Literatur zum Tagungsthema [Werkkommentar]

1 Werk: Formale Beschreibung

1.1 Leittext

[1] Mollenhauer, Klaus. Literatur zum Tagungsthema (Beitrag 1965; KMG V14-a). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe. Historisch-kritische Edition. (2025). Herausgegeben von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3wnw1&edition=a.
[2] Basierend auf:
  • [3] Literatur zum Tagungsthema zusammengestellt von Klaus Mollenhauer (1965). Rundbrief der Gilde Soziale Arbeit, 19(Mai), 4–8.
[4] Auf etwas mehr als vier Druckseiten finden sich in dem Beitrag ausführliche Zitate aus fünf verschiedenen Werken zum Thema
Autoritäre Strukturen in Sozialpädagogik und Sozialer Arbeit
der für 1965 geplanten Jahrestagung der Gilde Soziale Arbeit.

1.2 Weitere Fassungen

[5] Weitere Fassungen liegen unserem Kenntnisstand nach nicht vor.

1.3 Übersetzungen

[6] Übersetzungen liegen unserem Kenntnisstand nach nicht vor.

1.4 Unveröffentlichte Quellen

[7] Diesem Werk konnten keine unveröffentlichten Quellen zugeordnet werden.

2 Inhalt und Kontexte

[8] Wie schon bei früheren Tagungen üblich, wurde auch die für 1965 geplante Jahrestagung der Gilde Soziale Arbeit vorab im Rundbrief vorgestellt (neben der Literaturzusammenstellung von Mollenhauer s. Kubis, 1965 sowie Fünf Thesen, 1965.
[9] In der Einleitung des Heftes zitierte Herbert Kubis ausführlich aus einem Schreiben von Mollenhauer:
[10]
Das Thema ist kritisch in dem Doppelsinn jeder Kritik: Sie – die Kritik – analysiert das Vorhandene und bereitet darin eine bessere Praxis vor. Es liegt deshalb nicht im Sinne dieses Themas, irgendeine Form von Autorität zu rechtfertigen. Es gibt genug solcher Rechtfertigungsversuche. Vielmehr ist es die Absicht, Fälle und Formen autoritären Verhaltens und autoritärer Institutionen zu beschreiben und anzugreifen. Nicht, wo und wieweit Autorität erforderlich oder unumgänglich sein mag, ist von Interesse, sondern in welchem Verhalten und in welchen Institutionen, schließlich auch: in welchem Bewußtsein sie sich als autoritäre Struktur niederschlägt. Eine solche Kritik wäre inkonsequent und in schlechtem Sinne parteilich, wenn sie sich nur auf fremde Praxis richtet; sie muß deshalb die eigene Praxis, die eigenen Vorurteile, das eigene Verhalten und Bewußtsein miteinbeziehen. Sie ist indessen uneingeschränkt parteilich insofern, als sie im Namen der Mündigkeit gegen jede Form von Autorität, Dogmatismus, Unterdrückung vorgeht, die jene Mündigkeit reduziert.
[11]
Auf den ersten Blick scheinen Sozialpädagogik und Soziale Arbeit dieser Kritik weniger zu bedürfen als z. B. die Schule. Dies zu prüfen, wäre die Aufgabe der Tagung. Denn auch im Hinblick auf die Schule hat sich in den Untersuchungen der letzten Jahre gezeigt, daß die Reformbewegung nicht die Befreiung von autoritären Zwängen gebracht hat, die man zunächst optimistisch vermutete. Selbst dort, wo die Praxis des Umgangs mit der jungen Generation und den Klienten freier, beweglicher,
demokratischer
geworden ist, bleibt das Problem der Abhängigkeit des Sozialpädagogen und Sozialarbeiters von den autoritären Strukturen der Institutionen, der Verbände, der Verwaltungen, bleibt der problematische Beamtenstatus, der ideologisch-autoritäre Zwang überlieferter Sozialgefüge, der sich nicht nur in der Ausbildung, sondern möglicherweise auch in der Erziehungspraxis fortsetzt. Es handelt sich deshalb nicht nur um den Nachweis und die Kritik autoritärer Strukturen, sondern ebenso um autoritäre Kräfte, die in Institutionen und Verbänden, in gesellschaftlichen Tendenzen, im Bewußtsein des Einzelnen wirksam sind und das Fortschreiten der Sozialpädagogik und Sozialen Arbeit hemmen oder gar verhindern.
[12]
Die Aufgabe der Arbeitsgruppen besteht darin, die in den Referaten vorgetragene Kritik zu konkretisieren und zu präzisieren, bzw. [sic!] eine Kritik der Kritik für die Schlußdiskussion vorzubereiten. Außerdem bleibt es ihnen vorbehalten, über die Kritik hinaus die Möglichkeit einer
besseren
Praxis anzudeuten, bzw. [sic!] konkret den nächsten Schritt im Fortschritt der Praxis zu formulieren.
[13]
In den Arbeitsberichten geht es nicht um wissenschaftliche Vollständigkeit, sondern es soll streng exemplarisch verfahren werden. Die Kritik muß konkret bleiben. Eine detaillierte Beschreibung der zu kritisierenden Sachverhalte soll vorgelegt werden.
[14]
In allen Referaten und Diskussionen soll nicht nur die gleichsam äußere Form autoritärer Strukturen, sondern auch ihr Korrelat im Bewußtsein derer, die Sozialpädagogik und Soziale Arbeit betreiben, beschrieben und erörtert werden.
(Mollenhauer nach Kubis, 1965, S. 2)
[15] Die Literaturzusammenstellung enthält bis auf drei eingeschobene Sätze von Mollenhauer selbst lediglich Zitatpassagen aus Werken von Wilhelm Flitner, Willy Strzelewicz, Max Horkheimer, Peter Martin Roeder und Hans Bachmaier. Während die ersten vier Textauszüge eine problematisierende und kritische Sicht auf die Autoritätsthematik präsentieren, wird mit dem fünften Textauszug ein Perspektivenwechsel auf die Legitimation von Autorität vorgenommen. Die Auszüge weisen bis auf einen Auslassungen auf, die u. a. Referenzen (z. B. auf Hannah Arendt bei Strzelewicz) oder den thematisierten pädagogischen Bereich (die Schule bei Flitner) ausblendeten. Besonders im Fall des Textes von Horkheimer fallen bei einem vergleichenden Blick Veränderungen und Auslassungen (darunter auch die mehrfachen Verweise Horkheimers auf antisemitische Vorurteile) ins Auge.
[16] Die Jahrestagung 1965 scheint aus Sicht einiger Teilnehmer*innen nicht unproblematisch gewesen zu sein: Es sei Unmut zum Ausdruck gebracht worden,
hier würde von der Leitung der Tagung her die Teilnehmerschaft manipuliert
(Hirschauer, 1966, S. 4)
. Dies sei aber keinesfalls beabsichtigt gewesen, und sei es auch nicht bei der Tagung 1966, deren Thema,
Wirklichkeit und Utopie in Sozialpädagogik und sozialer Arbeit
, sich u.a. aus den Diskussionen der Jahrestagung 1965 ergeben habe. Das Thema der Folgetagung wurde auch in Mollenhauers Schlussworten zur Tagung von 1965 angesprochen (s. KMG 023-a).

3 Rezeption

[17] In seiner Geschichte der Gilde Soziale Arbeit geht Walter Thorun auf die Jahrestagung 1965 ein, wobei auch Mollenhauers vorbereitende Textauswahl kurz erwähnt wird (Thorun, 2000, S. 167–168). Über eine Rezeption darüber hinaus liegen uns keine Informationen vor.

4 Literatur

4.1 Andere hier verwendete Werke von Klaus Mollenhauer

    [18] Mollenhauer, Klaus. Schlußworte der Gildentagung vom 26. bis 23. Mai 1965 (Beitrag 1966; KMG 023-a). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe. Historisch-kritische Edition. (2025). Herausgegeben von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3qqsb&edition=a.

4.2 Weitere Literatur

    [19] Fünf Thesen über die autoritäre Persönlichkeit aus tiefenpsychologischer Sicht (1965). Rundbrief der Gilde Soziale Arbeit, 19(Mai), 4.
    [20] Hirschauer, Paul (1966). Wirklichkeit und Utopie in Sozialpädagogik und sozialer Arbeit. Rundbrief der Gilde Soziale Arbeit, 20(März), 3–5.
    [21] Kubis, Hubert (1965). Diesem Brief …. Rundbrief der Gilde Soziale Arbeit, 19(Mai), 1–3.
    [22] Thorun, Walter (2000). Reformprojekt Soziale Arbeit. 75 Jahre Gilde Soziale Arbeit. Münster: Votum.
[23] [Klaus-Peter Horn]