Literaturverzeichnis
Einführende Literatur
Weiterführende Literatur
Lernziele
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–[V48:43] wissen, wie einige Erziehungswissenschaftler der Gegenwart versucht haben, die Anregungen der Kritischen Theorie für die Bearbeitung pädagogischer Probleme (Interaktionsanalyse, Didaktik, Methoden der Forschung) fruchtbar zu machen;
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–[V48:44] verstanden haben, wie innerhalb der Erziehungswissenschaft, im Anschluß an die Kritische Theorie, der Zusammenhang zwischen theoretischer Arbeit und praktischer Bedeutsamkeit hergestellt werden kann;
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–[V48:45] imstande sein, ein pädagogisches Thema ihrer Wahl analog zu skizzieren.
Einleitung
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–[V48:49] wo Beziehungsprobleme angesprochen werden,
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–[V48:50] wie solche Probleme beschrieben wurden,
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–[V48:51] wie die Art dieser Probleme erklärt wird.
1 Erziehung als Interaktion
1.1 Die Struktur interpersonellen Handelns
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1.[V48:65] Der sich bildende heranwachsende Mensch ist das Subjekt (Ego) seines Bildungsprozesses; er bildet sich zu einem empfindenden, urteilenden und verantwortlich handelnden Menschen; er ist“selbsttätig”.
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2.[V48:66] Er ist aber auch – in diesem Bildungsprozeß – gebunden an andere (Alter), mit denen er interagiert; er kann sich nur bilden im Hinblick auf diese anderen; er wird zum Subjekt in der Interaktion mit diesen, bildet deshalb nicht nur sich selbst, sondern wird auch in diesen Beziehungen gebildet.
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3.[V48:67] Beide – Ego und Alter, bzw. das Insgesamt der interpersonellen Beziehungen der sich bildenden Subjekte – leben in einem Kontext, in Lebenszusammenhängen, den vorwiegend nicht sie bestimmen, sondern der bereits historisch bestimmt ist. Ihre Interaktionen also sind höchstens nur zum Teil ihr eigenes Werk. Zum anderen Teil sind sie“Ausdruck”oder“Resultat”oder“Spiegelung”dessen, was historisch geworden ist: der kulturellen Traditionen, der Formen gesellschaftlichen Verkehrs, der Machtverhältnisse, der Weisen der gesellschaftlichen Produktionen usw. – und zwar deshalb, weil“Alter”, d.h. die Beziehungspersonen für das sich bildende Subjekt, immer schon in diese historischen Verhältnisse eingebunden ist.
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–[V48:77] sie machen eine Erfahrung mit dem anderen, nehmen sein Verhalten, sein Handeln wahr und
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–[V48:78] sie verarbeiten diese Erfahrung zu einer Darstellung dem anderen gegenüber, zu eigenem Handeln.
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–[V48:84] mit den eigenen Impulsen oder Antrieben;
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–[V48:85] mit den Bildern, die sie von den Interaktionspartnern (Alter) sich gemacht haben.
1.2
“Gestörte” Interaktion
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1.[V48:103] Die Verständigung zwischen A und B kann mißlingen; d.h. die Symbole, die beide verwenden, werden nicht in hinreichendem Ausmaß von beiden gleich interpretiert, sind nicht hinreichend verständlich, sei es, weil sie noch unbekannt sind, sei es, weil sie vieldeutig geworden sind; (für den letzten Fall z.B.: die Mutter sagt zu ihrem Kind:“Komm mein Schatz”; dem Kinde aber bleibt undeutlich, ob diese soziale Geste Zuwendung, Kontrolle oder etwas anderes bedeutet). (“Zur Begründung einer materialistischen Sozialisationstheorie”, Frankfurt 1972) nennt solche Verzerrung von Interaktion, wenn durch psychische oder situative Zwänge Bedeutungsteile der sprachlichen Verständigung entzogen bleiben,“Desymbolisierung”oder“Klischee”(S. 128 ff.)
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2.[V48:104] Die“wahrhaftige”Darstellung A’s für B kann mißlingen. A kann Schwierigkeiten haben, auszudrücken, was er meint, z.B. dadurch, daß die Situation ihm einen angemessenen Ausdruck nicht gestattet (er möchte weinen, aber“ein Junge weint doch nicht”); oder wenn ein farbiges Kind in den USA beim Spiel mit Puppen zu erkennen gibt, daß die farbigen Puppen immer die“Bösen”, die weißen dagegen immer die“Guten”sind; es hat sich in diesem Fall das Bild, das sich andere von ihm machen, derart zu eigen gemacht, daß es sich selbst ebenso sieht, wie andere (die Weißen) es sehen; sein“Selbst”ist“entfremdet”, das Verhältnis des Interaktionsspartners zu sich selbst ist gestört.
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3.[V48:105] Die Erfahrung der Interaktionspartner voneinanderkann unzutreffend sein, d.h., die Wahrnehmung des anderen, das Bild, das A sich von B macht, kann z.B. diffus oder stereotyp sein, was wiederum die Selbstdarstellung A’s gegenüber B beeinträchtigen kann(z.B. A denkt über B:“er ist nur faul”; B denkt über A:“er kann mich nicht leiden”.)
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4.[V48:106] Schließlich kann in einer pädagogischen Situation zweifelhaft sein, welche Werte gelten sollen, ob beide Interaktionspartner noch eine hinreichend gemeinsame Vorstellung vom“rechten”oder“guten”Leben haben. Pädagogische Interaktionsprobleme, die damit Zusammenhängen, tauchen vor allem im Jugendalter auf, zumal dann, wenn der Jugendliche versucht, seine Identitätsprobleme im Rahmen von Wertorientierungen zu lösen, die von denen seiner Eltern oder der Erwachsenengeneration im ganzen abweichen.
Exkurs
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–[V48:113] aus der Kommunikationsforschung, daß Mittel und Inhalte der Interaktion diese bestimmen, also auch für Störungen als ursächlich angenommen werden können;
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–[V48:114] aus der therapeutisch orientierten Famitien- und Interaktionsforschung, daß die Beziehungsdefinitionen in interpersonellen Situationen nicht nur die wechselseitigen Erfahrungen der Interaktionspartner, sondern auch deren Selbstbild bestimmen;
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–[V48:115] aus der kognitivistischen Psychologie, daß Form und Verlauf von pädagogischen Interaktionen eine kognitive Struktur haben, gleichsam ein intellektuelles Reservoir mobilisieren, das die Interaktion beeinflußt und in zeitlich aufeinander folgenden Entwicklungsschritten gebildet wird.
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–[V48:119]die kognitive Struktur,
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–[V48:120]die Beziehungsdefinitionen,
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–[V48:121]die Inhalte von Kommunikationen,
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–[V48:122]die symbolischen Kommunikationsmittel.
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–[V48:125] sie können sich darin zeigen, daß es einem oder mehreren Interaktionspartnern an“Handlungsfähigkeit”mangelt (z.B.: das Kind kann sich noch nicht hinreichend verständlich machen; der Erwachsene hat Hemmungen, seine Gefühle dem Kind gegenüber zur Darstellung zu bringen),
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–[V48:126] sie können sich darin zeigen, daß sie, obschon sie über die erforderliche Handlungsfähigkeit verfügen, keine Distanz zur Situation einnehmen, also die eingebrachten Geltungsansprüche nicht problematisieren (z.B.: die 14-jährie Tochter möchte abends länger von zu Hause fortbleiben, die Eltern aber wünschenm daß sie um 20.00 Uhr daheim ist; es bleibt indessen bei einem“Machtkampf”, ohne daß Gründer erörtert werden).
1.3 Die sozialen Kontexte der pädagogischen Interaktion
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–[V48:132] einerseits jedes Individuum immer schon Gesellschaft gleichsam“in sich trägt”, als eine Art“Ensemble gesellschaftlicher Verhältnisse”() beschrieben werden kann,
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–[V48:133] andererseits es im Laufe seiner Biographie diesen gesellschaftlichen Verhältnissen nicht mit einem Schlage und im Ganzen ausgesetzt ist, sondern immer nur stückweise, in Form einzelner Erwartungen, sozialer Institutionen, vorgefundener Regeln des gesellschaftlichen Verkehrs usw. –
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1.[V48:135]Das Kind lebt“zunächst”im sozialen Kontext von Situationen . Es ist Erwachsenen ausgesetzt; in der Interaktion mit ihnen erwirbt es die Kenntnis der Bedeutung von Gesten, erwirbt es Sprache und Denken, Motive und Einstellungen, lernt es, Wünsche zu äußern und zu unterdrücken. Innerhalb dieses Rahmens kann die Tätigkeit des Erziehers als“Strukturieren von Situationen”begriffen werden; alle interpersonellen Situationen haben eine“Intentionalität”, d.h., die Interaktionspartner verfolgen Absichten, die nicht notwendig übereinstimmen. |B 21|Die pädagogische Situation unterscheidet sich indessen dadurch von anderen, daß der Erzieher (wegen seiner Verpflichtung, sein Handeln im Sinne der idealen Interaktionssituation, die wir“Diskurs”nennen, zu legitimieren) gehalten ist, sich nicht nur mit den Intentionen des Kindes, sondern auch mit seinen eigenen auseinanderzusetzen.“Sie hat es nämlich in einer besonderen, von anderen Situationen zu unterscheidenden Weise mit der intentionalen Komponente zu tun. Wir wollen diese Komponente die Meta-Intentionalität der pädagogischen Situation nennen. Für jede menschliche Kommunikation – also auch für die pädagogische – muß unterstellt werden, daß die Partner der Situation eigene Intentionen haben und diese in ihren kommunikativen Akten zum Ausdruck bringen. Ferner muß unterstellt werden, daß das Postulat gilt, daß die Intentionen des anderen in der jeweils eigenen Interaktionsstrategie reflektiert, also nicht nur berücksichtigt, sondern als ernsthaft akzeptiert werden. Das gilt auf der naiven Ebene, ohne Berücksichtigung eines etwa kalkuliert geplanten Situations-Arrangements durch einen der Partner. Aber gerade dies ist für pädagogische Situationen charakteristisch: daß einer der Partner, derjenige nämlich, der sich in der Rolle des Pädagogen definiert, für sich in Anspruch nimmt, Situationen zu strukturieren, und zwar so, daß seine Chance der Einflußnahme in der Situation größer ist als die der anderen Partner. Er nimmt sogar – noch weitergehend – für sich in Anspruch, daß ihm selbst, wenn nicht ein Monopol, so doch ein entschiedenes Übergewicht institutionell gesichert wird, um Situationen überhaupt vorweg und nicht erst in der Situation selbst zu strukturieren.”(Mollenhauer 1972, S. 120/121)
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2.[V48:136]Nun sind aber die verschiedenen Komponenten der pädagogischen Situation, die subjektive Lebenswelt, nicht in gleicher Weise für die Interaktionspartner verfügbar. Einen sprachlichen Ausdruck können sie bei Nicht-Verstehen vielleicht noch ändern, eine bestimmte Handlung willentlich unterlassen. Andere Teile der Situation dagegen sind“resistenter”und zudem häufig unbewußt: ein bestimmter Sprachstil, Phantasien und Ängste, Einstellungen, Erwartungen, für selbstverständlich gehaltene Normen des Handelns usw. Diese Teile der Situation sind gleichsam abgespalten von dem, was dem reflektierenden Bewußtsein der Interaktionspartner jederzeit zur Verfügung steht; sie verweisen damit auf einen die Situation übergreifenden sozialen Kon|B 22|text: den Kontext lebensgeschichtlich wirksamer sozio-ökonomischer und institutioneller Bedingungen. Durch ihn werden subjektive Erfahrungen nicht nur präformiert, sondern auch gestützt und auf Dauer gestellt. Sie erzeugen gleichsam die im Alltagshandeln in der Regel unreflektierte“Startmasse”, mit der die Interaktionspartner sich in die pädagogische Situation hineinbegeben. Sie geben der pädagogischen Situation gesellschaftlich Form und Inhalt, ihre Analyse hilft deshalb aufzuklären, wo die Bedingungen gestörter pädagogischer Interaktionen zu suchen sind. Aus diesem Grunde überlassen auch die Vertreter der“Kritischen Erziehungswissenschaft”solche Aufklärung nicht dem Soziologen, sondern verstehen sie als einen Kernbestand ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit:
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–die Analyse pädagogischer Institution und der von diesen abhängigen Berufsrollen,
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–die Analyse der Instanzen sozialer Kontrolle (Jugendamt, Erziehungsheim),
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–die Ermittlung der Wirkungen des sozialen Status (Schichtspezifische Sozialisation) auf den Umgang zwischen Erwachsenen und Kindern usw.
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3.[V48:137]Von diesen beiden Kontexten, dem der Situation und dem Gesellschaftstypische Grundmuster des pädagogischen Verkehrsder sozio-ökonomischen und institutionellen Bedingungen, läßt sich ein dritter, noch|B 23|“allgemeinerer”unterscheiden: er betrifft die in einer Gesellschaft/Kultur geltenden bzw. herrschenden Grundmuster für den pädagogischen Umgang der Generationen miteinander. Zu den ersten beiden Kontexten gibt es bereits eine Fülle empirischer Materialien; diese dritte Stufe der Organisiertheit pädagogischer Interaktionen ist indessen noch wenig wissenschaftlich ausgearbeitet. Das Programm solcher Ausarbeitung hat Mollenhauer zu skizzieren versucht (im Anschluß vor allem an Veröffentlichungen , und zwar: Soziologie der symbolischen Formen, Frankfurt/M. 1970 und: Entwurf einer Theorie der Praxis, Frankfurt/M. 1976):“ hat die analytische Hypothese geäußert, daß der Begriff des(ebd.).‘Habitus’geeignet sei, Regelmäßigkeiten des pädagogisch-interpersonalen Handelns zu studieren, die weder sich aus den fundamentalen Bedingungen von Interaktionen überhaupt, noch aus den historisch besonderen Bedingungen dieser oder jener Einrichtungen erklären lassen, sondern nur noch aus den Reproduktionsinteressen der je historisch besonderen Gesellschaft. Er hat damit eine dritte Ebene der Organisiertheit von Interaktionen angesprochen, auf der so etwas wie der Algorithmus eines Erziehungssystems formulierbar sein müßte (Bourdieu 1970, S. 125 ff.) Der Ausdruck‘Habitus’symbolisiert für den Versuch,‘im Zentrum des Individuellen selber Kollektives zu entdecken’(Bourdieu 1970, S. 132), er verbindet den Einzelnen – wir können sagen: jede einzelne pädagogische Interaktion –‘mit der Kollektivität seines Zeitalters’, weist den‘anscheinend noch so einzigartigen Projekten Richtung und Ziel’”Es handelt sich dabei um“eine Art generativer Grammatik der Kultur”. Und:“Obwohl sich an keiner Stelle auf den marxistischen Begriff der(Mollenhauer 1977, S. 51 f.)‘Verkehrsformen’bezieht, scheint mir die Ähnlichkeit in mindestens einer Hinsicht doch unverkennbar. Auf unseren Gegenstand bezogen, möchte ich so formulieren: in beiden Fällen ... richtet sich das Interesse darauf, zu ermitteln, ob es einen für Gesellschaftsformationen je spezifischen Satz von Regeln des interpersonellen Handelns gibt, die sowohl die Muster scheinbar individuell besonderer Interaktion, wie auch die ... Muster institutioneller Interaktion generieren.”Dieser von eingeführte Begriff (er hat ihn allerdings den kunstgeschichtlichen Analysen entnommen) hat eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Begriff“Sozialcharakter”, von dem in der zweiten Kurseinheit im Rahmen von“Autorität und Familie”die Rede war. Uns scheint dies eine gute Weiterentwicklung wissenschaftlicher Begriffsbildung zu sein, denn sie erweitert die zunächst vorwiegend sozialpsychologischen Konnotationen des Ausdrucks“Sozialcharakter”in Richtung auf die nichtpsychologischen Regeln des Zusammenlebens und erlaubt überdies einen Anschluß an andere, für pädagogische Problemstellungen wichtige historische Untersuchungen (z.B. B.Groethuysen: Die Entstehung der bürgerlichen Welt- und Lebensanschauung in Frankreich, 2 Bde., Halle 1927 und 1930; N. Elias: Über den Prozeß der Zivilisation, 2. Bde., Basel 1939; Ph. Aries: Geschichte der Kindheit, München 1975). Die Hypothese, die solche Untersuchungen leitet, läßt sich – freilich noch sehr allgemein |B 24|und wenig spezifiziert – so formulieren: Jede Gesellschaftsformation bzw. kulturell-epochale Einheit bring einen pädagogischen Habitus hervor, der sich in wenigen Grundregeln für den Umgang der Generationen miteinander beschreiben läßt und einerseits durch die kulturellen Traditionen, andererseits durch die Anforderungen des vorherrschenden ökonomischen Systems gestützt wird; dieser Habitus generiert seinerseits die Ziele des pädagogischen Handelns, die Formen der Institutionalisierung und die Formen der Interaktion einschließlich der verwendeten Interaktionsmittel; er“definiert”mithin das, was innerhalb einer Kultur/Gesellschaft als“pädagogische Interaktion”gilt.
2 Der Versuch einer
“Kritischen Didaktik”
2.0 Zum Terminus
“Didaktik”
2.1 Kritische Didaktik – 1. Abgrenzung
2.2 Kritische Didaktik – 2. Abgrenzung
2.3 Kritische Didaktik – 3. Abgrenzung
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1.[V48:146]Durch die Reflexion der gesellschaftlichen und historischen Bedingungen, in denen es zur Curriculumrevision und dem sie bestimmenden Begriff der Chancengleichheit kommt.Nach ihrer Analyse taucht der Begriff der Chancengleichheit auf in einem historischen Augenblick, in dem es im volkswirtschaftlichen Interesse notwendig werden könnte, die durch Bildungsbarrieren bisher an ihrer Entfaltung gehinderten“Begabungsreserven”auszuschöpfen.“Da Lernprozesse in hohem Maße beeinflußbar sind, legte die Theorie des technischen Fortschritts die Möglichkeit nahe, Investitionen im Bildungssektor könnten entscheidend sein, um das volkswirtschaftliche Wachstum zu optimieren. In dem Maße, in dem dahingehende Fragestellungen von der öffentlichen Diskussion aufgegriffen wurden, konzentrierte sich auch das Interesse der Erziehungswissenschaft auf Bildungsplanung und Curriculum-Forschung.”(Blankertz (Hrsg.) : Curriculumforschung – strategien, strukturierung, konstruktion, Essen 1971, S. 7)
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2.[V48:147]Durch die Kritik an der Praxisferne der Curriculumentwicklung.Die“Kritische Didaktik”grenzt sich ab von einem Modell, das Curriculumentwicklung und -implementation zwei zeitlich klar voneinander geschiedenen Phasen und Instanzen zuwies und die Mehrzahl der Lehrer in der Implementationsphase nur als Empfänger und Ausführende betrachtet.“Eine Auffassung, derzufolge Theoretiker, in unserem Falle also Erziehungswissenschaftler, forschen und dann ihre gesicherten Ergebnisse dem Praktiker, in unserem Falle dem Lehrer, zur Anwendung, allenfalls zur Erprobung zu übergeben hätten, wird von uns abgelehnt. Eine solche Arbeitsteilung müßte den Lehrer zum Vollzugsorgan degradieren, ihn politisch und fachlich entmündigen, während sie den Erziehungswissenschaftler zum bloßen Theoretiker ohne Verantwortung für die praktischen Folgen seines Tuns machte. Demgegenüber gehen wir davon aus, daß nur eine wechselseitige Kommunikation von Erziehungswissenschaftlern und Lehrern eine gemeinsame theoretische Sprache zu erzeugen vermag, in der kritisch auf Unterricht, die ihn leitenden Prinzipien, Normen und Mittel, sowie auf die jeweils getroffenen unterrichtlichen Entscheidungen und den erforderlichen Konsens mit den Lernenden reflektiert werden kann.”(Blankertz, Die fachdidaktisch orientierte Curriculumforschung und die Entwicklung von Strukturgittern, in: ders., fachdidaktische Curriculumforschung, Essen 1971, S. 16)Die Kritik an der Dichotomie von Theoretikern und Praktikern in der Curriculumentwicklung hat zum Gegenkonzept der“schulnahen Curriculumentwicklung”und der“offenen Curricula”geführt.
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3.[V48:148]Durch Kritik an der Deduktion von Lerninhalten aus obersten Lernzielen.Das Robinsohnsche Modell der Curriculumentwicklung ging aus von der Möglichkeit einer direkten und eindeutigen Zuordnung von gewünschten Qualifikationen und Lerninhalten. Aus obersten allgemeinen Lernzielen sollen Teillernziele und Lerninhalte bis hinunter zu einzelnen Erziehungsmaßnahmen abgeleitet werden, so daß eine geschlossene Deduktionskette entsteht, die angibt, wie |B 29|die Wirklichkeit des Unterrichts aussehen soll. Aber die lückenlose Deduktion erwies sich als Schein. Es zeigte sich bei jedem konkreten Versuch, daß die Deduktion nicht funktioniert. Gleichgültig wie die obersten Lernziele formuliert oder zustande gekommen waren, die Ableitung didaktischer Arrangements daraus ist nie restlos gelungen:
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–Innerhalb eines obersten Lernzieles konnten verschiedene, ja geradezu gegensätzlich didaktische Konzeptionen realisiert werden.
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–Einander entgegengesetzte und konkurrierende Lernziele allgemeinster Art konnten sich in ähnlichen, vielleicht gleichen didaktischen Konzepten realisieren.
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2.4 Kritische Didaktik – 4. Abgrenzung
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–[V48:158] die Oberflächenstrukturen der gesellschaftlichen Realität und
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–[V48:159] die von den Schülern selbst hervorgebrachten Oberflächenstrukturen, ihre Unterrichtsbeiträge,
Klasse: schweigt
Lehrer:
3 Methodologie einer kritischen Erziehungswissenschaft
3.1 Die Interessengebundenheit wissenschaftlicher Theorie ()
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1.[V48:190] für erfahrungswissenschaftliche Theorien und Verfahren (“empirisch-analytische Wissenschaften”),
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2.[V48:191] für solche Theorien und wissenschaftlichen Verfahren, die sich mit dem Sinn menschlicher Handlungen, insbesondere in den verschiedenen Kulturäußerungen in Geschichte und Gegenwart befassen (“historisch-hermeneutische Wissenschaften”), und
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3.[V48:192] für solche Theorien und Verfahren, die sich auf das soziale Handeln richten und prüfen,“wann die theoretischen Aussagen invariante Gesetzmäßigkeiten des sozialen Handelns überhaupt und wann sie ideologisch festgefrorene, im Prinzip aber veränderliche Abhängigkeitsverhältnisse erfassen”(S: 158)“systematische Handlungswissenschaften”).
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1.[V48:194] Der Mensch muß sein Leben durch Arbeit erhalten, muß also über Natur verfügen können; dazu ist eine Art von Wissen erforderlich, das es gestattet, auf Grund von Kenntnis der Gesetze natürlicher Abläufe Prognosen zu formulieren und Werkzeuge (Techniken) herzustellen. Das darin enthaltene Interesse nennt das technische Erkenntnisinteresse.
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2.[V48:195] Der zweite Wissenstypus entsteht dadurch, daß Menschen ihr Leben nicht nur“materiell”sichern; sie brauchen“eine Orientierung des Handelns unter gemeinsamen Traditionen”(S. 162)
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3.[V48:196] Schließlich wird das gesellschaftliche Leben der Menschen immer auch durch Formen der Herrschaft zusammengehalten; das menschliche Individuum muß deshalb sein Bewußtsein als Einzelnes, seine Ich-Identität zu den Normen der Gruppe in Beziehung setzen und – wenigstens der Möglichkeit nach – sich von diesen Normen,“aus der Abhängigkeit von hypostasierten Gewalten”(S. 162)
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1.[V48:198]Er verknüpft den Begriff der Bildung des Menschen mit den Problemen wissenschaftlicher Methode, wirft also die Frage auf, wie der Zusammenhang zwischen den Erkenntnisweisen des Menschen und seiner Lebenspraxis zu denken sei. Diese Frage nun war nicht nur für die griechisch-antike“Paideia”von zentraler Bedeutung, sondern auch für jene Autoren, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Grundzüge einer Theorie der Bildung entwarfen und auf Sinn und Methode akademischer Studien bezogen; das waren beispielsweise und vor allem , und .(Auch heute noch sind diese Schriften nicht nur lesenswert aus historischem Interesse; der historische Abstand ist so groß nicht, daß wir nicht Fragestellungen in ihnen entdecken könnten, die immer noch aktuell sind. Das gilt besonders für Schellings“Vorlesungen über die Methode des akademischen Studiums”, Fichtes“Deduzierter Plan einer in Berlin zu errichtenden höheren Lehranstalt”, Schleiermachers“Gelegentliche Gedanken über Universitäten im deutschen Sinn”und Steffens’“Über die Idee der Universitäten”. Wir möchten Ihnen die Lektüre dieser Schriften sehr anraten. Besseres ist seitdem über den Zusammenhang von Bildung und Wissenschaft nicht geschrieben worden; Sie sollten das irgendwann einmal lesen, beispielsweise in der Ausgabe: Die Idee der deutschen Universität, hrsg. von E. Anrich, 1956; vgl. dazu auch H. Schelsky, Einsamkeit und Freiheit, Reinbek 1963)
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2.[V48:199]Die Erziehungswissenschaft will die Theorie pädagogischer Handlungen sein. Damit ist sie mit einer Schwierigkeit konfrontiert, die in dem Text von zur Sprache gebracht wird. Welches methodische Fundament soll sie sich suchen? Ist sie die Theorie einer Technik, deshalb dem technologischen Interesse zuzurechnen und nach Art der empirisch-analytischen Wissenschaften zu konstruieren? Ist sie die Theorie sinnvermittelnden Handelns und also den historisch-hermeneutischen Wissenschaften zuzurechnen? Oder ist ihr Gegenstand die Ausbildung einer herrschaftskritischen Ich-Identität, mithin eine Disziplin innerhalb der kriti|B 42|schen Handlungswissenschaften, denen ein emanzipatorisches Interesse innewohnt?Die Antwort ist nicht so leicht zu geben, wie es bei raschem Blick auf diese Unterscheidungen scheinen könnte, denn sicher kann man in der Tätigkeit von Eltern, Erziehern und Lehrern alle drei Momente wiederfinden, ohne sogleich sagen zu können, daß dieser Befund nicht rechtens sei.Obwohl diese Frage seit Erscheinen der oben referierten Vorlesung von in der Erziehungswissenschaft mit besonderer Heftigkeit diskutiert wurde, sollte man nicht unterschlagen, daß ihre Erörterung eine längere Tradition hat. Falls Sie an dieser Stelle Ihre Kenntnisse vertiefen möchten, ist die Schrift von W. Flitner: Das Selbstverständnis der Erziehungswissenschaft in der Gegenwart, Heidelberg 1957, zu empfehlen. Dort finden Sie auch Hinweise auf den weiteren Kontext von Positionen und Kontroversen in der Vergangenheit.
3.2 Erkenntnisinteresse in der Erziehungswissenschaft: Versuch der Integration von Empirie, Hermeneutik und Ideologiekritik ()
Aufgabe 3
3.3 Handlungsforschung
3.3.1 Handlungsforschung als kritische Methode
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1.[V48:227] Methodologisches Motiv
Erziehungswissenschaftliche Forschung hat es aufgrund der Eigenart ihres Gegenstandes zumeist mit“Sinnhaftem”– mit Handlungen und Haltungen, mit sozialen Erfahrungen und Beziehungen etc. – zu tun. Sie zielt daher auf Daten, die allein über das Verstehen von Sinn, und zwar von subjektiv gemeintem wie von gesellschaftlich objektiviertem Sinn, zugänglich sind. Der Modus der Erfahrung (Empirie) ist also nicht so sehr die Beobachtung (wie in den Naturwissenschaften), sondern in erster Linie Verständigung über symbolisierte Gehalte (kommunikative Erfahrung). Deshalb muß Forschung als Kommunikationsprozeß zwischen Forschenden und ihren‘Objekten’methodologisch konstruiert werden. -
2.[V48:228] Ethisches Motiv
Pädagogische Forschung hat ihr Objekt u. a. in sprach-, lern- und reflexionsfähigen Subjekten. Ungerechtfertigt erscheinen deshalb Forschungsverfahren, die im Interesse systematischer Bedingungsvariation diese Tatsache vernachlässigen und die Veränderung von Menschen mit deren Manipulation gleichsetzen. Dagegen wird von der Handlungsforschung postuliert, daß alle am Forschungsprozeß Beteiligten – nicht nur die Forscher, sondern auch ihre“Objekte”– diesen als Lern- und Aufklärungschance wahrnehmen können. -
3.[V48:229] Politisches Motiv
Wenn Kommunikation Unabdingbar (Motiv 1) und die Eröffnung von Lernchancen geboten ist (Motiv 2), dann liegt es zumindest nahe, den Forschungsprozeß selbst – und nicht nur die Verwendung seiner Ergebnisse – als“emanzipatorische Praxis”aufzufassen und theoretisch wie organisatorisch in den Kontext politischer und sozialer Veränderungsstrategien zu rücken.
3.3.2 Handlungsforschung als innovatorische Problemlösung
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“(1)[V48:232]Handlungsforschung ist in ihrem Erkenntnisinteresse Charakteristik der Handlungsforschungund damit ihren Fragestellungen von Anfang an auf gesellschaftliche bzw. auf pädagogische Praxis bezogen, sie will der Lösung gesellschaftlicher bzw. praktisch-pädagogischer Probleme dienen.
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(2)[V48:233]Handlungsforschung vollzieht sich in direktem Zusammenhang mit den jeweiligen praktischen Lösungsversuchen, denen sie dienen will; sie greift als Forschung unmittelbar – und nicht erst nach vollzogenem Forschungsprozeß, als sog.‘Anwendung’der Forschungsergebnisse – in die Praxis mit ein, und sie muß sich daher für Rückwirkungen aus dieser von ihr selbst mitbeeinflußten Praxis auf die Fragestellungen und Forschungsmethoden im Forschungsprozeß selbst – und nicht erst in der abschließenden Auswertungsphase im Hinblick auf zukünftige Forschung – offenhalten.
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(3)[V48:234]Handlungsforschung hebt in irgendeinem Grade bewußt und gezielt die Scheidung zwischen Forschern auf der einen und Praktikern in dem betreffenden Aktionsfeld ... auf der anderen Seite auf zugunsten eines möglichst direkten Zusammenwirkens von Forschern und Praktikern im Handlungs- und Forschungsprozeß.”(Klafki 1976, S. 60)
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1.[V48:236] Zunächst wird die Arbeitsteilung zwischen Wissenschaftlern und Praktikern; bzw. zwischen Theorie/Forschung einerseits und gesellschaftlicher Praxis andererseits durch die Forschungspraxis selber in Frage gestellt. Dies hat mit Sicherheit den pragmatischen Sinn größerer“Praxisnähe”der Forschung (denn eher als die feldfremden Wissenschaftler können die Praktiker angeben, wie sich die pädagogischen Probleme für sie unter den besonderen Bedingungen ihrer Handlungssituation stellen). Praxisnähe allein macht die Forschung allerdings bestenfalls verwertbar, aber noch nicht kritisch. Mit dem Gedanken der Aufhebung der Arbeitsteilung als Moment kritischer Forschung muß sich deshalb eine weitere Intention verwinden: nämlich die der Emanzipation der pädagogischen Praxis aus einem autoritären Verhältnis unmündiger Hörigkeit gegenüber der“über ihr”stehenden Wissenschaft. Kritische Handlungsforschung soll darum als über ihre Ziele, Verfahren, Voraussetzungen und Möglichkeiten – organisiert werden.
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2.[V48:237]Implizit ist damit ein weiteres Moment des Theorie-Praxis-Verhältnisses, nämlich das zugrunde liegende Erkenntnisinteresse, problematisiert. Denn wie kritische Erziehungswissenschaft überhaupt, sucht auch die Handlungsforschung eine auf ein technisches Erkenntnisinteresse reduzierte Konzeption von Erziehung und Erziehungswissenschaft zu überwinden. Sie versucht das dadurch, daß sie die Sinnverständigung, die sozialwissenschaftlicher Erkenntnis als kommunikativer Erfahrung ebenso zugrunde liegt wie der Erziehung als einem kommunikativ vermittelten Bildungsprozeß, systematisch zur Geltung zu bringen sich bemüht. Das bedeutet, daß Forscher und Praktiker sich gemeinsam verständigen
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–über die Handlungsziele im Praxis-Feld (z.B. ob die Verminderung des um Leistungen konkurrierenden Verhaltens von Schülern zugunsten stärker kooperierenden Unterrichtsverhaltens anzustreben sei),
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–über die Forschungsziele und ihre Stellung zu den Handlungszielen (z.B. welche Hypothesen dem Handlungsziel dienlich und welche Veränderungen der Praxis daraufhin möglich und zweckmäßig sein könnten),
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–über die Wahl der Forschungsmittel, der Arrangements und einzelnen Forschungstechniken (z.B. ob auf Vergleichsgruppen verzichtet werden könne, standardisierte Beobachtungs- oder Testverfahren nützlich seien, gruppendynamische Verfahren Verwendung finden könnten),
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–über die Auswirkungen, die die einzelnen Forschungsschritte auf das Praxisfeld haben (z.B. Kontroversen im Lehrerkollegium, Verunsicherung von Eltern, Leistungsabfall bei Schülern, Fortbildungsinteressen der Lehrer usw.)
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3.3.3 Kritik der
“kritischen” Handlungsforschung
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1.[V48:280]Zunächst wird der methodologische“Gegner”, die Stilisierungen“positivistische Sozialforschung”, so stilisiert, wie es einst mit der“Traditionellen Theorie”tat – damals allerdings und in polemischer Absicht zu Recht, weil es galt, überhaupt erst einmal das Problem einer“kritischen”Wissenschaft zu skizzieren –:“Positivistische Sozialforschung zielt auf raum- und zeitunabhängige Gesetzesaussagen über Soziales ab und unterstellt damit eine subjektunabhängige Verfestigung sozialer Struktur. Ihr logisches Handlungskorrelat ist die Technokratie, das heißt die zweckrationale Steuerung des Handelns von Menschen aufgrund der Einsichtnahme in die ermittelten Sozialgesetzlichkeiten.”(Heinze et al., S. 21)Diese Form der Behauptung enthält zwar in dieser allgemeinen Form etwas Zutreffendes, trifft aber die Erziehungs- und Bildungsforschung nur in (quantitativ) unbedeutenden Teilen. Vor allem aber nimmt sie nicht zur Kenntnis, was – über hinaus – inzwischen über verschiedene Erkenntnisinteressen und ihr Verhältnis zueinander gedacht worden ist.
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2.[V48:281]Gelegentlich scheint es, als würden Vertreter der Handlungsforschung nicht nur bestimmte Forschungstraditionen, sondern Forschung überhaupt verwerfen, und zwar zugunsten eines aufgeklärten Gesprächs zwischen Forschern und Praktikern.Es“gilt, die positional, situativ und personal vermittelten Differenzen in der Verdinglichung des Bewußtseins von Untersuchenden und Untersuchten durch gezielte Konfrontation zur wechselseitigen Auslösung von Lernprozessen – diese verstanden als Entdinglichung des Alltagsbewußtseins und -handelns – zu verwenden.”(S. 36)Eine derartige“Entdinglichung”– also offenbar doch das, was als Ideologiekritik dem emanzipatorischen Erkenntnisinteresse und dessen theoretischen und methodischen Prozeduren zugerechnet hat – soll u.a. dadurch herbeigeführt werden, daß die Forscher nicht nur“die Sinndeutung, die die Praktiker einer sozialen Lebenswelt geben”(Heinze u.a., S. 42)“Dafür tauschen sie einiges von der lokaleren, an das Handeln im konkreten Praxisfeld gebundenen Gesinnung ihrer neuen sozialen Bezugsgruppe ein.”a. a. O., (S. 69)Eine solche Maxime, wenn sie mehr beinhalten soll als den Hinweis darauf, daß die Handlungsforschung auch den Dialog mit den Praktikern will, ist in der Konsequenz eine Preisgabe von begrifflich angestrengter Theorie überhaupt und hat mit der“Kritischen Theorie”nichts mehr zu tun. Unmittelbares Betreiben von praktischer Veränderung eines Feldes, aufklärende Unterhaltungen und Übernahme von“Gesinnungen”muß von theoretisch relevanter Erhebung von Daten streng unterschieden werden. Deshalb warnte schon bei Beginn dieser methodischen Entwicklung:“Die modischen Forderungen nach einem Typus von action research, der Erhebung mit politischer Aufklärung verbinden soll, übersehen den auch für Sozialwissenschaften geltenden Umstand, daß eine unkontrollierte Veränderung des Feldes mit der gleichzeitigen Erhebung von Daten im Feld unvereinbar ist.”(J. HABERMAS: Theorie und Praxis. Einleitung zur Neuausgabe 1971, S. 18)
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3.[V48:282]Die empfohlene Abkehr vom wissenschaftlichen Universalismus enthält noch eine weitere, für erziehungswissenschaftliche Methodologie fundamentale Komponente:“Kriterien wie Gültigkeit, Kontrolle, Generalisierungsfähigkeit, Prognostizierbarkeit von forschungsleitenden Hypothesen und Aussagesystemenwerden hinfällig bzw.|B 54|müssen reformiert werden”(Heinze u.a., S. 57)“Stimmigkeit”(Vereinbarkeit von Zielen und Methoden der Forschungsarbeit) oder“Transparenz”(Nachvollziehbarkeit des Forschungsprozesses für alle Beteiligten) treten (H. Moser, Aktionsforschung als kritische Theorie der Sozialwissenschaften, München 1975, S. 117 ff.).Derartige Empfehlungen sind nicht nur nachlässig. Sie geben in der Tendenz die Kriterien für zuverlässige Informationen preis. Auch im Alltagsleben gilt, daß eine Information um so zuverlässiger ist, je mehr Einigkeit im Hinblick auf den Gegenstand besteht, über den informiert werden soll (Validität); je mehr die Wahrnehmungen, Beobachtungen, Erfahrungen, auf die die Gesprächspartner sich berufen, von anderen nachvollzogen werden können (Objektivität) und je genauer die Beobachtungen usw. sind (Reliabilität). Wir sehen nicht, welche Gründe geltend gemacht werden könnten, diese Anforderungen fallen zu lassen.
Aufgabe 4
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1.[V48:284] Lesen Sie den Text von Wolfgang Klafki:“Schulnahe Curriculumentwicklung in Form von Handlungsforschung”(In Klafki 1976, S. 117-137)
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2.[V48:285] Erläutern Sie die spezifische Aufgabe, die der Handlungsforschung bei der Entwicklung schulnaher Curricula zugeordnet wird!
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3.[V48:286] Charakterisieren Sie die Rolle des Lehrers unter dem Gesichtspunkt der Qualifikationen, die ihm abgefordert werden! Überlegen Sie, ob die Qualifikationen, die Sie durch Ihr gegenwärtiges Studium voraussichtlich erwerben, diesen Ansprüchen genügen!
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4.[V48:287] Charakterisieren Sie das Konzept des“schulnahen Curriculums”, wie es von vorgestellt wird! Beurteilen Sie es anhand der vier Abgrenzungskriterien einer‘kritischen Didaktik’.