und Gesellschaft aus der
Sicht des Sozialbehaviorismus[Sandra Berkefeld]
Editorische Korrektur
1967[Klaus-Peter Horn]
Editorische Korrektur
1969[Lasse Clausen]
Editorische Korrektur
1971 a[Klaus-Peter Horn]
Editorische Korrektur
1970[Sandra Berkefeld]
Editorische Korrektur
Bs[Klaus-Peter Horn]
Editorische Korrektur
Selbst[Sandra Berkefeld]
Editorische Korrektur
genannt[Sandra Berkefeld]
Editorische Korrektur
87[Klaus-Peter Horn]
Editorische Korrektur
Einschätzungen[Lasse Clausen]
Editorische Korrektur
Strauss[Jonathan Fante]
Editorische Korrektur
b[Klaus-Peter Horn]
Editorische Korrektur
a[Klaus-Peter Horn]
Editorische Korrektur
eigenen[Sandra Berkefeld]
Editorische Korrektur
Handlungsimpulsen[Sandra Berkefeld]
Editorische Korrektur
:)[Lasse Clausen]
Editorische Korrektur
»Beziehungsfalle«
.[Jonathan Fante]
Editorische Korrektur
Rahmen[Jonathan Fante]
Editorische Korrektur
»Eine Mutter
ruft nach ihrem kleinen Kind und bittet es, auf
ihren Schoß zu kommen. Sie gibt damit sprachlich
zu erkennen, daß sie eine liebevoll-zärtliche
Beziehung zu ihm aufzunehmen wünscht. Gleichzeitig
aber drückt sie durch den Tonfall ihrer Stimme und
durch nicht-verbale, ihre Rede begleitende Gesten
aus, daß sie eine Abneigung gegen das Kind
verspürt und ihr der Gedanke, das Kind auf dem
Schoß zu haben, nicht angenehm ist. Das Kind
stutzt einen Augenblick. Dann geht es zur Mutter,
klettert auf ihren Schoß, nimmt einen Knopf ihrer
Jacke in die Hand und sagt:
Aus heutiger Sicht
(2025) erscheint dieser Sprachgebrauch rassistisch; zur für diese
Edition grundlegenden Entscheidung zum Umgang damit siehe den Editionsbericht, Abschnitt 3.3.
Editorische Anmerkung
Aus den Fassungen A2 und A3 wird ersichtlich, dass sich Mollenhauer
hier auf Laing, 1972, S.
33 bezieht. [Klaus-Peter Horn]
Editorische Anmerkung
Siehe Goffmans Ausführungen zu
„uniqueness“
(Goffman, 1963, S. 56)
bzw.
„Einzigartigkeit“
(Goffman, 1967, S. 73)
und
„phantom normalcy“
(Goffman, 1963, S. 122)
bzw.
„Schein-Normalität“
(Goffman, 1967, S. 152)
. Der Ausdruck
„phantom-uniqueness“
im Sinne von
„fiktive Einzigartigkeit“
findet sich – ergänzend zur
„phantom-normalcy“
– bei Habermas, 1968,
S.
14. [Klaus-Peter Horn]
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[047:246] Die im ersten Kapitel vorgetragenen Erwägungen, besonders in den letzten Abschnitten,
knüpfen an eine Forschungstradition an, auf die schon verschiedentlich
hingewiesen wurde und die für die Sozialisationstheorie neuerdings von immer
größerer Bedeutung wird. Von der Pädagogik hätte sie eigentlich schon längst
rezipiert werden sollen, da in ihr die Genese und die Struktur von
Interaktion zum Grundthema der Sozialisationstheorie gemacht wird. Dieser
Ansatz – vom Pragmatismus des Ch.
Peirce1
| 285|1Ch. Peirce:
Schriften, Bd. 2: Vom Pragmatismus zum Pragmatismus. Frankfurt 1970.
herkommend und über G. H.
Mead2
| 285|2G. H. Mead: Geist, Identität, Gesellschaft. Frankfurt 1968.
, Goffman3
| 285|3E. Goffman: Encounters. Two
studies in the sociology of interaction. Indianapolis
1961.
, Strauss4
| 285|4A. Strauss:
Spiegel und Masken. Die Suche nach Identität. Frankfurt
1968.
, Bateson u. a.5
| 285|5G. Bateson (u.a.): Familie und
Schizophrenie. Frankfurt 1968.
, Laing6
| 285|6R. D. Laing/H.
Phillipson/A. R. Lee: Interpersonelle Wahrnehmung. Frankfurt
1971.
, Watzlawick u. a.7
| 285|7P. Watzlawick/J. H. Beavin/D. D.
Jackson: Menschliche Kommunikation. Formen, Störungen,
Paradoxien. Bonn/Stuttgart 1969.
nun auch in die deutsche sozialisationstheoretische (Habermas8
| 285|8J. Habermas:
Thesen zur Theorie der Sozialisation (Vorlesung,
1968).
; Krappmann9
| 285|9L. Krappmann:
Neuere Rollenkonzepte als Erklärungsmöglichkeit für
Sozialisationprozesse. In: Familienerziehung, Sozialstatus
und Schulerfolg, hrsg. von der b:e-Redaktion, Weinheim
1971.
; Oevermann10
| 285|10U. Oevermann:
Sprache und soziale Herkunft. Berlin
1970.
) und erziehungswissenschaftliche (Baacke11
| 285|11D. Baacke:
Aspekte einer Vermittlung von Kommunikations- und | 286|Erziehunswissenschaft. In: D. Hoffmann/H. Tütken (Hrsg.):
Realistische Erziehungswissenschaft, Hannover 1972,
S. 11
ff.
; Loch12
| 286|12W. Loch:
Einleitung zu: A. R. Lurija/F. I. Judowitsch, Die Funktion
der Sprache in der geistigen Entwicklung des Kindes,
Düsseldorf 1971.
) Diskussion eindringend – ist deshalb für die
erziehungswissenschaftliche Forschung vielversprechend, weil er die Chance
einer Wendung vom manipulativen zum kommunikativen Erziehungsverständnis
begründen helfen und damit unsere Erziehungskonzepte erweitern könnte. Im
folgenden soll nun allerdings nicht diese Theorie-Geschichte dargestellt
werden, sondern es geht nur um jene Forschungsteile, die im Zusammenhang
dieses Textes von besonderer Bedeutung scheinen. In diesem Sinne soll (noch
einmal) von der Struktur der Interaktion, von den Grundsachverhalten des
interpersonellen Handelns, der Beziehungsproblematik und dem
Identitäts-Konzept die Rede sein.
|a 261|
1.Struktur der Interaktion
[047:247a] Unter den oben
genannten Theorien spielt die von G. H. Mead die bedeutendste
Rolle. Das von ihm entwickelte Paradigma für die Struktur
der menschlichen Interaktion stellt seit seiner ersten
Veröffentlichung 1934 den ausgesprochenen oder
unausgesprochenen Bezugspunkt aller einschlägigen
Erörterungen dar. Ch. Morris, Schüler Meads, faßt dessen Theorie in
einer These zusammen:
Error: Can't find node with xml:id:
[047:247c] Eine
Interaktion im Medium
„signifikanter
Symbole“
– so nennt Mead die sprachlichen Zeichen
im Unterschied zu
„vokalen Gesten“
–
etabliert eine Situation,
[047:247d]
in der der
einzelne in sich selbst Reaktionen auslösen und
auf sie reagieren kann unter der Bedingung, daß
der gesellschaftliche Reiz auf ihn die gleiche
Wirkung ausübt wie auf andere
14
| 286|14G. H.
Mead: a. a. O., S. 187.
.
[047:247e] In der
durch signifikante Symbole vermittelten oder strukturierten
Situation geschieht also folgendes: A richtet mit Hilfe
eines signifikanten Symbols eine Erwartung an B; er
unterstellt dabei, daß B ihn versteht; die von B nun zu
erwartende Handlung kann von A antizipiert werden, und zwar
aufgrund einer Eigentümlichkeit signifikanter Symbole: sie
lösen nämlich im Sprecher die gleiche Reaktion aus wie im
Hörer; nichts anderes heißt
„verstehen“
;
es werden Symbole verwendet, die für mehrere die gleiche
Bedeutung haben; infolgedessen kann A nun auch noch
antizipierend den nächsten Schritt tun: die Vollendung
seiner eigenen Handlung als Reaktion auf die Handlung Bs ins Auge fassen. Die so beschriebene Struktur
reziproker Erwartungen, Antizipationen und ihrer
symbolischen Präsentation ist nicht nur etwas, nach dem
äußerlich beschreibbar die Interaktion abläuft, sondern es
ist auch
„in“
den Individuen: ein
kognitives Grundmuster der menschlichen Interaktion, das A
und B teilen.
[047:248] Die Bedeutung einer sprachlichen Geste liegt also nicht nur
in |a 262|der unmittelbaren Wirkung, die sie zur Folge
hat (die Response des Interaktionspartners), sondern darüber hinaus in
der Vorwegnahme der weiteren Interaktionsschritte durch die an der
Interaktion beteiligten Individuen. Menschliche Interaktion ist so
dadurch charakterisiert, daß sie schon im Ansatz zweierlei enthält: die
Bindung an die geteilten Bedeutungen eines gesellschaftlichen Kontextes
und die relative Freiheit von den Faktoren einer situativen
Gesamtdynamik, der der Organismus ohne die Fähigkeit, über signifikante
Zeichen verfügen zu können, verhaftet bliebe.
[047:249] Die symbolische Interaktion in diesem Sinne setzt also die
Verwendung von Symbolen voraus, die allgemeine Anerkennung haben, die
gleiche Bedeutung für verschiedene Individuen haben und imstande sind,
die Allgemeinheit von Beziehungen |A1 A2 A3 86|auszudrücken.
„Man kann nichts sagen, was absolut partikulär
wäre; alles, was sinnvoll gesagt wird, ist allgemein“
15
| 286|15G. H. Mead: a. a. O., S.
189.
, und zwar insofern, als alle signifikanten Symbole ein
gesellschaftlich Allgemeines enthalten. Es liegt demnach in der Natur
der menschlichen Interaktion, daß das Individuum, indem es spricht,
immer auch mit den Intentionen der anderen spricht. Und umgekehrt gilt,
daß ein Individuum, wenn es etwas sagt, zu sich selbst auch das sagt,
was es zu anderen sagt;
„andernfalls wüßte es nicht, worüber es
spricht“
16
| 286|16G. H. Mead: a. a. O., S.
189.
.
[047:250a]
[047:250b]
[047:250c]
[047:251a]
[047:251b]
[047:251c]
[047:252] Wie aber kommt es zu jenem Übergang vom individuellen Rol|a 264|lenspiel zum Gruppenspiel, zu jenem Befolgen von
Regeln und der Dauerhaftigkeit des damit verbundenen Verhaltens? Auch
dies muß durch die Struktur der Interaktion erklärt werden können. Zu
diesem Zweck führt Mead
den Begriff des
„verallgemeinerten Anderen“
(generalized other) ein. Am individuellen
Rollenspiel wird deutlich, daß das Kind kraft seiner Fähigkeit,
signifikante Symbole verwenden zu können, sich als ein
„Selbst“
sehen, auf sich selbst reagieren kann.
[047:253]
19
| 286|19
A1A2A3√
[047:254] Die Symbole, die das Kind in seinen Interaktionen verwendet,
sind – wir erinnern noch einmal daran – von geteilter Bedeutung, auf
Situationen bezogen, in denen Interaktion stattfand und möglich ist.
Dies ist die Bedingung dafür, daß das Kind |A1 A2 A3 88|auch Erwartungen akzeptieren kann,
die über die unmittelbar gegebene Situation hinausgehen, und zwar nach
Maßgabe seines Fortschrittes im Erwerb signifikanter Symbole. Jenes
Gruppenspiel ist ein Beispiel für solche Erwartungen. Das Kind aber kann
sie nur erfahren in einem
„pädagogischen“
Kontext, d.
h. im Zusammenhang einer interagierenden Gruppe, in der Erwartungen und
Reaktionen wiederkehren und das Allgemeine in den Symbolen nicht auf
Zweier-Beziehungen oder einzelne Situationen beschränkt bleibt, sondern
sich als relativ stabile soziale Struktur, als Struktur der Interaktion,
etabliert und dem Kinde auf diese Weise ein relativ dauerhafter sozialer
Ort, eine Identität ermöglicht wird.
[047:255]
20
| 286|20
A1A2A3√
[047:256] Korrespondierend mit dieser dem Individuum gegenüber als
äußerlich beschriebenen Instanz des
„verallgemeinerten Anderen“
muß eine
entsprechende
„innere“
Instanz angenommen werden. Sie
ist in dem obigen Zitat von Mead im Grunde auch schon mitbeschrieben, wenn er sagt, daß
ein Kontext von Erwartungen nur insofern als
„verallgemeinerter Anderer“
zu bestimmen ist, als dieser
„in die Erfahrung jedes einzelnen
Mitgliedes eintritt“
, d. h. sich dort zu einer kognitiven
Struktur organisiert. Im Individuum entsteht ein Zusammenhang von
Interaktions-Orientierungen, den es mit den Mitgliedern der Gruppe
teilt, der zu ihm
„selbst“
gehört und den es als
„sich selbst“
im Sinne eines sinnvoll
interagierenden Subjektes bestimmen kann. Mead nennt diese Instanz das
„Me“
(das
„Mich“
,
oder – in der hier zitierten Übersetzung – das Ich), und zwar im Unterschied zum
„I“
(
„Ich“
), das sich vom
„Me“
noch einmal distanziert erfahren kann. (Diese
problematische Unterscheidung kann indessen hier unerörtert
bleiben.)
[047:257] Unter gesellschaftlichen Bedingungen laufen diese Prozesse
nicht willkürlich ab, sondern sie werden – zumal innerhalb von
Erziehungsverhältnissen – gesteuert. Das geschieht dadurch, daß die
möglichen Interaktionen, in die das Kind geraten kann, |A1 A2 A3 89|begrenzt sind
und Regelmäßigkeit zeigen: Mit bestimmten Individuen (zum Beispiel
Familienmitgliedern) interagiert es häufiger, bestimmte Individuen (zum
Beispiel Eltern, Lehrer) verfügen über Sanktionsmittel und damit über
Einfluß auf die verwendeten Interaktionsmuster. Es müssen also – vor der
Entstehung des
„Me“
und an
seiner Bildung beteiligt – besonders bedeutsame Interaktionspartner
angenommen werden:
„signifikante Andere“
, die im Falle von durch Macht gestützten Einflußchancen sogar als
„autoritative Andere“
in Erscheinung bzw. in den Interaktionsprozeß eintreten.
21
| 286|21
A1A2A3√
[047:258]
22
| 286|22
A1A2A3√
[047:259] Aus den bisher beschriebenen Begriffen und ihrer Beziehung
zueinander ergibt sich das folgende schematische Struktur-Bild von
Interaktion:
|A1 A2 A3 90|
2.Das
„interaktionistische
Rollenmodell“
[047:260] Im Anschluß an das von Mead entwickelte Paradigma haben
insbesondere die
„symbolischen Interaktionisten“
Goffman und Strauß einzelne Fragen noch deutlicher herauszuarbeiten
versucht. Dabei richtete sich dieser Versuch unter anderem gegen das
sozialisationstheoretische Konzept von Parsons, demgegenüber nun die sogenannte
„kritische Rollentheorie“
ins Feld geführt wurde, in
der deutschsprachigen Diskussion vor allem von Habermas23
| 286|23J. Habermas:
a. a. O.
, Krappmann24
| 286|24L. Krappmann:
a. a. O.; ders.:
Soziologische Dimension der Identität. Strukturelle
Bedingungen für die Teilnahme an Interaktionsprozessen.
Stuttgart 1971.
und Oevermann25
| 286|25U. Oevermann:
a. a. O.
. G. H. Mead könnte
noch so interpretiert werden, als unterstelle er für den Normalfall eine
vollkommene Entsprechung der sozialen Erwartungen an das Individuum und dessen eigene Orientierungen und Handlungsimpulse. Nimmt man indessen denjenigen Teil seines Paradigmas ernst, in
dem gerade der symbolische Charakter der Interaktion, d. h.
Antizipation, Reziprozität, Vergegenständlichung und damit auch Inter|a 267|pretation von Verhaltenserwartungen,
hervorgehoben wird, dann zeigt sich, daß Interaktionsspielräume,
Aushandeln von Beziehungsdefinitionen und Regeln sowie Umorganisieren
von Regeln durchaus zur
„normalen“
Interaktion
gehören, daß also
„geteilte Bedeutung“
Inkongruenzen
zuläßt, ja daß solche durch die Verschiedenartigkeit von Individuen
(vgl. das
„I“
) und Situationen sogar
unausweichlich sind und damit zu den wesentlichen Bestandteilen der
Interaktionsstruktur gehören. Eben dieser Punkt interessiert – unter
anderem – den symbolischen Interaktionismus. Er richtet sich damit vor
allem gegen die folgenden Annahmen einer
„traditionellen“
Rollen- und Sozialisationstheorie.26
| 286|26Vgl.
(Wir erörtern damit hier noch einmal ausführlich, worauf bereits
bei der Diskussion von Erziehungszielen hingewiesen wurde:)
[047:261]
[047:262]
[047:263]
[047:264]
[047:265]
[047:266]
[047:267] Diese Annahmen sind offenbar sinnvoll, sofern die relative
|a 268|Gleichförmigkeit des Verhaltens
verschiedener Personen in gleichen sozialen Situationen erklärt werden soll. Sie
[047:268] A1A2A3√
28
| 286|28
A1A2A3√
[047:269] Aber unter welchen Umständen ist so etwas schon in reiner
Form der Fall? Goffman
hat – mit einer feinen impliziten Ironie – beschrieben, unter welchen
Bedingungen dieses Modell Gültigkeit beanspruchen kann: in totalen
Institutionen, in denen den Individuen tatsächlich kaum eine Wahl
bleibt, als sich dem institutionalisierten System von Erwartungen,
Bedürfnisbefriedigungen und Interaktionsregeln zu unterwerfen. Das ist
in psychiatrischen Anstalten, im Militär, der Tendenz nach in
Erziehungsheimen, Schulen und arbeitsteiligen Produktions- oder
Distributionsbetrieben der Fall. Die
„repressive“
Tendenz solcher Einrichtungen besteht gerade darin, die in der Struktur
der Interaktion vorgezeichneten Spielräume zu beschneiden, was sich an
der spezifischen Deformation zeigen läßt, die dort der kommunikativen
Kompetenz der Individuen mehr als andernorts zugefügt wird. Für den
„Normalfall“
ist deshalb |A1 A2 A3 92|ein Paradigma der Interaktion zu
wählen, im Vergleich zu dem die totale Institution als der
„pathologische“
Grenzfall erscheint. Aus diesem
Grunde postuliert das
„interaktionistische
Rollenmodell“
(statt
„Rolle“
ist es hier
zulässig und meines Erachtens sogar sinnvoller, von
„Interaktion“
zu sprechen), daß
[047:270]
Rollennormen nicht rigide definiert sind,
sondern einen gewissen Spielraum für subjektive
Interpretation durch die Rollenpartner lassen; daß
2.
[047:271]
die Rollenpartner im jeweiligen
Interaktionsprozeß nicht nur die gerade aktuelle Rolle
übernehmen, sondern zugleich verdeutlichen, welche weiteren
Rollen sie noch innehaben oder früher innehatten;
daß
3.
[047:272]
mehr als ein vorläufiger, tentativer und
kompromißhafter Konsens der Partner über die Interpretation
ihrer Rollen im Regelfall nicht zu erreichen und auch nicht
erforderlich ist.
|a 269|
4.
[047:273]
Dieses Modell geht ferner gerade davon aus,
daß die individuellen Bedürfnisdispositionen den
institutionalisierten Wertvorstellungen nicht voll
entsprechen. Somit müssen nach diesem Modell
5.
[047:274]
die Rollenpartner für die Sicherung des
Fortgangs von Interaktion fähig sein, auf die von den
eigenen verschiedenen Bedürfnisdispositionen des anderen
einzugehen und auch unter Bedingungen unvollständiger
Komplementarität, d. h. nur teilweise Befriedigung eigener Bedürfnisse, zu
interagieren.
6.
[047:275]
29
| 286|29
[047:276] Mit diesen Thesen wird die theoretische Aufmerksamkeit
zunächst ganz auf das Geschehen zwischen den Interaktionspartnern, d. h.
auf die genauere Bestimmung ihrer Beziehung gerichtet. Das
interaktionistische Modell gibt zwar die Richtung weiterer Bestimmung
und Analysen an, bleibt in diesem Stadium aber noch relativ abstrakt.
Denn: Was geschieht im einzelnen, wenn eine Kommunikation aufgenommen
wird? Nach welchen Regeln verfahren die Partner? Was wird auf welche
Weise mitgeteilt? Diesen Fragen ist – wie wir schon im ersten Kapitel sahen – Watzlawick in verschiedenen
Dimensionen nachgegangen. Aber er hat dabei unter anderem nur
aufgenommen und systematisiert, was im Bereich speziellerer
Forschungsrichtungen bereits erarbeitet worden war: im Kreis derjenigen
Forschungsgruppe vor allem, die sich mit Fragen einer
kommunikationstheoretisch orientierten Therapie sogenannter
schizophrener Patienten und Familien befaßte .30
| 286|30
|A1 A2 A3 93|
3.Die
„Beziehungsfalle“
[047:277] Von Mead wie
auch von Gerth/Mills wurde darauf
hingewiesen, welche Bedeutung bei der Bildung des
„Me“
den primären Bezugspersonen (signifikanten
Anderen) und den Beziehungen zu ihnen zukommt. Wie das Individuum sich
zu sehen lernt, wie es sich in Beziehung zu anderen bestimmt, wie es
konkret solche Beziehungen |a 270|aufnimmt und
unterhält, welches
„Selbst“
es ausbildet, ist von der
Art der Beziehung zu diesen Bezugspersonen entscheidend abhängig. In dem
Maße, in dem im Verlauf einer Biographie immer andere, gesellschaftlich
immer allgemeinere Gültigkeit repräsentierende signifikante Andere, auch
in der Form von Bezugs-Kollektiven, in den Interaktionshorizont des
Individuums eintreten, läßt sich das Beziehungsproblem auf verschiedenen
Ebenen denken, die sowohl nach Maßgabe lebensgeschichtlicher wie auch
gesellschaftlich-objektiver Kriterien angenommen werden können.
Jedenfalls scheint es so zu sein, daß die Beziehungsphänomene, will man
sie systematisch betrachten, im Rahmen einer kontrollierten Erweiterung
des gesellschaftlichen und biographischen Kontextes interpretiert werden
müssen.
[047:278] Auf der dem einzelnen Fall, der besonderen Situation am
nächsten liegenden Ebene ist eine, wie ich meine, der
erziehungswissenschaftlich folgenreichsten Hypothesen zur Aufklärung
primärer Beziehungsprobleme entwickelt worden: die
„double-bind-Hypothese“
oder
die Hypothese von der
„Beziehungsfalle“
.
Sie wurde zwar im Rahmen der Therapie von Schizophrenen entwickelt; dieser Ursprung aber
ist hier uninteressant, da sie ein generelles Struktur-Problem von
Interaktionen und des Sozialisationsprozesses aufwirft. Diese Hypothese
läßt sich am besten mit Hilfe des Beispiels beschreiben, das Haley31
| 286|31
gibt:
[047:279]
|A1 A2 A3 94|
[047:280] Was geschieht in dieser Situation? Die Interaktion findet
offenbar auf zwei
„Kanälen“
statt, auf einem
verbal-expliziten und einem zweiten, in dem mit Hilfe nichtverbaler Gesten zusätzliche Botschaften ausgetauscht werden können (nach
Watzlawick: digitale
und analoge Kommunikations-Modalitäten, hier auf der |a 271|Beziehungsebene). Die
Mitteilungen auf beiden Kanälen können kongruent sein, sie müssen es
aber nicht. Im vorliegenden Fall sind sie es offensichtlich nicht. Für
das Kind entsteht in dieser Situation das Problem, auf welche der beiden
Mitteilungen es reagieren soll. Denn die beiden Mitteilungen sind nicht
nur nicht kongruent, sondern sie sind widersprüchlich. Da die in den
beiden Mitteilungen zum Ausdruck gebrachten Erwartungen sich
ausschließen (
„Komm zu mir!“
–
„Bleib
mir fern!“
), kann das Kind auf keine der beiden reagieren, ohne
die andere zu verletzen. Es sitzt in einer
„Beziehungsfalle“
oder befindet sich – wie Watzlawick das nennt – in einer paradoxen Kommunikations-Situation. Es löst dieses Dilemma durch ein
Verhalten, das im Hinblick auf die beiden widersprüchlichen
Beziehungsdefinitionen der Mutter uneindeutig ist und eigentlich jede
der beiden Mitteilungen zu negieren vorgibt: es wendet sich einem
anderen Sachverhalt (dem Knopf) zu.
[047:281] Die Differenz zwischen den Mitteilungen auf den beiden
„ Kanälen“
muß nicht als Widerspruch angenommen
werden; es genügt die Annahme, daß es sich um nichtkongruente Mitteilungen handeln kann, um daran festzuhalten, daß es sich
hier um eine für die Aufklärung pädagogischer Probleme außerordentlich
fruchtbare Hypothese handelt. Double-bind-Interaktionen gehören zu jedem
Erziehungsalltag. Problematisch allerdings werden sie in dem Maße, in
dem sie regelmäßig wiederkehren und für einzelne Individuen typische
Interaktionen sind, denen sie konfrontiert werden. Wir können dann – im
Sinne der Hypothese – annehmen, daß, je ausgeprägter sich solche
Inkongruenzen zu dauerhaften Interaktionsmustern verdichten, die Chancen
zur Metakommunikation und damit zur Bewältigung dieser Lage im Sinne
einer Emanzipation aus den Bedingungen, die sie herbeiführen,
unwahrscheinlicher werden. Mir scheint, daß es sich bei dieser Hypothese
nicht um ein unerhebliches Detail handelt, sondern um eine Vermutung,
die eine Art Basis-Merkmal unserer Art, mit der jungen Generation
umzugehen, zum Vorschein bringt. Besonders betroffen scheinen davon
diejenigen Gruppen zu sein, die sich in stärker abhängigen sozialen
Positionen befinden. Die im zitierten Beispiel |A1 A2 A3 95|geschilderte Interaktion häuft sich
vermutlich dort, wo das Kind ein für das Ehe-Subsystem oder die Familie
im ganzen schwer zu bewältigendes |a 272|Problem darstellt.32
So ist ferner etwa in Erziehungsheimen eine Differenz zwischen
zwei nicht zu vereinbarenden Erziehungsstilen und den darin enthaltenen
Beziehungsdefinitionen zu beobachten: eine am Modell der bürgerlichen
Kleinfamilie orientierte Beziehungs- und Verhaltenserwartung und ein
offizielles Umgangs-Reglement, das gerade die eher punitiven und
individuelle Eigentümlichkeiten vernachlässigenden Merkmale des
Erziehungsstils der unteren sozialen Schichten reproduziert.33
| 286|33Vgl. ; .
Für englische Arbeiter-Eltern, deren Kinder sich in
weiterführenden Schulen befinden, ist eine ähnliche Situation
beschrieben worden: Einerseits erwartet die Schule, das
Lehrer-Kollegium, daß sie Interesse für die Schule zeigen, andererseits
stellt sich die Schule den Eltern gegenüber in einer Form dar (die
vielen Fremdheitserlebnisse, die Arbeiter-Eltern sehr konkret mit der
höheren Schule haben), die nicht als positives Beziehungsangebot
interpretiert werden kann.34
| 286|34Vgl. .
Kinder solcher Eltern selbst befinden sich in unseren
Bildungsinstitutionen vermutlich in einem ähnlichen Konflikt, sofern
ihnen einerseits Aufmerksamkeit entgegengebracht wird, man damit aber
die Erwartung verknüpft, daß sie die Erfahrungen ihrer sozialen Herkunft
besser ignorieren oder verleugnen.
[047:282] Also nicht nur im Bereich der primären Sozialisation – obwohl
sie dort ihren eigentlichen Ort hat und ihre Fruchtbarkeit am
nachdrücklichsten erweisen konnte –, sondern auch im sekundären Bereich
der Bildungsinstitutionen scheint uns die
„double-bind-Hypothese“
eine produktive Annahme zu sein. In den
durch solche Konstellationen herbeigeführten Konfliktsituationen
entsteht ein Lösungs-Dilemma, das nur dann ausweglos und entschieden
pathogen ist, wenn es keine Alternative von
„signifikanten Anderen“
gibt. Für den anderen Fall haben Gerth/Mills das Konstrukt des
„intimen Anderen“
vorgeschlagen: ein Interaktionskontext, der alternativ die unbefriedigt gebliebenen Erwartungen und Beziehungsbedürfnisse befriedigen kann. Neger-Kinder zum Beispiel, die
in einem Text, in dem schwarze und weiße Puppen bewertet werden mußten, die
schwarzen Puppen negativ bewerteten und sich damit der von der
dominanten rassistischen Kultur der Weißen etablierten
Beziehungsdefinition anschlossen, also ein negatives Selbstbild |A1 A2 A3 96|hatten, finden
vermutlich in ihrer eigenen sozialen und ethnischen |a 273|Subkultur eine Möglichkeit, den Konflikt durch einen
Rückzug auf die
„intimen Anderen“
dieser primären
Bezugsgruppe zu ertragen.
„Solidarische“
Beziehungen
in unterprivilegierten Gruppen und die sogenannte status-orientierte
Stabilität von Unterschicht-Subkulturen sind auf diese Weise nicht nur
erklärbar; sie erweisen sich darüber hinaus nicht nur im Rahmen
politischen Kampfes, sondern auch pädagogisch als sinnvoll und bisweilen
notwendig.
[047:283] Angesichts solcher Beispiele wird deutlich, daß auch die
Frage nach der Lösung von Beziehungsproblemen auf verschiedenen Ebenen
gestellt werden muß. Zwar läßt sich die allgemeine Form der
pädagogischen Aufgabe als
„Organisierung oder
Umorganisierung des Interaktionsfeldes“
bestimmen. Diese
Organisierung aber stellt auf den verschiedenen Ebenen je besondere
Probleme: Durch ökonomische Verhältnisse erzeugte Beziehungsprobleme
stellen für die pädagogische Intervention offenbar andere Fragen und
Aufgaben als diejenigen Beziehungsprobleme, deren Genese zureichend aus
dem primären Interaktionszusammenhang verständlich gemacht werden kannA1A2A3√ und von dem deshalb auch sinnvoll angenommen werden kann, daß er
direkt durch pädagogisch-kommunikatives Handeln auf den Weg der
Veränderung gebracht werden mag. Der Modellfall für diese Ebene der
Problemlösung ist die Therapie; ihr am nächsten stehen die
Interaktionsprobleme der Familie und von Kleingruppen (Gruppendynamik).
Für diese gleichsam elementare Ebene hat Watzlawick im Hinblick auf die
double-bind-Situation zusammenfassend die folgenden Bestandteile
behauptet:
„1.
[047:284]
Zwei oder mehrere Personen stehen zueinander
in einer engen Beziehung, die für einen oder auch alle von
ihnen einen hohen Grad von physischer und/oder psychischer
Lebenswichtigkeit hatA1A2A3√ ...
2.
[047:285]
In diesem Kontext wird eine Mitteilung
gegeben, die a) etwas aussagt, b) etwas über ihre eigene
Aussage aussagt und c) so zusammengesetzt ist, daß diese
beiden Aussagen einander negieren bzw. unvereinbar sindA1A2A3√ ...
3.
[047:286]
Der Empfänger dieser Mitteilung
kann der durch sie hergestellten Beziehungsstruktur nicht
dadurch entgehen, daß er entweder über sie metakommuniziert
(sie kommentiert) oder sich aus der Beziehung zurückzieht
...“
35
| 286|35
A1A2A3√
4.
[047:287]
„Wo Doppelbindungen von längerer oder sogar
chronischer Dauer sind, werden sie zu gewohnheitsmäßigen und
schwer beeinflußbaren Er|a 274|wartungen
hinsichtlich der Natur menschlicher Beziehungen und |A1 A2 A3 97|der
Welt im allgemeinen, und diese Erwartungen bedürfen
schließlich keiner weiteren Verstärkungen.“
5.
[047:288]
„Das durch Doppelbindungen verursachte
paradoxe Verhalten hat selbst doppelbindende Rückwirkungen,
und dies führt zu sich selbst verewigenden
Kommunikationsstrukturen“
36
| 286|36
– sofern nicht durch Interventionen der Zirkel aufgebrochen
wird.
[047:289] Die grundlegende Bedeutung von Beziehungsproblemen, die in
dieser Hypothese zum Ausdruck gebracht wird, hat – mehr oder weniger
explizit – natürlich die Psychoanalyse von Anfang an beschäftigt.
Neuerdings – jedoch noch vor Watzlawick – haben
Laing/Phillipson/Lee37
| 286|37
genau dieses Problem, die Frage nämlich, von welcher Struktur
eigentlich die Beziehung zwischen Individuen und damit auch die hier zu
erwartenden Probleme seien, zum Ausgangspunkt ihrer Arbeiten gemacht. Anlaß dafür – nach Laings eigenen Angaben – war die Beobachtung, daß er in der therapeutischen Interaktion mit dem Patienten nur schwer die in psychiatrischen Lehrbüchern enthaltenen Beschreibungen des Verhaltens der Patienten wiedererkennen konnte. (Eine solche
Erfahrung ist für den Pädagogen gewiß nachvollziehbar angesichts der
Stereotype vom
„unbegabten Schüler“
,
„delinquenten Jugendlichen“
, der
„verwahrlosten
Familie“
, dem
„Autoritarismus des
Unterschicht-Vaters“
usw.). Er folgerte daraus, daß jede genaue
Diagnose, und folglich auch der therapeutische Weg, nicht von einem
verdinglichten Bild des Patienten, sondern vom Patienten als einem
Kommunikationspartner auszugehen habe. Er nennt diese Wendung das
Überführen eines verdinglichten
„Prozesses“
, dessen
die Individuen selbst nicht mächtig sind, in die
„Praxis“
einer Kommunikation, in der Verständigung auf der Ebene
des Patienten geschieht. Solche Verständigung aber muß ausgehen von dem
Sinnzusammenhang, der sich in den Interaktionsstrukturen des Patienten
darstellt. Die allgemeine Bedeutung dieses Gedankens wird plausibel,
wenn wir statt von
„Therapie“
von pädagogischer
Kommunikation und statt vom
„Patienten“
von den
Partnern solcher Kommunikation sprechen. Außerdem ist es wichtig, darauf
hinzuweisen, daß die von Laing behauptete
„Verdinglichung“
nicht
nur in Lehrbüchern oder in der objektivierenden Wissenschaft |a 275|geschieht, sondern dort nur fortgesetzt wird,
was im Handeln der Institutionen fortwährend geschiehtA1A2A3√. Für eine solche Überführung von
„Prozeß“
in
„Praxis“
ist entscheidend, daß ein deutliches
Bewußtsein, eine genaue |A1 A2 A3 98|Kenntnis von den möglichen Beziehungen
zwischen den Interaktionspartnern besteht, daß es gelingt, die
Interaktionsmuster, in diesem Fall die wechselseitigen
Beziehungsdefinitionen, bekanntzumachen, weil aus ihnen alles folgt, was
an wesentlichen Informationen für Gestaltung und Veränderungen der
„Praxis“
unerläßlich ist. Für die empirische
Sicherung dieses Ansatzes hat Laing einen Fragebogen entworfen, dessen Struktur auch im
Ausschnitt deutlich wird und der seinen Ansatz – und besonders auch die
Mead-Nachfolge, in
der er sich befindet – prägnant veranschaulicht:
[047:290]
1.
[047:291]
Sie versteht mich.
2.
[047:292]
Ich verstehe sie.
3.
[047:293]
Sie versteht sich.
4.
[047:294]
Ich verstehe mich.
[047:295]
B Wie, glauben Sie, würde sie die folgenden
Feststellungen beantworten?
1.
[047:296]
„ “
2.
[047:297]
„ “
3.
[047:298]
„ “
4.
[047:299]
„ “
[047:300]
C Wie würde sie Ihrer Meinung nach glauben, daß
Sie die folgenden Feststellungen beantwortet haben?
1.
[047:301]
Sie versteht mich.
2.
[047:302]
Ich verstehe sie.
3.
[047:303]
Sie versteht sich.
4.
[047:304]
ø
A1A2A3√
[047:305] In dieser Gruppe von Items wird ein Kommunikationsakt (
„verstehen“
) den Partnern
einer Interaktions-Dyade (hier: Ehepartner–Ehepartner; möglich wäre aber
auch: Elternteil–Kind, Erzieher–Zögling, Lehrer–Schüler) zur
Einschätzung gestellt; der Fragebogen enthält im ganzen 60 solcher
vorgegebener Kommunikationsakte (sich den Kopf zerbrechen über ..., sich
verlassen A1A2A3√..., Angst haben vor ..., gemein sein zu ..., sich lustig machen
über ..., usw.), durch deren Beantwortung Informationen über sechs
Dimensionen der interpersonellen Beziehung gewonnen werden sollen: |a 276|Interdependenz und Autonomie, herzliche
Anteilnahme und Unterstützung, Geringschätzung und Enttäuschung,
Kontroversen (Kampf und Flucht), Widersprechen und in Verwirrung
bringen, extreme Verweigerung von Autonomie (S. 68 f.). Die Pointe der Methode – man
kann sie als eine subtile Weiterentwicklung soziometrischer Meßverfahren
ansehen – besteht darin, daß ein Urteil durch drei Perspektiven (A, B
und C) hindurch abge|A1 A2 A3 99|wandelt wird und so die Sichtweisen der
beiden Partner auf ihre gemeinsame Beziehung zueinander ins Verhältnis
gesetzt werden können. Die erste Ebene (A) ist die einfache Perspektive,
das gleichsam naive Urteil; die zweite Ebene (B) nennen die Autoren
„Meta-Perspektive“
: Welches Bild hat der Partner von
unserer Beziehung nach meiner Einschätzung? Welches Stereotyp vermute
ich bei ihm? Die dritte Ebene nennen die Verfasser die
Meta-meta-Perspektive (C): Welches Bild habe ich von der
Meta-Perspektive des Partners oder welches Beziehungs-Stereotyp
vermutet, nach meiner Meinung, der Partner bei mir?
[047:306] Nun ist aber auf jeder der drei Ebenen die Perspektive
geteilt.
„Ich verstehe
dich“
kann von beiden Partnern behauptet werden, aber dennoch
Verschiedenes bedeuten. Die Perspektive des anderen (Alter) geht
natürlich – gemäß dem Paradigma Meads – in die Perspektive des einen (Ego) als dessen
Wahrnehmung vom anderen ein:
„ich
verstehe dich, weil du mich verstehst“
oder
„ich verstehe dich, obwohl (oder
darin, daß) du mich nicht verstehstA1A2A3√“
. So sehen die Partner nicht nur jeweils den anderen, sondern auch
sich selbst im Hinblick auf den anderen, sie haben
„in
sich“
eine Beziehungsstruktur (Ego – Alter), die der
„äußeren“
Beziehung zwischen den beiden Personen
analog ist: ich (Ego) verstehe mich (Alter) – du (Ego) verstehst dich
(Alter). Auf diese Weise entsteht die in dem Fragebogen-Auszug zitierte
Sequenz der zwölf Statements, die als eine minuziöse Darstellung der
reziproken Beziehungsstruktur in einem Untersuchungsinstrument
interpretiert werden kann. Schematisch stellt sich diese Struktur für
jede der drei Ebenen so dar:
|a 277|
[047:307a]
[047:307b]
[047:307c]
4.Identität
[047:308] Die Lernspielräume, die sich dem Individuum eröffnen, und die Richtung, die sein Lernen nehmen kann, müssen also im
Kontext der Beziehungen interpretiert werden, in denen es sich bewegt
bzw. sich zu bewegen gezwungen ist. Wenn wir sagen, sie
„müssen“
im Beziehungskontext interpretiert werden, dann |A1 A2 A3 101|meinen wir
damit ein erziehungswissenschaftliches Postulat. Natürlich können auch
andere analytische Referenz-Rahmen für die Bestimmung von Lern-Problemen
gewählt werden. Kommt es uns aber darauf an, pädagogische Kommunikation
zu analysieren, dann gilt – gemäß des Diskurses als Legitimationsbasis – immer, daß mindestens zwei
Gesichtspunkte die Analyse leiten müssen: Pädagogisches Geschehen ist
als ein Beziehungsphänomen und der Educandus in denjenigen Dimensionen zu betrachten, in
denen er als Subjekt der ihn betreffenden Interaktionen erscheinen kann,
d. h. in diesem Fall als ein Individuum, das die im interaktionistischen
Paradigma unterstellten Reaktionsspielräume ausschöpfen kann, über
„interpersonelle Kompetenz“
(WeinsteinA1A2A3√) verfügt. In der Sprache Meads: Der Educandus ist als ein Interaktionspartner zu betrachten,
der in sich ein
„Selbst“
bildet, das der Inbegriff
der zur inneren Struktur organisierten Interaktionserfahrung ist. Mead hatte das zunächst als
das
„Me“
bestimmt. Am Beispiel Laings sahen wir, wie
dieses Me auf der Grundlage
wechselseitiger Beziehungsdefinitionen sowohl entsteht wie auch aufrecht
erhalten wird, und zwar dadurch, daß es sich in allen einzelnen
Interaktionen immer aufs neue bewähren muß, darin allerdings einer Regel
folgt, von der angenommen werden kann, daß sie relativ
situationsunabhängig geworden ist.
[047:309] In den Interaktionen des Individuums bilden sich also
Regelmäßigkeiten im Hinblick auf die Beziehungsdefinitionen, und zwar
nach Maßgabe der Interaktionserfahrung und unter der Bedingung |a 279|reziproker Antizipationen und deren
Stabilisierung. Sofern diese Reziprozität nicht nur von der einzelnen
Interaktion bzw. von dyadischen Beziehungen abhängig ist, sondern
allgemeine und d. h. von der einzelnen Situation unabhängige Erwartungen
enthält (das
„verallgemeinerte Andere“
), bestimmt sie
das Individuum als Mitglied einer sozialen Gruppe, und zwar so, daß es
sich selbst zugleich in dieser Bestimmtheit wahrnehmen kann und sich zu
ihr als zu einem Teil seiner selbst verhalten kann: das ist seine
„soziale Identität“
.
[047:310] Von den einzelnen Situationen unabhängig und damit –
wenigstens im Ansatz – als ein Allgemeines wird soziale Identität durch
drei Komponenten sowohl gebildet wie auch entweder bestätigt oder neu
hergestellt:
–
[047:311] Das in der Interaktion singuläre, d. h. nur auf diese Interaktion bezogene Verhalten ist mit
einem Bedeutungs-Kontext |A1 A2 A3 102|pragmatisch verknüpft; die einzelnen
Interaktionen sind untereinander verbunden in einem
Sinnzusammenhang, der sich im Rahmen der jeweiligen Lebenswelt
konstituiert.
–
[047:312] Über Symbole (Sprache, Sprachcodes) und Rollen wird
der allgemeine Gehalt singulärer Reaktionen in der Interaktion
festgehalten und je aktualisiert.
–
[047:313] Nach Maßgabe von Sinnzusammenhang und Rollengehalt
werden interpersonelle Taktiken39
| 287|39
(A1A2A3√im Hinblick auf sprachliche Taktiken: Lewis40
| 287|40M. M.
Lewis: Sprache, Denken und Persönlichkeit im
Kindesalter. Düsseldorf 1970
) erworben als die Instrumente der sozialen Selbstdarstellung
des
„Me“
.
[047:314] Diese Bildung vollzieht sich unter der empirischen Bedingung
eines nach Rollen – d. h. bereits etablierten interpersonellen und
überindividuellen Wahrnehmungs- und Reaktionsmustern – strukturierten
Beziehungsfeldes. Der zur Demonstration dafür am häufigsten in der
Literatur herangezogene Fall ist die Familie, da für unseren Kulturkreis
die primären Sozialisationsleistungen immer noch im Regelfall von der
Familie erbracht werden. Solche interpersonellen Muster strukturieren
sich in der alltäglichen Wirklichkeit der Kleingruppe vor allem durch
„Koalitionen“
, in denen zwischen mindestens zweien
eine besondere Dichte und Regelmäßigkeit der Interaktion hergestellt
wird. Vor allem zwei solcher Koalitionsmöglichkeiten sind in der
primären Sozialisation von |a 280|entscheidender
Bedeutung für den Erwerb eines allgemeinen Bezugsrahmens für die Bildung
der eigenen interpersonellen Kompetenz: die Generation und das
Geschlecht. Es scheint, als handle es sich dabei nicht nur um historisch
vorherrschende Rollendifferenzierungen, sondern um solche, die als
universal und notwendig für den Bildungsprozeß überhaupt angenommen
werden müssen. Eine solche Feststellung impliziert jedoch weder, daß
„Generationenschranke“
und
„geschlechtsgebundene Rolle“
41
in der Form notwendig seien, die in dem gegenwärtigen Typus der
bürgerlichen Kleinfamilie zur Darstellung kommt, noch daß als Ort der
primären Sozialisation nicht auch institutionelle Alternativen zur
Familie überhaupt historisch sinnvoll möglich wären.42
| 287|42.
[047:315] Soziale Identität als Zugehörigkeit zu Gruppen und damit zu
einem intersubjektiv Allgemeinen wird also über Interaktionen und die in
ihnen enthaltenen Regelmäßigkeiten gebildet; diese wiederum kommen
zunächst in der Form von Koalitionen zur Darstellung, und zwar
vornehmlich in den beiden Dimensionen |A1 A2 A3 103|der Generation und des Geschlechts. Das
Problem, das dabei entsteht, betrifft nie nur den einen – etwa den
abhängigen – Interaktionspartner, sondern ist ein Problem der ganzen
Interaktion, betrifft also die Identität aller an der Interaktion
Beteiligten, wenngleich in unterschiedlicher Intensität. Strauss zitiert dafür ein
Beispiel:
[047:316]
43
| 287|43.
[047:317] Das bedeutet, daß soziale Identität selbst kein
unproblematisches, sondern für das Individuum ein riskantes
Beziehungsproblem darstellt: Gerade wegen der implizierten Allgemeinheit
ist jede Veränderung im Referenz-Rahmen des
„Me“
für das eine Individuum folgenreich auch für
alle anderen Individuen, mit denen es kommuniziert, und damit auch
folgenreich für deren soziale Identität. Ohne
„Zugehörigkeit“
entschwindet dem Individuum auch sein
„Selbst“
, als das es sich bestimmen kann, jedenfalls
in der sozialen Dimension, entschwindet ihm die
„capacity to distinguish self from
nonself“
44
| 287|44.
.
„Zugehörigkeit“
kann aber – gleichsam am
anderen Ende der Skala –
„Überangepaßtheit“
bedeuten,
völliges Aufgehen des Selbst in sozialer Identität und damit subjektiv
nicht mehr gesteuerte Abhängigkeit von sozialen Erwartungen. Das damit
angesprochene Balance-Problem für das Individuum hat Mead schon beschäftigt:
[047:318]
45
| 287|45
A1A2A3√
[047:319]
„Sich ausdrücken“
kann das Individuum offenbar nur,
wenn es neben der sozialen noch eine zweite Dimension gibt, in der es
seine Identität bestimmt. Mead hat hier – etwas ungenau – das
„I“
(Ich) einzuführen versucht als den Inbegriff der
aus dem Organismus aufsteigenden Impulse, die infolgedessen nur dem
Individuum zugehörig seien. Angemessener und genauer scheint uns
indessen im Anschluß an Goffman46
| 287|46
und Krappmann die
Bestimmung dieser |a 282|Dimension als
„Zeitdimension, in der die Ereignisse im Leben
des Individuums zu einer
‚personal
identity‘
zusammengefaßt werden“
47
| 287|47.
, zu sein. Diese auch von Mitscherlich48
| 287|48
A. Mitscherlich: Das
soziale und das persönliche Ich. In: Kölner
Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie
(KZfSS), Jg. 1966, S. 21 ff.
in den Begriffen
„soziales“
und
„persönliches Ich“
diskutierte Unterscheidung ist die Form, in der das Individuum
auf zwei unterschiedliche Klassen von sozialen Erwartungen reagiert: zu
sein wie jeder andere und zu sein wie kein anderer. Beide Erwartungen
sind nicht voll zur Deckung zu bringen; in der reinen Form schließen sie
sich aus, jedenfalls in solchen historischen Situationen, für die die
Zugehörigkeit zu verschiedenen sozialen Gruppen mit je besonderen Typen
gesellschaftlicher Problemstellungen und Problemlösungen unterstellt
werden muß; und das ist vermutlich in allen großen und differenzierten
Gesellschaften der Fall. Um die Balance zwischen der sozialen und der
personalen Dimension der Identität zu halten, muß das Individuum deshalb
ein
„als-ob“
-Verhalten hervorbringen, eine – wie
Goffman sagt –
„phantom normalcy“
und
„phantom uniqueness“
49
| 287|49ø
. Im Falle der Vernichtung der
persönlichen Identität zugunsten der Alleinherrschaft sozialer
Erwartungen können wir von
„Verdinglichung“
der
Interaktion sprechen, für den anderen Fall, den der Vernichtung der
sozialen Identität zugunsten der personalen, gibt es mit Recht keinen
geläufigen Terminus: streng genommen ist dieser Fall empirisch nicht
möglich, da jede Kommunikation mit einem Anderen, wenn in ihr nicht nur
sinnlose Informationen ver|A1 A2 A3 105|mittelt werden sollen, auf mitteilbare
und damit sozial geteilte Bedeutungen angewiesen ist, soziale Identität
also mindestens im Hinblick auf Situationen gebildet werden muß. Von
dieser grundsätzlichen Schwierigkeit abgesehen, gibt es jedoch Fälle von
außerordentlich schwach ausgebildeter sozialer Identität;
annäherungsweise können wir den
„Outsider“
als einen
solchen Fall ansehen. Was wir als
„Dissozialität“
oder
„Delinquenz“
bezeichnen, nähert sich – sofern es
nicht restlos als Definitionsproblem bestimmt werden kannA1A2A3√, sondern Probleme unbewältigter psychischer Balance anzeigt – dem
einen oder anderen Pol dieser zweidimensionalen Skala.
[047:320] Es könnte vorgebracht werden, daß es sich bei der
Identitäts-Problematik um ein Spezialproblem im Rahmen des ganzen
Erziehungsprozesses handele, von dem jedoch nicht angenommen |a 283|werden dürfe, daß es für den Bildungsprozeß und
folglich für die pädagogische Kommunikation von fundamentaler Bedeutung
sei. Das ist indessen nicht der Fall. Die Bildung der Identität als
Balance zwischen ihrer sozialen und personalen Dimension ist ja zugleich
die Bildung eines Bedeutsamkeits-Horizontes, innerhalb dessen das
Individuum im Rahmen der Gruppen, denen es zugehört, Probleme und
Inhalte gewichtet und damit konkrete Lernperspektiven erwirbt.
Infolgedessen ist die Behauptung gerechtfertigt: Wo immer
Lernerwartungen entstehen oder an Individuen gerichtet werden, steht
deren Identität zur Diskussion, d. h. die Frage, wie weit sich die in
den Erwartungen zum Ausdruck kommende Perspektive in die gebildete und
balancierte Identität dieses Individuums integrieren läßt. Der Grad von
„Repressivität“
eines Erziehungssystems oder
einer Erziehungspraxis ließe sich deshalb danach bestimmen, wie weit
dieses für den Bildungsprozeß von Individuen und Gruppen fundamentale
Erziehungsproblem zum Thema gemacht wird. Die soziale Identität des
Arbeiters, seiner Familie und seiner Kinder, gilt in kapitalistischen
Gesellschaften offenbar als etwas, das vernachlässigt werden darf. Für
den Bildungsgang des Arbeiterkindes kommen innerhalb des Bildungssystems
nahezu ausschließlich seine auf
„personale Identität“
bezogenen individuellen Eigentümlichkeiten in Betracht, und zwar unter
dem Gesichtspunkt ihrer
„Bildbarkeit“
für die
Verwertungsinteressen des gegebenen ökonomischen Systems. Der Kontext
seiner
„sozialen Identität“
schrumpft demgegenüber
zum Begriff der
„Subkultur“
, die nur noch als ein die
|A1 A2 A3 106|Bildung
des Kindes verzögernder Faktor in Erscheinung tritt. Als Referenz-Rahmen
für
„soziale Identität“
bleiben dann nur noch – für
die faktische Strategie der Bildungsinstitutionen – die sekundären
Bezugsgruppen der pädagogischen Einrichtungen und damit bei uns der
dominanten bürgerlich-kapitalistischen KulturA1A2A3√. Was sich so, gegenüber den Identitäts-Horizonten von
Arbeiterkindern, als repressive Praxis eines Erziehungssystems
darstellen kann, kann auf verschiedenen Ebenen dieses Systems beobachtet
werden: im Umgang mit Obdachlosen, mit Problem-Familien, mit Kindern und
Jugendlichen in der Heimerziehung, innerhalb von Familien durch
besondere Starrheit der Gruppengrenze oder durch Rigidität inner|a 284|familiärer Koalitionen, in der Vernichtung
personaler Identität in
„Gehirnwäsche“
und
„Selbstkritik“
als Institution usw.
[047:321] Nicht ohne Grund haben zur Klärung des Identitäts-Problems
Goffman und Strauss individuelle
Berichte über Interaktionserfahrungen verwendet, hat Cicourel Gesprächsprotokolle zwischen
Sozialarbeitern und Probanden interpretiert, hat Erikson Biographien
analysiert, sind die für die sozialen Kontexte der Bildung von Identität
fruchtbarsten Untersuchungen mit dem Verfahren der teilnehmenden
Beobachtung unternommen worden. Da die Identitäts-Balance eine Leistung
des Ich ist, die sich in symbolisch vermittelter Interaktion mit anderen
bewährt und ein Verhältnis nicht nur zu diesen anderen, sondern auch zu
sich selbst impliziert, ja eigentlich Auseinandersetzung mit sich selbst
als einem zugleich Eigenen (Ego) und Anderen (Alter) bedeutet, ist die
sprachliche Selbstdarstellung das geeignetste Material für die
Erforschung von Identitäts-Problemen. Das Studium von autobiographischen
Aufzeichnungen kann deshalb als der
„Focus“
pädagogischer Reflexion bezeichnet werden – wenngleich die
Erziehungswissenschaft darin noch kaum methodische Erfahrung hat.
[047:322] Identitäts-Balance kann nicht erzwungen werden; sie muß als
eigene Leistung des Individuums angesehen werden, deren Gelingen
allerdings von Voraussetzungen abhängig ist, die in der Struktur der
erfahrenen Interaktionen liegen. Aus den Erörterungen dieses Abschnittes
folgernd können solche Voraussetzungen in den folgenden Thesen
zusammengefaßt werden:
[047:323] Eine balancierte Identität wird für das Individuum um so
wahrscheinlicher sein, je deutlicher in der Interaktion
|A1 A2 A3 107|
–
[047:324] die Partner an der Definition der Situation aktiv
beteiligt werden;
[047:326] Rollendistanz gewahrt werden kann, d. h. für
Verhaltenserwartungen Interpretationsspielräume offen
bleiben;
–
[047:327] Ambiguitätstoleranz ausgedrückt wird, d. h. differenzierende Erwartungen und die Differenzen zwischen Erwartungen und
eigenen Bedürfnissen ertragen werden;
–
[047:328] Empathie realisiert wird, d. h. die Erwartungen und
Be|a 285|ziehungsdefinitionen der
Interaktionspartner wechselseitig antizipiert und zur Bestimmung des
eigenen Verhaltens verwendet werden;
–
[047:329]
„Aushandeln von Identität“
(identity bargaining) möglich
ist, d. h. nicht an einer bestimmten Form von Selbst- Präsentation
unbedingt festgehalten wird, sondern situations- und partnerbezogene
Modifikation stattfinden kann:
–
[047:330] die Komponenten und Prozesse der Interaktion
symbolisch, d. h. in Sprache, ausdrückbar und kommunizierbar, damit
auch problematisierbar und revidierbar werden.
A1A2A3
ersten
Kapitel
A1A2A3
Ch. Peirce
(1970)
A1A2A3
G. H. Mead
(1968)
A1A2A3
(1961,
1967[Klaus-Peter Horn]
1963)
A1A2A3
Strauss
(1968)
A1A2A3
Bateson u. a.
(1969)
A1A2A3
Laing
(1971)
A1A2A3
Watzlawick u. a.
(1969)
A1A2A3
Habermas
1968
A1A2A3
Krappmann
1971 a[Klaus-Peter Horn]
1971
A1A2A3
Oevermann
1970
A1A2A3
Baacke
1972
A1A2A3
Loch, in:
Lurija/Judowitsch 1970
A1A2A3
»in der der
einzelne in sich selbst Reaktionen auslösen und
auf sie reagieren kann unter der Bedingung, daß
der gesellschaftliche Reiz auf ihn die gleiche
Wirkung ausübt wie auf andere«
(Mead 1968,
S.
187)
A1A2A3
Bs[Klaus-Peter Horn]
B’s
A1A2A3
[047:247] Unter den oben
genannten Theorien spielt die von G. H. Mead die bedeutendste
Rolle. Das von ihm entwickelte Paradigma für die Struktur
der menschlichen Interaktion stellt seit seiner ersten
Veröffentlichung 1934 den ausgesprochenen oder
unausgesprochenen Bezugspunkt aller einschlägigen
Erörterungen dar. Ch. Morris, Schüler Meads, faßt dessen Theorie in
einer These zusammen:
Die
Umwandlung des biologischen Indivi|A1 A2 A3 85|duums in einen mit Geist
begabten Organismus findet ... durch das Werkzeug
der Sprache statt, während die Sprache wiederum eine Existenz einer bestimmten Gesellschaft und
bestimmte physiologische Fähigkeiten der
individuellen Organismen voraussetzt.
13
13G. H.
Mead: a. a. O., S. 23.
Eine
Interaktion im Medium
»signifikanter
Symbole«
– so nennt Mead die sprachlichen Zeichen
im Unterschied zu
»vokalen Gesten«
–
etabliert eine Situation,
in der der
einzelne in sich selbst Reaktionen auslösen und
auf sie reagieren kann unter der Bedingung, daß
der gesellschaftliche Reiz auf ihn die gleiche
Wirkung ausübt wie auf andere
14
14G. H.
Mead: a. a. O., S. 187.
.In der
durch signifikante Symbole vermittelten oder strukturierten
Situation geschieht also folgendes: A richtet mit Hilfe
eines signifikanten Symbols eine Erwartung an B; er
unterstellt dabei, daß B ihn versteht; die von B nun zu
erwartende Handlung kann von A antizipiert werden, und zwar
aufgrund einer Eigentümlichkeit signifikanter Symbole: sie
lösen nämlich im Sprecher die gleiche Reaktion aus wie im
Hörer; nichts anderes heißt
»verstehen«
;
es werden Symbole verwendet, die für mehrere die gleiche
Bedeutung haben; infolgedessen kann A nun auch noch
antizipierend den nächsten Schritt tun: die Vollendung
seiner eigenen Handlung als Reaktion auf die Handlung Bs ins Auge fassen. Die so beschriebene Struktur
reziproker Erwartungen, Antizipationen und ihrer
symbolischen Präsentation ist nicht nur etwas, nach dem
äußerlich beschreibbar die Interaktion abläuft, sondern es
ist auch
»in«
den Individuen: ein
kognitives Grundmuster der menschlichen Interaktion, das A
und B teilen.
A1A2A3
(
A1A2A3
1968
A1A2A3
)
A1A2A3
G. H. Mead: a. a. O., S.
189.
A1A2A3
(
A1A2A3
)
A1A2A3
G. H. Mead: a. a. O., S.
189.
A1A2A3
[047:250] Um solche einerseits
trivial, andererseits vielleicht auch spekulativ anmutenden
Behauptungen zu konkretisieren, verwendet Mead Beispiele
aus der kindlichen Sprach- und Selbstentwicklung,
insbesondere aus der Sphäre des Spiels. Das einleuchtendste
Exempel ist das kindliche Rollenspiel, und zwar jenes, in dem das Kind
alleine spielt.
Es spielt zum Beispiel, daß es sich
etwas anbietet, und kauft es; es gibt sich selbst
einen Brief und trägt ihn fort; es spricht sich
selbst an – als Elternteil, als Lehrer; es
verhaftet sich selbst – als Polizist. Es hat in
sich Reize, die in ihm selbst die gleiche Reaktion
auslösen wie in anderen. Es nimmt diese Reaktionen
und organisiert sie zu einem Ganzen. Das ist die
einfachste Art und Weise,
wie man sich selbst gegenüber ein anderer sein kann.
17
17
Das Kind
produziert also mit Hilfe der Sprache in solchen Fällen in
sich selbst das Muster einer symbolischen Interaktion, damit
aber zugleich auf sprachliche Weise das Muster sozialer
Beziehungen |a 263|und seinen eigenen Ort
innerhalb solcher Beziehungssysteme. Es entwickelt in sich
und übt für sich seine Identität. Der Ausdruck
»Identität«
bedeutet dabei den durch
Sprache dem Bewußtsein verfügbar gemachten Ort der einzelnen
Person in einem sozialen Beziehungssystem. Und zwar sprechen
wir von Identität nur dann, wenn die Person das
Selbstverständnis, das sie sprachlich von sich selbst
produziert, mit dem Verständnis teilt, das andere Personen
dieses Beziehungssystems von ihr haben. Fällt dieses
sprachlich formulierte Selbstverständnis mit dem Verständnis
oder dem Bild, das andere von dieser Person haben, nicht
zusammen, drohen Identitätskrisen oder im äußersten Falle
Identitätsverlust.
A1A2A3
[047:251] Das Beispiel des Kindes, das für sich selbst
verschiedene Rollen zu spielen versucht, ist nur der
einfachste Fall solcher Identitätssuche und
Identitätsfindung. Als Paradigma der voll entwickelten
Interaktionsstruktur führt Mead das Gruppenspiel an. Das charakteristische Merkmal von
Gruppenspielen ist, daß |A1 A2 A3 87|sie sich nach Regeln
vollziehen. Das Gruppenspiel
18
18
Im Falle
des Gruppenspieles kann das Kind verschiedene Rollen nicht
mehr nacheinander ausprobieren und in sich selbst zur
Darstellung bringen, sondern es muß die Gesamtheit der durch
die Regeln miteinander verbundenen Rollen innerhalb des
Spiels gleichzeitig gegenwärtig haben. Das Kind muß
gleichsam die Haltung aller anderen am Spiel Beteiligten in
sich haben. Die Organisation des Ganzen, die Spielregel,
kontrolliert die Reaktion jedes einzelnen. Alles, was der
einzelne tut, wird bestimmt durch Annahmen über die
möglichen Reaktionen der anderen; alles, was der einzelne
Spieler tut, ist Bestandteil des Interaktions-Systems, wird
bestimmt durch die Position, die sich für ihn aus dem
Wechselspiel der Gruppe bzw. den Spielregeln ergibt. Da die
Regeln, denen die Interaktion faktisch folgt, auf der
geteilten Bedeutung signifikanter Symbole beruhen, kann man
sagen: Sozialspiele und Sprachspiele enthalten die gleiche
Struktur.
A1A2A3
Selbst[Sandra Berkefeld]
selbst
A1A2A3
»Für das Selbst ist es
notwendig, daß die Person auf sich selbst reagiert.
Dieses gesellschaftliche Verhalten liefert das
Verhalten, in dem Identität auftritt. Außer dem
sprachlichen kenne ich kein Verhalten, in dem der
einzelne sich selbst Objekt ist, und soweit ich sehen
kann, ist der einzelne solange keine Identität im
reflektiven Sinn, als er nicht sich selbst Objekt ist.
Diese Tatsache gibt der Kommunikation entscheidende
Bedeutung, da sie ein Verhalten ist, bei dem der
einzelne in dieser Weise auf sich selbst reagiert.«
A1A2A3
G. H. Mead: a. a. O., S.
184.
A1A2A3
.
A1A2A3
»Die organisierte
Gemeinschaft oder gesellschaftliche Gruppe, die dem
einzelnen seine einheitliche Identität gibt, kann
»der (das)
verallgemeinerte Andere«
genannt[Sandra Berkefeld]
gegannt werden. Die Haltung dieses verallgemeinerten
Anderen ist die der ganzen Gemeinschaft. So ist zum
Beispiel bei einer gesellschaftlichen Gruppe wie einer
Spielmannschaft eben dieses Team der verallgemeinerte
Andere, insoweit es – als organisierter Prozeß |a 265|oder gesellschaftliche Tätigkeit
– in die Erfahrung jedes einzelnen Mitgliedes eintritt.«
A1A2A3
G. H. Mead: a. a. O., S. 196
f.
A1A2A3
.
A1A2A3
Ich
A1A2A3
eintreten
A1A2A3
H. Gerth/C. W. Mills: Person und Gesellschaft. Die
Psychologie sozialer Institutionen.
Frankfurt 1970, S.
87[Klaus-Peter Horn]
74
A1A2A3
).
A1A2A3
»Die soziale Bestimmtheit
des Selbst muß noch in einer anderen Hinsicht
spezifiziert werden: durch die Überlegung, wer die
anderen sind, denen wir antworten. Nur die
Einschätzungen[Lasse Clausen]
Einschätzung jener anderen, die in gewisser Weise für die
Person bedeutsam sind, sind wertvoll für den Aufbau und
die Erhaltung des Selbstbildes. In manchen Familien und
Gesellschaften ist die Mutter für das Kind der
bedeutendste
›signifikante |a 266|Andere‹
, da sie direkt für
die körperlichen Bedürfnisse sorgt und durch ihre
Handlungen die impulsiven Anfänge der Handlungen des
Kindes ergänzt. In solchen Fällen ist wahrscheinlich das
Bild des Kindes, das es von sich selbst hat, identisch
mit dem, das die Mutter von ihm hat. Wenn aber die
Person heranwächst, dann beginnt eine Vielzahl von
›signifikanten Anderen‹
zu wirken.
Wenn wir wissen, wer der
›signifikante
Andere‹
des Selbstbildes einer Person ist oder
war, so wissen wir schon sehr viel über diese Person.«
A1A2A3
H. Gerth/C. W. Mills: a. a. O., S.
78.
A1A2A3
.
A1A2A3
Habermas
(1968)
A1A2A3
Krappmann
(1971
b[Klaus-Peter Horn]
a, 1971
a[Klaus-Peter Horn]
b)
A1A2A3
Oevermann
(1970)
A1A2A3
eigenen
A1A2A3
Handlungsimpulsen
A1A2A3
(vgl. L. Krappmann: Soziologische Dimension der Identität.
Stuttgart 1971.).
A1A2A3
.
:)[Lasse Clausen]
):
A1A2A3
–
[047:261] Eine Interaktion verläuft um
so erfolgreicher, je ausgeprägter die Verhaltenserwartungen
und die Interpretationen dieser Erwartungen
übereinstimmen.
–
[047:262] Das Individuum sucht in einer
Situation sein Verhalten immer an nur einer dominanten Erwartung zu orientieren; gelingt
das wegen divergierender oder gar widersprüchlicher
Erwartungen in ein und derselben Situation nicht, entsteht
für das Individuum eine prekäre Lage, in der es zur Devianz,
zu abweichendem Verhalten neigt.
|A1 A2 A3 91|
–
[047:263] Eine erfolgreiche Interaktion
ist um so wahrscheinlicher, je eindeutiger die Partner in
ihren Erwartungen übereinstimmen.
–
[047:264] Erfolgreiche Interaktion setzt
voraus, daß die Bedürfnisse der Interagierenden den
institutionalisierten Werten, die in dem sozialen Rahmen der
Interaktion enthalten sind, entsprechen.
–
[047:265] Die Orientierung der
Interaktionspartner an den vorgegebenen Erwartungen (am
verallgemeinerten anderen, an Rollennormen, an
institutionalisierten Zwecken) garantiert ihnen eine
gegenseitige Befriedigung ihrer Bedürfnisse.
–
[047:266]
»Wenn eine Person voll im
Interaktionssystem sozialisiert ist, ist es nicht
richtig zu sagen, daß eine Rolle etwas ist, was
ein Handelnder
›hat‹
oder
›spielt‹
, sondern etwas, das er
ist «
27
27T.
Parsons/R. F. Bales: Family, socialization, and
interaction process. Glencoe, Ill., 1955,
S.
107.
; was eine solche Person
»ist«
, ist
also – und zwar ohne Rest – identisch mit ihrem
»Me«
.
A1A2A3
ø
A1A2A3
Sie
A1A2A3
»ist in dieser
abstrakten Form nämlich sehr gut imstande, plausibel zu
machen, daß die normenkonforme Integration eines Kindes
in die Gesellschaft erreicht wird, indem
Bedürfnisdispositionen, die um soziale Erfahrungen im
komplementären Rollenhandeln organisiert wurden, als
Motivation zur Erfüllung von vorgegebenen Normen in
Dienst genommen werden. Das Modell erklärt also durchaus
die
»vergesellschaftende«
Seite des Sozialisationsprozesses.«
A1A2A3
L. Krappmann: a. a. O., S.
167.
A1A2A3
.
A1A2A3
»1.
A1A2A3
teilweiser
A1A2A3
Nicht Institutionen, deren
Mitglieder Normen
»automatisch«
erfüllen, werden als stabil betrachtet (es sei denn, sie
werden unter Zwang aufrecht erhalten, K.
M.)
Klaus Mollenhauer
, sondern diejenigen, die ihren Mitgliedern
ermöglichen, im Rahmen des
Interpretationsspielraums, den die vorgegebenen
Normen lassen, eigene Bedürfnisse in der Interaktion
zu befriedigen.«
A1A2A3
L. Krappmann: a. a. O., S. 169..
A1A2A3
(G. Bateson (u. a.): a. a. O. 1969).
A1A2A3
»Beziehungsfalle«
.[Jonathan Fante]
»Beziehungsfalle.«
A1A2A3
Rahmen[Jonathan Fante]
Ramen
A1A2A3
In: Bateson (u. a.): a. a. O.1969
A1A2A3
»Eine Mutter
ruft nach ihrem kleinen Kind und bittet es, auf
ihren Schoß zu kommen. Sie gibt damit sprachlich
zu erkennen, daß sie eine liebevoll-zärtliche
Beziehung zu ihm aufzunehmen wünscht. Gleichzeitig
aber drückt sie durch den Tonfall ihrer Stimme und
durch nicht-verbale, ihre Rede begleitende Gesten
aus, daß sie eine Abneigung gegen das Kind
verspürt und ihr der Gedanke, das Kind auf dem
Schoß zu haben, nicht angenehm ist. Das Kind
stutzt einen Augenblick. Dann geht es zur Mutter,
klettert auf ihren Schoß, nimmt einen Knopf ihrer
Jacke in die Hand und sagt:
›Das
ist aber ein schöner Knopf!‹
«
[Jonathan Fante]
Eine Mutter ruft nach ihrem kleinen Kind und bittet es,
auf ihren Schoß zu kommen. Sie gibt damit sprachlich zu
erkennen, daß sie eine liebevoll-zärtliche Beziehung zu
ihm aufzunehmen wünscht. Gleichzeitig aber drückt sie
durch den Tonfall ihrer Stimme und durch nicht-verbale,
ihre Rede begleitende Gesten aus, daß sie eine Abneigung
gegen das Kind verspürt und ihr der Gedanke, das Kind
auf dem Schoß zu haben, nicht angenehm ist. Das Kind
stutzt einen Augenblick. Dann geht es zur Mutter,
klettert auf ihren Schoß, nimmt einen Knopf ihrer Jacke
in die Hand und sagt:
»Das ist aber ein
schöner Knopf!«
A1A2A3
nicht-verbaler
A1A2A3
nicht-kongruente
A1A2A3
darstellt
A1A2A3
(Richter 1963 und 1970).
A1A2A3
(vgl. K. Mollenhauer: Bewertung und Kontrolle abweichenden
Verhaltens. In: D. Hoffmann/H. Tütken (Hrsg.):
Realistische Erziehungswissenschaft.
Hannover 1972, S. 241 ff.; H. Wenzel: Fürsorgenheime in pädagogischer Kritik.
Stuttgart1970).
A1A2A3
(vgl. B. Jackson/D. Marsden: Education and the working class.
London 1962).
A1A2A3
Test
A1A2A3
,
A1A2A3
.
A1A2A3
.
A1A2A3
P. Watzlawick (u. a.): a. a. O., S. 196.
A1A2A3
.
A1A2A3
P. Watzlawick (u. a.): a. a. O.,
S.
199.
A1A2A3
R. D. Laing/H. Phillipson/A. R. Lee: a. a. O.
A1
ihrer[Jonathan Fante]
seiner
A1
ihren[Klaus-Peter Horn]
seinen
A1A2A3
(vgl. dazu in diesem Kapitel den Abschnitt 3 über
Institutionen)
A1A2A3
»A Wie richtig, glauben Sie, sind die
folgenden Feststellungen?
A1A2A3
›Ich verstehe ihn.‹
A1A2A3
›Er versteht mich.‹
A1A2A3
›Ich verstehe mich.‹
A1A2A3
›Er versteht sich.‹
A1A2A3
Ich
verstehe mich.«
A1A2A3
R. D. Laing/H. Phillipson/A. R. Lee: a. a. O., S. 175
A1A2A3
.
A1A2A3
auf
A1A2A3
.
A1A2A3
ø
A1A2A3
[047:307] Laing und Mitarbeiter haben
damit nichts anderes getan, als die Struktur des
»Me«
genauer zu bestimmen
bzw. abzuwandeln, und zwar dadurch, daß sie die Annahmen,
die die Interaktionspartner über ihre Beziehung
wechselseitig machen und auf immer neue Situationen mehr
oder weniger gleichbleibend anwenden, in dem Detail zur
Sprache bringen, das sich vermutlich der tatsächlichen
Kompliziertheit der Alltagssituationen weitgehend annähert.
Im Sinne eines Erklärungszusammen|A1 A2 A3 100|hanges bleibt
indessen dieses Schema noch nach zwei Seiten hin relativ
unbestimmt: Offen bleibt, auf welche Weise und wodurch
konkrete Beziehungsstrukturen entstehen – und es bleibt
weiterhin offen, welche konkreten Wirkungen für den
Bildungsprozeß bzw. die Sozialisation, von der
Beziehungsstruktur ausgehend, zu erwarten sind. Laing und
Mitarbeiter machen nur eine allgemeine Angabe im Hinblick
auf zu vermutende Wirkungen von Beziehungsstrukturen der
einen oder anderen Art; eine Angabe, in der ein – wenngleich
als kulturspezifisch charakterisierter – Begriff von
»normaler«
Beziehungsstruktur und ihr
folgendem
»normalem«
Verhalten
unterstellt wird:
. Für die Wirkung einer solchen
Beziehungsstruktur auf die Partner kann dann das gleiche
gelten: Autonomie und Solidarität wird in ihnen stabilisiert
werden. Zwei Unterstellungen konstituieren den hier
behaupteten Normalitätsbegriff: einerseits wird angenommen,
daß es sinnvoll und notwendig sei, sich an einer mindestens
gedachten Übereinstimmung von kognitiver Struktur und
faktischem Verhalten (
»... so interagieren, wie sie annehmen, daß sie sind
...«
) zu orientieren; andererseits wird ebenso
als sinnvoll und notwendig angenommen, daß für jedes
Individuum prinzipiell eine Balance zwischen einem
individuellen (
»Fürsichsein und Autonomie«
) und einem sozialen
Selbst (
»gegenseitiges
Aufeinanderbezogensein«
), |a 278|zwischen Ego und Alter, möglich sei. Das Problem des
»Me«
wird damit erweitert
zu der Fragestellung, die unter dem Namen der
»Identität des Ich«
diskutiert
wird.
A1A2A3
eröffnen,[Klaus-Peter Horn]
eröffnen
A1A2A3
1969
A1A2A3
ø
A1A2A3
E. A. Weinstein: The Development of
interpersonal[Klaus-Peter Horn]
international competence. In: D. A. Goslin (Hrsg.),
Handbook of socialization theory and research,
Chicago 1969, S. 753 ff.;
A1A2A3
Lewis
1970
A1A2A3
Rollen
A1A2A3
Th. Lidz: Familie und psychosoziale
Entwicklung Frankfurt 1971
A1A2A3
L. Liegle: Familie und Kollektiv im Kibbutz.
Weinheim 1971.
A1A2A3
»Eine frühere Schwester
beschrieb ... einige interessante Reaktionen auf einen
erzwungenen Wandel der Geschlechtsrollen.
»Frankie«
wurde im Alter von 5 Jahren zur Untersuchung in
die Klinik gebracht, und
»er«
wurde dort als genuines Mädchen diagnostiziert,
dessen Klitoris irrtümlich für einen kleinen Penis
gehalten worden war. Auf der Kinderstation zeigte Frankie vor der Untersuchung eine
entschiedene Vorliebe für die Gesellschaft kleiner
Jungen ... Nach der Bestimmung des wirklichen
Geschlechts des Kindes wurden die Schwestern angewiesen,
Frankie als kleines Mädchen zu behandeln:
» «
Es war
» «
«
A1A2A3
A. Strauss: a. a. O., S.
90
).[Jonathan Fante]
.)
A1A2A3
E. A. Weinstein: a. a. O., S.
759
A1A2A3
»Das
» «
ist ein von Konventionen und Gewohnheiten
gelenktes Wesen. Es ist immer vorhanden. Es muß jene
Gewohnheiten, jene |A1 A2 A3 104|Reaktionen in sich haben,
über die auch alle anderen verfügen; der einzelne könnte
sonst nicht Mitglied der Gesellschaft sein. Doch
reagiert der einzelne ständig auf eine solche
organisierte Gemeinschaft, indem er sich selbst
ausdrückt, sich nicht notwendigerweise im offensiven
Sinn behauptet, aber sich ausdrückt, da er selbst in
einen kooperativen Prozeß eingespannt ist, wie er zu
jeder Gemeinschaft gehört. Die betreffenden Haltungen
werden von der Gruppe bezogen, doch bietet sich der
einzelnen Person, in der sie organisiert sind, die
Möglichkeit, ihnen in einer Form Ausdruck zu verleihen,
die bisher vielleicht noch nicht zu verzeichnen war.«
A1A2A3
G. H. Mead: a. a. O., S.
241 f.
A1A2A3
.
A1A2A3
E. Goffman: a. a. O.
A1A2A3
L. Krappmann: Neuere Rollenkonzepte ... a. a.
O., S.
170