
Vorwort
Statt einer Einleitung: Pädagogik und Politik
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–[047:8] auf der Ebene des institutionell gegebenen Handlungszusammenhangs in Familien, Schulen, Freizeiteinrichtungen, Heimen etc., in denen die institutionell gesetzten Zwecke entweder akzeptiert oder nur auf gleicher Ebene gegen besser funktionable vertauscht wurden;
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–[047:9] auf der Ebene gegenständlicher Theorie, in der die gesellschaftlichen Bezüge nur als Randbedingungen eine Rolle spielen, nicht aber zum zentralen Forschungsinteresse der Erziehungswissenschaft wurden;
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–[047:10] auf der Ebene wissenschaftstheoretischer Begründung, wo es keine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Anspruch einer historisch-materialistischen Wissenschaftsauffassung gegeben hat.
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1.[047:13] Das Problem der sozialen Ungleichheit und seiner pädagogischen Folgen ist innerhalb der Erziehungstheorie nicht als eines ihrer Hauptprobleme thematisiert worden.»Ungleichheit«wurde von ihr immer eher als ein Thema der Soziologie betrachtet.
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2.[047:14]»Arbeit«wurde innerhalb der Erziehungstheorie nur zum Gegenstand, sofern sie sich den Bildungsinstitutionen als Teil des Curriculums eingliedern ließ, also in Berufsschulen, in der Polytechnischen Bildung, der Arbeitslehre; allenfalls noch in der Form eines formalisierten Arbeitsbegriffs, an dem nur noch die Lernschritte interessieren, die im Verlauf eines Arbeitsvorganges aufeinander folgen. Aber Arbeit als gesellschaftlich-konkretes Phänomen, als Produktion einer Gesellschaft in bestimmten historischen Lagen, lag am Rande des erziehungstheoretischen Interesses.
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3.[047:15] Mit den Fragen der Produktion hängen die Fragen nach der Verwertung derjenigen Qualifikationen zusammen, die in den Bildungsinstitutionen erworben werden oder erworben werden sollen. Statt diese konkrete durch Institutionen und Sanktionen erzwungene Verknüpfung von Erziehung und Gesellschaft in ihre Forschungsinteressen aufzunehmen, orientierte sich die Erziehungstheorie eher an abstrakten Lern- und Bildungszielen. Die Frage nach dem gesellschaftlichen»Nutzen«von Erziehung und Ausbildung blieb den Ökonomen vorbehalten; der Erziehungstheorie schien dies ein marginales Thema zu sein.
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4.[047:16] Die dominierende Rolle, die im bürgerlichen Denken die Kategorie»Individualität«spielt, hat in der Pädagogik dazu geführt, daß Prozesse der»Kollektivität«eher abgewertet und abgewehrt wurden. Solidarität und gemeinschaftliches Handeln wurden keine das Forschungsinteresse leitende Begriffe; sie wurden zudem frühzeitig suspekt dadurch, daß sie in der sozialistischen Pädagogik der zwanziger Jahre nachdrücklich unter dem Gesichtspunkt einer klassenspezifisch orientierten Erziehungstheorie hervorgehoben wurden und diese Theorie außerdem streckenweise in ihren pädagogischen Sätzen den Charakter der alten normativen Weltanschauungspädagogik hatte – was freilich nicht für ihre gesellschaftstheoretischen Begründungen, sondern nur für die Form ihrer pädagogisch-normativen Deduktion gilt.
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5.[047:17] Der geisteswissenschaftlichen Pädagogik erschien Gesellschaft vornehmlich in Begriffen von»Kultur«, d. h. von ideologischen Systemen, deren Substrat und Genese zu vernachlässigen erlaubt schien. Kultur erschien damit allzu leicht schon als Gesellschaft und nicht als deren ideologisches Derivat. Infolgedessen tauchte auch gesellschaftlich-politisches Handeln nicht als ein Thema auf, das zu behandeln für die Erziehungstheorie unabdingbar wäre.
1. Kapitel
Erziehung als kommunikatives
Handeln
Zur Struktur des pädagogischen Feldes
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(1)[047:36] Die Partner des pädagogischen Handelns durften nicht als isolierte Individualitäten, sondern mußten als Individualitäten im gesellschaftlich-historischen Kontext bestimmt werden; also ist nicht das Erzieher-Zögling-Verhältnis, sondern das Verhältnis der Generationen zueinander die erste von ihm benannte Komponente des Feldes.
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(2)[047:37] Der Spontaneität und damit der möglichen Selbstbestimmung (Autonomie) steht, da sie sich nur historisch konkret verwirklichen kann, die Reproduktivität gegenüber.
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(3)[047:38] Selbstverwirklichung geschieht nur in konkreten gesellschaftlichen Lebensbereichen, in Staat, Kirche, geselligem Verkehr und Wissenschaft.
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(4)[047:39] Historisch steht das pädagogische Handeln im wesentlichen unter zwei einschränkenden (vernunftwidrigen) Bedingungen: die Reproduktion beschränkender Traditionen und die Reproduktion von Ungleichheiten.
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(5)[047:40] In diesem Zusammenhang hat der Staat unter den vier Lebensbereichen eine ambivalente Funktion: er hebt – sofern er sich an Vernunftsprinzipien orientiert – die traditionellen Beschränkungen in Richtung auf ein politisches Bürgerbewußtsein auf und er bestärkt – sofern er sich im Bildungswesen ein eigenes Herrschaftsinstrument zu sichern sucht – die bestehenden Ungleichheiten. Erziehung muß daher als vermittelndes Korrektiv zwischen der bürgerlich-individuellen Einheit»Familie«und der bürgerlich-kollektiven Ordnungsmacht»Staat«bestimmt werden, beiden gegenüber in kritischer Distanz. Vereinfacht dargestellt, bietet sich das auf der folgenden Seite dargestellte Struktur-Schema der Komponenten des pädagogischen Feldes an.
Das pädagogische Feld als Sinnzusammenhang
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1.[047:86] Jedes pädagogische Feld ist ein identifizierbarer Sinnzusammenhang, für den die Handlungsintentionen aller im Feld Interagierenden konstitutiv sind.
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2.[047:87] Sinn bezeichnet»die Ordnungsform menschlichen Erlebens«(LuhmannA3√ 1971, S. 31)»Absicht«von einzelnen, sondern die Funktion von»Interaktionen«.
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3.[047:88] Da Interaktionen immer verschiedene Alternativen des Verhaltens der Interaktionspartner enthalten (Goffman 1961), das faktische Interagieren aber immer nur eine jener Alternativen wählen kann, tritt zwar der Sinn des pädagogischen Feldes immer nur in empirisch angebbaren und abgrenzbaren Zusammenhängen auf, verweist aber zugleich über den Zusam|A1 A2 A3 29|menhang, dem er angehört, hinaus (LuhmannA3√ 1971; Schütz 1971). Das pädagogische Feld, begriffen als ein Sinnzusammenhang, ist also nicht nur»reduzierte Komplexität«, sondern ist, durch die das faktische Interagieren transzendierenden Alternativen, zugleich auch Erhaltung von Komplexität.
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4.[047:89] Der Sinnzusammenhang des pädagogischen Feldes konstituiert sich letzten Endes in drei Dimensionen: der interpersonellen Beziehung (Interaktion, Intersubjektivität), den Beziehungen zur Objektwelt und der Perspektivität dieser beiden Beziehungen. Vereinfacht hat dies als die soziale, die sachliche und die zeitliche Dimension bezeichnet.
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1.[047:93] Jedes pädagogische Feld ist sinn-konstituierend. Der Unterschied zwischen einem pädagogischen Feld und anderen gesellschaftlichen Handlungsfeldern besteht unter anderem darin, daß der Educandus im Sinne des gesellschaftlich definierten Rollensystems noch nicht voll handlungsfähig ist. Das bedeutet aber nichts anderes, als daß hier ein Moment von Spontaneität nicht nur als zu berücksichtigende Randbedingung eine Rolle spielt, sondern als Definitionselement der pädagogischen Interaktion. Da einerseits die Bedürfnisdispositionen des Heranwachsenden ihrer Unterentwickeltheit wegen, den gesellschaftlichen Erwartungen nicht voll entsprechen können, und da andererseits das Repertoire pädagogischer Reaktionsmöglichkeiten auf die Erwartungen des Heranwachsenden gar nicht lückenlos passend sein kann, ist ein Spielraum für sinnkonstituierende Interaktionen, für nicht institutionell vorgegebene Intersubjektivität ein wesentliches Merkmal.
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2.[047:94] Ebenso aber gilt, daß das pädagogische Feld sinn-tradierend ist. Sinn-Konstitution ist nicht unbegrenzt möglich, sondern nur im Rahmen ökonomisch und kulturell vorgegebener Definitionen der Erziehungsaufgabe. Die Definition der Erziehungsaufgabe aber enthält eine ganze Reihe von Bestimmungen, die gegenüber dem Erziehungsfeld invariant sind: Elternrollen, Erzieherrollen, die Definition des Kindes in einem gegebenen kulturellen Kontext, Schülerrollen, Chancenspielräume im Rahmen definierter materieller Lagen, Begrenzung der Spielräume für die Lern- und Lebensperspektiven der Heranwachsenden, kurz: die Chancen-Struktur, die sich im pädagogischen Feld in der Form von zugelassenen Problemen, Lernzielen und Interaktionsmustern darstellt.
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3.[047:95]Schließlich aber ist das pädagogische Feld auch sinn-erschließend. Der Sinn von Handlungszusammenhängen muß dem Educandus einsichtig gemacht werden. Tradition wird nie nur»andressiert«, sondern immer auch argumentativ vermittelt. Der Educandus soll sich am etablierten gesellschaftlichen Sinnzusammenhang beteiligen können. Veränderung eines gegebenen Sinnzusammenhangs, d. h. beispielsweise Einführung neuer Sinnmomente, ist rational nur möglich auf der Basis stattgehabter Teilhabe an historisch gegebenen Sinnzusammenhängen. Die sinn-erschließende Funktion des pädagogischen Feldes kann deshalb als die Bedingung der Möglichkeit dafür angesehen werden, daß argumentierende und also rationale, verändernde Beteiligung stattfindet.Es wird gerade bei dieser letzten Formulierung eingewendet werden können, daß es sich dabei nicht um eine objektiv notwendige Dimensionierung des pädagogischen Feldes handelt, sondern bereits um normative Setzungen, d. h. um Wertentscheidungen, die hier mit einem quasi-analytischen Vokabular unter der Hand eingeführt werden sollen. Das ist indessen nicht der Fall. Wir werden das später zu begründen versuchen.
Interpers. Beziehung | Objektwelt | Perspektivität | |
Sinn-Konstruktion | |||
Sinn-Tradition | |||
Sinn-Erschließung |
Lebenswelt
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–[047:104] mit welcher Wahrscheinlichkeit bestimmte Ereignisse in einem bestimmten sozialen Kontext vorkommen, d. h. wie»typisch«sie sind;
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–[047:105] wie sich für die Beteiligten Ereignisse mit anderen vergleichen lassen;
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–[047:106] wie Ereignisse miteinander verknüpft werden, zum Beispiel welche ursächlichen Beziehungen, welche Zweck-Mittel-Beziehungen angenommen werden;
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–[047:107] wie die Ereignisse sich in»moralische«Ordnungen einordnen und welche moralischen Ordnungen als handlungsleitend unterstellt werden(Cicourel 1970, S. 293).
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1.[047:113] Lassen sich objektive Merkmale von Lebenswelten angeben, die den Spielraum dessen, was pädagogisch möglich ist, definieren?
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2.[047:114] Ist es sinnvoll, hinter solche objektiven Merkmale zurückzufragen nach den Bedingungen, die diese Merkmale erzeugen, d. h. läßt sich ein gesellschaftlicher Konstitutionszusammenhang für Lebenswelten angeben?
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3.[047:115] Ist die Annahme sinnvoll, daß das Heranwachsen des Individuums unter anderem dadurch charakterisiert ist, daß es – zunächst nacheinander, später gleichzeitig – mit verschiedenen Lebenswelten konfrontiert wird?
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4.[047:116] Ist die Annahme sinnvoll, daß die verschiedenen Lebenswelten sich zueinander verhalten wie Instanzen, die mit unterschiedlicher Macht ausgestattet sind?
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5.[047:117] Kann daraus die weitergehende Vermutung abgeleitet werden, daß die Erkenntnis- und Handlungsfähigkeit der Heranwachsenden sich nach Maßgabe solcher Dominanz-Verhältnisse bildet?
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6.[047:118] Läßt sich nachweisen, daß die objektiven Merkmale von Lebenswelten – und zwar im Hinblick auf andere – unter anderem Dominanz-(Herrschafts-Gewalt-)Beziehungen enthalten, die als Folge des gesellschaftlichen Ortes dieser Lebenswelten interpretiert werden müssen?
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7.[047:119] Ist es infolgedessen sinnvoll, Lebenswelten nach Graden von Deprivation zu unterscheiden? Deprivierte Lebenswelten wären dann solche, für die spezifische, aber aufhebbare Beschränkungen von Erkenntnis- und Handlungsfähigkeit nachweisbar sind und für die gilt, daß solche Beschränkung im pädagogischen Feld reproduziert wird?
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8.[047:120] Ist die dabei vorgenommene normative Unterstellung, so als gäbe es ein objektives Maß für Deprivation, legitim oder ist diese Unterstellung nicht viel mehr eine Folge meiner eigenen Lebenswelt?
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9.[047:121] Um diese Frage zu prüfen, ist es offenbar erforderlich, daß der Begriff»objektive Merkmale der Lebenswelt«entfaltet |A1 A2 A3 37|wird, und zwar sowohl im Hinblick auf die Dimensionen, in denen Merkmale identifizierbar werden, wie im Hinblick auf die empirische Beschreibung historisch gegebener Lebenswelten in solchen Dimensionen.
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10.[047:122] Ist es schließlich sinnvoll, für Lebenswelten anzunehmen, daß wir es einerseits mit offen thematisierten Problemgehalten zu tun haben (mit direkt beobachtbaren Inhalten der Kommunikationen), andererseits aber auch ein Begriff von»unterdrückten Problemgehalten«erforderlich ist, weil erst mit seiner Hilfe erschlossen werden kann, was an möglicher Erkenntnis- und Handlungsperspektive in der Lebenswelt enthalten ist? Struktur und Funktion pädagogischer Felder könnten dann danach beschrieben und beurteilt werden, wie sie sich zu den Phänomenen»unterdrückter Problemgehalte«verhalten. Ein theoretisches Beispiel für solche Unterscheidung ist die Differenz von»Klassenlage«und»Klassenbewußtsein«: Ist»Klassenlage«der Ausdruck für ein Ensemble objektiver Merkmale –»Lebenswelten«wären dann die notwendigen Differenzierungen innerhalb der Klassenlage –, so ist»Klassenbewußtsein«der Ausdruck für unterdrückte, nicht explizit gemachte, aber durch Aufklärung explizierbar zu machende Problemgehalte.
Gebiet | Wahrgenommene
Alternativen (Zustand, Qualität, Bedingung) |
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1. Schwierigkeiten | gesetzliches Verhalten | gesetzwidriges Verhalten |
2. Härte | physische Tapferkeit,
»Maskulinität« ,
Furchtlosigkeit, Mut, Wagemut |
Schwäche, Unangepaßtheit, Weiblichkeit; Schüchternheit; Feigheit, Vorsicht |
3. Geistige Wendigkeit | Fähigkeit zu übervorteilen, zu täuschen, jemanden hereinzulegen;
durch »Gewitztheit« Geld zu verdienen;
cleverness,
Schlagfertigkeit |
Gutgläubigkeit,
»Vertrauensseligkeit« ; durch
harte Arbeit Geld verdienen; Langsamkeit, Beschränktheit, verbale
Hilflosigkeit |
4. Erregung | Spannung; Risiko, Gefahr; Abwechslung, Aktivität | Langeweile;
»Apathie« , Sicherheit,
Gleichförmigkeit, Passivität |
5. Schicksal | vom Schicksal begünstigt,
»Glück« haben |
vom Schicksal benachteiligt,
»Pech«
haben |
6. Autonomie | Freisein von äußerlichem Zwang; Freisein von übergeordneter Autorität; Unabhängigkeit | Vorhandensein von äußerlichem Zwang; Vorhandensein starker Autorität Abhängigkeit,
»umsorgt werden«
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Erziehungsnormen
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1.[047:144]die historischen Hintergründe aktueller Zielformulierungen und in der Erziehung mitwirkender Normen aufklärt,
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2.[047:145]ideologiekritische Untersuchungen durchführt,
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3.[047:146]die Eindeutigkeit oder Vieldeutigkeit oder die logische Stimmigkeit oder Unstimmigkeit von Zielsystemen oder Zielkomplexen herausarbeitet,
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4.[047:147]die in allen Zielsetzungen steckenden Annahmen über die Wirklichkeit überprüft,
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5.[047:148]die Erwartungen über die Realisierbarkeit und
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6.[047:149]die möglichen ungewollten Nebenwirkungen bestimmter Zielsetzungen der Kontrolle empirischer Forschung unterzieht«(Klafki 1970, Band II, S. 50 f.)
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1.[047:174] muß die Tatsache ignoriert werden, daß die Sinn-Norm – wenn für sie nicht Gewalt, sondern Verständigung als das Instrument ihrer Geltung unterstellt wird – in einem Prozeß praktischer Kommunikationen realisiert wird; und
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2.[047:175] muß unterschlagen werden, daß die pädagogische Realisierung der Sinn-Norm an eine nicht generell vorhersehbare Anzahl faktischer Bedingungsfaktoren in der Erziehungswirklichkeit gebunden ist.
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1.[047:179] Innensteuerung als Voraussetzung für die Fähigkeit zur Distanz gegenüber unmittelbaren externen Kontrollen und Anforderungen;
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2.[047:180] Realitätsbezug, d. h., internalisierte Normen sollen an der Erfahrung der Realität überprüft und modifiziert werden können;
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3.[047:181] Rationalität, d. h., die das Verhalten regelnden Normen sollen im Verlauf des Erziehungsprozesses zunehmend mehr in Argumentationszusammenhänge eingebettet werden;
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4.[047:182] Sensibilität, d. h., eigenes Handeln soll an den sozialen Konsequenzen, also im Hinblick auf die Handlungen, Motive und Probleme anderer Personen, sich orientieren;
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5.[047:183] Kreativität, d. h., normative Systeme sollen selbständig und innovativ weiterentwickelt und verfeinert werden können; als Voraussetzung dafür gilt Rollendistanz und die Fähigkeit, Verhaltenserwartungen einer Metakommunikation zu unterziehen;
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6.[047:184] soziale Extensivität, d. h., Verhaltensstandards sollen nicht auf in-groups beschränkt sein, sondern in ihrer Anwendung auch Außengruppen miteinschließen;
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7.[047:185] Relativität, d. h. die Fähigkeit, zwischen unterschiedlichen normativen Orientierungen zu wechseln;
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8.[047:186] Legitimitätsprüfung, d. h. die Fähigkeit, normative Anforderungen nicht nur wahrzunehmen und ihnen zu entsprechen, sondern sie auf ihre Begründbarkeit, hin zu überprüfen, also Distanz zu sozialen Erwartungen, Fähigkeit zum Legitimitätsentzug.
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1.[047:192] je mehr Bedürfnisse bzw. Bedürfnisdispositionen den Rollennormen und Wertorientierungen entsprechen (Integrationstheorem);
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2.[047:193] je genauer sich die Erwartungen und die Interpretationen von Erwartungen durch ihre Adressaten entsprechen (Identitätstheorem);
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3.[047:194] je weitgehender die Interaktionspartner in ihren Erwartungen übereinstimmen und eine Kongruenz zwischen diesen und |A1 A2 A3 57|den wirksamen Verhaltenskontrollen besteht (Konformitätstheorem).
Ein theoretischer Rahmen für Lernzieldiskussionen
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1.[047:207]ein solches, das durch die Notwendigkeit einer technischen Praxis aufgrund der Einsicht in Naturgesetze bestimmt ist,
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2.[047:208]ein solches, das durch die Notwendigkeit sozialer, moralisch relevanter Praxis bestimmt wird.
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a)[047:216]den pragmatischen Sinn der interpersonalen Beziehung (der im Sprechakt auch verbalisiert werden kann) intentional mitteilen und entsprechend auffassen können;
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b)[047:217]den Sinn des propositionalen Gehaltes ihrer Äußerungen intentional mitteilen und entsprechend auffassen können;
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c)[047:218]den Geltungsanspruch der Meinungen, die sie kommunizieren, nicht in Frage stellen; und
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d)[047:219]den Geltungsanspruch der Handlungsnorm, der sie jeweils folgen wollen, akzeptieren können«(Habermas in: Habermas/Luhmann, S. 116)
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–[047:221] die Partner nicht mehr verstehen, welcher Art die Beziehungen zwischen ihnen sind oder sein sollen (a);
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–[047:222] die Partner nicht mehr verstehen, warum und mit welcher Absicht etwas Bestimmtes ausgesagt wird (b);
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–[047:223] den Partnern nicht einsichtig ist, inwiefern eine geäußerte Meinung zutrifft oder nicht, d. h., ob sie Geltung beanspruchen kann (c);
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–[047:224] den Partnern zweifelhaft ist, ob sie der Handlungsnorm des anderen folgen können oder sollen (d).
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–[047:226] Wie hast Du gerade Deine Beziehung zu mir definiert?
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–[047:227] In welcher Rolle siehst Du Dich?
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–[047:228] In welcher Rolle siehst Du mich?
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–[047:229] In welcher Rolle möchtest Du, daß ich Dich und ich mich sehe? (a) (vgl. dazu auch Laing 1971).
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–[047:230] Wie soll ich das, was Du sagst, verstehen?
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–[047:231] Warum sagst Du das jetzt und so, wie Du es sagst?
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–[047:232] Von welcher Bedeutung ist das, was Du sagst, für Dich und für mich? (b)
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–[047:233] Verhält sich die Sache so, wie Du es behauptest?
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–[047:234] Warum verhält es sich so?
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–[047:235] Läßt sich das erklären und auf welche Weise? (c)
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–[047:236] Warum verhältst Du Dich in dieser Situation so und nicht anders?
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–[047:237] Warum handelst Du so? (d).
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–[047:242] In erkenntniskritischer Hinsicht repräsentiert er das von formulierte Postulat des»praktischen Fortschritts«, insofern mit seiner Hilfe bestimmbar wird, unter welchen Umständen die praktischen Verhältnisse das Eintreten in Diskurse verhindern oder erschweren und infolgedessen eine kritische Theorie der gesellschaftlich-historischen Bedingungen kommunikativen Handelns und also des Erziehungshandelns notwendig ist. Er liefert die Legitimationsbasis für Bedeutung und Verwendung des Ausdrucks»Emanzipation«.
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–[047:243] In empirischer Hinsicht gibt er die Möglichkeit, soziale Handlungsfelder zu identifizieren, in denen Diskurs-Chancen mit Wahrscheinlichkeit auftreten können oder bestimmte Formen des Diskurses institutionalisiert sind.
Gestörte Kommunikation
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–[047:247] Beziehungsdefinitionen, deren Geltung nicht in Frage gestellt wird (Eltern–Kind, Lehrer–Schüler usw.);
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–[047:248] Informationen, deren Verwendungssinn nur in Grenzen offen bleibt;
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–[047:249]»bündige«, d. h. nicht argumentative Antworten auf Kinderfragen;
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–[047:250] Beschränkung auf traditional eingespielte Handlungsziele und Handlungsmuster usw.
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a)[047:272] Erkennen (Kognition) ist nicht nur begriffliches Erkennen, sondern»jedes adaptive Verhalten impliziert ein Erkennen in der Form einer zumindest minimalen Erkenntnis der Umwelt«(H. G. Furth 1972, S. 331)»die elementarste Form perzeptueller Erkenntnis (ist) das Ergebnis einer konstruktiven Tätigkeit des mit sinnlichen Daten in Interaktion stehenden Organismus«(a. a. O., S. 42)
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b)[047:273] Alles Handeln hat (auch) eine kognitive Struktur.
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c)[047:274] Die dazu erforderlichen kognitiven»Schemata«oder»Organisationen«werden gleichsam zwingend in einer bestimmten Aufeinanderfolge gebildet.
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d)[047:275] Die Bildung und die Anwendung der Schemata ist kein von der sinnlichen Erfahrung in Interaktionen mit Dingen und Menschen isolierter»Erkenntnisakt«, noch ist es»Erkenntnis«(Furth 1972, S. 41).
Scale Pattern Types | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Step | 0 | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
1. Not Real – Recognizes that objects or actions in the dream are not real or are not really there in the room. | – | + | + | + | + | + | + | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
2. Invisible – Recognizes that other people cannot see his dream. | – | – | + | + | + | + | + | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
3. Internal Origin – Recognizes that the dream comes from inside him. | – | – | – | + | + | + | + | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
4. Internal Location – Recognizes that the dream goes on inside him. | – | – | – | – | + | + | + | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
5. Immaterial – Recognizes that the dream is not a material substance but is a thougt. | – | – | – | – | – | + | + | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
6. Self-caused – Recognizes that dreams are not caused by God or other agencies but are caused by the self’s thougt processes. | – | – | – | – | – | – | + | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Median age of American children in given pattern or stage (Range = 4 to 8) | 4,6 | 4,10 | 5,0 | 5,4 | 6,4 | 6,5 | 7,10 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Median age of Atayal of given pattern. (Range = 7 to 18) | 8 | 8 | 10 | 16 | 12 | 11 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
No. of Atayal children fitting scale types = 12; not fitting = 3. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
No. of American children fitting scale types = 72; not fitting = 18. |
Folgerungen
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–[047:281] die kognitive Struktur,
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–[047:282] die Beziehungsdefinitionen,
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–[047:283] die Inhalte von Kommunikationen,
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–[047:284] die symbolischen Kommunikationsmittel.
2. Kapitel
Erziehung als Interaktion
Interaktion
1. Struktur der Interaktion
2. Das
»interaktionistische
Rollenmodell«
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–[047:334] Eine Interaktion verläuft um so erfolgreicher, je ausgeprägter die Verhaltenserwartungen und die Interpretationen dieser Erwartungen übereinstimmen.
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–[047:335] Das Individuum sucht in einer Situation sein Verhalten immer an nur einer dominanten Erwartung zu orientieren; gelingt das wegen divergierender oder gar widersprüchlicher Erwartungen in ein und derselben Situation nicht, entsteht für das Individuum eine prekäre Lage, in der es zur Devianz, zu abweichendem Verhalten neigt.
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–[047:336] Eine erfolgreiche Interaktion ist um so wahrscheinlicher, je eindeutiger die Partner in ihren Erwartungen übereinstimmen.
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–[047:337] Erfolgreiche Interaktion setzt voraus, daß die Bedürfnisse der Interagierenden den institutionalisierten Werten, die in dem sozialen Rahmen der Interaktion enthalten sind, entsprechen.
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–[047:338] Die Orientierung der Interaktionspartner an den vorgegebenen Erwartungen (am verallgemeinerten anderen, an Rollennormen, an institutionalisierten Zwecken) garantiert ihnen eine gegenseitige Befriedigung ihrer Bedürfnisse.
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–[047:339]»Wenn eine Person voll im Interaktionssystem sozialisiert ist, ist es nicht richtig zu sagen, daß eine Rolle etwas ist, was ein Handelnder›hat‹oder›spielt‹, sondern etwas, das erist(Parsons 1955, S. 107); was eine solche Person»ist«, ist also – und zwar ohne Rest – identisch mit ihrem»Me«.
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»1.[047:343]Rollennormen nicht rigide definiert sind, sondern einen gewissen Spielraum für subjektive Interpretation durch die Rollenpartner lassen; daß
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2.[047:344]die Rollenpartner im jeweiligen Interaktionsprozeß nicht nur die gerade aktuelle Rolle übernehmen, sondern zugleich verdeutlichen, welche weiteren Rollen sie noch innehaben oder früher innehatten; daß
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3.[047:345]mehr als ein vorläufiger, tentativer und kompromißhafter Konsens der Partner über die Interpretation ihrer Rollen im Regelfall nicht zu erreichen und auch nicht erforderlich ist.
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4.[047:346]Dieses Modell geht ferner gerade davon aus, daß die individuellen Bedürfnisdispositionen den institutionalisierten Wertvorstellungen nicht voll entsprechen. Somit müssen nach diesem Modell
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5.[047:347]die Rollenpartner für die Sicherung des Fortgangs von Interaktion fähig sein, auf die von den eigenen verschiedenen Bedürfnisdispositionen des anderen einzugehen und auch unter Bedingungen unvollständiger Komplementarität, d. h. nur teilweiser Befriedigung eigener Bedürfnisse, zu interagieren.
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6.[047:348]Nicht Institutionen, deren Mitglieder Normen(Krappmann 1971 a, S. 169).›automatisch‹erfüllen, werden als stabil betrachtet (es sei denn, sie werden unter Zwang aufrecht erhalten, K. M.), sondern diejenigen, die ihren Mitgliedern ermöglichen, im Rahmen des Interpretationsspielraums, den die vorgegebenen Normen lassen, eigene Bedürfnisse in der Interaktion zu befriedigen«
3. Die
»Beziehungsfalle«
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»1.[047:357]Zwei oder mehrere Personen stehen zueinander in einer engen Beziehung, die für einen oder auch alle von ihnen einen hohen Grad von physischer und/oder psychischer Lebenswichtigkeit hat. ...
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2.[047:358]In diesem Kontext wird eine Mitteilung gegeben, die a) etwas aussagt, b) etwas über ihre eigene Aussage aussagt und c) so zusammengesetzt ist, daß diese beiden Aussagen einander negieren bzw. unvereinbar sind. ...
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3.[047:359]Der Empfänger dieser Mitteilung kann der durch sie hergestellten Beziehungsstruktur nicht dadurch entgehen, daß er entweder über sie metakommuniziert (sie kommentiert) oder sich aus der Beziehung zurückzieht ...«(Watzlawick u. a. 1969, S. 196)
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4.[047:360]»Wo Doppelbindungen von längerer oder sogar chronischer Dauer sind, werden sie zu gewohnheitsmäßigen und schwer beeinflußbaren Erwartungen hinsichtlich der Natur menschlicher Beziehungen und |A1 A2 A3 97|der Welt im allgemeinen, und diese Erwartungen bedürfen schließlich keiner weiteren Verstärkungen.«
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5.[047:361]»Das durch Doppelbindungen verursachte paradoxe Verhalten hat selbst doppelbindende Rückwirkungen, und dies führt zu sich selbst verewigenden Kommunikationsstrukturen«(S. 199)
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1.[047:364]Sie versteht mich.
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2.[047:365]Ich verstehe sie.
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3.[047:366]Sie versteht sich.
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4.[047:367]Ich verstehe mich.
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1.[047:369]›Ich verstehe ihn.‹
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2.[047:370]›Er versteht mich.‹
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3.[047:371]›Ich verstehe mich.‹
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4.[047:372]›Er versteht sich.‹
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1.[047:374]Sie versteht mich.
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2.[047:375]Ich verstehe sie.
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3.[047:376]Sie versteht sich.
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4.[047:377]Ich verstehe mich.«(Laing/Phillipson/Lee 1971, S. 175 )
4. Identität
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–[047:393] Das in der Interaktion singuläre, d. h. nur auf diese Interaktion bezogene Verhalten ist mit einem Bedeutungs-Kontext |A1 A2 A3 102|pragmatisch verknüpft; die einzelnen Interaktionen sind untereinander verbunden in einem Sinnzusammenhang, der sich im Rahmen der jeweiligen Lebenswelt konstituiert.
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–[047:394] Über Symbole (Sprache, Sprachcodes) und Rollen wird der allgemeine Gehalt singulärer Reaktionen in der Interaktion festgehalten und je aktualisiert.
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–[047:395] Nach Maßgabe von Sinnzusammenhang und Rollengehalt werden interpersonelle Taktiken (Weinstein 1969; im Hinblick auf sprachliche Taktiken: Lewis 1970) erworben als die Instrumente der sozialen Selbstdarstellung des»Me«.
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–[047:406] die Partner an der Definition der Situation aktiv beteiligt werden;
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–[047:407] situationsbezogene flexible Beziehungsdefinitionen möglich sind;
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–[047:408] Rollendistanz gewahrt werden kann, d. h. für Verhaltenserwartungen Interpretationsspielräume offen bleiben;
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–[047:409] Ambiguitätstoleranz ausgedrückt wird, d. h. differierende Erwartungen und die Differenzen zwischen Erwartungen und eigenen Bedürfnissen ertragen werden;
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–[047:410] Empathie realisiert wird, d. h. die Erwartungen und Beziehungsdefinitionen der Interaktionspartner wechselseitig antizipiert und zur Bestimmung des eigenen Verhaltens verwendet werden;
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–[047:411]»Aushandeln von Identität«(identity bargaining) möglich ist, d. h. nicht an einer bestimmten Form von Selbst- Präsentation unbedingt festgehalten wird, sondern situations- und partnerbezogene Modifikation stattfinden kann:
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–[047:412] die Komponenten und Prozesse der Interaktion symbolisch, d. h. in Sprache, ausdrückbar und kommunizierbar, damit auch problematisierbar und revidierbar werden.
Situation
B: Wieso?
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–[047:418] Jeder kommunikative Akt im pädagogischen Kontext muß von dem»Erziehenden«in erster Linie nach Kriterien beurteilt werden, die den in der konkreten Situation vorkommenden Kommunikations-Akten entnehmbar sind;
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–[047:419] jede wissenschaftliche Analyse pädagogischer Kommunikationen muß als primären Referenz-Rahmen die konkrete Situation und ihre interaktions-strukturellen, inhaltlichen und interaktions-dynamischen Implikationen nehmen.
1. Struktur der Situation
2. Empirische Komponenten der Situation
3. Definition der Situation
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–[047:476] Erworbene Muster (Schemata) des Verhaltens werden in der Situation angewendet, auf sie transferiert; insofern ist das Verhalten in dieser Situation eine Probe auf bereits erfolgte Lernprozesse. nennt diesen Aspekt des Verhaltens»Akkomodation«: Anpassung des Organismus an die Bedingungen der Umwelt.
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–[047:477] Die Situation bzw. die Daten der Umwelt werden so wahrgenommen, daß sie vom Individuum verarbeitet werden können; es findet Selektion, Gewichtung, Interpretation statt. : Der Organismus»assimiliert«sich, genauer: seinen erworbenen Schemata, die Daten der Umwelt.
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–[047:478] Da die Interaktions-Situation selbst ein Geschehen und kein ruhendes Daten-Ensemble ist, auch gar nicht gedacht werden kann als etwas vom Verhalten des Individuums Unabhängiges, kann das Individuum auch verändernd in die»vorgegebene Datenmenge«eingreifen, um die Situation sich besser assimilierbar zu machen. Während die ersten beiden Aspekte des individuellen Verhaltens notwendig in jeder empirischen Situation enthalten sind, da der menschliche Organismus eben so und nicht anders reagiert, ist der dritte Aspekt zwar empirisch möglich, aber nicht notwendig.
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–[047:492] Welche verbalen Kommunikationsmittel werden verwendet?
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–[047:493] Welche Sachverhalte werden, bzw. in welchen Kommunikationsakten wird reichhaltig verbalisiert, in welchen weniger reichhaltig?
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–[047:494] Welche nicht-verbalen Gesten werden zur Strukturierung der Situation verwendet?
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–[047:495] Worauf richtet sich die Aufmerksamkeit und die Interaktionshäufung unter den Interaktionspartnern?
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–[047:496] In welchen Kontext werden die Ereignisse und ihre Bedeutung gebracht?
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–[047:497] Mit welchen Mitteln und in welcher Richtung versuchen die Interaktionspartner, die Situationsdefinition des anderen zu beeinflussen? Und so weiter.
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–[047:500] Wie definiert ein Arbeiterkind die Situation, in die es mit kognitiv besser ausgestatteten Kindern in einer Vorschule in Konkurrenz gerät?
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–[047:501] Wie definiert das gleiche Kind eine Situation, in der es in einer Kleingruppe seines eigenen Wohnbezirks und seiner eigenen sozialen Gruppe sich in der nachbarschaftlich üblichen Umgangssprache über Spiele verständigen kann?
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–[047:502] Wie definiert ein Kind eine Situation, in der ihm die Lösung eines Problems im Rahmen einer abstrakten Leistungserwartung zur Aufgabe gemacht wird?
- |A1 A2 A3 129|
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–[047:503] Wie definiert das gleiche Kind eine Situation, in der es dem formal gleichen Problem im Kontext seiner sozialen Erfahrungen konfrontiert ist?
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–[047:504] Wie definiert ein Jugendlicher eine Situation, in der er, nach Einweisung in ein Erziehungsheim, zu einer Unterredung mit dem Leiter des Heims gebeten wird?
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–[047:505] Wie definiert der gleiche Jugendliche eine Situation, in der er, nach Einzug in eine Wohngemeinschaft, der Gruppe über seine Probleme berichtet? Und so weiter.
Institution
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–[047:517] Diese Feststellung impliziert nicht, daß die Definitionen der Partner kongruent sind, (Generationenkonflikt; Rollenkonflikte; Interessen-Differenzen) usw.
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–[047:518] Sie impliziert zweitens nicht, daß die Chancen für Definitionsspielräume gleich verteilt sind (Barrieren im Antizipieren-Können von Handlungsalternativen; ungleich verteilte Kommunikationsmittel; ungleiche Chancen, Situationen durch Einführung bestimmter Inhalte oder Rollenvorschriften vorweg, zu strukturieren).
- |A1 A2 A3 136|
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–[047:519] Sie impliziert drittens nicht, daß die Handlungsrelevanz der Definitionen gleich verteilt ist (der eine Partner kann den in der Definition zum Ausdruck gebrachten Intentionen folgen; die Definition der anderen wird zwar explizit, in ihren Handlungskonsequenzen jedoch verdrängt).
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–[047:522] Die Reziprozität der Perspektiven der Kommunikationspartner; sie bedeutet, daß beide beim je anderen vergleichbare Erfahrungen voraussetzen, bzw. daß alle»die gleiche Erfahrung hätten, wenn sie die Rollen tauschen würden«(S. 304)
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–[047:523]»Der vorhandene Wissensstand des Handelnden«(S. 305)»Wissensstand«der Individuen; ohne die Basis gemeinsamen Wissens aber kommt keine sinnvolle Kommunikation zustande.
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–[047:524]Die Typisierung sozialer Situationen, wodurch diese nach Maßgabe von Mustern wahrgenommen und sowohl das eigene wie das Verhalten des Anderen einem Regel-Verständnis zugänglich wird und der Identität integriert werden kann. Besonders dieses letztere Element ist für die folgenden Überlegungen wichtig. Es heißt dazu bei :»Sozial verteiltes, in alltäglicher Kommunikation für selbstverständlich gehaltenes Wissen wird innerhalb eines Kontextes ausgetauscht, wobei der Handelnde sowohl sein eigenes als auch das Verhalten des anderen typisiert. Typische soziale Rollen und typische Erwartungen werden im Austausch sozial verteilten und sozial anerkannten Wissens vorausgesetzt.«»Sozial anerkanntes Wissen besteht so aus einer Reihe von Rezepten, die jedem Angehörigen der Gruppe helfen sollen, seine Situation in der Realität des Alltagslebens in einer typischen Weise zu definieren«(Cicourel 1970, S. 305 f.)
1.
»Labeling
approach« und Delinquenz
2. Topos und Habitus
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1.[047:558] Inwiefern lassen sich unterschiedliche Formen kommunikativer Performanz unterscheiden, und wie ist ihre Entstehung bzw. Stabilisierung zu erklären?
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2.[047:559] Wieweit indizieren Kommunikations-Codes – an einem Stadien-Modell kognitiver Entwicklung gemessen – einen bestimmten, unter Umständen depriviert zu nennenden Stand der kognitiven Struktur?
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3.[047:560] Wieweit sind bestimmte Kommunikations-Codes und die ihnen kongruenten Muster des Sprachverhaltens Anlaß für Stigmatisierung ihrer Träger durch die pädagogischen Institutionen (»So darfst du das nicht sagen! Drück dich besser aus!«)?
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4.[047:561] Wie wird in den verschiedenen Kommunikations-Codes die soziale Welt gedeutet, wie werden Situationen definiert und strukturiert, welche Handlungs- und Lernperspektiven werden eröffnet oder nahegelegt?
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–[047:586] Handelt es sich – im Hinbick auf den Habitus der beiden Klassen – wirklich um Unterschiede der Art oder nicht vielleicht doch nur um solche der Ausprägung?
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–[047:587] Würde eine genaue Prüfung des Bildungswesens in der BRD ergeben, daß in den Schulen und anderen Erziehungseinrichtungen ein Habitus institutionalisiert ist, der mit der Klassenlage systematisch kovariiert?
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–[047:588] Dürften wir solche Kovarianz wirklich im Sinne eines ursächlichen Zusammenhangs interpretieren, dergestalt, daß Klassenzugehörigkeit und nicht etwa, um nur zwei mögliche Alternativen zu nennen, Subkultur oder Arbeitsteilung, als entscheidende Ursachen unterstellt werden müssen?
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–[047:589] Ist überhaupt die hier unterstellte lineare Kausalität der Reihe: soziale Klassen – Struktur ihrer Beziehungen – klassenspezifischer Habitus – geprägtes Verhalten der Klassenmitglieder – habitusspezifische Selektion durch Bildungseinrichtungen, ist diese Kausalreihe wirklich eine zutreffende Unterstellung? Wir wollen nicht bestreiten, daß sie plausibel ist; da aus ihr aber konkrete Strategien des pädagogischen Handelns folgen, ist Genauigkeit angebracht. Wir könnten sonst leicht in den Fehler verfallen, der zum Beispiel dort besonders auffällig wird, wo aus der Tatsache, daß Kinder und Jugendliche aus der Unterschicht in Erziehungsheimen überrepräsentiert sind, gefolgert wird, Schichtzugehörigkeit sei eine»Ursache«für einen bestimmten Typus von Verhaltensauffälligkeit.
3. Institutionalisiertes Handeln
Community Response Type | Community Positional Response | Community Personal Response | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
I. Therapeutic Response | e.g., to Disaster Victims | + | + | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
II. Social Welfare Response | e.g., to Illegitimacy | + | - | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
III. Repressive Response | e.g., to Opponents of a Police State | - | + | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
IV. Persecutive Response | e.g., to the American Communists | - | - | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
* Plus and minus signs indicate general
acceptance or rejection of the individual or family
(Hansen/Hill 1964, S.
799)
. |
Wenn die relevanten Problemlösungen definiert werden als (z. B.): | ... werden die darin intendierten gesellschaftlichen Veränderungen wahrgenommen als: | ... ist die Reaktion: | ... ist die Interventionsform: | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
1. Störungen im Beziehungssystem | Wiederherstellung der Ressourcen | Zustimmung | Kooperation | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
2. Störungen im System der Güterverteilung | Umverteilung der Ressourcen | Vorbehalt | Konkurrenz-Kampagne | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
3. Strukturelle Störungen im Verhältnis sozialer Gruppen zueinander (z. B. Schichten, Klassen) | Veränderung der Status-Beziehungen | Ablehnung | Disruption | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
4. Störungen deren Quelle in einer
»Gesamtpathologie« der Gesellschaft gesehen wird |
Rekonstruktion des gesamten gesellschaftlichen Systems | Aufstand | Gewalt | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
(abgewandelt nach Specht, in:
Müller/Nimmermann 1971, S. 211)
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