„Dies ist keine Pfeife“ [Werkkommentar]

1 Werk: Formale Beschreibung

1.1 Leittext

[1] Mollenhauer, Klaus.
Dies ist keine Pfeife
. Ein etwas irritierter Versuch, sich M. Foucault zu nähern (Beitrag 1979; KMG 064-a1). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe. Historisch-kritische Edition. (2025). Herausgegeben von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3qqmz&edition=a1.
[2] Basierend auf:
  • [3] Mollenhauer, Klaus (1979).
    Dies ist keine Pfeife
    . Ein etwas irritierter Versuch, sich M. Foucault zu nähern. Päd. extra, 7(1), 63–65.
[4] Der in der Zeitschrift Päd. extra: Magazin für Erziehung, Wissenschaft und Politik erschienene Artikel ist in jeweils drei Spalten auf drei Textseiten gedruckt. In der Mitte der ersten Seite befindet sich ein Portraitfoto von Michel Foucault, darunter ein Zitat aus dem Text von Klaus Mollenhauer:
Die Schwierigkeit einer argumentativen Auseinandersetzung mit den Schriften Foucaults liegen teils in den Erwartungen seines Publikums an
linke
Literatur, charakterisieren also eher dieses Publikum, seine Art zu lesen, seine Projektionen und Hoffnungen
(KMG 064-a1, Abs. 064:5)
. Inmitten der Doppelseite 64/65 ist das Bild von René Magritte La trahison des imagesLa trahison des images eingefügt, ebenfalls unterschrieben mit einem leicht veränderten Zitat aus dem Text Mollenhauers:
Der Humanismus, den ich darstelle, so scheint Foucault sagen zu wollen, ist keiner
. Am Ende des Textes befindet sich eine Literaturauswahl der zitierten oder referenzierten Literatur. In einer Fußnote der Redaktion (nicht in dieser Ausgabe übernommen) wird Mollenhauer als
Professor für Erziehungswissenschaften am Pädagogischen Seminar in Göttingen
(Mollenhauer, 1979, S. 63)
vorgestellt und auf zwei ausgewählte Veröffentlichungen (Erziehung und Emanzipation, 1968, KMG 028-A; Methoden der Erziehungswissenschaft, zus. m. Christian Rittelmeyer, 1977, KMG 057-A) verwiesen.

1.2 Weitere Fassungen

[5] Mollenhauer, Klaus.
Dies ist keine Pfeife
. Ein etwas irritierter Versuch, sich M. Foucault zu nähern (Beitrag 1979; KMG 064-a2). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe. Historisch-kritische Edition. (2025). Herausgegeben von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3qqmz&edition=a2.
[6] Basierend auf:
  • [7] Mollenhauer, Klaus (1979).
    Dies ist keine Pfeife
    . Ein etwas irritierter Versuch, sich M. Foucault zu nähern. Päd. extra Sozialarbeit, 3(1), 63–65.
[8] Diese Fassung des Aufsatzes ist textlich und die Seitenzahlen betreffend identisch mit der Fassung KMG 064-a1, wurde jedoch in der Zeitschrift Päd. extra Sozialarbeit, einer Unterausgabe der Päd. extra. Magazin für Erziehung, Wissenschaft und Politik abgedruckt. Beide Hefte wurden von derselben Redaktion herausgegeben und erschienen im Januar 1979. Der Aufsatz Mollenhauers befindet sich im identischen Mantelteil des jeweiligen Heftes.

1.3 Übersetzungen

[9] Übersetzungen liegen unserem Kenntnisstand nach nicht vor.

1.4 Unveröffentlichte Quellen

[10] SUB Göttingen, Cod. Ms. K. Mollenhauer
  • [11] Manu. pub. 70 07: Mollenhauer, Klaus (1978).
    Ceci n'est pas une pipe
    oder: Dies ist keine Pfeife. Ein etwas irritierter Versuch sich M. Foucault zu nähern. (Entwurf mit Anmerkungen und Korrekturen, 9 Seiten, Notiz auf 1. S.:
    f. Päd. Extra Dez. 78
    )
  • [12] Korr. Ver. Päd. extra: Klaus Mollenhauer an Frau Hesing. Bensheim, 15.12.1978 (1 Brief)

2 Inhalt und Kontexte

[13] Einer einleitenden, ausgewählte Schlaglichter auf die Foucault-Rezeption werfenden Passage folgen drei Textabschnitte unter den Zwischenüberschriften Seine Rhetorik, Für Pädagogen eine Verführung und Seine Methode. Die im Untertitel thematisierte Irritation bei dem Versuch, sich Michel Foucault zu nähern, wird zu Beginn und im ersten Textabschnitt dahingehend erläutert, dass die Foucault-Lektüre selbst sich aktuell in einem Diskursfeld ereigne, das einerseits von einer modischen, durch
Projektionen und Hoffnungen
in Bezug auf
linke
Literatur
getönten Aufnahmebereitschaft seines Publikums, andererseits durch eine dieser Rezeptionstendenz entgegenkommende, den
rationale[n] Gehalt seiner Schriften
(KMG 064-a1, Abs. 064:5)
spielerisch verschleiernde Rhetorik auf Seiten Foucaults gekennzeichnet sei. Neben der Eignung seiner Schriften als
Steinbruch für originelle Zitate
(KMG 064-a1, Abs. 064:7)
würden insbesondere die Bücher Wahnsinn und Gesellschaft (Foucault, 1973) und Überwachen und Strafen (Foucault, 1976), die in der Pädagogik vornehmlich rezipiert worden seien, als Argumentationshilfe für anti-institutionalistische Positionen gelesen. Der
Verwendung dieser beiden Bücher zur Legitimation offensichtlich irrationaler Positionen von Studenten
entgegentretend, vertritt Mollenhauer hier die Auffassung,
daß man Foucault zweckmäßigerweise anders lesen sollte: auf seine Methode hin
(KMG 064-a1, Abs. 064:9)
. Deutlich trete die auf ironischer Distanz und paradoxen Behauptungen beruhende Arbeitsweise Foucaults in seinem auf René Magrittes Gemälde anspielenden Essay Dies ist keine Pfeife (Foucault, 1974a) hervor:
Den Zusammenhang zwischen Magrittes Bild, Foucaults Essay und seinem Buch Die Ordnung der Dinge [Foucault, 1974b] (ich empfehle es als zweite Lektüre) sehe ich so: Es geht um die Frage, woraus unsere Vorstellungswelten, Welt- und Selbst-Deutungen gemacht sind, nach welchen Regeln sie produziert werden, nach welchen Regeln diese Produktion rekonstruiert und also transparent gemacht werden kann
(KMG 064-a1, Abs. 064:11).
Die historische Rekonstruktion der Wissenssysteme,
die unserem Bewußtsein seine besondere Gestalt geben
, folge einem theoretischen Interesse, das dem der Bildungstheorie sehr nahekomme, und so erscheine ihm
Foucault eigentlich als
Bildungstheoretiker
(KMG 064-a1, Abs. 064:11)
. Dabei ginge es Foucault nicht um individuelle Bildungsprozesse,
sondern [um] deren strukturale Formation [Herv. i. O.], deren Machart unabhängig ist von den Intentionen des Einzelnen
(KMG 064-a1, Abs. 064:15)
.
[14] Der Bezug auf Magrittes Bild mit der Inschrift Ceci n’est pas une pipe und die daran anschließende Argumentation finden sich auch in anderen etwa zeitgleich erschienenen Schriften Mollenhauers (KMG 057-A; KMG 063-a). Beides repräsentiert den mittlerweile von Mollenhauer bevorzugten
ethnomethodologisch[en]
Blick (
KMG 064-a1, Abs. 064:15
; siehe auch KMG 057-A, Abs. 057:8–26, Abs. 057:118–135) auf die Erziehungswirklichkeit und deren Formation durch lebensweltliche, aber auch wissenschaftliche und politische, historische und kulturelle Wissenssysteme.

3 Rezeption

[15] Wie Koller & Lüders (2004, S. 57) rückblickend feststellen, war Klaus Mollenhauer zwar
[einer] der ersten Erziehungswissenschaftler, die sich mit den Arbeiten Foucaults auseinandergesetzt haben
; seiner
Empfehlung, Foucaults diskursanalytischem Zugriff auf die Regeln der Wissensproduktion besondere Aufmerksamkeit zu schenken
Koller & Lüders (2004, S. 57)
, sei aber kaum jemand gefolgt. Im Zentrum des pädagogischen Interesses an Foucault standen hingegen (so auch Ricken & Rieger-Ladich, 2004, S. 8)
Foucaults begriffliche Konzepte
(Koller & Lüders, 2004, S. 57; Herv. i. O.)
zur macht- und subjekttheoretischen Analyse sozialer Wirklichkeit und deren Übertragung auf die Pädagogik.

4 Literatur

4.1 Andere hier verwendete Werke von Klaus Mollenhauer

[16] Mollenhauer, Klaus. Erziehung und Emanzipation. Polemische Skizzen (Monografie 1968-1971; KMG 028-A). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe. Historisch-kritische Edition. (2025). Herausgegeben von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3qqrv&edition=A.
[17] Mollenhauer, Klaus & Rittelmeyer, Christian. Methoden der Erziehungswissenschaft (Monografie 1977; KMG 057-A). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe. Historisch-kritische Edition. (2025). Herausgegeben von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3qqnx&edition=A.
[18] Mollenhauer, Klaus. Condorcet versus Rousseau: Versuch einer Erläuterung der Schwierigkeiten, die ein Pädagoge mit dem Thema haben kann (Beitrag 1979; KMG 063-a). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe. Historisch-kritische Edition. (2025). Herausgegeben von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3qqn1&edition=a.

4.2 Weitere Literatur

    [19] Foucault, Michel (1973). Wahnsinn und Gesellschaft. Eine Geschichte des Wahns im Zeitalter der Vernunft. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
    [20] Foucault, Michel (1974a). Dies ist keine Pfeife. München: Hanser.
    [21] Foucault, Michel (1974b). Die Ordnung der Dinge. Eine Archäologie der Humanwissenschaften. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
    [22] Foucault, Michel (1976). Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses. Frankfurt am Main: Suhrkamp
    [23] Koller, Hans-Christoph & Lüders, Jenny (2004). Möglichkeiten und Grenzen der Foucaultschen Diskursanalyse. In Norbert Ricken & Marcus Rieger-Ladich, Michel Foucault: Pädagogische Lektüren (S. 57–76). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
    [24] Ricken, Norbert & Rieger-Ladich, Marcus (2004). Michel Foucault: Pädagogische Lektüren. Eine Einleitung. In Norbert Ricken & Marcus Rieger-Ladich, Michel Foucault: Pädagogische Lektüren (S. 7–13). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
[25] [Hans-Rüdiger Müller]