Brief an Jürgen Blandow aus dem Jahr 1989 [Werkkommentar]

1 Werk: Formale Beschreibung

1.1 Leittext

[1] Mollenhauer, Klaus (V90-a). Brief an Jürgen Blandow aus dem Jahr 1989 (Sammelbandbeitrag 2004). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe: Historisch-kritische Edition(2024). Hrsg. von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3qqg6&edition=a.
[2] Basierend auf:
  • [3] Mollenhauer, Klaus (2004). Brief an Jürgen Blandow aus dem Jahr 1989. In Franz-Josef Krumenacker (Hrsg.), Sozialpädagogische Diagnosen in der Praxis. Erfahrungen und Perspektiven (S. 15–22). Weinheim: Juventa.
[4] Der Brief Mollenhauers erschien 2004 mit dem Titel Brief an Jürgen Blandow aus dem Jahr 1989 als Beitrag im Sammelband Sozialpädagogische Diagnosen in der Praxis. Erfahrungen und Perspektiven herausgegeben von Franz-Josef Krumenacker. Er umfasst 8 Druckseiten (S. 15–22) und stellt insofern eine Besonderheit dar, als er der einzig veröffentlichte Brief Klaus Mollenhauers ist.

1.2 Weitere Fassungen

[5] Weitere Fassungen liegen unserem Kenntnisstand nach nicht vor.

1.3 Übersetzungen

[6] Übersetzungen liegen unserem Kenntnisstand nach nicht vor.

1.4 Unveröffentlichte Quellen

[7] SUB Göttingen, Cod. Ms. K. Mollenhauer
  • [8] Korr. All. Blan 02: 8.3.-4.4.1989, 4 Briefe zwischen Klaus Mollenhauer und Jürgen Blandow (davon 2 am 4.4.1989, u. a. Übersendung eines
    Textbeispiel[s] einer pädagogisch-hermeneutischen Diagnose über einen Jugendlichen
    von Mollenhauers Sekretariat an Blandow als Ergänzung zu Mollenhauers Brief vom 24.3.1989)

2 Inhalt und Kontexte

[9] Der Brief an Jürgen Blandow ist einer Korrespondenz entnommen, die die beiden Professoren vom 8. März 1989 bis zum 4. April 1989 (s. Mollenhauer und Blandow, Korr. All. Blan 02) führten. Anlass für diesen Briefwechsel war die gemeinsame Teilnahme an einer Tagung in Münster, auf der beide als Referenten auftraten. Die Vorträge der Tagung erschienen 1990 in dem Sammelband Zwischen Jugendhilfe und Jugendpsychatrie. Konzepte – Methoden – Rechtsgrundlagen (herausgegeben von Ullrich Gintzel und Reinhold Schone). Mollenhauers Beitrag trägt den Titel Pädagogisch-hermeneutische Diagnose in der Jugendhilfe (s. KMG 113-a).
[10] Blandow bittet Mollenhauer in seinem ersten Brief (s. Blandow an Mollenhauer, 8.3. 1989, Korr. All. Blan 02), das bei der gemeinsam besuchten Tagung vorgestellte methodische Vorgehen durch Herausgabe weiterer Materialien für seine Praxisaktivitäten als Vorsitzender eines Vereins für Jugendwohngemeinschaften nutzbar zu machen. Mollenhauers Antwort darauf ist eben dieser erst deutlich später (2004) veröffentlichte Brief; er stellt einen Zwischenbericht zu dem mit Uwe Uhlendorff durchgeführten Projekt dar, welches 1992 in die Sozialpädagogischen Diagnosen (s. KMG 119-A1) mündet. Darin geht es um die wissenschaftliche Begleitung einer Jugendhilfemaßnahme, in der besonders stark belastete Jugendliche für einige Monate aus ihrem Umfeld (meist stationäre Einrichtungen der Jugendhilfe, Nichtsesshaften-Milieu oder Psychiatrie) herausgenommen werden, um an sozialpädagogischen
Erlebniskursen
(KMG 119-A1, S. 15)
mit intensiver Betreuung im Ausland teilzunehmen. Der Brief wurde am 24. März 1989 abgeschickt und enthält die dienstliche Adresse von Prof. Dr. Jürgen Blandow an der Universität Bremen (s. Mollenhauer an Blandow, 24.3.1989, Korr. All. Blan 02).
[11] Klaus Mollenhauer schreibt den Brief an Jürgen Blandow gegen Ende der Auswertungsarbeiten zu dem oben beschriebenen sozialpädagogischen Projekt, die mit der Veröffentlichung der Sozialpädagogischen Diagnosen (s. KMG 119-A1) ihren Abschluss finden. Mit diesem Projekt beginnt eine zweite Phase der Hinwendung zur Sozialpädagogik, in der Mollenhauer sich
kritisch mit der Sozialpädagogik, wie sie sich inzwischen entwickelt hatte, auseinandersetzt und auf eine Revision der theoretischen Fundierung der Sozialpädagogik drängt
(Füssenhäuser & Thiersch, 2001, S. 1886)
. Dies tut er parallel zu seiner Arbeit an der kulturwissenschaftlichen und -historischen Grundlegung der Allgemeinen Pädagogik (s. z. B. KMG 081-A).
[12] Der Brief wird erst posthum 2004 von Franz-Josef Krumenacker als Einleitung des Sammelbandes Sozialpädagogische Diagnosen in der Praxis. Erfahrungen und Perspektiven herausgegeben und ist somit, sechs Jahre nach Mollenhauers Tod, das letzte erstveröffentlichte Werk.
[13] Mit dem Projekt, das der Veröffentlichung der Sozialpädagogischen Diagnosen vorausging und über das Mollenhauer in dem Brief an Jürgen Blandow berichtet, eröffneten Mollenhauer und Uhlendorff eine differenzierte Diskussion über hermeneutische Diagnosen in der Kinder- und Jugendhilfe. Sie verfolgten das Ziel, aus der Rekonstruktion von Einzelfällen, verallgemeinerbare Kategorien der Diagnostik entwickeln zu können. Eher indirekt nehmen sie dabei Bezug auf die in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts vorherrschenden sozialpädagogischen Richtungen, von denen eine – verbunden vor allem mit dem Namen Hans-Uwe Otto – stark an den politischen und gesellschaftlichen Bedingungen der sozialen Arbeit und ihrer Institutionen orientiert war, während die andere – verbunden vor allem mit dem Namen Hans Thiersch – stärker eine lebensweltbezogene Fallanalyse fokussierte. Beiden Strömungen attestierten Mollenhauer und Uhlendorff eine unzureichende Orientierungsmöglichkeit für die Profession. Das Projekt sollte dieser Lücke Abhilfe schaffen, in dem es beide Stränge miteinander verknüpfte.

3 Rezeption

[14] Der Brief, der im Zusammenhang des Praxis-Projektes der Sozialpädagogischen Diagnosen steht, kann auch in dessen Rezeption mit einbezogen werden. Die vier Auflagen der Sozialpädagogischen Diagnosen (1992, 1995, 1999, 2004; s. KMG 175) bezeugen eine intensive Rezeption des Werkes in diesen Jahren. Eine eingehende Auseinandersetzung erfuhren die Diagnosen durch den 2004 erschienenen und bereits erwähnten Sammelband Sozialpädagogische Diagnosen in der Praxis. Erfahrungen und Perspektiven, herausgegeben von Franz-Josef Krumenacker, der mit dem Brief Mollenhauers an Blandow eröffnet wird. Der Brief steht hier mit der erstmaligen Formulierung von
Prämissen, Annahmen und Unterstellungen der
Diagnose-Idee
und der Darstellung
Gesprächs- und Interpretationsregeln
(Krumenacker, 2004a, S. 11)
als Eingang für eine umfangreiche Diskussion um den Ansatz sozialpädagogischer Diagnostik Mollenhauers und Uhlendorffs. Sie sei
eine innovative, zugleich wissenschaftlich fundierte und praxistaugliche Vorgehensweise zur Falldiagnose
(Krumenacker, 2004a, S. 10)
. Weiter formuliert Krumenacker, dass Mollenhauer und Uhlendorff mit ihrem Diagnoseverfahren
die Einschätzung, dass man sich zeitaufwändiges hermeneutisches Diagnostizieren zwar im Wissenschaftsbetrieb, nicht aber in der Praxis der Jugendhilfe leisten könne
widerlegten
(Krumenacker, 2004a, S. 10)
.

4 Literatur

4.1 Andere hier verwendete Werke von Klaus Mollenhauer

    [15] Mollenhauer, Klaus. Vergessene Zusammenhänge. Über Kultur und Erziehung (Monografie 1983; KMG 081-A). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe. Historisch-kritische Edition. (2025). Herausgegeben von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3qqkc&edition=A.
    [16] Mollenhauer, Klaus. Pädagogisch-hermeneutische Diagnose in der Jugendhilfe (Beitrag 1990; KMG 113-a). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe. Historisch-kritische Edition. (2025). Herausgegeben von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3qqfh&edition=a.
    [17] Mollenhauer, Klaus & Uhlendorff, Uwe. Sozialpädagogische Diagnosen. Über Jugendliche in schwierigen Lebenslagen (Monografie 1992; KMG 119-A1). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe. Historisch-kritische Edition. (2025). Herausgegeben von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3qqf3&edition=A1.
    [18] Mollenhauer, Klaus & Uhlendorff, Uwe. Sozialpädagogische Diagnosen. Über Jugendliche in schwierigen Lebenslagen (Monografie 1995; KMG 119-A2). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe. Historisch-kritische Edition. (2025). Herausgegeben von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3qqf3&edition=A2.
    [19] Mollenhauer, Klaus & Uhlendorff, Uwe. Sozialpädagogische Diagnosen. Über Jugendliche in schwierigen Lebenslagen (Monografie 1999, 2004; KMG 119-A3). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe. Historisch-kritische Edition. (2025). Herausgegeben von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3qqf3&edition=A3.

Weitere Literatur

    [20] Füssenhäuser, Cornelia & Thiersch, Hans (2001). Theorien der Sozialen Arbeit. In Hans-Uwe Otto & Hans Thiersch (Hrsg.), Handbuch Sozialarbeit Sozialpädagogik (2. völlig überarbeitete Auflage). (S. 1876–1900). Neuwied [u. a.]: Luchterhand.
    [21] Krumenacker, Franz-Josef (2004a). Zehn Jahre Sozialpädagogische Diagnosen. In Ders. (Hrsg.), Sozialpädagogische Diagnosen in der Praxis. Erfahrungen und Perspektiven. (S. 7–13). Weinheim [u. a.]: Juventa.
    [22] Krumenacker, Franz-Josef (Hrsg.). (2004b). Sozialpädagogische Diagnosen in der Praxis. Erfahrungen und Perspektiven. Weinheim [u. a.]: Juventa.
[23] [Lisa-Katharina Heyhusen & Cornelie Dietrich]