„Dies ist keine Pfeife“
Ein etwas irritierter Versuch sich zu nähern
Seine Rhetorik
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1.[064:6] Rhetorik ist etwas sehr„Französisches“: die rhetorische Figur, der witzige Einfall, die überraschende Formulierung, das Aperçu sind ihm – so scheint es – bisweilen wichtiger als der argumentative Gehalt.
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2.[064:7] Was mit diskursiver Argumentation nicht zu erklären ist, das provoziert bei bisweilen die originelle und auf den ersten Blick gelegentlich absurde Gegenthese. So z.B. die Behauptung, man solle sich angesichts der Mißerfolge von Gefängnissen als Anstalten zur Bekämpfung der Kriminalität fragen,„wozu der Mißerfolg des Gefängnisses gut ist?“(Überwachen und Strafen, S. 349)„nicht dazu bestimmt sind, Straftaten zu unterdrükken, sondern sie zu differenzieren, sie zu ordnen, nutzbar zu machen“(S. 350)„Verwaltung von Gesetzwidrigkeit“. Ein origineller Einfall, meint man zunächst. Aber: Worüber soll man nun nachdenken? Ist diese Behauptung wirklich mehr als die rhetorisch gut präsentierte, aber triviale These, daß das Gefängniswesen u.a. ein Instrument der Herrschaftssicherung ist? Wer also als Steinbruch für originelle Zitate verwenden will, der wird sicher fündig; nüchterne Argumentationen wird er genauer suchen müssen.
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3.[064:8] Bei dieser Suche trifft der Leser immer wieder auf die Attitüde„ich, , bin immer schon einen Schritt weiter“. Dieses Hase-und-Igel-Spiel mit dem tatsächlichen oder antizipierten Kritiker ist deshalb ärgerlich, weil es sich zugleich gegen Kritik immunisiert, und zwar durch Rhetorik. Die Selbstkommentare sind rhetorische Spiele und enthalten häufig nur den Schein von Argumentationen. Deutlich wird das beispielsweise in den ersten Passagen der„Archäologie des Wissens“: Der gewaltige Anspruch, mit der Geschichtswissenschaft abzurechnen, wird mit einem verwirrenden Spiel von anscheinenden Fachausdrücken vorgetragen und ist imposant, allerdings nur für den, dem diese Wissenschaft nicht vertraut ist. Mir erscheinen die ersten 30 bis 40 Seiten des Buches einfach als ziemlich krauses Zeug. Dabei ist die Frage, die stellt, durchaus interessant:„Wie kommt es, daß eine bestimmte Aussage erschienen ist und |a2 64|keine andere an ihrer Stelle?“