Marginalien zur Lage der Erziehungswissenschaft [Werkkommentar]

1 Werk: Formale Beschreibung

1.1 Leittext

[1] Mollenhauer, Klaus. Marginalien zur Lage der Erziehungswissenschaft (Beitrag 1982; KMG 075-a). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe. Historisch-kritische Edition. (2025). Herausgegeben von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3qqkv&edition=a.
[2] Basierend auf:
  • [3] Mollenhauer, Klaus (1982). Marginalien zur Lage der Erziehungswissenschaft. In Eckard König & Peter Zedler (Hrsg.), Erziehungswissenschaftliche Forschung. Positionen, Perspektiven, Probleme (S. 252–265). Paderborn: Schöningh.
[4] Dem Text ist als Motto ein Zitat Friedrich Schleiermachers vorangestellt. Die darauffolgenden vier Textabschnitte strukturieren strikt auf einander aufbauend den Gang der Argumentation. Es wird auf zahlreiche Autor*innen und teils auch auf einzelne Werke Bezug genommen, häufig allerdings ohne dazu konkrete Literaturnachweise anzugeben. Am Ende des Bandes findet sich ein Gesamtliteraturverzeichnis aller Beiträge.

1.2 Weitere Fassungen

[5] Weitere Fassungen liegen unserem Kenntnisstand nach nicht vor.

1.3 Übersetzungen

[6] Übersetzungen liegen unserem Kenntnisstand nach nicht vor.

1.4 Unveröffentlichte Quellen

[7] SUB Göttingen, Cod. Ms. K. Mollenhauer
  • [8] Manu. pub. 80 09: Mollenhauer, Klaus (o. D.). Marginalien zur Lage der Erziehungswissenschaft (Entwurf mit Korrekturen. 18 Seiten)

2 Inhalt und Kontexte

[9] Das Werk reflektiert in kritischer Absicht eine vom Autor beobachtete Tendenz in der disziplinären Forschungskultur, die theoretische Begründung von Forschungsfragen und Forschungspraxen durch wissenschaftstheoretische Programmatiken und hinsichtlich des Gegenstands der Erziehungswissenschaft unspezifizierte Theorie-Importe zu ersetzen. Da sich hieraus aber keine Begründung für die Richtung des pädagogischen Handelns ableiten ließe, würden Verlegenheitslösungen gesucht, die in einen normativen
Dezisionismus
(KMG 075-a, Abs. 075:11)
, eine pädagogisch unaufgeklärte Orientierung am
Begriff der Emanzipation […], der kaum […] pädagogisch expliziert
(KMG 075-a, Abs. 075:12)
würde oder einen naiven Anschluss an die sogenannten
Bedürfnisse und Interessen der Betroffenen
(KMG 075-a, Abs. 075:14)
führten. Mollenhauer interpretiert diese Phänomene als Zeichen einer problematischen, die disziplinäre
Autonomie der Pädagogik
(KMG 075-a, Abs. 075:15)
ebenso wie die pädagogische Theoriegeschichte ausblendenden Einstellung zum Gegenstand der Erziehungswissenschaft. Eine Folge sei die Aufgabe der
einheimische[n] Begriffe
(KMG 075-a, Abs. 075:17–21) der Pädagogik und die Produktion eines erziehungswissenschaftlichen Wissens, das eher institutionelle Planungsprozesse oder allgemeine Handlungsmodelle begründe, jedoch wenig zur Lösung eines pädagogischen Handlungsproblems beitrüge und zudem der weiteren Differenzierung und Verselbstständigung eng spezialisierter Professionen und Berufsrollen in der pädagogischen Praxis Vorschub leiste. Prinzipiell sei daher ein Einstellungswechsel erforderlich:
Was für die erziehungswissenschaftliche Forschung eine bedeutsame Problemstellung ist, das sollte — grob gesprochen — mindestens in zwei Dimensionen diskutabel sein: im Hinblick auf die Theorie-Traditionen dieser Disziplin und im Hinblick auf die Handlungsprobleme, die Erzieher/Lehrer ihren eigenen praktischen Optionen nach haben.
(KMG 075-a, Abs. 075:31
)
[10] Das Werk reiht sich ein in eine Folge von seit Mitte der 1970er Jahre erschienenen Publikationen, die sich kritisch zur Entwicklung der Erziehungswissenschaft (insbesondere nicht hinreichend reflektierte Übernahme sozialwissenschaftlicher Terminologien und Forschungsmethodologien, Therapeutisierung des professionellen pädagogischen Handelns) verhalten (vgl. z. B. KMG 054-A, KMG 051-a, KMG 057-A, KMG 058-a, KMG 062-a, KMG 081-A).

3 Rezeption

[11] Eine spezifische Bezugnahme auf dieses Werk findet sich in einem Beitrag von Klaus-Peter Horn (2014) zu dem von Jürgen Oelkers und Reinhard Fatke herausgegebenen 60. Beiheft der Zeitschrift für Pädagogik zum Thema Das Selbstverständnis der Erziehungswissenschaft: Geschichte und Gegenwart. Unter dem Titel Pädagogik/Erziehungswissenschaft der Gegenwart führt Horn das Werk Mollenhauers – neben Publikationen von Helmut Heid – als ein herausragendes Beispiel für die Diskussion eines fragwürdig gewordenen Selbstverständnisses der Erziehungswissenschaft auf. Im selben Band geht auch Markus Rieger-Ladich (2014) in einem Beitrag zum Thema Pädagogik als kritische Theorie? auf das Werk Mollenhauers ein. Dabei unterstreicht er die differenzierende Haltung Mollenhauers zu einer angemessenen pädagogischen Rezeption der Kritischen Theorie. Für die sozialpädagogische Diskussion hat Jürgen Sammet (2013) die Rezeption der Diskurstheorie bei Klaus Mollenhauer unter anderem unter Bezugnahme auf Mollenhauers Beitrag Marginalien zur Lage der Erziehungswissenschaft untersucht. Ebenso referiert Cathleen Grunert (2021) in ihrer Einleitung zu dem von ihr herausgegebenen Band Pädagogik der Kritischen Theorie mehrfach auf dieses Werk.

4 Literatur

4.1 Andere hier verwendete Werke von Klaus Mollenhauer

    [12] Mollenhauer, Klaus, Brumlik, Micha & Wudtke, Hubert. Die Familienerziehung (Monografie 1975, 1978; KMG 054-A). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe. Historisch-kritische Edition. (2025). Herausgegeben von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3qqpj&edition=A.
    [13] Mollenhauer, Klaus & Rittelmeyer, Christian.
    Empirisch-analytische Wissenschaft
    versus
    Pädagogische Handlungsforschung
    : eine irreführende Alternative. Zu den Beiträgen von Haeberlin und Blankertz/Gruschka in diesem Heft (Beitrag 1975; KMG 051-a). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe. Historisch-kritische Edition. (2025). Herausgegeben von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3qqpp&edition=a.
    [14] Mollenhauer, Klaus & Rittelmeyer, Christian. Methoden der Erziehungswissenschaft (Monografie 1977; KMG 057-A). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe. Historisch-kritische Edition. (2025). Herausgegeben von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3qqnx&edition=A.
    [15] Mollenhauer, Klaus & Rittelmeyer, Christian. Einige Gründe für die Wiederaufnahme ethischer Argumentation in der Pädagogik (Beitrag 1978; KMG 058-a). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe. Historisch-kritische Edition. (2025). Herausgegeben von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3qqnq&edition=a.
    [16] Mollenhauer, Klaus. Aspekte einer strukturalen pädagogischen Interaktionsanalyse. Methodologische Hypothesen zur gesellschaftlichen Formierung von Bildungsverläufen (Beitrag 1979; KMG 062-a). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe. Historisch-kritische Edition. (2025). Herausgegeben von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3qqn5&edition=a.
    [17] Mollenhauer, Klaus. Vergessene Zusammenhänge. Über Kultur und Erziehung (Monografie 1983; KMG 081-A). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe. Historisch-kritische Edition. (2025). Herausgegeben von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3qqkc&edition=A.

4.2 Weitere Literatur

    [18] Grunert, Cathleen (2021). Klaus Mollenhauer und die Pädagogik der Kritischen Theorie—Eine Einleitung. In Klaus Mollenhauer, Pädagogik der
    Kritischen Theorie
    . Vier Studienbriefe für die FernUniversität in Hagen
    (S. 1–18). Wiesbaden: Springer VS.
    [19] Horn, Klaus-Peter (2014). Pädagogik/Erziehungswissenschaft der Gegenwart. Zur Entwicklung der deutschen Erziehungswissenschaft im Spiegel ihrer disziplinären Selbstreflexion (1910-2010). In Reinhard Fatke & Jürgen Oelkers (Hrsg.), Das Selbstverständnis der Erziehungswissenschaft: Geschichte und Gegenwart (S. 14–32). Weinheim [u. a.]: Beltz Juventa.
    [20] Rieger-Ladich, Markus (2014). Pädagogik als kritische Theorie? Intellektuelle Stellungskämpfe nach 1945. In Reinhard Fatke & Jürgen Oelkers (Hrsg.), Das Selbstverständnis der Erziehungswissenschaft: Geschichte und Gegenwart (S. 66–84). Weinheim [u. a.]: Beltz Juventa.
    [21] Sammet, Jürgen (2013). Diskurs und Kritik: Zur Rezeption der Diskurstheorie bei Klaus Mollenhauer. In Bettina Hünersdorf & Jutta Hartmann (Hrsg.), Was ist und wozu betreiben wir Kritik in der Sozialen Arbeit? (S. 51–67) Wiesbaden: Springer VS.
[22] [Hans-Rüdiger Müller]