Studenten in sozialpädagogischer Arbeit [Textfassung a]
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Studenten in sozialpädagogischer Arbeit

Bericht von der Studentischen Arbeitsgemeinschaft für Jugendförderung, Gruppe Hamburg

[001:1] Seit etwa einem Jahr gibt es die
Studentische Arbeitsgemeinschaft für Jugendförderung
. Der Universität Hamburg wurde – wie anderen Universitäten auch – im Rahmen des studentischen Jugendarbeitsprogramms Geld aus dem Bundesjugendplan zur Verfügung gestellt, um Studenten in den Semesterferien die Möglichkeit zu geben, eine bezahlte Jugendarbeit zu leisten; Studenten, die vielleicht sonst gezwungen wären, in die Fabrikarbeit zu gehen, obwohl es an Interesse und Fähigkeit für die Jugendarbeit nicht fehlte.
[001:2] Es fand sich eine Gruppe von 15 Studenten zusammen. Sie entwickelte sich zu einer Arbeitsgemeinschaft, die in enger Zusammenarbeit mit der Jugendbehörde (Landesjugendamt) steht und Lücken der pädagogischen Praxis dort, wo sie dazu imstande ist, schließen hilft; die darüber hinaus Studenten aller Fakultäten um |a 268|einen Arbeitsbereich sammelt und damit auch einen Beitrag zu dem brennenden Problem der studentischen Gemeinschaften und des
Studium Generale
liefert. Es war die erste Bestätigung der Arbeit, als für das Wintersemester 1952/53 von der Hamburger Jugendbehörde Geld für die Fortsetzung der Arbeit zur Verfügung gestellt wurde. In den 2 Monaten der Sommersemesterferien erstreckte sich die Arbeit auf Erziehungsheime, Durchgangsheime, Kindertagesheime, Jugendwohnheime und Heime der offenen Tür. Durch die notwendige Beschränkung auf eine stundenmäßige Arbeit im Laufe des Semesters blieben nur die Jugendwohnheime, die Heime der offenen Tür und eine Schutzaufsichtsgruppe als Arbeitsbereich übrig. Außerdem stellte sich heraus, daß die Arbeit in diesen 3 Bereichen den Voraussetzungen, die der Student mitbringt, eher entspricht, als die pädagogischen Formen der Jugendfürsorge. Die Möglichkeit, Teilaufgaben zu übernehmen, von Interessengebieten her anzusetzen (Musik, Sport, Spiel, Diskussion usw.), gibt Gelegenheit, auch nur an einzelnen Abenden oder Nachmittagen tätig zu sein. So haben sich schließlich die Heime der offenen Tür als das augenblickliche Hauptanliegen der Arbeitsgemeinschaft ergeben.
[001:3] Im Januar dieses Jahres wurde unter der Obhut des zuständigen Kreisjugendpflegers ein Heim der offenen Tür ganz mit Kräften der studentischen Arbeitsgemeinschaft besetzt. Das Heim ist an drei Nachmittagen wöchentlich geöffnet. Die Arbeit der Studenten wird durch einen dauernden Erfahrungsaustausch mit Erziehern, denen diese Arbeit vertraut ist und durch eine intensive team-artige Zusammenarbeit der hier eingesetzten Studenten gestützt. Überhaupt kann die Tatsache, daß die Studenten diese Arbeit in einer persönlichen Verbundenheit untereinander leisten können, gar nicht überschätzt werden. – In den Jugendwohnheimen lag das Schwergewicht der Arbeit neben unterrichtender Tätigkeit vor allem auf dem Gebiet der musischen Erziehung. So entstand z. B. um Weihnachten unter der Leitung eines Studenten ein Chor aus Jugendlichen aller Hamburger Jugendwohnheime. In den Heimen selbst findet der Werkstudent aus seiner Erfahrung Ansatzpunkte und Wege zu den Jugendlichen, die neue Möglichkeiten der Auflockerung des Heimlebens bieten und die vorhandene erzieherische Arbeit ergänzen können.
[001:4] Aber auch die Schwierigkeiten und Bedenken seien nicht verschwiegen. Die Gefahr eines unverantwortlichen Dilettantismusses liegt nahe, gerade da es sich nicht um die üblichen Praktika im Rahmen einer pädagogischen Ausbildung handelt. Außerdem ist es immerhin möglich, daß Studenten diese Arbeit in erster Linie des Geldes, nicht aber der Sache wegen übernehmen. Und schließlich ist es außerordentlich schwierig, etwa bei einer 15-stündigen Arbeit in der Woche wirklich in das betreffende pädagogische Gebiet einzudringen und Kontakt zu der Arbeit und den Jugendlichen zu finden. Das macht erforderlich, daß theoretische Besinnung, praktische Tätigkeit und das Werden einer studentischen Gruppe Hand in Hand gehen, und daß eine Kontinuität der Einsätze über einen großen Zeitraum angestrebt wird.
[001:5] Aus der Hamburger Erfahrung hat sich nun eine Arbeitsform ergeben, mit der den Schwierigkeiten begegnet werden kann. Die Einsätze im vergangenen Sommer begannen mit einem 6-tägigen Einführungskursus. Seitdem werden jeweils am Anfang und Ende der Semesterferien solche Kurse durchgeführt. Theoretisches Wissen wie praktische Fertigkeiten bilden das Programm dieser Lehrgänge. So befaßte sich der letzte Kursus unter der Mitarbeit von einem Psychologen, einem Kreisjugendpfleger, einem Musikerzieher und einem Vertreter des Landesjugendamtes mit der pädagogischen Aufgabe, den Methoden und Arbeitsbereichen von Heimen der offenen Tür, mit Diskussionsführung (im Hinblick auf die Erziehungsarbeit im Heim), Singeleitung, Gemeinschaftsspielen, Tänzen etc. ... Die notwendige Beschränkung auf kurze Einführungen macht es unumgänglich, daß über diese Lehrgänge hinaus ein dauernder intensiver Erfahrungsaustausch stattfindet. Es hat sich daher bis zum Augenblick ein Wechsel von geschlossenem Lehrgang, praktischer Tätigkeit in der Jugendarbeit, Aussprachen innerhalb der stu|a 269|dentischen Gruppe und regelmäßigen Besprechungen mit allen beteiligten Heimleitern und Kreisjugendpflegern ergeben. Die Arbeitsfähigkeit der Arbeitsgemeinschaft hängt im Augenblick zum Teil noch von der Finanzierung ab. Die Zukunft ist in dieser Hinsicht völlig ungesichert. Ob es gelingt, die Arbeitsgemeinschaft – neben den Zielen, die sie als Gruppe im akademischen Leben verfolgt – zu einer dauernden festen Stütze für die Jugendbehörde zu machen, hängt auch von der Frage der weiteren Finanzierung ab.