Gibt es für die Erziehungswissenschaft eine Zukunftsperspektive?
[117:1] Was wir
“Erziehungswissenschaft”
oder
“Pädagogik”
nennen, ist ein merkwürdiges Produkt der
neuzeitlich-europäischen Geistes- und Institutionengeschichte. An der
Schwelle zur Moderne, also ungefähr um die Mitte des 18. Jahrhunderts, Rousseaus
“Emile”
mag dafür das Symbol sein, tauchte allen Ernstes
die Idee auf, der Mensch könne zum Menschen werden nur durch Erziehung. Eine
solche Meinung kann ich heute nur noch mit ironischem Abstand hören. Wir
können sie uns indessen durch historische Erklärung verständlich machen:
Wenn
“Vernunft”
kontrafaktisch gegen herrschende
Verhältnisse der gesellschaftlichen Realität geltend gemacht wird; wenn die
Teilnehmer an jenem Aufklärungsdiskurs sich dessen sicher wähnen, was unter
dem Namen
“Vernunft”
an Kompetenzen dem Individuum
abverlangt werden sollte; wenn ferner angenommen wird, daß derartige
Kompetenzen (deshalb ist Vernunft kontrafaktisch) durch die vorhandenen
Lebensformen und ihre Institutionen nicht gebildet würden und statt
dessen neue, künstliche Arrangements zur Hervorbringung vernunftförmiger
Individuen notwendig seien; wenn schließlich die Begabung zur Vernunft jedem
Exemplar unserer Gattung zugesprochen wird, aber die Entfaltung derselben
nur von der mit Vernunftkräften schon voll ausgestatteten
Erwachsenengeneration besorgt werden kann, innerhalb dieser vorzüglich von
den professionellen Pädagogen – dann wird verständlich, wie man auf die Idee
verfallen konnte, der Mensch könne nur durch Erziehung zum Menschen
werden.
[117:2] Dieser ganze Komplex von Annahmen, obwohl er einmal die
geschichtliche Möglichkeitsbedingung unseres Faches repräsentierte, beginnt
heute brüchig zu werden. Aber schon in der Zeit seiner Hochblüte war er
nicht unstrittig. Dem Ideal Rousseaus von der Machbarkeit des vernünftigen Bürgers durch
fein abgestufte Formen der Instruktion hatte Lessing die Idee einer
“Erziehung des Menschengeschlechts”
durch den ganzheitlichen Fortgang
der Gattungsgeschichte entgegengesetzt. Der Vorstellung, der vernunftförmige
Mensch könne nur durch institutionel Regulatorien, durch strikt geplante Formen der Unterweisung
hergestellt werden, wurde die Behauptung entgegengehalten, es gebe einen
vitalistisch verstandenen
“Bildungstrieb”
, der immer
schon tätig sei und keiner pädagogischen Künstlichkeit bedürfe. Shaftesburys Idee einer
ästhetischen Bildung ver|a 24|trug sich schlecht mit den
von Pestalozzi
favorisierten Elementarübungen. Fichtes fast totalitär anmutende Phantasie der
Disziplinierung eines vernünftigen Willens in öffentlichen
Erziehungsanstalten folgte einem durchaus anderen Begriff von
Menschengestalt als Goethes Pädagogische Provinz in
“Wilhelm Maisters Wanderjahre”
.
[117:3] In derartigen Differenzen wird Verschiedenes zur Sprache gebracht:
eine unterschiedliche Auslegung der Metamorphosen, die das menschliche Leben
durchläuft, und deren Triebkräfte; eine Verschiedenheit der Perspektive, je
nachdem, ob eher das Sozialverhältnis ins Auge gefaßt wird, das wir
“Erziehung”
,
“Instruktion”
,
“Lehren”
,
“Qualifizieren”
und ähnlich
nennen, oder ob die Aufmerksamkeit eher den Bildegesetzen gilt, die am Werk
sein könnten, wenn ein Individuum nicht nur zur Individualität, sondern auch
zu gesellschaftlicher Teilhabe sich bildet; also auch eine unterschiedliche
Akzentuierung der Stellung des Individuums zur Gemeinschaft; der
pragmatische Unterschied einer eher an gesellschaftlicher Formierung und
Reproduktion oder eher an lebenswelten orientierten Sichtweise. Die Bürde, die uns dieses Doppelgesicht
der europäischen Traditionsbestände überliefert, hat ungefähr seit 10 Jahren
zu einer Irritation geführt, zu der Frage, ob das Kultur und Wissenschafts-Projekt
“Pädagogik”
weiterhin
aufrechterhalten werden kann oder nicht besser verworfen werden sollte. Der
Anfang dieser skeptischen Bewegung wurde eher vom Rande her gemacht, in den
Argumentationen und Praktiken der
“Antipsychiatrie”
in
Italien und England (Basaglia, Laing); sie
griffen zunächst nach Frankreich über (Mannoni) und erreichten Deutschland und die Schweiz
als
“Antipädagogik”
(Braunmühl, Miller, Winkler,
Flitner), schließlich in
der Form der Rede vom
“Ende der Erziehung”
(z. B. Giesecke, Lenzen, Wünsche). Das Ende der
Erziehung wäre dann wohl auch das Ende der darauf bezogenen
Wissenschaft.
[117:4] Diese Situation ist nicht zu beklagen. Aber sie ist Anlaß, darüber
nachzudenken, ob die Diagnose stimmt und was sich, so oder so, für die
Zukunft unserer Disziplin daraus ergeben könnte. Ich versuche das in drei
Abschnitten: nationale Bestände (1), Verallgemeinerungsfähiges und deutsche Bedenklichkeiten
(2) und zukunftsfähige Problemstellungen
(3).
1.Nationale Bestände
[117:5] Den deutschen Argumentationsbestand hatte ich einleitend
schon kurz skizziert. Er hatte zunächst zwei Brennpunkte, damals wie heute:
die überlieferte Bildungsphilosophie (verknüpft mit den Namen Lessing, Herder, Kant, Humboldt, Fichte, Goethe) und die Theorie der Schule und
des Unterrichts, der
“erziehend”
sein sollte
(Salzmann, Basedow, Herbart, aber auch die im
Preußischen Gesetzentwurf von 1819 enthaltene Theorie der |a 25|Allgemeinbildung). Diese zweifache Orientierung bildete
gleichsam den Grundstock, der inzwischen in sich stark differenziert und auf
andere Problemstellungen hin ausgerichtet wurde, aber immer unter dem Namen
der
“Erziehungswissenschaft”
, die ihre innere Konsistenz
bei aller thematischen Vielfalt zu bewahren sucht.
[117:6] Der angelsächsische Argumentationsbestand hatte von Anfang
an ein anderes Profil. Das zeigt sich schon bei John Locke, zu Beginn des 18. Jahrhunderts:
Zwischen seinem
“Essay concerning human
Understanding”
und dem
“Essay
concerning Education”
gibt es keine Brücke, keine Kontinuität.
Pädagogik hat es mit den Nützlichkeiten der Praxis zu tun. Die
Hervorbringung eines gesellschaftsförmigen Nachwuchses wird als empirische
Frage behandelt, nicht als bildungsphilosophische. Sie bleibt deshalb auch
an die Realitäten der gesellschaftlichen Gliederungen und Institutionen
gebunden. Pädagogik: das ist Theorie der Sozialisation und Lehr-lern-Forschung, bei Herbert
Spencer, in der Diskussion zur Comprehensive School, im Plowden-Report, bei
Basil
Bernstein. Der grüblerische Tiefsinn der Deutschen, von Herder bis Georg Simmel und Theodor Litt, steht hier eher
unter dem Verdacht, pragmatisch irrelevant zu sein. Die Tatsachen zählen;
und das sind vor allem die empirisch vorzeigbaren Disparitäten in den
“opportunity structures”
, die
Erfolgskontrollen auf den verschiedenen
“levels”
des Erziehungs- und Bildungssystems, die sozialbiographische
Genese verschiedener
“aspiration niveaus”
–
Sozialwissenschaft also. Philosophische Kommentare, in jüngerer
Zeit besonders solche der Handlungstheorie und der analytischen Philosophie
(vgl. Oelkers 1985), bleiben eher
marginal.
[117:7] Die strikte Bezugnahme auf die Sozietät ist auch für den
französischen Argumentationsbestand charakteristisch,
wenngleich in anderer Weise.
“Gesellschaft”
ist dort eher
durch das Projekt eines kulturellen
“Habitus”
formiert.
An zwei Gegenwarts-Autoren läßt sich das gut ablesen. Die zentrale Frage,
der Ausgangspunkt der Recherchen ist für Basil Bernstein der disparate Zugang
verschiedener Bevölkerungsgruppen zum öffentlichen Unterrichtswesen, und
zwar begründet durch fundamentale Sozialisationserfahrungen und dadurch
erworbene disparate Performanz. Der Ausgangspunkt Pierre Bourdieus ist, wenngleich durch
Bernstein belehrt, die
Verhaltensgestalt einer kulturellen Formation, der
“Habitus”
. Ungleichheit in den Bildungschancen wird deshalb
beschrieben als strukturelle Disparität der verschiedenen kulturellen
Formationen bzw. Fraktionen. Derartige Problemstellungen stehen in
Kontinuität mit der französischen Aufklärung; auch dort nämlich, bei Rousseau und Diderot etwa, waren
die kulturellen Formen Anlaß und Angriffspunkt pädagogischer
Kritik. Innerhalb dieser Tradition erscheint es deshalb verständlich, wenn,
in der wissenschaftlichen Kommunikation,
“les
sciences de l’education”
sich weniger als einheitliche Disziplin
darstellen, sondern als ein multidisziplinäres Forschungsfeld, in dem die
nicht-pädagogischen Referenzen überwiegen, |a 26|vor allem
Kulturtheorie, Anthropologie, Psychologie (Keiner/Schriewer 1990).
[117:8] Unterhalb der Schwelle derartiger europäischer
Nationalitäten-Profile gibt es freilich die alle diese Gesellschaften,
sofern sie sich als modern verstehen, interessierenden Fragen nach den
loyalitäts- und kompetenzsichernden Strategien der Ausbildungssysteme. Diese
Fragen bilden deshalb gleichsam die
“Schnittmenge”
der
national differenzierten pädagogischen Forschung, aber sie ist nicht
unbedingt
“disziplinär”
zu lokalisieren, selbst in
Deutschland nicht, mit seiner schon gegen Ende des 18. Jahrhunderts
einsetzenden Sondergeschichte der Pädagogik als eigenständiger Disziplin.
Von dieser soll im folgenden die Rede sein.
2.Deutsche Bedenklichkeiten
[117:9] Man kann – wie andere Länder das tun – die Problemstellungen der
“Erziehungswissenschaft”
auf andere Disziplinen
verteilen. Die Curriculum-Forschung auf die den Schulfächern
korrespondierenden Philologien und Naturwissenschaften, die
institutionentheoretisch orientierte Schulforschung auf Soziologie und
Ökonomie, die Probleme pädagogischer Interaktion auf die Sozialpsychologie,
der Lehr-Lern-Forschung auf die Psychologie, die Problemstellungen der
Devianz-Forschung auf Kriminologie, Kinder- und Jugendlichen-Psychiatrie,
Psychoanalyse, die Fragen pädagogischer Ethik auf Philosophie. Das wäre, wie
andere Länder zeigen, ohne Verlust im Forschungsfortschritt möglich
(vielleicht mit Ausnahme der Didaktik). Warum also klammert sich die
Erziehungswissenschaft in Deutschland an die Vorstellung, sie müsse einen
breiten, in sich differenzierten und zugleich konsistenten disziplinären
Diskurs etablieren und aufrechterhalten?
[117:10] Daß dies der deutschen Erziehungswissenschaft gelungen ist,
bestätigt die empirische Wissenschaftsforschung. Zwar genießt die
Pädagogik/Erziehungswissenschaft immer noch kein besonders hohes Prestige
unter den Wissenschaften, aber sie ist immerhin eine gut ausgebaute
akademische Disziplin geworden, hat eine reputierliche wissenschaftliche
Gesellschaft, ist in ein breites Spektrum von Forschungsthemen und
Teildisziplinen differenziert, ist an den Hochschulen zuverlässig als Lehre
und Forschung institutionalisiert. Wie der Blick nach England und Frankreich
zeigen sollte, muß das nicht so sein. Jedenfalls darf man sagen, daß dieser
Zustand keiner
“immanenter Sachlogik”
zu verdanken ist,
sondern den speziellen Bedingungen pädagogischer Argumentationskultur einer
europäischen Provinz, nämlich:
(1)
[117:11] Schon relativ früh, am Beginn des 19. Jahrhunderts,
entstand die Idee eines Bildungsrechtes, das nicht, wie etwa CondorcetsUnterrichtsgeset|a 27|zentwurf, qualifikationen für den bürgerlichen Arbeitsmarkt zu sichern sucht, sondern
seinen Grund in der Idee allgemeiner Menschenbildung formuliert. Hundert
Jahre später nahm das Reichsjugendwohlfahrtsgesetz diese Idee für die
außerschulischen Erziehungsverhältnisse auf und proklamierte:
“Jedes deutsche Kind hat ein Recht auf
Erziehung”
. Beides waren Fiktionen, die indessen deutsche Pädagogen zu
umfänglicher Buchproduktion angeregt haben.
(2)
[117:12] Im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts hat die im Bereich
pädagogischer Praxis angesiedelte
“Reformbewegung”
viele Akademiker veranlaßt, in ihren Argumentationen sich auf diese zu
beziehen. Da es sich um eine Bewegung der
“Praxis”
handelte, und da Pädagogik einstmals ein Zweig der praktischen
Philosophie war, konnte der Eindruck entstehen, hier würde verhandelt,
was Gegenstand der Erziehungswissenschaft sein sollte. Da nun die
Reformbewegung nicht nur in den Schulen stattfand, sondern auch in den
Erziehungseinrichtungen außerhalb der Schule, in Jugendverbänden,
Erziehungsheimen, Jugendstrafanstalten, entstand die Idee eines
“pädagogischen Grundgedankens”
(W. Flitner), der in sich
einheitlich sei, aber in pädagogische Teildisziplinen differenziert
werden könne.
(3)
[117:13] Die Schwierigkeiten der Transformation des überlieferten
Ausbildungs- und Erziehungssystems in eine moderne Gestalt – andere
Länder hatten das ohne großen ideologischen Aufwand längst betrieben –
bewirkte im Ausbau der Disziplin einen neuen Schub. Die
reformpädagogischen Ideologie-Bestände konnten genutz werden; die sozialwissenschaftlichen Argumentationen fanden
nun, angesichts der Chancengleichheits-Debatte, ihr Feld; die Empirie in
der Erziehungswissenschaft konnte endlich voll zum Zuge kommen. Auch
dies hatte seinen Grund nicht in irgendeiner
“Logik der
Sache”
; sondern in Systembedingungen: im Modernitätsrückstand des
deutschen Bildungssystems. Wie man aus den unzähligen Gutachten und
Expertisen des Deutschen Bildungsrates entnehmen kann, wären
soziologischer und psychologiicher Sachverstand hinreichend gewesen, um die Probleme zu
bearbeiten. Die Gunst der Stunde aber verhalf der Erziehungswissenschaft
zu jenem Ausbau, jener Konsolidierung und inneren Differenzierung, die
die empirische Wissenschaftsforschung heute beschreiben kann.
[117:14] Dies sind nur drei realhistorische Bedingungen. Daneben
gibt es dogmengeschichtliche. Erst sie machen den deutschen
Sonderweg voll verständlich: Der
“klassische”
bildungstheoretische Diskurs von ca. 1780 bis 1830 wurde schon
verschiedentlich erwähnt. Er zeichnete sich durch eine ganz eigentümliche,
in anderen Ländern so nicht vorgenommene Verknüpfung von drei
Problemstellungen aus: Erstens die anthropologische Frage nach der Natur des
Menschen und seiner Stellung in der Welt, wie sie von Herderaufgrworfen, seitdem in der deutschen philosophischen Anthropologie immer
wieder diskutiert und von der Erziehungswissenschaft nachdrücklich rezipiert
wurde; zweitens die Frage nach der bildenden Funktion |a 28|kultureller Objektivationen; drittens die Fiktion der
“Individualität-”
des Individuums und seiner Autonomie.
[117:15] Neben dieser
“klassischen Bildungstheorie”
hielt sich bis heute die Frage nach dem Verhältnis von Empirie und
Normativität des Erziehungsgeschehens durch. Seit 200 Jahrenn wird in der deutschen Pädagogik darüber nachgedacht, meistenteils
vergeblich, ob eine Begründung von Erziehungsnormen möglich sei, die ihre
Argumente nicht auf die Beschreibung faktischer gesellschaftlicher
Erwartungen gründet.
[117:16] Dieser Typus des praktischen Philosophierens bekam in den 60er
Jahren noch einmal kräftig Auftrieb. Mit der Kritischen Theorie –
insbesondere durch Adornos Formel,
“Erziehung nach Auschwitz”
könne nur heißen, daß
“Auschwitz nicht noch einmal sei”
– wurden die alten Vokabeln wie
“Mündigkeit”
,
“Autonomie”
,
“Emanzipation”
und ihr
geschichtspraktischer Anspruch erneuert. Das war wissenschaftsgeschichtlich
ein glücklicher Augenblick, wenngleich in Erinnerung an eine moralische und
politische Katastrophe: Die inzwischen eingetretene
“realistische Wende”
der Pädagogik zu einer empirischen
Sozialwissenschaft (Roth) war mit den neuen
“kritischen”
Impulsen durchaus verträglich und erlaubte überdies, die
bildungstheoretischen Traditionen nicht aufzugehen. Die Disziplin also konnte weiter expandieren, sich
differenzieren, sich selbst rekrutieren (Roeder 1990).
[117:17] Ob auf die Dauer und zum Nutzen für diese Disziplin und ihre
Abnehmer dieses deutsche Konzept, dieser Weg einer mehr durch pädagogische
Gesinnung als durch pädagogische Forschung gesicherten Konsistenz
empfehlenswert und zukunftsfähig ist, ist schwer zu entscheiden. Die
Vielfalt und Heterogenität dessen, was in der pädagogischen
Forschungslandschaft geschieht, wird häufig nur noch durch den Namen
zusammengehalten. Obwohl es in Deutschland einen wissenschaftlichen
Fachverband (Deutsche Gesellschaft für
Erziehungswissenschaft) gibt, der mehr als fünfmal soviele Mitglieder zählt wie der vergleichbare französische, obwohl dieser Verband 18
thematisch unterschiedene Kommissionen unterhält; obwohl die
Selbstrekrutierungsrate hoch, die disziplinäre Kommunikation dicht ist: es
bleibt die Frage, ob
“Erziehungswissenschaft”
mehr ist
als ein Sammelbecken, in dem eklektisch aneinandergereiht wird, was
andernorts nicht gut unterzubringen ist, freilich, jedenfalls in der Regel
noch, zusammengehalten durch die höchst allgemeine Frage, ob es irgend etwas
mit Erziehung und Bildung zu tun habe.
[117:18] Um die Antwort, die ich im letzten Abschnitt versuchen möchte,
vorwegzunehmen: ich halte den deutschen Weg nicht für zukunftsfähig –
jedenfalls dann nicht, wenn wir einerseits ein Interesse haben sollten an
der Aufrechterhaltung oder Formierung einer akademischen Disziplin und wenn
wir zugleich diese Disziplin so verstehen wollen, daß sie sich auf die paktischen Komponenten des Geschichtsprozesses bezieht. Daten zur
Sozialtechnologie der Hervorbringung eines gesellschaftsförmigen Nachwuchses
können, |a 29|im System wissenschaftlicher Arbeitsteilung,
auch andere Wissenschaften bereitstellen. Gibt es also Gewinnpunkte der
Wissenschaftsgeschichte, zwischen den verschiedenen europäischen Nationen,
die auch künftig eine Disziplin mit Namen
“Erziehungswissenschaft”
erfolgreich rechtfertigen könnten?
3.Zukunftsfähige Problemstellungen
[117:19] Für das Festhalten an Gewinnpunkten nehme ich, in deutscher
Manier, einen Klassiker in Anspruch, den Theologen, Philosophen und
Pädagogen Fr.
Schleiermacher. Schleiermacher meinte, in seiner Pädagogik-Vorlesung von 1826,
die erste Frage der Pädagogik sei:
“Was will denn eigentlich die ältere Generation mit
der jüngeren?”
(Schleiermacher 1983, S. 9)
. Das war eine doppelte Frage, nämlich eine der praktischen
Philosophie nach der möglichen Vernünftigkeit des Wollens der älteren
Generation und eine des empirischen Wissens, nämlich nach dem, was
tatsächlich die eine Generation mit der anderen tut, samt des positiven
Wissens, auf das man sich bei dieser Art von Tätigkeit berufen kann. Der
evolutionäre Optimismus an der Schwelle zur wissenschaftlich-technischen
Zivilisation konnte freilich die Radikalität dieser Problemstellung nicht
voll überblicken. Wir wissen heute, daß es mit beidem größere und dauerhafte
Schwierigkeiten hat, mit der Vernünftigkeit des Willens und mit unseren
empirischen Wissensbeständen. Der
“Positivismusstreit”
, vor ungefähr einer Generationen-Spanne
entflammt, durch die Klassifikation unserer Erkenntnisinteressen (Habermas)
kommentiert und auf diesem Wege in die Erziehungswissenschaft eingedrungen,
war eine erste Belehrung in dieser Frage. Aber er kann heute für die
Pädagogik mindestens präzisiert oder gar radikalisiert werden. Damals hieß
es, das Wissen vom Typus des empipirisch-analytischen sei technologisch und deshalb für Herrschaftsinteressen beliebig
fungibel, wenn es nicht durch hermeneutische Vergewisserung der Tradition
und emanzipipatorische Kritik kompensiert würde. Heute zeichnet sich, jedenfalls für die
Pädagogik, eine noch radikalere Einsicht ab: Jeder Wissensbestand prnduziert nicht nur Fortschritt, sondern auch Risiko, und zwar auch dann,
wenn er
“emanzipatorisch”
eingebunden ist. Ich nenne dafür aus der jüngeren Geschichte der Erziehung und der Eiziehungswissenschaft drei Beispiele (zum Folgenden vgl. Beck 1986, Lenzen 1990):
–
[117:20] Die Wissensproduktion, die sich empirisch und kritisch auf
die Disparität von Lebenschancen bezog, hatte besonders im
Hinblick auf die Funktionsweise des Schulsystems ein breites
Forschungsfeld hervorgebracht. Die Folge dieser Wissensproduktion war
die quantitativ deutlich spürbare Herabsetzung der
Selektions-Mechanismen, eine Vermehrung der Schüler|a 30|zahlen in der Sekundarstufe, eine Vermehrung der Hochschulabsolventen,
eine weniger starke Disparität zwischen den sozialen Schichten. Es war
aber damit, wie wir heute sehen, ein Risiko verbunden: eine noch
schärfere Selektion des verbleibenden Restes und, kulturgeschichtlich
vermutlich noch folgenreicher, eine kulturelle Enterbung, eine
Proletarisierung des gesellschaftlichen Nachwuchses: der Nachwuchs wurde
zum
“homo educandus”
, der, so wie er in
diesem Blick des Wissens konstruiert ist, nichts sein eigen nennt, außer
seiner Lernfähigkeit (Wünsche
1985). Das Kind ist in dieser Perspektive, die Terminologie
verrät es, nur noch
“the
learner”
.
–
[117:21] Für eine empirisch begründete Curriculum-Konstruktion sind
Einsichten in die Regeln kognitiver Entwicklung unerläßlich.
Die Rationalität empirischer Wissensproduktion erfordert detaillierte
Genauigkeit. So verfügen wir heute in vielen Dimensionen kognitiver
Entwicklung über eine relativ fein gegliederte Abfolge von Stufen oder
Stadien. Damit aber ändert sich der Blick, mit dem die ältere Generation
die jüngere betrachtet. Die lebensweltlich spontane,
“naive”
Freude am ersten Schritt des Kindes, am ersten Satz, am
ersten Schriftzeichen usw. wird konterkariert durch die sorgenvolle
Frage, ob derartige Ereignisse nicht vielleicht zu spät eingetreten
sind.
“The learner”
ist nicht nur
abstrakt geworden, sondern nun auch, in der Konstruktion des homo educandus, in eine lineare
Fortschrittsfolge eingespannt, deren Schritte zudem noch kausal
miteinander verknüpft werden.
–
[117:22] Mein drittes Beispiel betrifft die erwachsene Generation,
vornehmlich die Eltern. Die Konstruktion des homo
educandus in den Strategien der Sozialisationsforschung,
der Lerntheorie und der Entwicklungstheorie hatte ihr
kulturgeschichtliches Motiv im Emanzipationsinteresse: die
Verselbständigung des Individuums gegenüber den traditionalen
Bevormundungen. Der kontinuierliche Ausbau des Wissens über die offenen
und die verdeckten Formen solcher Bevormundungen und Abhängigkeiten hat
nicht nur zu Reformen des Schulsystems geführt, sondern auch zu den
Norm-Werten einer 100%igen Versorgung mit Kindergartenplätzen und zur
Einrichtung von Kinderkrippen, freilich kräftig unterstützt, von Anfang
an, durch Interessen des Arbeitsmarktes und der Frauen-Emanzipation. Es
hat sich außerdem verknüpft mit Problemstellungen der Jugendforschung,
die nun außerfamiliale und außerschulische Lebensformen Jugendlicher,
unter dem Namen Subkultur, als selbständige kulturelle Leistungen
empirisch zu studieren versucht. Diese Wissensproduktion beschreibt und
befördert eine Abkoppelung der Generationen voneinander.
Symptom dieses Vorgangs ist die Diskussion um das neue Jugendhilfe-Recht
in Deutschland: ein wesentlicher Streitpunkt liegt darin, daß die
rechtliche Unabhängigkeit des Kindes und Jugendlichen vom Elternhaus
nicht besser gesichert ist. Mit dem Wissen, das die pädagogische und vor
allem soziologische Jugendforschung angesammelt. hat, läßt sich diese Erwartung gut stützen. Die Folge dieser
Art von Wissen ist nun die Tendenz (noch nicht im neuen |a 31|KJHG, aber in der Diskussion darüber), an die Stelle der
“Erziehungsberechtigten”
(those who have the right to educate their children) die
“Unterhaltspflichtigen”
(those who are obliged to pay for education) zu setzen.
Das ist eine durchaus funktionale Konsequenz, die den Namen
“Modernisierung”
gewiß verdient.
[117:23] Aber gibt es nicht riskante Folgen? Mindestens eine dieser
möglichen Folgen möchte ich nennen: die Entprivatisierung und
Vergesellschaftung des Aufwachsens der jungen Generation entlastet die
erwachsene Generatinon, besonders die Eltern, von der kulturellen Verantwortung für ihre
eigene Lebensform – welche Folgen könnten eintreten, wenn dies zur
gesamtgesellschaftlichen Selbstverständiichkeit würde?
[117:24] Mit Hilfe dieser Beispiele können wir uns belehren. Ich entnehme
der Geschichte unserer Disziplin vor allem (wiederum, aber zufällig) drei
Belehrungen:
–
[117:25] Die aus dem modernen Mündigkeits- oder
Emanzipations-Interesse erwachsene Konstruktion des homo educandus ist risikobelastet. Die
kulturellen Folgekosten bleiben unaufgeklärt. Welche Konsequenzen mit
der
“Nullpunkt”
-Hypothese verbunden sind, mit der
Annahme also, wir könnten das Kind nur als
“Lerner”
interpretieren, wissen wir derzeit nicht zuverlässig.
–
[117:26] Die aus dieser
“Nullpunkt”
-Hypothese
wissenschaftslogisch gefolgerte Annahme, wir könnten und müßten also die
Theorien über Erziehung und Bildung prognostisch konzipieren, gilt, wie
wir wissen, nur unter der Bedingung der
“ceteris
paribus”
-Klausel: wenn alles so bleibt, wie es ist. Dies aber
läßt sich nur unter totalitären Bedingungen annehmen, und selbst dort,
wie wir gesehen haben, nicht zuverlässig. Angeblich prognostisches
Wissen ist also riskant, jedenfalls in der Erziehung. Es gibt nicht nur,
wie Robert Musil schrieb,
zu
“jedem Gedanken einen Gegengedanken”
, sondern auch zu jeder Wirkung eine Nebenwirkung.
–
[117:27] Eine dritte Belehrung ist von kulturtheoretischer Art. Die
Konstruktion des
“homo educandus”
hat zur Grundlage nicht etwa wissenschaftliche Erkenntnis, sondern einen kulturellen Entwurf von Bildung und Erziehung. Dieser Entwurf steht in einer historischen Reihe mit anderen Entwürfen. Man kann ihn, in kulturhistoriographischer Einstellung, so behandeln wie andere Erziehungs-Mythen, als Zeichen- oder Symbolsystem, an dessen
Instrumentierung sich dann allerdings nicht nur der kulturelle Alltag,
sondern auch die Erziehungswissenschaft beteiligt.
[117:28] Was könnte daraus folgen für die Zukunft dieser schwierigen
Disziplin? Das empirische Primärwissen wird inzwischen von anderen
Wissenschaften ebenso gut, wenn nicht gar zuverlässiger hervorgebracht. Die
eindrucksvollsten Beispiele dafür kennen wir aus der Sozialisations- und
Jugendforschung, die von Soziologie und Sozialpsychologie zufriedenstellend
verwaltet wird; aus der Geschichtswissenschaft, die als Sozialgeschichte,
als |a 32|Mentalitäts- und Institutionenforschung uns mit
den nötigen Daten versorgt; aus der Psychologie, die, wie das überragende
Beispiel Piaget
zeigt, uns über die Gesetze des Bildungsprozesses aufklärt. Was also bleibt
für Erziehungswissenschaft zu tun – abgesehen davon, daß sie, wie eh und je,
die technologischen Anwendungsfäll in pädagogischen Einrichtungen studiert? Meine Antwort ist kurz:
ihr bleibt vornehmlich zu tun, einen Wissenstypus zu kultivieren, den ich
“Reflexionswissen”
(Lenzen 1991) nennen möchte und den
ich – meinen Vortrag damit abschließend – kurz skizziere. In einer paradoxen Metaphetbechrieb der Philosoph Fichte den Vorgang der Reflexion als
“das Auge, das sich selber sieht”
(vgl. Pothast 1971)
. Die in dieser Metapher zum Ausdruck kommende Einstellung deutet
sich, wenn ich recht sehe, gegenwärtig an vier verschiedenen Stellen des
pädagogischen Diskurses an.
(1)
[117:29] Als Praxis wie als Wissenschaft war die Pädagogik kräftig
am Prozeß der gesellichaftlichen Modernisierung beteiligt. Dies zu
“reflektieten”
, d. h. sich zurückzubeugen auf diesen Sachverhalt
bedeutet, die Folgen dieser Modernisierung ins Auge zu fassen und den
pädagogischen Diskurs als Mitproduzent gegenwärtiger Krisenerscheinungen
zu beschreiben (Oelkers 1990).
Das geschieht unter dem Namen pädagogischer Mythen-Kritik Lenzen 1985 ebenso wie in der
gerade beginnenden Wissenschaftsforschung (Tenorth 1990, Zedler/König
1989). In beiden Fällen werden die primären pädagogischen
Wissens- und Orientierungsbestände unserer Kultur, deren Sichtweise (
“Auge”
), noch einmal ins Auge gefaßt;
“Erziehungswissenschaft”
wird hier zur kritischen
Kulturtheorie.
(2)
[117:30] Eine dezidiert reflexive Form pädagogischen Sehens wird
auch von ganz anderer Seite her in Gang gebracht: die Vorbehalte
gegenüber der mndernen, kognitivistisch zugeschnittenen Bildungs- und
Entwicklungstheorie haben zu einer Wiederbelebung phänomenologischer
Traditionen geführt . Die der Moderne zugehörenden
“Illusionen von Autonomie”
(Meyer-Drawe 1990) werden
selbstkritisch revidiert, und zwar so, daß sich ein Bildungsbegriff zu
konturieren scheint, indem die leibgebundenheit der Bildung und damit ihre ästhetische Dimension an eine
privilegierte Stelle im systematischen Nachdenken aufrücken. Auch dies
scheint ein europäischer Vorgang zu sein. Wenn die vernunftsförmig aufgeklärten Zukunftsprojektionen ins Dilemma führen, weil sie
möglicherweise nicht verhindern, daß der Globus zur Ruine wird, dann
liegt die phänomenologisch-ästhetische Reflexion des Bildungsbegriffs
nahe. Hardliner der Moderne halten das gelegentlich für
“affirmativ”
(so Bourdieu 1979), aber völlig
zu Unrecht, denn erst in dieser Sichtweise bekommen wir die schwierig
gewordenen Konstruktionen von Bildung in der Zeit reflexiv in den
Blick.
(3)
[117:31] Es scheint also, als seien wir mißtrauisch geworden gegen
die Zeitstruktur des Bildungsbegriffs der Moderne, gegen die
Verlängerung unserer der Aufklärung entstammenden Zukunftshoffnungen und
ihren gut gemeinten Utopien, überhaupt gegen das Projekt der Planbarkeit
von Erziehung |a 33|und Bildung. Dieses Mißtrauen
dokumentiert sich in einem dritten Typus von Forschung und
Wissensproduktion; ich möchte ihn lebensweltorientierte
“dichte”
(Geertz)Beschreibung nennen. Der Terminus nimmt Bezug auf die bekannte
Unterscheidung von
“System”
und
“Lebenswelt”
(Habermas 1981), die
forschungsgeschichtlich ihre Vorläufer oder Anfänge in der
angelsächsischen
“Ethnomethodologie”
hat und in den
interaktionstheoretisch stimulierten Devianz-Untersuchungen in England
und den USA vor 30 Jahren. Dort schon war die Frage, welche Folgekosten
ein abstrakt und universell konzipiertes Bildungssystem erzeugt, und
zwar für diejenigen, die ihrer kulturellen Herkunft nach innerhalb
dieses Systems nur geringe Chancen haben können. Erst heute kommt uns
der reflexive Charakter dieser Wissensproduktion recht zum Bewußtsein.
Unter verschiedenen Etiketten – mal heißt es
“Lebenswelt”
, mal
“Subkultur”
, mal
“Alltag”
, mal
“Regionalforschung”
– wird eine syetemische Disparität zum Thema gemacht, die zwar immer noch dem
republikanischen Gleichheitspostulat folgt, aber in seine
Schwierigkeiten tiefer einzudringen versucht. Das Problem wird nicht
mehr nur, wie noch vor 10 Jahren, in der Chancen-Disparität gesehen,
erzeugt durch unterschiedliche sozio-ökonomische Ausgangslagen, sondern
in einer Disparität universeller Art: der Differenz zwischen den
Systemimperativen moderner Sozietäten, den formalisierten Modellen von
Bildung auf der einen Seite – und den Zeichenwelten primärer kultureller
Lokalisierung und Erfahrung auf der anderen.
“Reflexiv”
wird diese Beobachtung dann – und nur dann –,
wenn im Blick bleibt, daß auch diesen Zeichenwelten der kulturellen
Herkunft die Systemimperative immer schon eingeschrieben sind,
jedenfalls in Europa. Es müssen sich dann nämlich der
“ethnomethodologische”
und der
“systemimperative”
Blick ständig aneinander brechen. Nicht erst
unsere Wissenschaft, sondern schon die Lebenserwartungen des Nachwuchses
moderner Gesellschaften enthalten diese beiden zur Reflexion
auffordernden Komponenten.
(4)
[117:32] Eine Zukunftsvorstellung von reflekivem pädagogischen Wissen hat also eines ihrer Motive auch in dem,
was wir in Anlehnung an die idealistische Philosophie
“Praxis”
nennen, die Verständigung über die vernünftigen Zwecke
des sozialen Lebens. Wie auch immer wir die Praxen des Lebens
konstruieren mögen (Benner 1987),
vorläufig scheint sicher, daß wir sie alle auf den Vorgang des
Heranwachsens beziehen müssen und daß wir überdies die Frage zu
beantworten hahen, wie die gesellschaftlichen Determinationen, z. B. die
Differenz von
“Lebenswelt”
und
“System”
, in pädagogisches Handeln, in akzeptable Formen des
Umgangs der Generationen untereinander überführt werden können.
Vielleicht ist dies die schwierigste Reflexionsbürde, weil sie uns nicht
nur die Reflexion der wissenschaftlichen Einstellungen abverlangt,
sondern diese noch einmal durch die Perspektive der Praxis bricht.
Praxeologisches Wissen wäre dann die vierte Form des
erziehungswissenschaftlichen Wissens, das ich
“reflexiv”
nenne.
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[117:33] Von der Zukunft der Erziehungswissenschaft sollte die Rede sein.
Ich sehe sie, wenn überhaupt, in der Produktion dieser vier reflexiven
Wissensformen: der kulturtheoretischen, der phänomenologischen, der
lebensweltlich-systemischen und der praxeologischen. Ob diese vier Frage-
und Wissensformen eine voll ausgebaute akademische Disziplin erfordern, weiß
ich nicht. Solange allerdings die Frage, wie wir unsere kulturellen Bestände
an die junge Generation weitergeben und ihr zur Fortentwicklung empfehlen,
nicht zur Selbstverständlichkeit für alle Mitglieder unserer
Kulturen gehören, hätte ich ein besseres Gefühl, wenn die darauf bezogene
Form des Nachdenkens einen zuverlässigen, institutionell wohldefinierten Ort
in unserem System wissenschaftlicher Arbeitsteilung hätte, als
Dauer-Diskurs. Das gilt schon deshalb, weil Aufwachsen von Kindern – wie
auch immer die Gesellschaft, ihre Systemimperative, die kulturellen
Teilwelten, die professionellen Strategien und Utopien beschaffen sein mögen
– gar nicht anders gedacht werden kann, als im Hinblick auf den nächsten
Schritt.
[117:38] Keiner, E./Schriewer, J.: Fach
oder Disziplin, in: ZfPäd., Jg. 36, 1990, S. 99 f.
∙
[117:39] Lenzen, D.: Mythologie der
Kindheit, Reinbek 1985.
∙
[117:40] Lenzen, D.: Pädagogisches
Risikowissen, Mythologie der Erziehung und pädagogische Methexis, in:
ZfPäd., 25. Beiheft (im Druck).
∙
[117:41] Meyer-Drawe, K.: Illusionen von
Autonomie, München 1990.
∙
[117:42] Oelkers, J.: Erziehen und
Unterrichten, Darmstadt 1985.
∙
[117:43] Oelkers, J.: Utopie und
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∙
[117:44] Pothast, U.: Über einige Fragen
der Selbstbeziehung, Frankfurt/M. 1971.
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[117:45] Roeder, P. M.:
Erziehungswissenschaften – Kommunikation in einer ausdifferenzierten
Erziehungswissenschaft, in: ZfPäd., Jg. 36, 1990, S. 651 –
670.
∙
[117:46] Schleiermacher, F. D.:
Pädagogische Schriften, Bd. 1, Frankfurt/Berlin/Wien 1983.
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[117:47] Tenorth, H. E.:
Transformationen der Pädagogik, in: 2O. Beiheft der ZfPäd., Weinheim 1986, S.21 – 85.
∙
[117:48] Wünsche, K.: Die Endlichkeit
der pädagogischen Bewegung, in: Neue Sammlung, Jg. 25, 1985, S. 432 –
449.
∙
[117:49] Zedler, P./König, E. (Hrsg.):
Rekonstruktionen pädagogischer Wissenschaftsgeschichte, Weinheim
1989.