Familie und Jugendamt [Werkkommentar]

1 Werk: Formale Beschreibung

1.1 Leittext

[1] Mollenhauer, Klaus & Kasakos, Gerda. Familie und Jugendamt (Beitrag 1975; KMG 053-a). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe. Historisch-kritische Edition. (2025). Herausgegeben von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3qqp8&edition=a.
[2] Basierend auf:
  • [3] Mollenhauer, Klaus & Kasakos, Gerda (1975). Familie und Jugendamt. In Heinrich Roth & Dagmar Friedrich (Hrsg.), Bildungsforschung. Probleme, Perspektiven, Prioritäten (S. 319–344). Stuttgart: Klett, (Deutscher Bildungsrat: Gutachten und Studien der Bildungskommission, Bd. 51, Teil 2).
[4] Das von Klaus Mollenhauer zusammen mit Gerda Kasakos verfasste Werk Familie und Jugendamt wurde als Abschnitt 15.1 in dem von den beiden Autor*innen und Hans Thiersch sowie Hedwig Ortmann verantworteten Kapitel Forschungen im Bereich der Jugendhilfe des von Heinrich Roth und Dagmar Friedrich herausgegebenen Bandes Bildungsforschung. Herausforderungen, Perspektiven, Prioritäten publiziert. Der Band ist als Nr. 51 (Teil 2) in einer Reihe des Deutschen Bildungsrats erschienen, in der u. a. Gutachten und Materialien der Bildungskommission publiziert wurden. Der Text umfasst 26 Seiten und gliedert sich in 7 Unterabschnitte (15.1.1. - 15.1.7.), von denen der letzte das alphabetische Literaturverzeichnis enthält.

1.2 Weitere Fassungen

[5] Weitere Fassungen liegen unserem Kenntnisstand nach nicht vor.

1.3 Übersetzungen

[6] Übersetzungen liegen unserem Kenntnisstand nach nicht vor.

1.4 Unveröffentlichte Quellen

[7] Diesem Werk konnten keine unveröffentlichten Quellen zugeordnet werden.

2 Inhalt und Kontexte

[8] Gliederung:
[9] 15.1.1. Vorbemerkungen zum Objektbereich
[10] 15.1.2. Zur forschungsstrategischen Situation
[11] 15.1.3. Interaktion von Familie und Jugendamt
[12] 15.1.4. Zur Lage der Familienforschung
[13] 15.1.5. Exkurs: Spezielle Probleme praxis-wirksamer Untersuchungsverfahren im Handlungsfeld der Jugendhilfe
[14] 15.1.6. Zusammenfassende Vorschläge
[15] 15.1.7. Literatur
[16] Das Werk ist als Expertise zum Stand der Forschung und der jüngsten Entwicklungen im Bereich der Jugendhilfe unter besonderer Berücksichtigung der Beziehung zwischen Familien (als Adressaten der Jugendhilfe) und Jugendamt (als Organisationsinstanz der Jugendhilfe) verfasst worden und stellt so zusammen mit den übrigen Beiträgen des Bandes aktuelle Forschungsergebnisse und Forschungsperspektiven für die Arbeit des Deutschen Bildungsrats zur Reform des Bildungswesens (1966-1975) in der Bundesrepublik Deutschland zur Verfügung. Dabei wird dem Forschungsüberblick ein Abschnitt zur Charakterisierung des
Objektbereich[s]
(KMG 053-a, Abs. 053:1)
vorangestellt, der sich kritisch auf die bisherige Marginalisierung der außerschulischen Problem- und Arbeitsfelder der Pädagogik in den Verwaltungsstrukturen der zuständigen Ministerien und Administrationen auf der Ebene der Bundesländer und Kommunen in der BRD bezieht. Dies entspräche – im Hinblick auf die vergangenen und insbesondere auf die geplanten Reformen des Jugendwohlfahrtsgesetztes (dazu lag zu diesem Zeitpunkt lediglich ein Referentenentwurf des ab 1970 geltenden Abschnitts Jugendhilfe im Sozialgesetzbuch vor; Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit, 1974) – nicht mehr den aktuellen Planungen im Jugendhilferecht, wonach
der Gesetzgeber die
Jugendhilfe
zu einem wenigstens rechtlich einheitlich scheinenden und gewichtigen Sektor des Erziehungswesens
(KMG 053-a, Abs. 053:1)
deklarierte. Allerdings sei im Praxisfeld der Jugendhilfe, das aufgrund des Subsidiaritätsprinzips vor allem von privaten Trägern und Verbänden, insbesondere auch der Kirchen, bestritten wird, ein breiter
Geltungs-Spielraum für die Definition von Problemlagen
zu konstatieren, der zu einer
Vielfalt an Interventionsformen
führe, die der jeweils besonderen
trägerspezifische[n] Willensbekundung (Ideologie)
(KMG 053-a, Abs. 053:3)
folgten. Die
Grundrichtung der Erziehung
§ 3,1 JWG
läge im eigenen Ermessen der privaten Träger der Jugendhilfe, ohne dass diese ihre Ausrichtung öffentlich legitimieren und miteinander abstimmen müssten.
Da Jugendhilfe als
System
nicht existiert bzw. nicht betrachtet werden kann — jedenfalls in einer der Schule vergleichbaren Weise — also auch Systemelemente nicht derart vorgegeben sind, daß wenigstens die Bestimmung ihres Element-Charakters auf Konsensus hoffen könnte, bedeutet jede forschungsstrategische Entscheidung zugleich einen Eingriff in die vorgängigen normativen Orientierungen der Träger, ihre Problemdefinitionen und Institutionen.
(KMG 053-a, Abs. 053:4)
Das hierauf zurückzuführende
prekäre Verhältnis von Praxis und Wissenschaft
(KMG 053-a, Abs. 053:5)
wird als ein wichtiger Aspekt der Jugendhilfe-Forschung hervorgehoben. Je nach Positionierung gegenüber der Praxis der Jugendhilfe ließen sich im aktuellen Forschungsdiskurs zwei Grundrichtungen erkennen. Einem relativ gut etablierten (u. a. vom Mainstream der Sozialisationsforschung getragenen)
ätiologischen
Paradigma, das den vorwiegend individualisierenden Problemdefinitionen der Jugendhilfe-Praxis entsprechend einem
diagnostisch-therapeutische]n]
Forschungszugang folge, stünde eine
kontroll-orientierte[] Forschung
(KMG 053-a, Abs. 053:11)
gegenüber, die sich kritisch zu den Etikettierungsprozessen und sekundären Sozialisationseffekten des Jugendhilfesystems selbst verhalte (allerdings in der eigenen Entwicklung des Forschungsansatzes über
plausible forschungsleitende Annahmen
hinaus
noch kaum einer empirischen Bewährungsprobe unterworfen wurde
,
KMG 053-a, Abs. 053:24–27
). Der Text richtet sich somit im Rahmen eines offenen Reformdiskurses der Jugendhilfe im Sinne der Politikberatung an politische Organe und Entscheidungsträger wie auch an den diesen gesellschaftlichen Prozess begleitenden und reflektierenden wissenschaftlichen Diskurs in Theorie und Forschung.
[17] Aufgrund der strukturellen Differenz zwischen dem privaten Bereich familialer Interaktion und dem Jugendhilfe-System als Bereich öffentlicher Erziehung plädiert der Text zunächst für eine Berücksichtigung lebensweltlicher Interessen und Orientierungen der Familien in der Jugendhilfeforschung, bevor im Sinne funktionalistischer Ansätze in der Familienforschung nach dem funktionalen Verhältnis beider Bereiche zueinander gefragt wird.
Lebensweltorientierte Forschung besteht deshalb auf der Klärung dieser Interessenfrage, und zwar dadurch, daß zunächst — und das ist mindestens eine zeitweilige Priorität — der Horizont von Orientierungen, Problemen und Interessen aufgeklärt wird, in dem die Klientel existiert.
(KMG 053-a, Abs. 053:51)
In methodischer Hinsicht enthält das Werk eine kritische Auseinandersetzung mit der
Handlungsforschung
(Haag et al., 1972 ; Heinze et al., 1975
), in der die Akteure im Objektbereich der Forschung selbst in inhaltliche und methodische Fragen entscheidend mit einbezogen werden. So kann das Werk in engerem Zusammenhang sowohl mit zeitnah veröffentlichten Arbeiten Mollenhauers zur Sozialpädagogik, Jugendhilfe und Allgemeinen Pädagogik (KMG 028-A, 056-a, 062-A1) als auch zu empirischen und theoretischen Arbeiten zur Familienerziehung (KMG 054-A, 072-A, 074-a) und Werken zur seinerzeitigen Methodendiskussion in der Erziehungswissenschaft (KMG 051-a, 076-A) gesehen werden.

3 Rezeption

[18] –––

4 Literatur

4.1 Andere hier verwendete Werke von Klaus Mollenhauer

    [19] Mollenhauer, Klaus. Erziehung und Emanzipation. Polemische Skizzen (Monografie 1968-1971; KMG 028-A). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe. Historisch-kritische Edition. (2025). Herausgegeben von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3qqrv&edition=A.
    [20] Mollenhauer, Klaus. Bewertung und Kontrolle abweichenden Verhaltens – Aporien bürgerlich-liberaler Pädagogik. (Unbearbeitete Fassung der Antrittsvorlesung an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am 26. 1. 1970) (Beitrag 1972; KMG 044-a). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe. Historisch-kritische Edition. (2025). Herausgegeben von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3qqqm&edition=a.
    [21] Mollenhauer, Klaus. Theorien zum Erziehungsprozeß. Zur Einführung in erziehungswissenschaftliche Fragestellungen (Monografie 1972; KMG 047-A1). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe. Historisch-kritische Edition. (2025). Herausgegeben von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3qqq8&edition=A1.
    [22] Mollenhauer, Klaus, Brumlik, Micha & Wudtke, Hubert. Die Familienerziehung (Monografie 1975, 1978; KMG 054-A). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe. Historisch-kritische Edition. (2025). Herausgegeben von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3qqpj&edition=A.
    [23] Mollenhauer, Klaus, Beicht, Wolfgang, Isecke, Helmer, Krings-Huber, Gisela, Windisch, Mathias & Tietze, Uwe. Soziale Bedingungen familialer Kommunikation. Eine quantifizierende und fall-analytische Studie über das innerfamiliale Beziehungssystem und seine Abhängigkeit von der Arbeitsplatzsituation (Monografie 1975; KMG V44-A). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe. Historisch-kritische Edition. (2025). Herausgegeben von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3qqp6&edition=A.
    [24] Mollenhauer, Klaus & Rittelmeyer, Christian.
    Empirisch-analytische Wissenschaft
    versus
    Pädagogische Handlungsforschung
    : eine irreführende Alternative. Zu den Beiträgen von Haeberlin und Blankertz/Gruschka in diesem Heft (Beitrag 1975; KMG 051-a). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe. Historisch-kritische Edition. (2025). Herausgegeben von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3qqpp&edition=a.
    [25] Beicht, Wolfgang, Isecke, Helmer, Krings-Huber, Gisela, Mollenhauer, Klaus & Tietze, Uwe. Familiale Kommunikationsstrukturen. Zwischenbericht einer Untersuchung (Beitrag 1976; KMG 055-a). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe. Historisch-kritische Edition. (2025). Herausgegeben von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3qqp2&edition=a.
    [26] Mollenhauer, Klaus & Rittelmeyer, Christian. Methoden der Erziehungswissenschaft (Monografie 1977; KMG 057-A). In Klaus Mollenhauer Gesamtausgabe. Historisch-kritische Edition. (2025). Herausgegeben von Cornelie Dietrich, Klaus-Peter Horn & Hans-Rüdiger Müller. https://mollenhauer-edition.de/kmg.html?file=3qqnx&edition=A.

4.2 Weitere Literatur

    [27] Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit (1974). Referenten-Entwurf eines Jugendhilfegesetzes. Bonn-Bad Godesberg: Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit.
    [28] Haag, Fritz, Krüger, Helga, Schwärzel, Wiltrud & Wildt, Johannes, (Hrsg.) (1972). Aktionsforschung. Forschungsstrategien, Forschungsfelder und Forschungspläne. München: Juventa.
    [29] Heinze, Thomas, Müller, Ernst, Stickelmann, Bernd & Zinnecker, Jürgen, (Hrsg.) (1975). Handlungsforschung im pädagogischen Feld. München: Juventa.
[30] [Hans-Rüdiger Müller]