[V09:1] Vielleicht wird es in Erstaunen setzen: ich will hier für die
„primitive“
Musik sprechen. Mit der Musik liegt es bei
uns im Argen. Es braucht noch nichts mit Kultur zu tun zu haben, wenn man
Volkslieder singt, wenn man schöne Sonaten spielt (so schön das sein mag), wenn
man unvermittelt Bartok und Hindemith zum besten gibt (jawohl,
ich meine mich), wenn man plötzlich auf einer Trommel sehr indifferente
Marschrhythmen produziert oder was sonst noch zu finden sein mag.
[V09:2] Der Weg, von unten aufzubauen, die Elemente zu suchen und damit im
„primitiven“
Bereich im guten Sinne zu beginnen, scheint mir
notwendig zu sein. Diesen Weg |a 7|gibt es in allen Bereichen
(moderne Kunst, Philosophie usw.). Doch nun die Frage, wie das in der Musik
anzufangen ist?
[V09:3] Aber keine Theorie! Ich wollte etwas Praktisches dazu bringen: Ich habe
mir 2 Xylophone gebaut, eins aus Holz, das andere aus Glas (besser
„Glasophon“
). Das
„Glasophon“
hat für das
Gruppensingen keinen Wert, weil es zu zart klingt. Das Xylophon scheint mir
dafür umso geeigneter; um leises Singen zu begleiten, für Vor- und
Zwischenspiele, in Verwendung bei Laienspiel (Totentanz) u. s. w. Der Ton hat
einen runden Klang, verklingt aber rasch, wirkt daher trommelartig-hölzern und
stark rhythmisch.
[V09:4] Kurze Bauanleitung: Auf eine Holzplatte (hartes Holz) werden mit Hilfe
von geköpften Nägeln Holzstäbe von gleicher Stärke (mindestens 1 x 2 cm) so
aufgesetzt, daß sie locker auf den Nägeln ruhen (kleine Löcher in die Stäbe
bohren). Die Maserung der Stäbe muß unbedingt parallel und gradlinig
verlaufen, sonst klingen sie nicht! Als Material genügt Fichtenholz. Die Tonhöhe
wird durch Veränderung der Stablängen reguliert. Sauberes Abstimmen ist wichtig;
Tonart am besten G-Dur (von der Tonlage der Gruppe abhängig). Beim Spielen
werden die Stäbe mit einem kleinen Holzhammer (Bleistift geht auch)
angeschlagen. Beim Glasophon werden die Holzstäbe durch Glasstreifen (bei jedem
Glaser als Abfall zu bekommen) ersetzt und auf zwei parallel gespannte Fäden
gelegt.
[V09:5] Versucht Euch mal an dem Ding und schreibt mir das Ergebnis oder
Fragen. An einem Nachmittag ist es bequem fertigzustellen. Außerdem ist es
unbedingt transportabel.
Die Oktave nach unten bis zum c zu verlängern, ist vorteilhaft.
[V09:6] Noch etwas: Aus Kokosnüssen lassen sich herrliche Holztrommeln bauen,
für den Gruppenbedarf ideal: die Kokosnuß glatt durchsägen und auf die leere
Schale eine dünne harte Holzscheibe leimen.
[V09:7] Das sei genug. Hier liegen noch viele weitere Möglichkeiten, besonders
für Pimpfengruppen, ohne daß wir auf Landsknechtstrommeln als einziges
rhythmisches Begleitinstrument angewiesen sind. Natürlich erfordert diese Art
von Musik sehr viel Selbstbeherrschung, sonst wird es Lärm. Man müßte versuchen,
dem Holz seine Töne abzulauschen …