Sozialisation und Schulerfolg [Textfassung a4]
|a4 269|

Sozialisation und Schulerfolg

1. Problemstellung

[036:1] Die Wirksamkeit der Schule kann an zweierlei gemessen werden:
  • a)
    [036:2] an der ihr formell zugedachten Funktion, eine optimale Beteiligung aller Individuen am gesellschaftlichen und politischen Geschehen zu ermöglichen;
  • b)
    [036:3] an dem für die Schule und in der Schule faktisch geltenden Leistungs- und
    Reife-Begriff
    .
[036:4] Zwar ist eine gesellschaftliche Situation denkbar, in der beide Gesichtspunkte zusammenfallen. Für den gegenwärtigen Zustand von Gesellschaft und Bildungswesen indessen gilt das nicht. Vielmehr hat die Bildungs-Forschung im internationalen Vergleich feststellen können, daß – in unterschiedlichen Graden der Ausprägung – die faktische Gestalt der Schule nicht dem entspricht, was sie als demokratische Institution zu erfüllen hätte. Die Wahl des einen oder anderen Gesichtspunktes entspricht in der Regel der Option für zwei bildungspolitische Positionen:
äußere
und
innere
Schulreform. Wird die Schule unter dem Gesichtspunkt ihrer Funktion als demokratische Institution betrachtet, gerät diese Institution als Ganzes in das Blickfeld der Kritik. Wird sie unter dem Gesichtspunkt des faktisch in ihr geltenden Leistungs- und
Reife
-Begriffs betrachtet, dann steht nicht die Gesamtorganisation des Bildungswesens, sondern nur das Problem innerschulischer Verfahrensweisen bei unveränderten Gütekriterien für ihre Leistungsfähigkeit zur Diskussion: Es geht dann nur darum, wie der durch den gegebenen Zustand definierte Zweck optimal zu erreichen sei: z. B. um das Problem der Leistungsmaximierung, wobei an dem Leistungsbegriff festgehalten wird, der sich in gegenwärtiger Praxis realisiert.
[036:5] Welcher von den beiden Wegen auch eingeschlagen wird: bei genauer Analyse zeigt sich in jedem Fall, daß die Bedingungen für konstatierte Defizite nur zum Teil in der Schule selbst zu finden sind. Schulreformen haben zwar in verschiedenen Ländern die Mobilität beträchtlich erhöhen können, sie haben aber in der Regel – bei gleichbleibender gesellschaftlicher Struktur im Ganzen – den schichtenspezifischen Auslesecharakter der Schule im Grunde unberührt gelassen. Das läßt verschiedene Schlüsse zu, u. a. auch die Vermutung, daß entscheidende Bedingungen für die unterschiedlichen Startchancen in den Lernprozessen zu suchen |a4 270|sind, die die Kinder schon vor dem Schuleintritt durchlaufen. Vornehmlich auf drei Wegen konnte diese Vermutung bestätigt werden:
[036:6]
  • a)
    [036:7] Untersuchungen zum Leistungsverhalten, insbesondere zum Problem der Leistungsmotivation, konnten deutlich machen, daß bestimmte Formen der familiären Erziehungspraxis einen erheblich größeren Schulerfolg vorhersagen lassen als andere (vgl. Beitrag Heckhausen).
  • b)
    [036:8] Untersuchungen zum Sprachverhalten konnten zeigen, daß schichtenspezifische Sprach-Codes die schulische Leistung derart beeinflussen, daß diejenigen im Nachteil sind, die nicht über den mittelständischen Sprach-Code von Lehrerschaft und Schulmilieu und die dadurch bedingten kognitiven Strategien verfügen (vgl. Beitrag Oevermann).
  • c)
    [036:9] Untersuchungen zur Bildungs- und sozialen Aufstiegsmotivation (Aspirationsniveau) konnten schichtenspezifische Differenzen ermitteln, die mit den Schulleistungen korrelieren. Als eine wesentliche Bedingung solcher Differenzen konnte das mit dem sozialen Status der Betroffenen zusammenhängende Erziehungs- und Erfahrungsmilieu ermittelt werden.
[036:10] Alle drei Wege verweisen vornehmlich auf zwei Variablen: die familiäre Erziehungspraxis und dieser vorgeordnet die soziale Position. Sie treffen sich hier mit einer Forschungstradition, die – zunächst von psychoanalytischen und kulturanthropologischen Theoremen ausgehend – den Zusammenhang von familiären Erziehungspraktiken und Persönlichkeitsmerkmalen unter dem Namen
Sozialisation
nachzuweisen sucht. Die Absicht der Sozialisationsforschung, nämlich zeigen und erklären zu können, auf welche Weise ein Kind zum Mitglied eines sozialen Systems wird – d. h. sich die Informationen, Techniken und Werte dieses Systems zu eigen macht –, deckt sich mit jenen drei schulbezogenen Fragestellungen: Es soll ermittelt werden, welche Variablen des Sozialisationsprozesses in Rechnung zu stellen sind, um Defizite des Schulsystems erklären zu können. Oder praktisch formuliert: Was könnte unternommen werden, um bereits an der Basis des Erziehungsgeschehens der sich immer neu reproduzierenden Ungleichheit der Chancen entgegenzuwirken? In diesem Sinne soll die Darstellung begrenzt bleiben.

2. Zum Sozialisationsbegriff

[036:11] Im Unterschied zu Begriffen wie
Entwicklung
oder
Erziehung
weist der Sozialisationsbegriff darauf hin, daß das Aufwachsen von Kindern in einem sozial differenzierten Feld vor sich geht. Eine Vielzahl von Faktoren wirkt in einem interdependenten Zusammenhang. Diese Faktoren sind zudem nicht individuell, sondern gesellschaftlich standardisiert; sie haben deshalb auch entsprechende Standards im Verhalten der Kinder und Jugendlichen zur Folge. Solche Standards sind gegeben
    [036:12] in den Positionen und Rollen, denen das Kind im sozialen Feld begegnet, insbesondere den bedeutsamen Bezugspersonen (significant others);
    [036:13] in den Normen und Werten, die die sozialen Interaktionen regeln;
    [036:14] in den Praktiken der Kinderaufzucht, d. h. den mit der Sozialstruktur, den Rollen und Normen zusammenhängenden einzelnen Verhaltensweisen oder Verhaltensstilen.
[036:15] Die Standardisierung indessen ist als eine Folge nicht nur der Regelmäßigkeit innerfamiliärer Beziehungen anzusehen, sondern auch von deren Verknüpfung mit außerfamiliären Gruppen, mit der Sphäre der Arbeitswelt durch den Beruf der Eltern, mit der sozialen Schicht durch die soziale Position der Familie usw. Die |a4 271|Eltern als die
Sozialisationsagenten
, als die Inhaber von Positionen, insbesondere solcher Positionen, die über Befriedigungsmittel verfügen, und als Handelnde im Rahmen einer bestimmten sozialen Struktur vermitteln also zwischen den größeren sozialen Systemen und dem Kind. Das Kind erwirbt die für seine soziale Umwelt funktionsfähigen Motive, Wertungen, Vorstellungen und Verhaltensmuster in Lern- und Identifikationsprozessen, die durch die Familie, die
Sozialisations-Agentur
strukturiert sind.
[036:16] Die Schule, sofern sie als ein System gesellschaftlich definierter Anforderungen an das Kind verstanden werden kann, setzt Sozialisationsprozesse voraus; diese sind die Bedingung dafür, daß das Kind den Anforderungen genügen kann. Entstehen hier Diskrepanzen, dergestalt daß einzelne Kinder und Kinder ganzer Bevölkerungsgruppen die gewünschten Leistungen nicht oder nur durch gravierende Konflikte hindurch erbringen, sind für die Forschung zwei Wege der kritischen Analyse nahegelegt:
[036:17] Die Kritik der Schule als eines Systems von Anforderungen, das durch seine Art Kinder des einen Sozialisationstyps benachteiligt zugunsten derer eines anderen – und die Kritik der Sozialisationsprozesse und ihrer Bedingungen, sofern sich in ihnen eine Erziehungspraxis manifestiert, die die volle Beteiligung der Kinder am Bildungssystem verhindert oder erschwert.
[036:18] Im folgenden befassen wir uns mit dem zweiten Problem und sprechen das erste nur an, wo es sich aus der Behandlung des zweiten ergibt. Der Zusammenhang beider ist mit der sozio-ökonomischen Schichtung unserer Gesellschaft gegeben: Das Schulsystem kann als eine Auswirkung der gleichen Bedingungen angesehen werden, denen die Kinder schon, ihrer sozialen Herkunft entsprechend, im Sozialisationsprozeß unterliegen: Bedingungen der sozialen Position, der sozio-kulturellen Merkmale und der ökonomischen Lage.
[036:19] Im folgenden soll nun nicht der ganze Prozeß dargestellt werden, desgleichen nicht die Vielfalt theoretischer Ansätze und Erklärungsversuche; es sollen vielmehr nur jene Untersuchungsergebnisse zur Sprache kommen, die für schulische Lernprozesse relevant werden. Dabei wird so gegliedert, daß zunächst in der Dimension des Erziehungsverhaltens Werte, Vorstellungen und Praktiken unterschieden und im Hinblick auf ihre wechselseitige Abhängigkeit sowie ihre vermutlichen Wirkungen dargestellt werden und diese Dimension dann zu den Variablen der sozialen Position, der sozio-kulturellen Merkmale und der ökonomischen Lage in Beziehung gesetzt wird.

3. Wertorientierungen, Vorstellungen und Praktiken der Sozialisation in der Familie

3.1. Wertorientierungen

[036:20] Jedes Erziehungssystem kann als Manifestation bestimmter historisch entstandener Wertorientierungen interpretiert werden. Es wirkt zudem als Verstärker: Durch |a4 272|die Institutionen wird das Überlieferte bekräftigt und in seiner Wirksamkeit konserviert. Eine solche Wirkung ist zugleich selektiv: Wertorientierungen, die im Erziehungssystem keinen institutionellen Ort finden, wirken entweder disfunktional oder passen sich auf eigenen Wegen dem System resignativ an. Die Wertorientierungen der Unterschichten in den hochentwickelten Industriegesellschaften scheinen eine solche Form der resignativen Anpassung auszudrücken, die sich in den Praktiken der Kinderaufzucht wirkungsvoll niederschlägt. Ein solches System wird mindestens in dem Maße problematisch, als es seinen Mitgliedern soziale Mobilität als ein Recht einräumt.
[036:21] In diesem Sinne ist die Frage relevant, wie sich die Wertorientierung familiärer Erziehungspraxis zum Schulsystem verhält – oder umgekehrt: wieweit die Wertorientierung der Schule die Wertorientierung der einzelnen gesellschaftlichen Subgruppen in sich aufzunehmen oder zu berücksichtigen in der Lage ist. Welche Wertorientierungen also sind es, die sich auf den Schulerfolg eines Kindes oder Jugendlichen auswirken? Wir gehen aus von der Hypothese, daß die Bereitschaft und Fähigkeit eines Individuums, Leistungen zu erbringen, von den Werten abhängt, an denen sich die Erziehung orientiert hat, die es in der Familie von klein auf genießt.
[036:22] Daß überhaupt ein beobachtbarer regelmäßiger Zusammenhang zwischen Wertorientierungen und Schulleistungen besteht, konnte in einer Reihe von Untersuchungen nachgewiesen werden. Rosen konnte zeigen, daß die besseren Leistungen und das höhere Aspirationsniveau von Mittelschichtkindern mit einem Werthorizont korrelieren, der sich durch die Merkmale
aktivistisch
,
zukunftsorientiert
und
individualistisch
auszeichnet. Entsprechend ließ sich für die Unterschicht eine Wertorientierung nachweisen, in der diese Merkmale nur eine minimale Rolle spielen (Rosen in Roberts 1967). Sie verfügt nicht über das, was man das
Deferred gratification pattern
genannt hat: das Aufschieben unmittelbarer Befriedigungen zugunsten später erfüllbarer Erwartungen. Zu ähnlichen Ergebnissen kamen Reissmann (1953) und Kahl in (Halsey u. a. 1967). Immer zeigte sich ein Zusammenhang zwischen Wertorientierung, angestrebtem Ausbildungsniveau und Leistung (Rolff 1967). Diese für die USA ermittelten Zusammenhänge scheinen auch für deutsche Verhältnisse zu gelten. Die bisher vorliegenden Untersuchungen jedenfalls bestätigen die Hypothese. So ergab sich in Untersuchungen von Bildungsvorstellungen und Bildungsmotivationen die nämliche Abhängigkeit zwischen schichtspezifisch geltenden Werten, Aufstiegsaspirationen und tatsächlichem Bildungsweg (Grimm 1966, Heckhausen/Kemmler 1959, Strzelewicz u. a. 1966). Dieser Zusammenhang jedoch muß ergänzt werden durch den Hinweis darauf, daß die Werte keinesfalls nur als unabhängige Variablen betrachtet werden sollen. Wie noch zu zeigen sein wird, stellen sie zwar einen sehr einflußreichen Faktor im Sozialisationszusammenhang dar, sind ihrerseits aber abhängig vom sozio-ökonomischen Status derer, für die sie gelten, und damit von deren objektiven Aufstiegs- und Bildungschancen.
[036:23] Um die Frage nach der Funktion von Wertorientierungen im Sozialisationszusammenhang genauer zu differenzieren, sind zunächst die Verhaltensbereiche zu be|a4 273|trachten, auf die sie sich beziehen. Stolz (1967) hat folgende Verhaltensbereiche ermittelt, für die amerikanische Eltern ein besonders nachdrückliches Wertbewußtsein zu erkennen geben: Erziehungsverhalten, das auf organisierte Lernprozesse, auf die emotionale Sicherheit, auf die Kontrolle der Kinder, auf das Pflegeverhalten, auf außerfamiliäre Erziehungshilfen und auf wirtschaftliche Mittel sich richtet (in dieser Häufigkeitsreihenfolge). Obwohl indessen das Lernen die häufigsten Nennungen aufweist, ergibt eine Rangreihe derjenigen Orientierungen, die nach Meinung der Eltern die Erziehung vornehmlich leiten sollten, ein anderes Bild: Die Orientierung an Schulbildung und Leistung erscheint erst im zweiten bzw. dritten Drittel einer Rangreihe von 59 Plätzen. Die in den Augen der Eltern wichtigsten Werte dagegen betreffen: Selbständigkeit, Familienzusammenhalt, religiöse Einstellungen, Verantwortungsbewußtsein, gute Sitten (manners), Gehorsam, Kenntnisse und die Fähigkeit, mit anderen gut auszukommen. Was sich aus dieser Untersuchung ergibt, wird von Kohn (1959) für einzelne Werte bestätigt. Unter siebzehn Werturteilen wird von den Eltern vor allem bejaht: daß das Kind ehrlich, glücklich und rücksichtsvoll anderen gegenüber ist, seinen Eltern gehorcht, zuverlässig ist, gute Manieren hat (in dieser Reihenfolge).
[036:24] Diesen Befunden, obwohl in den USA gewonnen, entsprechen auch Ergebnisse deutscher Untersuchungen. Bestätigt werden sie z. B. von Heckhausen/Kemmler (1959): Bei der Erziehung der Sechsjährigen spielen die Normen der sozialen Einordnung und des guten Betragens eine hervorragende Rolle, ebenso wie die Ehrlichkeit – parallel zu den Ergebnissen Kohns. Die in solcher Wertorientierung zum Ausdruck kommende Grundtendenz scheint sich auch beim Älterwerden des Kindes zu halten: Die Orientierung der Eltern im Hinblick auf Vierzehnjährige ist von der gleichen Art. Eine Analyse der Bildungsvorstellungen der westdeutschen Bevölkerung (Strzelewicz u. a. 1966) erbrachte tendenziell vergleichbare Resultate: Es spielen diejenigen in den Bildungsvorstellungen implizierten Wertorientierungen eine überraschend große Rolle, die sich auf Aspekte des sozialen Verhaltens, auf
Charaktermerkmale
im landläufigen Begriffssinne beziehen, und dies, obwohl der erfragte Sachverhalt schon auf
Bildung
eingeengt war. Noch deutlicher tritt diese Tendenz in einer Arbeit von Grimm (1966) hervor.
[036:25] Solche Forschungsresultate gewinnen an Profil, wenn man berücksichtigt, welche Wertorientierungen mit nur geringer Häufigkeit zu beobachten sind. Auch hier darf angenommen werden, daß sich im internationalen Vergleich westlicher Industriestaaten ähnliche Tendenzen zeigen. Auf Neugier und Wißbegierde (curiosity) legen Eltern wesentlich weniger Wert als auf die anderen genannten Eigenschaften (Kohn 1959); das gleiche gilt für Freiheit von Angst, Vergnügen, Zufriedenheit und Kreativität (Stolz 1967). Die Wertschätzungen von Neugier und Gehorsam tendieren dahin, sich auszuschließen, die von Neugier und Zufriedenheit (happiness) schließen sich ein (Kohn 1959). Dem entspricht, daß auch den Eigenschaften Originalität und Kreativität kein hoher Wert beigemessen wird und daß in der Regel Konformität mehr geschätzt wird als Nonkonformität. Auch für individualistische Züge ist in einem solchen Erziehungs-Wert-Bild wenig Platz (Heckhausen/Kemmler 1959).
|a4 274|
[036:26] Wertanschauungen sind – was nicht besonders überrascht – relativ resistent gegen mögliche Korrekturen aus der Erziehungserfahrung, denn sie stellen den Bewertungsrahmen dar, in den die Einzelphänomene der Erziehung interpretierend aufgenommen werden. Das gilt allerdings nicht für alle Werte in gleicher Weise. Berücksichtigt man nämlich nur die kleine Gruppe der
erfahrungsoffenen
Eltern, dann zeigt sich bei dieser Gruppe eine deutliche Tendenz in Richtung auf jene Werte, die im allgemeinen an untergeordneter Stelle rangieren. Das bedeutet, daß die am stärksten verbreiteten Werte zugleich so etwas wie einen pädagogischen
Immobilismus
indizieren, was an der Natur dieser Werte liegen mag, aber auch an anderen Bedingungen, die solche Orientierungen stabilisieren. Schlüsselt man nämlich die Wertorientierungen nach sozialen Positionen oder Schichten auf, dann ergeben sich in allen einschlägigen Untersuchungen signifikante Unterschiede.

3.2. Vorstellungen

[036:27] Unter Erziehungsvorstellungen sollen hier Annahmen über die Natur des Erziehungsprozesses, seine Variablen und deren Beziehungen verstanden werden, mit denen Eltern in ihrer Erziehungspraxis operieren. Sie könnten auch als instrumentelle Normen bezeichnet werden, da durch sie angegeben wird, was – nach Meinung der Eltern – unter gegebenen Bedingungen pädagogisch im einzelnen geschehen soll. Es handelt sich also um die elterlichen Vorstellungen von den Wegen, die zur Vermittlung der elterlichen Wertorientierung an das Kind einzuschlagen wären. Das setzt die Annahme regelmäßiger Beziehungen zwischen Wertorientierung und Erziehungsvorstellung voraus. Solche Beziehungen bestehen tatsächlich.
[036:28] Der Nachweis kann allerdings nur indirekt geführt werden (Stolz 1967). Zunächst: Mit Ausnahme der biologischen Werte äußern die Eltern die meisten und detailliertesten Vorstellungen zur Vermittlung von moralischen Werten, von Werten der emotionalen Sicherheit, der innerfamiliären Beziehungen (z. B. wie es anzustellen ist, daß Kinder gehorsam sind). Ferner: Unterscheidet man bei den Wegen der Wertvermittlung zwei Gruppen, von denen – nach Meinung der Eltern – die eine solche enthält, die eine Vielzahl, die andere solche, die nur sehr wenig Werte zu vermitteln vermag, dann ergeben sich für die erste Gruppe: Formen der Kontrolle, Liebe und Interesse für das Kind, Formen des Lehrens und Anleitens. Es handelt sich also um diejenigen Sozialisationsinstrumente, denen die Eltern die größte Wirksamkeit zutrauen, und zwar im Hinblick auf die Vermittlung einer breit gestreuten Vielfalt von Werten. Deutlicher wird das Bild noch, wenn man nicht nach den Erziehungshandlungen der Eltern fragt, sondern nach denjenigen Handlungen und Verhaltensweisen des Kindes, denen die Eltern eine besondere Bedeutung bei der Wertvermittlung beimessen. An erster Stelle rangieren hier Gehorsam und verantwortliches Handeln, Verhaltensweisen also, die in den Augen der Eltern als Indiz für gelungene Erziehung erscheinen. Das gleiche geht aus einer Untersuchung von elterlichen Erziehungseinstellungen hervor, die von Gildea/Glidewell/Kantor (1961) durchgeführt wurde: 72% der befragten |a4 275|Eltern waren der Meinung, daß Gehorsam das Wichtigste sei, was ein Kind lernen solle.
[036:29] Die darin zum Vorschein kommende Tendenz ist indessen nicht so eindeutig, wie es scheinen könnte, da ja doch auch die Formen der emotionellen Zuwendung zum Kind im Bewußtsein der Eltern eine große Rolle spielen. Geht man über die empirischen Befunde hinaus in Richtung auf eine Deutung gerade auch der Heterogenität mancher Forschungsergebnisse – wie etwa Bronfenbrenner (1958, 1965) es versucht hat –, dann wären zwei Verhaltensmuster anzunehmen, die hier gleichsam in Konkurrenz liegen: eine überlieferte, dem puritanisch-protestantischen Sozialcharakter zuneigende Wertorientierung und eine
psychologisch-demokratische
, die der jüngsten Erziehungsgeschichte entstammt. Beiden Orientierungen entsprechen je besondere Praktiken der Vermittlung. Aufgrund einer Durchsicht der Sozialisationsforschung der letzten 30 Jahre formuliert Bronfenbrenner den amerikanischen Trend:
Diese säkularen Tendenzen können folgendermaßen zusammengefaßt werden:
  • a)
    [036:30]
    größere Nachsicht gegenüber den spontanen Wünschen des Kindes;
  • b)
    [036:31]
    ungezwungenere Äußerung der Zuneigung;
  • c)
    [036:32]
    vermehrtes Vertrauen in indirekte
    psychologische
    Bestrafungsmethoden (wie vernünftiges Zureden und Gewissenappell) statt direkter Methoden, wie etwa körperlicher Züchtigung, Schelten oder Drohen;
  • d)
    [036:33]
    infolge der Annäherung an vorwiegend mittelständische Normen und Methoden eine sich verengende Kluft zwischen den sozialen Schichten und den Formen ihrer Kindererziehung
    (Bronfenbrenner 1965, S. 322).
[036:34] Die konstatierten Veränderungen indessen sind in der Regel nur als Veränderung der Erziehungseinstellungen und Vorstellungen, weniger dagegen der Erziehungspraktiken selbst nachgewiesen. Bis auf wenige Ausnahmen wurden die Methoden der Eltern- und Kinder-Befragung verwandt, die – je nach Anlage und Eignung der Untersuchungsinstrumente – nur unter Vorbehalten Schlüsse auf das tatsächliche Erziehungshandeln zulassen. Solche Einschränkung gilt auch für Vorstellungen, die sich auf die
Natur
des Kindes und seine
Entwicklung
beziehen. Auch der Umfang der Kenntnisse und die Art des mit ihnen verbundenen Erziehungshandelns brauchen sich nicht zu entsprechen; detaillierte psychologische Informationen z. B. müssen nicht eo ipso schon größere Beweglichkeit im Erziehungsdenken und -handeln zur Folge haben. Die für die USA von Bronfenbrenner konstatierten Veränderungen, die er z. T. auf die normative Kraft der mittelständischen Wertwelt und auf die Wirkung öffentlicher pädagogisch-psychologischer Informationsquellen zurückführt, haben sich nämlich nicht nur in Richtung auf größere Kindorientiertheit der familiären Erziehungspraxis ausgewirkt, sondern anscheinend auch starre Vorstellungen vom kindlichen Entwicklungsverlauf als gleichsam naturgegebener Konstante begünstigt. Hier scheint Übereinstimmung zwischen amerikanischen und deutschen Befunden zu herrschen. Sowohl von Stolz (1967) wie von Heckhausen/Kemmler (1959) wurde beobachtet, daß in auffallender Weise die elterlichen Vorstellungen von Anordnung und Daten der Entwicklungsstadien mit den Angaben Gesells übereinstimmen, eine Beobachtung, die man kritisch als
Gesellianismus
bezeichnet hat. Diese Erziehungsmeinung der Eltern bezieht sich |a4 276|auf unveränderlich determinierte, notwendigerweise vom Kind zu durchlaufende Stadien besonders im Hinblick auf Eßgewohnheiten, Sprachverhalten und das Erlernen von Verhaltensweisen der
Independence
– also gerade auf jene Dimensionen des kindlichen Lernens, deren Abhängigkeit von sozio-kulturellen Variablen durch die Sozialisationsforschung zunehmend wahrscheinlicher gemacht werden konnte. Die elterliche Annahme von der Stadienkonstanz im Hinblick auf Sprache und Unabhängigkeit verdient hervorgehoben zu werden, weil es sich hier um Verhaltensbereiche handelt, die im Hinblick auf schulisches Verhalten und Leistungsniveau besonders einflußreich sind. Ebenso wie die Vorstellungen von Entwicklungsverläufen sind starre Geschlechterstereotype verbreitet, die – auf den Erziehungsprozeß bezogen – die auch sonst gängigen Vorstellungen reproduzieren. Aufgrund der Beobachtungen dieser Stereotype in fast allen Bereichen der Erziehung und Bildung und der nach wie vor wirksamen Tradition eines geschlechtsspezifischen Erziehungsdenkens können wir deshalb eine schon im Kleinkindalter nachdrücklich einsetzende und an den Geschlechtsrollenerwartungen unserer Gesellschaft orientierte Erziehungspraxis feststellen, die als vielleicht entscheidende Bedingung für die geringeren Bildungschancen der Mädchen angenommen werden darf.
[036:35] Wertorientierungen und instrumentelle Normen scheinen also in einigen Dimensionen wechselseitig abhängig zu sein: Mit der großen Verbreitung moralischer und die emotionale Sicherheit zumal der innerfamiliären Beziehungen betreffender Werte gehen instrumentelle Vorstellungen einher, die sich von einer weitgehenden Kontrolle des Kindes, von der Anleitung zum Gehorsam, von den Formen regelrechten Unterweisens und Anleitens und dem engen emotionalen Kontakt zum Kinde die größte Wirkung im Sinne jener Werte versprechen. Dem entspricht es, daß sowohl Neugier, Freiheit von Angst, Originalität und Kreativität in der elterlichen Wertskala niedrigere Plätze einnehmen, als auch – im Rahmen der Erziehungsvorstellungen – der Selbstkontrolle, der Selbstsicherheit und der Unabhängigkeit des Kindes nur ein geringer Symptomwert für
gelungene
Erziehung beigemessen wird. So vielfältig die Vorstellungen der Eltern darüber sind, wie jene oben referierten bevorzugten Werte zu vermitteln seien, so unsicher und spärlich sind sie im Hinblick auf Werte wie Verantwortlichkeit, Bürgersinn, Gerechtigkeit, Leistung, Intelligenz, Kreativität, Selbstvertrauen, Erfahrungsoffenheit.
[036:36] Wertorientierungen und instrumentelle Normen können wir zusammenfassen in dem Begriff der
elterlichen Erziehungsideologie
. Versucht man nun, solche Befunde im Hinblick auf die ihnen innewohnende Strategie und ihr funktionales Gewicht zu interpretieren, dann zeigt sich eine bemerkenswerte Diskrepanz: Elterliche Erziehungsideologie und die strategischen Prinzipien einer
demokratisierten
Schule sind nicht kongruent. Die innerfamiliären Werte und Vorstellungen entsprechen eher einem
konservativen
Schultypus und damit auch einem Typus des Leistungsverhaltens, der eher in einem statischen als in einem dynamisch-offenen Gesellschaftskonzept funktional wirkt. Die Tendenz in Richtung auf soziale Konformität und die Orientierung an kleingruppenhaften Normen ist zwar verständlich durch Struktur und soziale Stellung der Familie. Sie wirkt aber |a4 277|disfunktional im Hinblick auf den Begriff eines Erziehungswesens, das gerade jenes in der familiären Erziehungsideologie vernachlässigte Wert- und Vorstellungssyndrom in der nachwachsenden Generation reproduzieren möchte. Vergleicht man sie jedoch nicht mit dem postulierten Begriff von Erziehungswesen und Schule, sondern mit deren Realität, dann zeigen sich durchaus funktionale Übereinstimmungen: Werte und Vorstellungen der Eltern korrespondieren mit denen der Lehrer (Hess/Latscha/Schneider 1966, Höhn 1967, Torrance 1967); beide Faktoren sind funktional im Sinne der Stabilisierung des gegebenen Systems.

3.3. Erziehungspraktiken

[036:37] Untersuchungen über Vorhandensein und Verbreitung bestimmter Einstellungen und Vorstellungen sagen nur insofern etwas über das tatsächliche Erziehungsmilieu aus, als sich herausstellt, daß die Wertorientierungen der Eltern mit denen der Kinder weitgehend übereinstimmen. Da das der Fall ist und die Wertorientierungen der Eltern sich als Motive für das Lernen des Kindes niederschlagen, läßt sich vermuten, daß Wertorientierungstypen zugleich Typen des faktischen Erziehungshandelns, Erziehungsstile indizieren.
[036:38] Im Grunde aber haben es alle derartigen Arbeiten letzten Endes eben darauf abgesehen. So wird zum Beispiel im Begriff der Erziehungshaltung (parental attitude) der Komplex von Einstellungen und Vorstellungen wie auch das tatsächliche Erziehungsverhalten zusammengefaßt (Glidewell 1961). Diese Zusammenfassung scheint berechtigt zu sein, sofern es gelingt, bestimmte ermittelte Haltungs-(attitude-)Dimensionen bestimmten im kindlichen Verhalten nachweisbaren Erziehungsergebnissen zuzuordnen. In dem Falle wird geschlossen, daß mit der Regelmäßigkeit, in der ein erwartetes Verhalten des Kindes beobachtet wird, eine mit der Erziehungshaltung regelmäßig zusammenhängende Erziehungspraxis indiziert ist.
[036:39] Das theoretische Problem besteht also zunächst darin, die normativen Orientierungen der Erziehungspersonen und ihr konkretes Erziehungsverhalten so zu ordnen, daß prognosefähige Merkmalskomplexe entstehen. Die jeweils verwendeten Dimensionen, nach denen Orientierungen und Verhaltensweisen geordnet werden, variieren zwar zum großen Teil von Untersuchung zu Untersuchung, liegen aber doch so nahe beieinander, daß ihr Vergleich möglich ist.
[036:40] So hat Becker (1964) in einem Diagramm jene Abhängigkeiten zwischen Verhalten und Wirkung zusammengestellt, die zu zwei Dimensionen des elterlichen (in der Regel allerdings nur mütterlichen) Verhaltens ermittelt wurden. Die beiden Dimensionen sind: die emotionale Tönung der Eltern-Kind-Beziehung, auf eine Skala zwischen liebevoller Zuwendung (warmth) und Feindseligkeit (hostility) projiziert – und die Art der Kontrolle des Kind-Verhaltens, auf eine Skala zwischen den Polen eines stark beschränkenden (restrictiveness) und großzügigen (permissiveness) Verhaltens projiziert. Dabei ist – wie sich aus den Beobachtungen so erzogener Kinder ergibt – vor allem die zweite Dimension für den Normal-Fall kindlicher Lernfähigkeit und schulischen Erfolges relevant:
|a4 278|
[036:41]
Restrictiveness Permissiveness
Warmth Submissive, dependent, polite, neat, obedient (Levy)
Minimal aggression (Sears)
Maximum role enforcement, boys (Maccoby)
Dependent, not friendly, not creative (Watson)
Maximal compliance (Meyers)
Active, socially outgoing, creative, successfully aggressive (Baldwin)
Minimal rule enforcement, boys (Maccoby)
Facilitates adult role taking (Levin)
Minimal self-aggression, boys (Sears)
Independent, friendly, creative, low projective hostility (Watson)
Hostility
Neurotic
problems (clinical studies)
More quarreling and shyness with peers (Watson)
Socially withdrawn (Baldwin)
Low in adult role taking (Levin)
Maximal self-aggression, boys (Sears)
Delinquency (Glueck/Bandura/Walters)
Noncompliance (Meyers)
Maximal aggression (Sears)
[036:42] Schaeffer in Glidewell 1961) hat – in der Auswertung bis dahin vorliegender Sozialisationsforschung – ein hypothetisches
Circumplex-Modell
entworfen. Es enthält ebenfalls Dimensionen des mütterlichen Verhaltens – control versus autonomy und love versus hostility –, um die sich einzelne Varianten kreisförmig gruppieren:
Hier ist das im Text beschriebene Circumplex-Modell als graphisches Schaubild zu sehen.
[036:43] Schaeffer behauptet nun nicht nur eine Übereinstimmung dieses Modells mit Persönlichkeitsmerkmalen, sondern vermutet auch eine Übereinstimmung mit bewirktem Verhalten des Kindes im Sinne der beiden Dimensionen: Hostility führt zur sozialen Unangepaßtheit, also wiederum zu hostility; control führt zu gehemmten, schüchternen, also sich dauernd kontrolliert fühlenden, abhängigen Kindern etc. Dieses Modell gilt nur für die familiäre Erziehungspraxis bzw. für die Phase der vorschulischen Erziehung. Die Variablen haben zudem im Verlauf der kindlichen Entwicklung ein unterschiedliches Gewicht: Je jünger das Kind ist, um so bedeutungsvoller ist die love-Komponente – je älter das Kind ist, um so bedeutungsvoller ist die autonomy-Komponente, die wiederum besonders gewichtig für das schulrelevante Leistungsverhalten wird und ihre befördernde Wirkung nur auf der Basis positiver emotionaler Erfahrungen entfalten kann.
[036:44] Die Widersprüchlichkeit der Ergebnisse von Untersuchungen, die das Lehrer-Verhalten als vermutete Bedingung für die Leistungshöhe der Schüler zum Gegen|a4 279|stand haben und sofern in ihnen dem Schaefferschen Modell ähnliche Variablen beobachtet wurden (vgl. Beitrag Thiersch), bestätigt die Vermutung, daß das Modell keine universale Gültigkeit hat, sofern mit seiner Hilfe Schulerfolg prognostiziert werden soll. Anders formuliert: Der leistungsprognostische Wert sinkt mit steigendem Alter.
[036:45] Schließlich gilt das Modell vornehmlich für die Mutter-Sohn-Beziehung. Damit ist bereits eine unerläßliche Differenzierung angedeutet, die wir bisher vernachlässigt haben: Die Bedeutung eines bestimmten Erziehungsverhaltens verändert sich je nach dem Geschlecht des Elternteils, dem Geschlecht des Kindes, aber auch je nach dem Alter des Kindes, dem kulturellen Kontext, der sozio-ökonomischen Situation. In dem Maße, in dem besonders Spezifizierungen der letzten Art vorgenommen wurden, erbrachte die Sozialisationsforschung nicht nur genauere, sondern auch zunehmend praktisch relevantere Ergebnisse mit größerem prognostischem Wert.

4. Unterschiede der sozialen Position

[036:46] Die Beschreibungen der Verteilung von Erziehungswerten, wie sie oben ohne Rücksicht auf soziale Daten vorgenommen wurde, führt erst dann zu interessanteren und zumal bildungspolitisch relevanten Ergebnissen, wenn man sie einer differenzierteren Aufschlüsselung unterwirft. Stolz (1967) konnte hohe Korrelationen nachweisen zwischen den Werten, die die Mutter für ihre Erziehungspraxis akzeptiert, und der sozialen Position: Je niedriger die soziale Position, um so mehr waren die Mütter der Meinung, daß sie einerseits für die emotionale Sicherheit der Kinder zu sorgen, andererseits aber sie auch strikt zu kontrollieren hätten. (Für Väter ergab sich keine Korrelation zwischen sozialer Position und Erziehungswerten. Das ist überraschend, weil in anderen Arbeiten gerade in der Berufsposition des Vaters eine entscheidende Sozialisationsvariable angenommen wird, die den
Sozialcharakter
des familiären Erziehungsprozesses determiniere [Rolff 1967].) Daß unterschiedliche soziale Positionen sich deutlich in unterschiedlichen Erziehungswerten oder -einstellungen ausdrücken, ist – mit gleicher Tendenz – auch von (Kohn (1959 a) beobachtet worden. Mütter aus der Arbeiterklasse wünschen von ihrem zehn oder elf Jahre alten Kind signifikant häufiger als Mittelschicht-Mütter, daß es ordentlich und sauber ist, daß es den Eltern gut gehorcht (auch Gildea in Glidewell (1961)) und gute Manieren zeigt. Sie greifen häufiger zum Mittel der körperlichen Züchtigung (Kohn (1959 b), behandeln Jungen und Mädchen stärker unterschiedlich und bestrafen in den Kindern weniger ihre Absichten als vielmehr nur die beobachteten Handlungen. Dem entsprachen schon die Ergebnisse einer älteren Untersuchung von 1946 (Duvall, zit. n. Bronfenbrenner 1958), in der als die wichtigsten Dinge,
die eine gute Mutter tut
, von den Müttern der Unterschicht genannt wurden: Wohnung und Kind sauber und ordentlich halten, das Kind an Regelmäßigkeit gewöhnen und das Kind anhalten, Erwachsenen zu gehorchen und ihnen Achtung entgegenzubringen. Trotz der von Bronfenbrenner für die USA konstatierten Annäherung der Unterschicht |a4 280|an die Sozialisationspraktiken der Mittelschicht scheinen sich doch die für das Verhalten des Kindes entscheidenden Merkmale dieser Erziehungspraxis in ihrer Art – wenn auch vielleicht nicht im Ausmaß ihrer Verbreitung – gehalten zu haben.
[036:47] Es ergibt sich so für die familiäre Erziehungspraxis der Unterschicht ein Syndrom von Einstellungen und Verhaltensweisen, das durch ein hohes Maß an Konformitätstendenzen, Kontrollierungen und Disziplinierungen gekennzeichnet werden kann, wohingegen Selbständigkeit und Selbstkontrolle, Unabhängigkeit vom Urteil anderer, Wißbegierde und Kreativität nur eine verschwindend geringe Rolle spielen. Es handelt sich also um einen schichtenspezifischen Verhaltensstil, der in Schaeffers Circumplex-Modell in den beiden unteren Quadranten zu lokalisieren wäre. Durch die unterschiedliche und häufig sich überschneidende Anlage und Themenstellung vieler Untersuchungen ist überdies wahrscheinlich geworden, daß zwischen den Werten der Erziehungsperson, ihren instrumentellen Vorstellungen und ihren tatsächlichen Praktiken eine Korrespondenz besteht (Rosen/D’Andrade 1959, McClelland 1966). Die auf das Problem der Leistungsmotivation und ihre Bedingungen bezogenen Untersuchungen, die die von Schaeffer vermutete Entsprechung von Dimensionen des Erziehungsverhaltens und Dimensionen des so bewirkten Verhaltens des Kindes bestätigen, rechtfertigen auch eine Annahme Rolffs. Er hat die Sozialisationsforschung, sofern sie sich mit der Genese schulbezogener Leistungsmotivation befaßt, unter folgender Hypothese einer Sekundär-Analyse unterzogen:
[036:48]
Die schichtenspezifische Auslese durch die Schule ist in der modernen Gesellschaft, in der die formalen Schranken für den Zugang zu weiterführenden Schulen gefallen sind und der allgemeine Wohlstand die finanziellen Schranken weitgehend abgebaut hat, vor allem durch einen zirkelförmigen Verlauf des Sozialisationsprozesses bestimmt: Die Sozialisation durch den Beruf prägt in der Regel bei den Mitgliedern der sozialen Unterschicht andere Züge des Sozialcharakters als bei den Mitgliedern der Mittel- und Oberschicht; während der Sozialisation durch die Familie werden normalerweise die jeweils typischen Charakterzüge der Eltern an die Kinder weitervermittelt
(Rolff 1967, S. 18. f.)
.
[036:49] Wir können also annehmen, daß schichtenspezifische Wertorientierungen, Sozialisations-Syndrom, Sozialcharakter und Schulerfolg miteinander korrespondieren. Rosen in Roberts (1967) hat insbesondere diesen Zusammenhang dadurch nachweisen können, daß er – als Wirkung bestimmter Sozialisationspraktiken – drei Wertorientierungs-Alternativen im Hinblick auf ihre Verteilung auf die sozialen Schichten untersucht hat. Die drei Alternativen waren: passivistisch – aktivistisch, gegenwartsorientiert – zukunftsorientiert und familistisch – individualistisch. Er fand – was der Untersuchung von Stolz über die Wertorientierung von Eltern entspricht –: Die Kinder der Unterschicht sind vorwiegend passivistisch, gegenwartsorientiert und familistisch; die der Mittelschicht überwiegend aktivistisch, zukunftsorientiert und individualistisch. Mit dieser Wertorientierung geht ein niedriges Aspirationsniveau im Hinblick auf weiterführenden Schulbesuch bei Unterschicht-Kindern und ein hohes bei Mittelschicht-Kindern einher. Die Schulleistungen dieser Gruppe verteilen sich entsprechend.
|a4 281|
[036:50] Wie weit aber gelten die Aussagen über solche Zusammenhänge auch für nichtamerikanische Gesellschaften? Ist auch für die deutschen Verhältnisse anzunehmen, daß sich in verschiedenen Sozialschichten unterschiedliche Sozialisationsprozesse abspielen, die sich auf die Chancen der Beteiligung am Bildungsangebot auswirken? Auf die tendenzielle Gleichartigkeit in den Wertorientierungen wurde schon hingewiesen. Auch die deutsche Unterschicht ist an Werten der äußeren Einordnung orientiert (Grimm 1967, Strzelewicz u. a. 1966). Ähnlich wie die amerikanische Unterschicht verhält sie sich familistisch, zeigt ein niedriges Aspirationsniveau und kaum das, was Rosen als
Zukunftsorientierung
bezeichnet hat (Grimm 1966, Heckhausen/Kemmler 1960, Hitpass 1965, Kob 1963). Bemerkenswert ist allerdings, daß zukunftsorientiertes Planungsverhalten in der Unterschicht nicht schlechterdings fehlt. Im Bereich der familistisch-privaten Daseinsvorsorge ist auch in Arbeiterfamilien Planungsverhalten verbreitet. Es bleibt jedoch strikt in diesem Bereich und tangiert nicht mögliche vertikale Mobilität, also Veränderung im beruflichen Status und im Bildungsniveau der Kinder (Grimm 1966). In Anlehnung an Bernstein ließe sich ein restriktives Planungsverhalten behaupten, was zugleich die These Rosens von der fehlenden
Zukunftsorientiertheit
der Unterschicht – wenigstens für die deutschen Verhältnisse – modifizieren könnte. Die Beobachtungen des Schulverhaltens, besonders im Hinblick auf die Schulleistungen, bestätigen diese Zusammenhänge.
[036:51] Die These, daß schichtenspezifische Sozialisationsstile eine gravierende Minderung des Schulerfolges bewirken (Children 1967, Douglas 1966), kann auch indirekt durch die Zusammensetzung und das Bildungsschicksal vorzeitiger Schulabgänger der weiterführenden allgemeinbildenden Schulen bestätigt werden. Der Anteil der Unterschicht-Kinder an dieser Gruppe ist unverhältnismäßig groß (Peisert/Dahrendorf 1967).
[036:52] In den weiterführenden Schulen, besonders im Gymnasium, sind diese Schüler in der Minderheit; sie entstammen einem Sozialisationsmilieu, das der Schule nicht kongruent ist, und haben einen Konflikt zu bewältigen, der dadurch entsteht, daß sie sich dem mittelständischen Verhaltensstil der Schule und ihrer Mitschüler nur anpassen können um den Preis einer Entfremdung von ihrer sozialen Herkunft (Jackson/Mardsen 1965). Sie sind durch ihre soziale Position weniger zu Mitgliedern der Gesamtkultur sozialisiert worden als vielmehr vornehmlich zu Mitgliedern ihrer sozialen Schicht.
[036:53] Bei dieser Bildungsbarriere handelt es sich sehr wahrscheinlich nicht um ein Subkultur-Phänomen derart, daß die Sozialisationsdifferenz zwischen Mittel- und Unterschicht als die Differenz zweier Teilkulturen anzusehen wäre, die ihrer Art nach zwar ungleich, ihrem Niveau nach aber doch als gleichwertig gelten könnte. Vielmehr wirkt die Barriere durchaus restriktiv. Vergleichende Messungen nach verschiedenen Tests in verschiedenen ethnischen Gruppen haben in beiden sozialen Schichten gleiche Profile, jedoch auf stark unterschiedlichem Niveau erbracht (Lesser/Fifer/Clark 1965, Strodtbeck in McClelland 1959). Das läßt darauf schließen, daß über die reine Beschreibung der Sachverhalte hinaus die soziale Position – vornehmlich definiert durch Beruf, Einkommen und Bildungsniveau der |a4 282|Eltern – das vom Kinde erreichte schulische Leistungsniveau zu erklären vermag als eine seiner wesentlichen Bedingungen.
Soziale Position
oder
sozio-ökonomischer Status
bezeichnet dabei eine soziale Lage des Kindes, in der mehrere Faktoren zu einem
kumulativen Defizit
(Freeberg/Payne 1967) zusammenwirken. Die schichtenspezifische Sozialisationspraxis ist nur einer von ihnen.

5. Sozio-kulturelle Merkmale

[036:54] Die Aufschlüsselung der Daten nach Schichtenzugehörigkeit könnte dazu führen, in der sozialen Position den allein ausschlaggebenden Faktor für Sozialisationsprozesse und damit auch für deren Folgen zu sehen, so wie etwa Rolff (1967) es mit Hilfe des Begriffs
Sozialcharakter
versucht. Solche Erklärungsversuche neigen – in Überschätzung der Leistungsfähigkeit der Rollentheorie – dazu, der Berufsrolle des Ernährers für die familiären Sozialisationsprozesse universale Bedeutung zuzusprechen. Schon verschiedentlich ist auf die Grenzen eines solchen Ansatzes hingewiesen worden, unter anderem mit dem Argument, daß gleiche soziale Positionen durchaus mit unterschiedlichem Verhalten und damit auch unterschiedlichem Sozialisationsmodus korrelieren können. Eine Aufschlüsselung nach schichtenunabhängigen Merkmalen scheint daher zweckmäßig zu sein, zumal sie die Bildungspolitik auf eine Reihe weiterer möglicher Angriffspunkte hinweisen kann. Die größte Bedeutung für alle Stadien des Sozialisationsprozesses sowie auch für die größte Zahl von Verhaltenseigentümlichkeiten ist dem frühen Pflegekontakt zwischen Kind und Pflegeperson zuzusprechen. Bemerkenswert ist, daß sich im Hinblick auf ihn keine bedeutsamen Unterschiede zwischen den sozialen Schichten zeigen. Es gilt als sicher, daß
die anhaltende Entbehrung mütterlicher Pflege seitens des Kleinkindes schwerwiegende und weitreichende Wirkungen auf dessen Charakter und damit auf das Ganze seines zukünftigen Lebens haben kann
(Ainsworth 1962, S. 103)
. Allerdings ist nur in extremen Fällen der Versagung eine Vorhersage für bestimmte Charaktermerkmale und Verhaltensauffälligkeiten möglich. Im Hinblick auf die hauptsächlich betroffenen Verhaltensbereiche jedoch sind so bedeutsame Korrelationen ermittelt worden, daß sie als gravierende Beeinträchtigung zukünftigen Lernens gelten können. Neben dem allgemeinen Entwicklungsrückstand und einem Rückstand in den IQ-Werten fallen solcherart benachteiligte Kinder vor allem durch Mangelerscheinungen im Bereich des sozialen Verhaltens, des Sprachverhaltens und des produktiven Verhaltens auf (Dührssen 1958, Pongratz 1964, Meierhofer/Keller 1966). Verständlicherweise stellen die Heimkinder in dieser Gruppe den größten Anteil. Daß diese unter dem Namen
Hospitalisation
zusammengefaßten
Minderbegabungen
, die eindeutig auf soziale und nicht auf hereditäre Einflüsse zurückzuführen sind, auch im familiären Sozialisationszusammenhang auftreten können, hat eine Untersuchung von Prostituierten-Kindern zeigen können (Pongratz 1964). Damit ist auf die Bedeutung sozial-struktureller Variablen hingewiesen, die bisher in diesem Zusammenhang nur wenig berücksichtigt wurden.
|a4 283|
[036:55] Wichtige Ansätze dazu enthält die Sozialisations-Theorie Parsons’, von Claessens in einer Untersuchung der Kernfamilie aufgenommen und modifiziert. Der fundamentalen Bedeutung jedes frühen emotionalen Dauerkontakts zwischen Mutter und Kind wegen, spricht Claessens von seiner
Sozialisierungs
-Funktion: Dieses soziale Primär-Verhältnis vermittele dem Kind jene Disposition, die die notwendige Bedingung für die
Normalität
sozialer Existenz überhaupt ist. Daraus folgt indessen nicht – was schon in der kulturanthropologischen Forschung zum Vorschein kam –, daß nur oder vorwiegend nur die leibliche Mutter diese Funktion wirkungsvoll wahrnehmen kann. Auch folgt daraus nicht notwendigerweise – was durch die Theorie von Parsons nahegelegt wird –, daß die von Claessens beschriebene Kernfamilie den optimalen sozial-strukturellen Rahmen für diese Sozialisationsleistung darstellt. Untersuchungen in israelischen Kibbutzim nämlich konnten mindestens plausibel machen, daß die frühe Kollektiverziehung von Säuglingen – allerdings nach der Entwöhnung – keine Dauerbenachteiligung zur Folge hat, obwohl hier das familiäre Rollengefüge in seiner Funktion stark zurücktritt gegenüber der Solidarisierung der Kinder in Gleichaltrigen-Gruppen (Eisenstadt 1966, Fürstenau 1967). Bei den Zehnjährigen zeigt sich sogar ein leichter Vorsprung der Kibbutz-Kinder gegenüber der Kontrollgruppe.
[036:56] Sozialstrukturelle Variablen, wie sie sich hier andeuten, lassen sich in ihrer Funktion leichter fassen, wenn man einzelne Familienmerkmale isoliert und z. B. nach der Bedeutung der Kinderzahl oder strukturellen Differenzen in der Sozialisationspraxis der Elternteile fragt. Es konnte immer wieder bestätigt werden, daß steigende Kinderzahl, und zwar unabhängig von der sozio-ökonomischen Situation, mit einer stärkeren Betonung der Regelhaftigkeit des sozialen Lebens, der Disziplin und geringer Individualisierung in der Erziehungspraxis der Eltern einhergeht. Entsprechend zeigt sich bei den Kindern größere Konformität, geringere Leistung, geringeres Aspirationsniveau. Aufstiegswünsche und damit Bildungsmotive sind um so stärker zu vermuten, je kleiner die Familie ist (Jürgens 1964). Es paßt zu diesen Befunden, daß auch die Suche nach und die Verwendung von pädagogischen Informationsquellen in dem Maße ansteigt, in dem die Kinderzahl abnimmt (Stolz 1967). Vermutlich liegt auch hier einer der Gründe dafür, daß sich die Unterschicht den Erziehungspraktiken der Mittelschicht angenähert hat; die Überrepräsentiertheit von kinderreichen Familien in der Unterschicht verringert sich zusehends, so daß folgender Zusammenhang angenommen werden darf: Anstieg des Aspirationsniveaus – geringe Kinderzahl zur besseren Befriedigung der Aufstiegswünsche – Veränderung der Erziehungspraxis. Zugleich aber korreliert geringe Kinderzahl auch mit einer geringeren schichtenspezifischen Wirksamkeit der Werte, umfangreicheren und differenzierteren Vorstellungen über Sozialisationsprozesse und größerer Erfahrungsoffenheit.
[036:57] Große Schwierigkeiten macht es jedoch, wenn man versucht, die Differenz zwischen der Erziehungspraxis der Elternteile als schichtenunabhängiges Merkmal nachzuweisen. Die geschlechtsspezifischen Erziehungsrollen sind empfindlich gegen Einflüsse des sozialen Status. Das trifft für Väter in signifikant größerem Ausmaß zu als für Mütter (Bronfenbrenner in Glidewell 1961, Stolz 1967). Diese |a4 284|Feststellung entspricht der These, daß der Sozialisationsmodus der Familie von der sozialen Position und damit vorwiegend von den Berufsrollen abhängig ist. Berücksichtigt man indessen die Tatsache, daß Mütter weniger von den schichtenspezifischen Werten abhängig sind als Väter, dann zeigt sich darin doch eine sozialstrukturelle Eigentümlichkeit der elterlichen Erziehungsrollen, und zwar ähnlich der, die Parsons mit dem Begriffspaar expressiv (Mütter) und instrumental (Väter) angenommen hat (Parsons 1955). Damit mag es zusammenhängen, daß die Erziehungspraxis der Mütter erfahrungsoffener ist, d. h. eher durch neue Erfahrungen und Beratungen korrigiert werden kann: Der sozio-ökonomische Status definiert ihre Erziehungsrolle nicht mit der gleichen Stringenz, wie das bei Vätern der Fall ist; die expressiven Verhaltensweisen sind weniger schichtabhängig als die instrumentellen. Es zeigt sich darin weiterhin, daß der Sozialisationsmodus von der Berufsrolle des Ernährers zwar abhängig sein mag, darin aber gleichsam
korrigiert
wird durch die relative Unabhängigkeit der Mutter.
[036:58] Dieser Unterschied jedoch ist – sowohl in Abhängigkeit von der umgebenden Kultur als auch von der sozio-ökonomischen Lage – variabel. Die Erziehungsrolle der Mutter ist nur in bezug auf die Väter weniger schichtabhängig. Der Spielraum möglicher Unterschiede verengt oder vergrößert sich nämlich durchaus in Abhängigkeit von der sozialen Position: Je niedriger die soziale Position, um so ausgeprägter tritt das in unserer Gesellschaft herrschende Geschlechtsrollenstereotyp hervor. Mit sinkender sozialer Schicht sinkt die Emanzipationsmöglichkeit der Frau; mit dem Verringern dieser Möglichkeit bekommt auch der Sozialisationsmodus einen immer stärker durch die festgelegte Geschlechtsrolle bestimmten Charakter; mit diesem Charakter schließlich sinkt die Chance der Mädchen, am Bildungsangebot der Gesellschaft sich gleichberechtigt zu beteiligen, was übereinstimmend immer wieder nachgewiesen wurde.
[036:59] Damit ist auf die Art der Ehepartnerbeziehung als wichtiges Element des Sozialisationszusammenhangs und dessen Einfluß auf das Lernen des Kindes hingewiesen. In der Familienforschung nach dem Zweiten Weltkrieg spielte die Entdeckung eine große Rolle, daß die Strukturentwicklung sowohl der europäischen wie der amerikanischen Familien eine Tendenz in Richtung auf zunehmend
partnerschaftliche
Strukturen aufwies. Diese Tendenz ist unterschiedlich hoch veranschlagt (Baumert 1954, Schelsky 1953, Wurzbacher 1954), aber doch in Grenzen immer wieder bestätigt und zunächst als Zeichen der
Demokratisierung
begrüßt worden. Ob indessen solche Folgerungen auch für ihre Bedeutung als Sozialisationsvariable zutreffen, ist problematisch. In einer Untersuchung Bronfenbrenners (in Glidewell 1961) zeigte sich z. B., daß die Kinder (adolescents) partnerschaftlich strukturierter Ehen in ihrer Verläßlichkeit und Verantwortungsbereitschaft extrem niedrig eingestuft wurden. Zugleich korreliert (Gold/Slater 1958) diese Ehestruktur mit größerer Passivität und Anpassungsbereitschaft der Kinder. Im Hinblick auf die Variable
responsibility
erwies sich indessen – unter den fünf Familienstrukturen: patriarchalisch, patrizentrisch, matrizentrisch, matriarchalisch und partnerschaftlich – die matrizentrische als die günstigste. Auch Strodtbeck (in McClelland 1959) kam zu dem Ergebnis, daß eine Fami|a4 285|lienstruktur, in der die Mutter als
Sozialisationsagent
dominiert, Kinder mit dem höchsten Aspirationsniveau hervorbringt. Dieses Ergebnis erscheint plausibel, wenn man bedenkt, daß Kinder mit den genannten Merkmalen in der Mittelschicht am häufigsten sind, in der zugleich auch, wiederum nach Bronfenbrenner (in Glidewell 1961 und Bronfenbrenner 1965) die matrizentrischen Familien überrepräsentiert sind. Da nun auch die Unterschicht sich dem mittelständischen Familientyp nähert, kann die oben angeführte Variablen-Reihe ergänzt werden: Eröffnung neuer Aufstiegschancen – Reduzierung der Kinderzahl – Veränderung der Sozialisationspraktiken – Veränderung der Partnerbeziehungen – Veränderung im Verantwortlichkeits-, Aspirations- und Leistungsniveau der Kinder. Sollte man allerdings annehmen dürfen, daß diese These von der Zunahme partnerschaftlich strukturierter Familien zutrifft und diese Tendenz weiterhin anhält, ergibt sich ein Dilemma:
[036:60] Bronfenbrenner folgert spekulativ aus seinen Untersuchungen:
Unser Material drängt den Schluß auf, daß die demokratische Familie, die von Fachleuten und aufgeklärten Laien als Modell hervorgehoben und angestrebt wurde, junge Menschen hervorzubringen neigt, die
nicht die Initiative ergreifen
,
zu anderen um Führung und Entscheidung aufblicken
und
bei denen man sich nicht darauf verlassen kann, daß sie ihre Verpflichtungen erfüllen
(Bronfenbrenner 1965, S. 329
). Sie sind anpassungswilliger, ängstlicher, weniger
unternehmerisch
, selbstgenügsamer. Die Korrelation dieser Eigenschaften mit der demokratisch-partnerschaftlichen Familienstruktur, der eine eindeutig kinderorientierte, durchgehend emotional akzentuierte, auf stark
binnenkonsolidierte
(Schelsky 1955) familiäre Sozialbeziehung ausgehende Erziehungshaltung entspricht, steigt noch an, wenn es sich um Familien handelt, deren Väter bürokratischen Berufsgruppen angehören. Stimmen Prognosen zahlreicher Soziologen, daß nämlich die Zunahme bürokratischer Berufe und Lebensweisen in den Industriegesellschaften unvermeidlich ist, dann ist zu erwarten, daß eine Sozialisationspraxis sich verbreitet, die einer Demokratisierung wenig förderlich ist. Die Bezeichnung der partnerschaftlichen Familie als einer
demokratischen
ist unter solchen Umständen zumindest irreführend.
[036:61] Solche Vermutungen können indessen als zutreffend oder nicht zutreffend nur unter mindestens zwei Voraussetzungen geprüft werden: Es wäre zu fragen, ob das der partnerschaftlichen Ehestruktur korrespondierende Verhalten des Kindes tatsächlich im Sinne von
Demokratie
politisch relevant ist; und es wäre weiter zu fragen, ob die problematischen Ergebnisse nicht einfach aus unterschiedlichen Operationalisierungen des Begriffs der
partnerschaftlichen Struktur
folgen, d. h. also, einer zeitweilig spezifisch amerikanischen Variante der partnerschaftlichen Beziehung zuzuschreiben sind, die sich u. a. durch ein Laissez-Faire-Verhältnis zu den Kindern auszeichnet.
|a4 286|

6. Exkurs: Sozialisationsbedingungen für Kreativität und Risiko-Bereitschaft

[036:62] Die kritische Anmerkung, die Bronfenbrenner zum neuen
Leistungs-Trend
macht –
[036:63]
Zwar sind Kinder aus solchen auf Leistung gerichteten Elternhäusern eher als andere Kinder fähig, Pläne aufzustellen und auszuführen, aber sie sind gleichzeitig auch aggressiver, angespannter, herrschsüchtiger und grausamer. Es scheint beinahe so zu sein, daß eine Erziehung zur Vortrefflichkeit, wenn sie einseitig verfolgt wird, einen ernüchternden gesellschaftlichen Preis fordert
(Bronfenbrenner 1965, S. 331
)
[036:64] ist vielleicht voreilig. Es kann nämlich keineswegs ausgeschlossen werden, daß bei einer Sozialisationspraxis, die hohe Leistungsmotivation bewirkt, zugleich auch Verhaltensweisen entstehen, die sich nicht in der von Bronfenbrenner im Anschluß an Baldwin (1948) vermuteten Richtung auswirken. Das gilt allerdings nur unter der Bedingung eines Leistungsbegriffs, der sich nicht mit dem in der Schule faktisch geltenden deckt. Zeichnet sich nämlich das elterliche Verhalten dadurch aus, daß Initiative, Selbständigkeit, experimentierende Erkundungen, Manipulationen mit Spielsachen des Kindes belohnt und ermutigt werden, dann korrelieren mit solcher Praxis nicht nur hohe individuelle Leistungsmotivation, sondern auch Motive wie
curiosity
,
drives for autonomy
,
independence
,
mastery
und
competence
(Mussen 1967). Diese Zusammenhänge haben große Ähnlichkeit mit den Ergebnissen Getzels’/ Jacksons (1961) zum Problem der Kreativität. Sie fanden, daß Kinder, die von ihren Eltern häufig kritisch beurteilt sowie wachsam und restriktiv zu bestimmten äußeren (allerdings auch leistungsorientierten) Verhaltensweisen angehalten werden, in der Entwicklung kreativer Fähigkeiten signifikant mehr gehemmt werden als Kinder, die zu
inneren
Tugenden ermuntert und in ihrer individuellen Divergenz und Risikobereitschaft akzeptiert werden. Die Kinder dieser zweiten Gruppe zeigten sich allerdings auch – im Hinblick auf die schulischen Anforderungen – weniger leistungsmotiviert und an anderen als den in der Schule geltenden Werten orientiert. Die Schule scheint den kreativen Verhaltenstypus nicht zu fördern.
[036:65] Solche Ergebnisse entsprechen in mehreren Dimensionen dem Erziehungsverhalten, das Baldwin (1948)
democratic
genannt hat und das im Verhalten des Kindes mit den Variablen nachgiebig, lebhaft, originell, wißbegierig, vorausschauend, oft non-konform – aber auch wetteifernd und aggressiv – korrelierte. Eine Sozialisationspraxis, die Kreativität und Wißbegierde, Autonomie und produktive Denkfähigkeit, Anpassungsbereitschaft, aber auch Fähigkeit, Konflikte zu ertragen und unkonventionelle Wege zu gehen, erwarten läßt, muß sich allem Anschein nach durch Merkmale auszeichnen, die eine Mischung aus den beiden von Bronfenbrenner ermittelten Typen der matrizentrischen und partnerschaftlichen Struktur darstellen.
[036:66] Tendenziell können solche Feststellungen ergänzt und teilweise bestätigt werden, fragt man nach den Zusammenhängen und Bedingungen, unter denen Risiko-Bereitschaft (risktaking-behavior) zu erwarten ist. Die von Mussen (1967) gefun|a4 287|dene Korrelation von Kreativität und Unabhängigkeit konnte von Kogan/Wallach (1967) durch die von Risikobereitschaft und Unabhängigkeit ergänzt werden. Außerdem ist besonders hohe Leistungsmotivation mit nur mäßiger Risiko-Bereitschaft gekoppelt, aber mit einem hohen Bedürfnis nach Anerkennung. Bei dem Versuch, das Merkmal der Risiko-Bereitschaft weiteren Persönlichkeitsmerkmalen zuzuordnen, zeigt sich, daß zweierlei zu berücksichtigen ist: Variablen der Sozialisationspraxis und Variablen der Situation. Die Risiko-Bereiten entstammen nämlich häufig durchaus unterschiedlichen Sozialisationsmilieus. Personen mit hoher
motivational disturbance
– also mit starker Tendenz, Mißerfolge zu vermeiden und sich in sozial erwünschter Art und Weise zu verhalten – neigen zwar in der Regel dazu, Risiken zu vermeiden, und wären in dieser Hinsicht den Nicht-Kreativen und Leistungsmotivierten vergleichbar. Unter ihnen befinden sich aber auch solche, die – in Testsituationen – hartnäckig trotz augenscheinlicher Mißerfolge immer neue Risiken eingehen. Ihr Verhalten ist mangelhaft angepaßt und
irrational
. Die Gruppe derer ohne
motivational disturbance
dagegen – den Kreativen vergleichbar – neigt zwar im ganzen mehr zur Risiko-Bereitschaft, verhält sich aber, je nach kalkulierbarem Erfolg oder Mißerfolg, den je veränderten Situationen angepaßt, d. h.
rational
; zugleich konnte bei ihnen eine vergleichsweise hohe verbale Intelligenz gemessen werden. Schließlich konnte von Kagan/Wallach noch die Bedeutung einer dritten Variablen ermittelt werden: der Gruppe. In diskutierenden Gruppen erhöht sich die Risiko-Bereitschaft – jedoch nur, wenn sie nicht schon durch einen voraufgegangenen Gruppenprozeß normative Stabilität entwickelt hat. (Die gesellschaftliche Abhängigkeit von Untersuchungsinstrumenten und damit auch der Ergebnisse zeigt sich indessen in diesem Fall besonders deutlich: Die Versuchspersonen sollten den Vorteil niedriger Arbeitslöhne bei der Installierung einer amerikanischen Fabrik in einem Land der dritten Welt gegen das Risiko der Enteignung abwägen.) Damit ist wahrscheinlich gemacht, daß auch Risiko-Bereitschaft nicht nur eine Funktion früher Sozialisationsprosse ist, sondern auch auf späteren Altersstufen eine Funktion der sozialen Lernbedingungen bleiben kann.
[036:67] Wir sind damit allerdings in Gefahr, scheinbare Ähnlichkeiten zu überfolgern, denen gegenüber durchaus noch Zurückhaltung am Platze wäre. Das gilt einerseits der unterschiedlichen Operationalisierungen von
Risiko-Bereitschaft
wegen, andererseits aber auch wegen der noch keineswegs nachgewiesenen Verwandtschaft von Risiko-Bereitschaft und Kreativität. Die negative Übereinstimmung, daß nämlich beide Variablen nicht mit hoher schulkonformer Leistungsmotivation korrelieren, erscheint für sichere Aussagen noch nicht ausreichend.
[036:68] Aus den Untersuchungen ergibt sich jedoch offenbar, daß kreatives sowie risikobereites und autonomes Verhalten einem Sozialisationsmodus entsprechen, in dem Ordnung und Disziplin nur mindere Bedeutung haben, in dem Gehorsam geringer veranschlagt wird als Selbständigkeit, in dem auf ein hohes Maß frühkindlicher Geborgenheit Großzügigkeit im Hinblick auf eigenwillige und außerfamiliäre Orientierungen des Kindes folgt, in dem schließlich – folgt man den Untersuchungen zur Bedeutung der Geschlechtsrollen-Differenz (Bronfenbrenner in |a4 288|Glidewell 1961,Mussen 1967) – trotz partnerschaftlich strukturierter Ehe-Beziehung die Geschlechtsrollen-Differenz der Eltern für das Kind markant erlebbar bleibt. Mit solcher Formulierung ist indessen der Boden des empirisch Belegbaren schon fast verlassen. Nachweislich jedoch spielen die hier in Rede stehenden Verhaltensweisen im Wertbewußtsein des Lehrers eine minimale Rolle, was gerade angesichts ihrer Entwicklungsfähigkeit auch in spätkindlichen Lernphasen von besonderer Bedeutung ist (Torrance in Roberts 1967). Aus mehreren Untersuchungen ergibt sich übereinstimmend, daß Lehrer eher geneigt sind, durchschnittlich leistungsfähige Schüler höher einzuschätzen als hoch kreative. Auch wenn kreative Schüler gute Schulleistungen zeigen, sind sie bei Lehrern nicht beliebt (Getzel/Jackson 1961). Die innere und äußere räumliche Organisation der Schule sowie der auf konvergentes Denken und
memorierende
Leistung abgestellte Unterricht tragen zur Förderung originellen Verhaltens wenig bei (Klausmeier/Goodwin 1966, Flechsig 1966). Die Schule wirkt damit in einer Richtung, in der sie durch die herrschende Sozialisationspraxis ohnehin vorhandene Tendenzen noch verstärkt. Die Familien, deren Wertorientierung an den sozialen Status gebunden und gegen mögliche Veränderungen gerade solcher Tendenzen relativ rigide sind, sind in der Mehrzahl und scheinen den Trend zu markieren, wenngleich die neueren Entwicklungen in den USA Anzeichen dafür enthalten, daß die jahrelange öffentliche Diskussion der Probleme des kreativen Verhaltens zu einer veränderten Haltung führen kann (Klausmeier/Goodwin 1966).

7. Materielle Bedingungen des Sozialisationsprozesses

[036:69] Eine Veränderung herrschender Sozialisationspraktiken durch Diskussion und Aufklärung kann allerdings nur insofern erwartet werden, als sich tatsächlich Wertorientierungen und Vorstellungen auf diesem Wege in nennenswertem Umfang beeinflussen lassen. In dem Maße, in dem angenommen werden darf, daß nicht nur schichten- und berufsspezifische, sondern auch materielle Bedingungen einflußreiche Faktoren sind, wird man solchen Erwartungen skeptisch gegenüberstehen müssen. Es ist deshalb ein gravierender Mangel der Forschungslage, daß wir bisher nur über wenige Daten verfügen, die gerade diesen Zusammenhang betreffen.
[036:70] Die in den letzten Jahren durchgeführten Untersuchungen zum Verhältnis von Sozialisation und Schulerfolg, ebenso wie die, die sich ausschließlich auf den Sozialisationsprozeß bezogen, befaßten sich hauptsächlich mit sozialisationswirksamen Werten, Normen und Einstellungen als den vermuteten Determinanten des Verhaltens und der Einstellungen. Die Frage, in welcher Weise materielle Faktoren – wie Einkommen, Wohn- und Schulverhältnisse – direkt oder vermittelt über Normen, Werte und Einstellungen auf Schulleistungen einwirken, wurde dabei nur selten thematisiert. Der mögliche Zusammenhang: materielle Faktoren – sozialisationswirksame Normen – Schulerfolg, wurde vorab im Hinblick auf den Zusammenhang zwischen Normen und Schulerfolg erforscht. Diese besondere Schwerpunktbildung in der Forschung findet zwar ihre Berechtigung in der Er|a4 289|kenntnis, daß materielle Faktoren einen massiven Einfluß auf den Schulerfolg nur im Falle extremer Mangelsituationen ausüben, wie etwa in den Slums amerikanischer Großstädte (Roberts 1967). Wie die wenigen neueren Untersuchungen zum Einfluß materieller Faktoren jedoch zeigen, ist auch ohne das Vorliegen einer extremen Mangelsituation der mögliche Einfluß materieller Faktoren auf Schulleistungen noch groß genug, um die bezeichnete Schwerpunktbildung in der Forschung in Frage zu stellen (Children 1967, Douglas 1966).
[036:71] Im Hinblick auf mögliche Determinanten unterschiedlicher schulspezifischer Verhaltensweisen und Dispositionen scheint es angebracht zu sein, nicht mehr nur die normative Situation einer sozialen Schicht und die materielle Lage allenfalls als Moment der sozialen Position mitzuerfassen, sondern die Bedeutung dieses Faktors möglichst unmittelbar zu erforschen.
[036:72] Sexton konnte in einer Untersuchung zeigen, daß in den USA mit sinkendem Einkommen die Schulintelligenz nach dem Iowa-Achievement-Test sinkt. Zwischen den Schulen der niedrigsten und höchsten Einkommensbezirke bestanden im Hinblick auf die durchschnittliche Schulintelligenz der Schüler Unterschiede von zwei bis drei Jahren. Die Unterschiede nahmen mit der Höhe der Schulklasse zu. In akzentuiert verbalen Testleistungen waren sie zwischen den verschiedenen Einkommensdistrikten noch stärker ausgeprägt (Sexton in Roberts 1967).
[036:73] Die von Douglas/Blomfield (1958) in einer Longitudinaluntersuchung an einem für ganz England repräsentativen Sample festgestellten Korrelationen legen die Vermutung nahe, daß relative ökonomische Mangelsituationen auf dem Wege über die dadurch bedingten Sozialisationsprozesse erhebliche Benachteiligung im Hinblick auf die Entwicklung von Schulintelligenz nach sich ziehen. Unter anderem fanden die genannten Autoren, daß die Kindersterblichkeit, die Häufigkeit von Krankeiten bei Kindern sowie die Schwere der Krankheit mit abnehmendem ökonomischen Status des Vaters steigen. Newson konnte in diesem Sinne mindestens plausibel machen, daß in der Tat die materiellen Lebensumstände durch ein niedriges Pflege-Niveau den Sozialisationsprozeß direkt beeinflussen und dadurch sich auch in den Schulleistungen niederschlagen (Newson 1963).
[036:74] Gravierend im Hinblick auf die Schulleistungen wirken sich die Wohnbedingungen aus: Je schlechter die Wohnbedingungen, um so niedriger liegen die Leistungswerte (Douglas 1966). Dieses Ergebnis gilt für die Mittelschicht wie für die Unterschicht. Ein Unterschied besteht jedoch darin, daß die schlecht wohnenden Kinder der Mittelschicht sich zwischen dem 8. und dem 11. Lebensjahr wieder den Durchschnittsleistungen der Kinder aus der eigenen sozio-ökonomischen Gruppe annäherten, während den schlecht wohnenden Kindern der Unterschicht eine Angleichung an das Durchschnittsniveau ihrer Gruppe nicht gelang. Noch ungünstiger wirken sich solche Verhältnisse bei Mädchen aus, die damit – sofern sie der Unterschicht zugehören – nicht nur durch das dort ausgeprägtere Geschlechts-Stereotyp in der Sozialisationspraxis, sondern auch durch materielle Lebensumstände in ihren Lernchancen besonders hart getroffen werden. Von verschiedenen Untersuchungen werden diese Korrelationen zwischen Wohnsituation und Sozialisationserfolg immer wieder bestätigt (Jackson/Mardsen 1962, Newson 1963).
|a4 290|
[036:75] Angesichts der Tatsache, daß in der Bundesrepublik ca. 10% aller Wohnungen kein eigenes Bad und keine eigene Toilette haben (Statistisches Jahrbuch 1967) und daß etwa in einer so wohlhabenden Stadt wie Stuttgart 4000 Kinder kein eigenes Bett haben, scheint auch in der Bundesrepublik eine größere Beachtung des Einflusses der Wohnsituation auf Sozialisation und Schulleistung erforderlich zu sein. Die bisher angeführten Daten und Korrelationen verweisen direkt auf materielle Verhältnisse. Welche Rolle diese wahrscheinlich spielen, läßt sich in begrenztem Umfang jedoch auch aus solchen Untersuchungen erschließen, die nicht direkt etwas über materielle Verhältnisse aussagen, sondern die Meinungen über materielle Verhältnisse erfragen. In einem Überblick über einige französische, englische, amerikanische und deutsche Untersuchungen dieser Art hat Schneider gezeigt, daß bei dem Verzicht, das eigene Kind auf eine weiterführende Schule zu geben, ökonomische Motive eine sehr erhebliche Rolle spielen (Hess/Latscha/Schneider 1966). Aus den von den Befragten angegebenen Motiven eine tatsächliche ökonomische Mangelsituation zu schlußfolgern, ist allerdings problematisch. Susanne Grimm konnte zeigen, daß die subjektive Einschätzung von ökonomischen Faktoren als Bildungsbarrieren bei Arbeitern gleicher ökonomischer Lage unter anderem abhängig ist von unterschiedlichen Aspirationsniveaus in bezug auf eine weiterführende Bildung (Grimm 1966). Dennoch kann man angesichts der Tatsache, daß über die Hälfte aller Familien mit zwei Kindern und mehr 1962/63 über ein Netto-Einkommen von weniger als 800 DM verfügte (Sozialenquête 1966), vermuten, daß der subjektiven Einschätzung ökonomischer Faktoren als Bildungsbarriere auch häufig eine tatsächliche Mangelsituation und Wirksamkeit dieses Faktors schon im Sozialisationsprozeß entspricht.
[036:76] Schon die wenigen in der Bundesrepublik bereits vorliegenden Untersuchungen, die (am Rande) auch die Probleme der
handfesten Benachteiligung
(Adam) durch ökonomische Mangelsituation behandeln, d. h. der direkten Kosten und der Kosten, die einkommensschwachen Familien aus
entgangenem Nutzen
durch die Finanzierung höherer Bildung entstehen, lassen vermuten, daß
finanzielle Sorgen
und ungünstige Milieubedingungen nicht nur wesentlich mitentscheiden über den Besuch weiterführender Schulen, sondern daß Mangelsituationen den ganzen Sozialisationsprozeß bei Kindern einkommensschwacher Eltern auch in den Fällen stark beeinflussen, in denen die Eltern trotz Einkommensschwäche ein oder mehrere Kinder auf höhere Schulen bzw. Universitäten schickten. So konnte Adam zeigen, daß Kinder einkommensschwacher Eltern an höheren Schulen signifikant seltener Nachhilfeunterricht erhalten konnten als diejenigen aus einkommensstarken Familien (Adam 1960). Die Interviews, die Hitpass durchführte, zeigten, daß einkommensschwache Eltern, deren Kinder weiterführende Bildungsinstitutionen besuchen, sich permanent unter ökonomischem Druck fühlen (Hitpass 1965). Ähnlich empfinden die Kinder. Sie glauben, den Eltern
auf der Tasche zu liegen
(Jackson/Mardsen 1962). Solche Untersuchungsergebnisse machen insgesamt deutlich, daß nicht nur absolute Mangelsituationen wie die in den Slums nordamerikanischer Städte, sondern wahrscheinlich auch relative Mangelsituationen leistungshemmende Sozialisationseinflüsse ausüben.
|a4 291|
[036:77] Der ungünstige Einfluß schlechter materieller Verhältnisse in der Familie wird ergänzt durch schlechte materielle Bedingungen in der Schule. Douglas (1966) hat gezeigt, daß in dieser Beziehung besonders Arbeiterkinder betroffen sind: Er fand, daß Primarschulen, die überwiegend von Arbeiterkindern besucht wurden, schlechter ausgestattet waren als Schulen mit Kindern aus der Mittelklasse. Havighurst und Mays haben unabhängig voneinander festgestellt, daß die Lehrer an den Schulen in Arbeiterbezirken eine starke Neigung zur
Flucht
in Mittelklassenbezirke zeigen können (Havighurst in Passow 1963 und in Roberts 1967, Mays 1965 und Mays in Craft 1967). Das Hauptmotiv für diese Neigung ist nicht primär in einer Unzufriedenheit mit den materiellen Lernbedingungen der Schule zu suchen, vielmehr ist es das ganze Milieu einer Schule in Unterschichtbezirken, das die genannte
Flucht
-Tendenz hervorruft. Es ist anzunehmen, daß der entscheidende Effekt solcher Bewegungen darin besteht, daß die für die Schichten-
Subkulturen
charakteristischen Sozialisationsbedingungen erhalten bleiben und damit die gegebenen Proportionen der Schulleistungsbedingungen – wenn auch innerhalb gewisser Spielräume – konservieren. Jedoch kann man aus Douglas’/Havighursts Ergebnissen schließen, daß eine ganz besonders umfangreiche Förderung der materiellen Arbeitsbedingungen in solchen Bezirken eine wichtige Voraussetzung für das Aufhalten jener
Flucht
-Tendenz ist. Negative Auswirkungen dieser
Flucht
-Tendenz auch der Lehrer auf den innerschulischen Sozialisationsprozeß in Unterschichtenvierteln sind ebenfalls mit hoher Wahrscheinlichkeit zu vermuten (Roberts 1967).
[036:78] Die mit den Sozialisationsproblemen nur indirekt zusammenhängenden Erscheinungen werden also ergänzt durch ähnliche Bewegungen in der Elternschaft. Einerseits neigen die Eltern, insbesondere die der Mittelschicht, dazu, ihre Kinder in solche Schulen zu schicken, die vornehmlich von der gleichen Schicht besucht werden. Ist das nicht möglich, dann kann man in dem entsprechenden Wohnbezirk eine allmähliche Abwanderung der Mittelschichtfamilien bemerken. Die Schichten tendieren also dazu, unter sich zu bleiben. Dieser Vorgang, der zunächst nicht ökonomisch, sondern normativ-kulturell zu erklären ist, hat jedoch einen materiell-ökonomischen Effekt. Dieser Effekt entsteht dadurch, daß die soziale Homogenisierung der Siedlungsbezirke und Schulbezirke mit einer entschieden schlechteren materiellen Ausstattung der Schulen einhergeht, die von Kindern der Unterschicht besucht werden.
[036:79] Die hier zusammengestellten Daten, Korrelationen und Vermutungen machen zwar deutlich, daß der Einfluß materieller Faktoren auf Schulerfolg und Ausbildungsniveau vermutlich erheblich ist. Sie sagen jedoch nur ungenau etwas darüber aus, in welcher Weise dieser Einfluß durch Sozialisationsprozesse vermittelt wird. Die Zusammenhänge zwischen
Lebensumständen und der Schulkarriere über bloße Korrelationen hinaus in ihrer Substanz und Wirkung
(Hess/Latscha/Schneider 1966)
näher zu fassen, wäre Aufgabe einer nicht nur an normativen Aspekten des Sozialisationsprozesses, sondern auch an den Vermittlungsmechanismen zwischen materiellen Lebensumständen und sozialisationswirksamen Normen interessierten Sozialisationsforschung.
|a4 292|

8. Zusammenfassung und Folgerungen

[036:80] Die Lernfähigkeit von Kindern und ihr Leistungsniveau sind abhängig von verschiedenen Variablen, die den Sozialisationsprozeß standardisieren. Durch ihr Zusammenwirken bringen sie Dispositionen im Kinde hervor, die als kollektive Chancen-Unterschiede begriffen werden müssen.
[036:81] Die Lernfähigkeit des Kindes, als ein Aspekt seiner
Begabung
, unterliegt damit einer Reihe von Bedingungen, die für die Unterschicht sich relativ beschränkend, für die Mittelschicht sich relativ fördernd auswirkt. Die restriktiven Bedingungen, die im Sozialisationsprozeß wirksamen
Begabungs
-Barrieren, sind vornehmlich in sozio-ökonomischen Bedingungen, Wertorientierungen, Erziehungspraktiken und familienstrukturellen Merkmalen zu suchen.
[036:82] In diesem Zusammenhang kommt der Berufsposition des Ernährers einschließlich seiner ökonomischen Lage und seiner faktischen Mobilitätschance eine Schlüsselfunktion zu. Mit der Verbesserung der ökonomischen Lage gewinnen die gruppenspezifischen Wertorientierungen sowie die sozio-kulturellen bzw. familienstrukturellen Variablen an Gewicht. Die restriktive Wirkung des Sozialisationsprozesses in den unteren sozialen Schichten verlagert sich von den ökonomischen zu den ideologischen Faktoren.
[036:83] Den schichtenspezifischen Sozialisationsvariablen kommt eine restriktive Funktion unter anderem auch deshalb zu, weil die Schule als soziales System, besonders die weiterführenden allgemeinbildenden Schulen, vorwiegend die sozialen Merkmale der Mittelschicht reproduzieren. Das soziale Bezugssystem, im Hinblick auf das die Sozialisationsprozesse der unteren sozialen Schichten funktional sind, an dem sie orientiert sind, ist der Schule, ihren Werten, Leistungs- und Lern-Standards nicht kongruent. Die Kritik wird dadurch prinzipiell zweiseitig: Sie richtet sich sowohl auf die Möglichkeiten der Veränderung schichtgebundener Sozialisationsphänomene wie auch auf die Möglichkeiten der Veränderung der Schule als eines sozialen Systems in denjenigen seiner Merkmale, die die restriktiven Variablen der außerschulischen Lernprozesse betreffen, ohne die gebotene Leistungshöhe zu beeinträchtigen.
[036:84] Im Hinblick auf die Veränderung der Sozialisationsbedingungen scheinen – trotz der im Vergleich zur Organisation schulischer Lernprozesse weit größeren Schwierigkeiten – einige Folgerungen möglich. Die entscheidende Schwierigkeit besteht darin, daß die Praktiken des Umgangs mit Kindern derart mit Persönlichkeitsstrukturen, Wertorientierungen und – durch diese hindurch – mit sozialen und ökonomischen Lagen verknüpft sind, daß tatsächliche und allgemein wirkungsvolle Veränderungen nur in dem Maße zu erwarten sind, in dem zugleich diese sozialen und ökonomischen Lagen sich verändern.
[036:85] Indessen weisen doch verschiedene Forschungsbefunde darauf hin, daß es innerhalb des gegebenen gesellschaftsstrukturellen Rahmens eine Reihe von Anknüpfungspunkten für eine Verbesserung der Sozialisationsbedingungen und damit die Möglichkeit einer wirkungsvolleren Beteiligung aller am Ausbildungssystem gibt.
|a4 293|
[036:86] Folgt man den Beobachtungen Bronfenbrenners und denen von Torrance im Hinblick auf Veränderungen in der amerikanischen Sozialisationspraxis, dann sind institutionalisierte Beratungen und Informationen zumindest keine wirkungslosen Faktoren. Informationskampagnen, die nicht nur nach Art der
Bildungswerbung
über organisatorische Probleme eines weiterführenden Schulbesuchs zu informieren oder direkt eine Anhebung des Aspirationsniveaus zu bewirken hätten, sondern vor allem auf die Zusammenhänge der familiären und nebenfamiliären Erziehungspraxis zu beziehen wären, würden vermutlich jedoch nur in dem Maße erfolgreich sein können, in dem sie sich gezielt an einzelne, durch ihren Sozialisationsmodus unterschiedene Gruppen wenden. Die von Stolz ermittelte größere Flexibilität der Mütter, besonders auch in den unteren sozialen Positionen, ihre geringere Rigidität gegen einzelne schichtenspezifische Erziehungswerte und größere Erfahrungsoffenheit machen es wahrscheinlich, daß über sie mehr als über die Väter zu erreichen ist.
[036:87] Andererseits: Die teilweise Determination der Erziehungspraxis durch die Berufsrolle des Vaters und die damit, wiederum für die Unterschicht, einhergehenden objektiv geringen Aufstiegschancen, lassen es erfolgversprechender erscheinen, nicht die Leistungsmotivation in den Mittelpunkt solcher Beratung und Informationskampagnen zu stellen, sondern vielmehr jene Aspekte des Sozialisationsprozesses, die die größere Unabhängigkeit, Originalität und Kreativität des Kindes betreffen. Eine eindeutige und einseitige Ausrichtung an Leistungsmotivation und Aspirationsniveau wird vermutlich nur zu neuerlichen Frustrationen führen, solange die objektive Lage eine Befriedigung der so geweckten Bedürfnisse nur in Ausnahmefällen erlaubt. Des Zusammenhanges von Erziehungspraxis und Persönlichkeitsmerkmalen der Eltern wegen wäre es wünschenswert, wenn nicht gar unerläßlich, in solchen vornehmlich auf die vorschulische und Grundschulkindheit bezogenen Maßnahmen auch psychotherapeutisch ausgebildete Berater zu verwenden.
[036:88] Maßnahmen dieser Art werden wenig fruchten, wenn sie nicht mit einer Verbesserung materieller Bedingungen verbunden sind. Ein erster Ansatz in dieser Richtung könnte eine Siedlungspolitik sein, die nicht das Entstehen schichtenspezifischer Wohnbezirke befördert, sondern dem entgegenwirkt, um so die Konservierung von Leistungsdifferenzen zu verhindern, die in den zitierten Untersuchungen allenthalben zum Vorschein gekommen sind. Unter bildungspolitischen Gesichtspunkten hätte die Siedlungsplanung gerade darauf zu achten, daß Siedlungseinheiten entstehen, die ihrer Art und Anlage, also der Verteilung des Wohnraumes nach, für alle Schichten, mindestens aber für Unter- und Mittelschichten attraktiv sind. In Anbetracht der konstatierten großen Bedeutung der Wohnverhältnisse für Sozialisationspraxis und Schulerfolg bedeutet die Aufhebung der Zwangsbewirtschaftung des Wohnraumes eine bildungspolitisch höchst problematische Maßnahme. Es wäre zu erwägen, ob auf diesem Sektor nicht prinzipiell, wenigstens bis zu einer bestimmten Wohnungsgröße, der freie Markt suspendiert werden sollte, da Marktmechanismus und Recht auf Bildung hier zu gegenläufigen Tendenzen neigen. Schließlich schiene eine Ausbildungsförderung sinnvoll zu sein, die |a4 294|sich ausschließlich und mit hinreichenden Mitteln auf die finanzschwachen Bevölkerungsteile bezieht.
[036:89] Eine wichtige Rolle im vorschulischen Sozialisationszusammenhang spielt der Kindergarten. Er sollte noch entschiedener als ein nebenfamiliäres Lernfeld konzipiert werden, das sich – im Vergleich zur Familie – durch seinen nichtfamiliären Charakter auszeichnet. Das an einem Leitbild von
Geborgenheit
und
Mütterlichkeit
orientierte Selbstverständnis neigt dazu, sich eher an den Sozialisationsproblemen der frühen Kindheit zu orientieren und damit einen Zustand von
dependency
zu konservieren, der im Kindergartenalter schon durch emanzipatorische und leistungsorientierte Lernprozesse abgelöst werden könnte. Für diesen Prozeß scheint es – nach den Untersuchungen zur unterschiedlichen Funktion der verschiedengeschlechtlichen Erziehungspersonen für die Identifikation des Kindes – zweckmäßig zu sein, den Beruf der Kindergärtnerin nicht länger den Frauen vorzubehalten.
[036:90] Die entscheidende Schwierigkeit aber scheint in den gesellschaftlichen Strukturen selbst zu liegen. Die Revision des für die Schule charakteristischen konvergenten Leistungstyps wird vermutlich nur in dem Maße gelingen, in dem auch die durch die Arbeitsvollzüge und Arbeitssysteme definierten Berufsrollen und Leistungstypen sich ändern. Sofern es gelingt, eine Motivierung zur Aufwärts-Mobilität im Bildungswesens durch eine faktisch erhöhte Chance der Beteiligung an den Entscheidungen in und über Arbeitsprozesse (z. B. Mitbestimmung) zu verbinden, wird sich – wegen der großen Bedeutung der Berufsrolle für den Sozialisationsprozeß – vermutlich auch das Verhaltensprofil der so Erzogenen ändern. Erst dann wird nicht nur erhöhte Leistung, sondern mit ihr zugleich auch Kreativität in gesellschaftlich relevantem Ausmaß honoriert werden können. Damit ist gesagt, daß die Frage nach den für den Schulbesuch bedeutungsvollen Sozialisationsprozessen zugleich eine Frage nach der Demokratisierung der sozialen Institutionen ist.

9. Literatur

    [036:91] Adam, H.: Nachhilfe-Unterricht als pädagogischer und sozialer Index. Die Sammlung 1960, 266 ff.
    [036:92] Ainsworth, M. D. u. a.: Deprivation of maternal care. A reassessment of its effects. World Health Organization Public, Health Paper No. 14, Geneva 1962.
    [036:93] Baldwin, A. L.: Socialization and the parent-child relationship. Child Development 1948, 127 ff.
    [036:94] Baumert, G.: Deutsche Familien nach dem Kriege. Darmstadt 1954.
    [036:95] Becker, W. C.: Consequences of different kinds of parental discipline. Rev. Child Developm. Res. 1964, 169 ff.
    [036:96] Becker, W. C.; R. S. Krug: The parent attitude research instrument – A research review. Child Development 1965, 329 ff.
    [036:97] Bronfenbrenner, U.: Socialization and social class through time and space. In: Maccoby u. a.: Readings in Social Psychology, New York 1958.
    [036:98] Bronfenbrenner, U.: Wandel der amerikanischen Kindererziehung. In: L. v. Friedeburg (Hrsg.): Jugend in der modernen Gesellschaft. Köln/Berlin 1965.
    [036:99] Child, J. L.: Socialization. In: G. Lindzey (Hrsg.): Handbook of Social Psychology, Bd. II, Reading, Mass., London: Addison-Wesley Publ. Co. 1954.
    [036:100] Children and their Primary Schools. A Report of the Central Advisory Council for Education (England). London: Her Majesty’s Stationary Office 1967.
    [036:101] Craft, M.; J. Rayner; L. Cohen (Hrsg.): Linking home and school. London: Longmans, Green and Co., Ltd. 1967.
    [036:102] Devereux, jr., E. C.; U. Bronfenbrenner; G. J. Suci: Zum Verhalten der Eltern in den Vereinigten Staaten und in der Bundesrepublik. In: L. v. Friedeburg (Hrsg): Jugend in der modernen Gesellschaft. Köln/Berlin 1965.
    [036:103] Douglas, J. W. B.: The home and the school. London 1966.
    [036:104] Douglas, J. W. B.; J. M. Blomfield: Children under five. London 1958.
    [036:105] Dührssen, A.: Heimkinder und Pflegekinder in ihrer Entwicklung. – Eine vergleichende Untersuchung an 150 Kindern in Elternhaus, Heim und Pflegefamilie. Göttingen 1958.
    [036:106] Eisenstadt, S. N.: Von Generation zu Generation. München 1966.
    [036:107] Fend, H.: Sozialisierung und Erziehung (Diss.). Innsbruck 1967.
    [036:108] Flechsig, K.-H.: Erziehen zur Kreativität. Neue Sammlung 1966, 129 ff.
    [036:109] Freeberg, N. E.; D. T. Payne: Parental influence on cognitive development in early childhood. Child Development 1967, 65 ff.
    [036:110] Fürstenau, P.: Soziologie der Kindheit. Gesellschaft und Erziehung, hrsg. von C. F. Furck u. a., Teil II, Heidelberg 1967.
    [036:111] Getzels, J. W.; Ph. W. Jackson: Family environment and cognitive style: A study of the source of highly intelligent and highly Creative adolescents. Am. Soc. Rev. 1961, 351 ff.
    [036:112] Gildea, M. C. L. u. a.: Maternal attitudes and general adjustment in school. In: J. C. Glidewell (Hrsg.): Parental attitudes and child behavior. Springfield, Ill.: Charles C. Thomas 1961.
    [036:113] Glidewell, J. C. (Hrsg.): Parental attitudes and child behavior. Springfield, Ill.: Charles C. Thomas 1961.
    [036:114] Gold, M.; C. Slater: Office, factury, store, and family. A Study of integration setting. Am. Soc. Rev. 1958, 64 ff.
    [036:115] Grimm, S.: Die Bildungsabstinenz der Arbeiter. München 1966.
    [036:116] Halsey, A. H.; J. Floud; C. A. Anderson (Hrsg.): Education, economy and society. A reader in the sociology of education. New York/London: The Free Press of Glencoe 1967.
    [036:117] Havighurst, R. J.; A. Davis: A comparison of the Chicago and Havard Studies of social-class differences in child-rearing. Am. Soc. Rev. 1955, 438 ff.
    [036:118] Hess, F.; F. Latscha; W. Schneider: Die Ungleichheit der Bildungschancen. Olten 1966.
    [036:119] Hitpass, J.: Einstellungen der Industriearbeiterschaft zu höherer Bildung. Ratingen 1965.
    [036:120] Höhn, E.: Der schlechte Schüler. Sozialpsychologische Untersuchungen über das Bild des Schulversagens. München 1967.
    [036:121] Inkeles, A.: Industrial man: The relation of status to experience, reception, and value. Am. J. Soc. 1960, 1 ff.
    [036:122] Jackson, B.; D. Mardsen: Education and the working class. Some general themes raised by a study of 88 working class children in a northern industrial city. London: Routledge and Kegan Paul 1965.
    [036:123] Jürgens, H. W.: Familiengröße und Bildungsweg. Stuttgart 1964.
    [036:124] Kemmler, L.: Erfolg und Versagen in der Grundschule. Göttingen 1967.
    [036:125] Kemmler, L.: Erziehungshaltungen von Müttern vierzehnjähriger Jungen. Psych. Rundschau 1960, 197 ff.
    [036:126] Kemmler, L.; H. Heckhausen: Mütteransichten über Erziehungsfragen. Psych. Rundschau 1959, 83 ff.
    [036:127] Klausmeier, H. J.; W. Goodwin: Learning and Human Abilities. New York: Harper and Row 1966.
    [036:128] Kob, J.: Erziehung in Elternhaus und Schule – Eine soziologische Studie. Stuttgart 1963.
    [036:129] Kogan, N.; M. A. Wallach: Risk taking as a function of the Situation, the person and the group. In: New directions in psychology III. New York: Holt, Rinehart and Winston, Inc. 1967.
    [036:130] Kohn, M. L.: Social class and parental values. Am. J. Soc. 1959a, S. 377 ff.
    [036:131] Kohn, M. L.: Social class and the exercise of parental authority. Am. Soc. Rev. 1959b, S. 352 ff.
    [036:132] Lesser, G. S.; G. Fifer; D. H. Clark: Mental abililities of children from different social-class and cultural groups. Chicago: Univ. of Chicago Press 1965.
    [036:133] Mays, J. B.: Education and the urban child. Liverpool: Liverpool Univ. Press, 2. Auflage 1965.
    [036:134] McClelland, D. C.: Die Leistungsgesellschaft. Psychologische Analyse der Voraussetzungen wirtschaftlicher Entwicklung. Hrsg, von I. J. Wendt und G. Fleischmann. Stuttgart 1966.
    [036:135] McClelland, D. C. u. a.: Talent and society. Princeton: D. van Nostrand Company, Inc., 2. Auflage 1959.
    [036:136] Meierhofer, M.; W. Keller: Frustration im frühen Kindesalter. Bern/Stuttgart 1966.
    [036:137] Mussen, P.: Early Socialization: Learning and Identification. In: New Directions in Psychology III. New York: Holt, Rinehart and Winston 1967.
    [036:138] Naegele, K. D.; D. F. Aberle: Middle-class Father occupational role and attitudes toward children. Am. J. Orthopsych., 22, 1952, 4.
    [036:139] Newson, J.; E. Newson: Infant care in an urban society, London: George Allen and Unwin Ltd. 1963.
    [036:140] Nichols, R. C.: Parental attitudes of mothers of intelligent adolescents and creativity of their children. Child Development 1964, 1041 ff.
    [036:141] Parsons, T.; R. F. Bales: Family, socialization, and the interaction process. Glencoe/Ill. 1955.
    [036:142] Passow, A. H. (Hrsg.): Education in depressed areas. New York: Teachers College Press 1963.
    [036:143] Peisert, H.; R. Dahrendorf: Der vorzeitige Abgang vom Gymnasium. Studien und Materialien zum Schulerfolg an den Gymnasien in Baden-Württemberg 1953–1963. Villingen 1967.
    [036:144] Pongratz, L.: Prostituiertenkinder – Umwelt und Entwicklung in den ersten acht Lebensjahren. Stuttgart 1964.
    [036:145] Reissmann, L.: Levels of aspiration and social class. Am. Soc. Rev. 1953, S. 233 ff.
    [036:146] Roberts, J. I. (Hrsg.): Children in the urban slum. New York: The Free Press 1967.
    [036:147] Rolff, H. G.: Sozialisation und Auslese durch die Schule. Bd. VII der Reihe: Gesellschaft und Erziehung, hrsg. von C. F. Furch u. a. Heideberg 1967.
    [036:148] Rosen, B. C.; R. G. D’Andrade: The psychosocial origins of achivement motivation. Sociometry 1959, S. 185 ff.
    [036:149] Schelsky, H.: Wandlungen der deutschen Familie in der Gegenwart. Dortmund 1953.
    [036:150] Smelser, N. J. u. W. T. (Hrsg.): Personality and social Systems. New York/London/Sydney: John Wiley and Sons, Inc. 1963.
    [036:151] Stolz, L. M.: Influence on parent behavior. Stanford/California: Stanford University Press 1967.
    [036:152] Strzelewicz, W.; H. D. Raapke; W. Schulenberg: Bildung und gesellschaftliches Bewußtsein. Eine mehrstufige soziologische Untersuchung in Westdeutschland. Stuttgart 1966.
    [036:153] Torrance, E. P.: Cultural discontinuities and the development of originality. In: J. I. Roberts (Hrsg.), School children in the urban slum. New York: The Free Press 1967.
    [036:154] Waters, E.; V. J. Crandall: Social class and observed maternal behavior from 1940 to 1960. Child Development 1964, 1021 ff.
    [036:155] White, M. S.: Social class, child rearing practices, and child behavior. Am. Soc. Rev. 1957, 704 ff.
    [036:156] Wurzbacher, G.: Leitbilder gegenwärtigen deutschen Familienlebens. Stuttgart 1954.