagogik – gestern, heute und morgen. Klaus Mollenhauer im Gespräch mit Rainer Winkel – Teil 3 (Gespräch 1990; KMG V75-a). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe. Historisch-kritische Edition. (2025). Herausgegeben von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3qqfk&edition=a.

4.2 Weitere Literatur

    [23] Corsten, Severin, Füssel, Stephan, Pflug, Günther & Schmidt-Künsemüller, Adolph (Hrsg.) (1987–2016). Lexikon des gesamten Buchwesens (2., völlig neu bearbeitete Auflage, Bd. 1–9). Stuttgart: Anton Hiersemann.
    [24] Füssenhäuser, Cornelia (2005). Werkgeschichte(n) der Sozialpädagogik. Klaus Mollenhauer – Hans Thiersch – Hans-Uwe Otto. Der Beitrag der ersten Generation nach 1945 zur universitären Sozialpädagogik. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren.
    [25] Schaeder, Reinhard (1951). Das Handwörterbuch der Sozialwissenschaften. Jahrbuch für Sozialwissenschaften, 2(2/3), 205–212.
[26] [Klaus-Peter Horn]