Die Zeit in Erziehungs- und Bildungsprozessen [Textfassung a]
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Die Zeit in Erziehungs- und Bildungsprozessen.

Annäherungen an eine bildungstheoretische Fragestellung

[073:1] Die Zeit ist einer der grundlegenden Regulatoren des sozialen Lebens. Als Konstruktionsmittel für gesellschaftliche Wirklichkeit ist sie – wie der Raum – derart fundamental und in ihrer Selbstverständlichkeit auf fast triviale Weise evident, daß es müßig scheinen könnte, über die Zeit als eine Kategorie erziehungswissenschaftlicher Analyse nachzudenken. Wie auch immer es damit stehen mag: Im Hinblick auf die Sachverhalte von Erziehung und Bildungsprozessen wissen wir nur sehr wenig über die Bedeutung, die der Zeitstruktur in solchen Prozessen zukommt (1)
(1)Das ist bemerkenswert, weil in anderen, der Pädagogik benachbarten Disziplinen es gelegentlich schon so etwas wie eine Tradition der
Zeit
-Forschung gibt. Dieser Sachverhalt ist eindrucksvoll dokumentiert in den Kongreßveröffentlichungen der
International Society for the Study of Time
(The Study of Time, Springer Verlag Berlin/Heidelberg/New York 1972 ff.). Eine Übersicht über sozialwissenschaftliche Problemstellungen und den Forschungsstand bieten K. Heinemann/P. Ludes: Zeitbewußtsein und Kontrolle der Zeit, in: K. Hammerich/M. Klein (Hg.), Materialien zu Soziologie des Alltags, Opladen 1978, S. 220 ff. und M. Schöps: Zeit und Gesellschaft, Stuttgart 1980. Der historische Wandel von Zeitbegriffen in ihrem Verhältnis zu kulturellen Formationen wird in umfangreicher Übersicht über die europäische Geschichte dargestellt von R. Wendorff: Zeit und Kultur. Geschichte des Zeitbewußtseins in Europa, Opladen 1980. Bei R. Kosellek: Vergangene Zukunft. Zur Semantik geschichtlicher Zeiten, Frankfurt 1979, stehen eher methodologische Probleme der Geschichtsschreibung im Vordergrund. Nimmt man noch die psychologische Forschung hinzu, gar die philosophische Diskussion (Bergson, Simmel, Heidegger, Schütz usw.) und die Literaturwissenschaft (Staiger), dann mag man sich fragen, warum denn in der Pädagogik, die doch allen Anlaß hätte, über ihre Zeit-Probleme nachzudenken, so wenig davon die Rede ist. Neben J. Piagets großer Studie zur Entwicklung des Zeitbewußtseins (Die Bildung des Zeitbegriffs beim Kinde, Zürich 1955; Lizenzausgabe Frankfurt 1974) gibt es in der neueren, im engeren Sinne erziehungswissenschaftlichen Literatur, nur wenige Andeutungen bei M. J. Langeveld (Die Schule als Weg des Kindes, Braunschweig 1960) und neuerdings eine Problemexposition bei N. Luhmann/K.-E. Schorr: Reflexionsprobleme im Erziehungssystem, Stuttgart 1979 (besonders S. 151 ff.). Zum systematischen Ort von Zeitanalysen im Zusammenhang einer Theorie pädagogischer Interaktion vergl. auch K. Mollenhauer: Aspekte einer strukturellen pädagogischen Interaktionsanalyse, in H. Röhrs (Hg.), Die Erziehungswissenschaft und die Pluralität ihrer Konzepte, Wiesbaden 1979, S. 241 ff.
.
[073:2] Wird man einmal auf dieses Problem aufmerksam, dann ist es beispielsweise überraschend, die Lücken in der interaktionistischen Forschung zu entdecken: Da ist die Rede von Situationsdefinitionen, Selbst- und Fremdbildern, Erwartungen und Erwartungs-Erwartungen, von sozialer und persönlicher Identität usw. – aber die Tatsache, daß jede Interaktion a priori eine zeitliche Erstreckung hat, wird kaum bemerkt oder ist doch wenigstens nicht folgenreich für die Forschung. Oder in der Lehr-Lernforschung: Seit die geplante Sequenzierung von Lernprozessen im 18. Jahrhundert zum Dauerthema der Unterrichtswissenschaft wurde, wird mit der Vorstellung operiert, daß Zeit- und Lernquanten kompatibel seien; auch Bildungszeit – jedenfalls die, die bis zum Erreichen des Erwachsenen-Status nötig ist – wurde knapp angesichts der Zukunftsoffenheit relevanter Lerninhalte und der Nötigung, Lerninhalte auf Lernzeiten rationell zu verteilen, auf Schulstunden, Schuljahre, Schulstufen usw. Aber auch die Offensichtlichkeit dieses Zusammenhangs hat kaum dazu geführt, über Zeit und Bildung grundsätzlich nachzudenken.
[073:3] Nicht minder überraschend ist auch, daß selbst unter denjenigen erziehungswissenschaftlichen Arbeiten, die sich während des letzten Jahrzehnts in ihrer theoretischen Orientierung an die sogenannte
Kritische Theorie
anschlossen, keine findet, die die Zeit zum herausragenden Thema gemacht hat. Das ist deshalb besonders bemerkenswert, weil von Horkheimer bis Habermas gerade die historische Verhärtung sozialer Strukturen, der damit zusammenhängende Verlust an gesellschaftlich-historischer Dynamik und schließlich der Hinweis auf die Funktion von Utopien, Möglichkeitsstrukturen der Zukunft also, zu ihren wesentlichen Themen gehörte. An dieser Stelle möchte ich mit meinem Gedankengang beginnen.

1. Bildung als zukünftige Gegenwart

[073:4] Es ist für uns heute derart selbstverständlich geworden, daß man zögert, den folgenden Gemeinplatz zu formulieren: Jeder Moment im Bildungsprozeß und also auch jede pädagogische Handlung enthält, als eines ihrer konstitutiven Elemente, den prinzipiell riskanten Vorgriff auf Künftiges. Denn wie und wofür sollten wir erziehen, wenn nicht im Hinblick auf die Zukunft dieses Kindes? Wie sollte jemand wollen können, sich zu bilden, wenn nicht im Hinblick auf die Bedeutung, die seine Bildung morgen für ihn und für andere haben könnte? Wie soll die Struktur einer Bildung verstanden werden können, wenn nicht unter Berücksichtigung der Zukunfts-Antizipationen, die in ihr enthalten sind? Und wenn diese Zukunft nicht mehr nur gedacht wird als die Wiederholung des schon Bekannten, als Tradition der Lebensform der Erwachsenen an die |a 69|Jüngeren, in der Form empirischer Prognosen also, sondern als offene, und das heißt: der Tätigkeit des individuellen Willens und des reflexiven Argumentierens zugängliche, machbare Zukunft – dann werden Zeitschemata zum Problem.
[073:5] Dies geschah für das pädagogische Denken vor ungefähr 200 Jahren, als sich, wie Niklas Luhmann und Karl-Eberhard Schorr das ausdrücken,
die Erziehungsprobleme im Horizont eines neuen, zukunfts- und vergangenheitsorientierten Temporalbewußtseins
stellten
(2)
(2)N. Luhmann/K. E. Schorr, a. a. O., S. 151 ff.
. Die Begriffe bzw. Denkfiguren, in denen diese neue Reflexivität des pädagogischen Denkens sich ankündigt, sind Rousseaus
Perfectibilité
, die formale Bildung als Bildung disponibler
Kräfte
(Humboldt), die Bildung durch die Sprache als eines gegenwartsunabhängigen, die Vergangenheit mit der Zukunft bei aller prognostischen Unsicherheit dennoch verknüpfenden Mediums, vor allem aber die von Schleiermacher demonstrierte Preisgabe einer ethischen Begründung der pädagogischen Aufgaben im Sinne materialer Normierungen. Zu Schleiermachers Behandlung des Zeitproblems möchte ich deshalb einiges ausführen.
[073:6] In der Pädagogik-Vorlesung von 1826 diskutiert Schleiermacher die Zeit-Problematik am Beispiel der Frage, wie sich der erfüllte Augenblick im Leben des Kindes, der
Moment
, zur Zukunft dieses Kindes verhalte:
Jede pädagogische Einwirkung stellt sich dar als Aufopferung eines bestimmten Momentes für einen künftigen; und es fragt sich, ob wir befugt sind, solche Aufopferungen zu machen
(3)
(3)F. D. E. Schleiermacher: Ausgewählte pädagogische Schriften, besorgt von E. Lichtenstein, Paderborn 1959, S. 82
. Schleiermachers Antwort: Wir seien dazu nicht befugt und es sei pädagogisch nicht akzeptabel, wenn ein für das Kind unbefriedigender Moment mit dem Hinweis darauf gerechtfertigt würde, daß man ihm mit Hinblick auf gesellschaftliche Erwartungen, die in der Zukunft des Kindes liegen, dieses Mißvergnügen im Moment zumute.
Richtig
sei eine Erziehung nur dann zu nennen, wenn dieses Problem gar nicht erst auftrete. Ich möchte hier nicht den ganzen Argumentationsgang Schleiermachers rekonstruieren, sondern nur die für die Problemlösung wichtigen Bestimmungen nennen:
  1. 1.
    [073:7] Unter der Bedingung einer als zukunftsoffen und für Veränderung zugänglich zu denkenden Gesellschaft ist prinzipiell ungewiß, welche der im Bildungsprozeß des Kindes erworbenen Inhalte sich auch in dessen Zukunft als Legitimationsgrund eignen werden.
  2. 2.
    [073:8] Die auf die Zukunft gerichteten Bestimmungen des Erziehungshandelns müssen – wenn das Kantsche Postulat, daß der Mensch nie nur zum Mittel gemacht werden dürfe, gelten soll – an die Selbsttätigkeit des Kindes und damit an die allmähliche Entwicklung seines Bewußtseins gebunden werden: Zukünftiges dürfe deshalb nur insoweit als Rechtfertigung einer pädagogischen Handlung verwendet werden, als diese Handlung durch den Entwicklungsstand des kindlichen Bewußtseins zustimmungsfähig sei.
  3. 3.
    [073:9] Die Zustimmungsfähigkeit des kindlichen Bewußtseins im Hinblick auf Zukunftsantizipationen hat ihre Bedingung in einer wesentlichen Komponente dieses Bewußtseins selbst, nämlich im Hinblick auf Zeit strukturiertes oder sich strukturierendes Bewußtsein zu sein:
    Die Rückerinnerung an die Vergangenheit und die Voraussicht in die Zukunft entwickeln sich nach und nach auf gleiche Weise
    (4)
    (4)Ebd., S. 83
    . Dies ist übrigens das historische und systematische Bindeglied zwischen einerseits Rousseaus Idee, daß wir für den Menschen eine
    Perfectibilité
    , einen nach Vervollkommnung drängenden Vorgriff auf die Zukunft, annehmen müssen, und andererseits der Theorie des anderen großen Genfers, Jean Piaget, nach der das damit zum Thema gemachte Zeitbewußtsein sich in Schritten bildet, die als Kognition beschreibbar sind.
[073:10] Dies ist der springende Punkt: Denkt man einmal das Subjekt als ein historisches, mit – der Möglichkeit nach – historischem Bewußtsein, dann steht auch der Bildungsprozeß unter der Anforderung, ihn unter dem Gesichtspunkt der Bildung von Zeitschemata zu beschreiben und zu analysieren. Die Bildung des Zeitbewußtseins wird damit zu einem Kernstück pädagogischer |a 70|Analyse. Vom Zeitbewußtsein nämlich hängt es ab, ob und wie der Educandus sich Tradition aneignet, ob und wie er sich als möglicher Entwurf in die Zukunft hinein bestimmt, wie er in seiner Selbsttätigkeit Identität im gegenwärtigen Moment gewinnt.
[073:11] Schleiermacher hat sich jedes Ereignis im Bildungsprozeß des Kindes immer nur als Funktion
wechselseitiger Einwirkungen
gedacht, nicht als lineare Folge einer
mechanischen
Methode oder als Logik der allmählichen inneren Entfaltung begrifflicher Hierarchien. Insofern steht er G. H. Mead und dem symbolischen Interaktionismus näher als die meisten seiner pädagogischen Zeitgenossen. Er hat es vermieden, den Erziehungs- und Bildungsprozeß einer zeitlichen Strukturierung zu unterwerfen, die Lern- und Zeitquanten strikt aufeinander bezieht und schließlich – bei dem inzwischen vorherrschend gewordenen Typus pädagogischer Planung – zu mechanischen Rhythmen des Erziehungshandelns geführt hat, die uns allen vertraut sind. Diese Entwicklung mag ihre geschichtliche Notwendigkeit haben. Um das zu überprüfen, lohnt es sich aber, den Blick noch einmal auf die uns zugänglichen Phänomene zu richten und zu fragen, ob sich das von Schleiermacher nur in wenigen Bemerkungen angedeutete Programm überhaupt deskriptiv entfalten läßt.
[073:12] Ich will das mit einigen Interpretationen versuchen. Mein Ziel ist dabei, zunächst nur zu zeigen, ob und in welcher Weise eine Analyse der Zeitstruktur von bildungsrelevanten Situationen möglich und ergiebig ist.

2. Eine Interpretation

[073:13] In seiner Autobiographie erzählt Elias Canetti die folgende kleine Episode aus seiner Kindheit(5)
(5)
E. Canetti: Die gerettete Zunge, München/Wien 1977, S. 64 ff.
: Als Sechs- oder Siebenjähriger sitzt er in der Schule neben einem Mädchen,
Little Mary
;
sie war kleiner als ich und hatte helle Haare, aber das Schönste an ihr waren ihre roten Backen,
wie Äpfelchen
... Ich war von ihren roten Backen so sehr verzaubert, daß ich nicht mehr auf Miss Lancashire achtete ... Ich wollte die roten Backen küssen und mußte mich zusammennehmen, es nicht zu tun
. Nach Schulschluß geleitete er sie ein Stück weit bis zur Straßenecke, obwohl sie
in der entgegengesetzten Richtung
wohnt,
küßte sie rasch auf die Backe und lief eilig nach Hause
. Das wiederholte sich einige Male;
Aber meine Neigung wuchs, die Schule interessierte mich nicht mehr ... und bald wurde mir der Weg bis zur Ecke zu lang, und ich versuchte, sie schon vorher auf die rote Backe zu küssen. Sie wehrte sich und sagte:
Du darfst mich erst an der Ecke küssen, zum Abschied, sonst sage ich es meiner Mutter
... Ich ging nun rascher bis zur Ecke und küßte sie wie früher.
Am nächsten Tag aber küßte er sie, ungeduldig, schon gleich auf der Straße und sagte:
Ich werde dich küssen, so oft ich will, ich warte nicht bis zur Ecke
, küßte sie wieder und wieder, und an der Ecke sagte sie nicht good-bye, sondern:
Jetzt sag ich’s meiner Mutter!
[073:14] Am nächsten Tag trat die Mutter des Mädchens in der Schule auf.
Sie sprach mit Miss Lancashire (der Lehrerin) und sagte sehr bestimmt:
Du wirst die kleine Mary nicht mehr nach Hause begleiten. Du hast einen anderen Heimweg. Ihr werdet nicht nebeneinander sitzen und du wirst nicht mehr mit ihr sprechen
.
[073:15] Die Prophezeihung trat ein.
Das war das Ende der Geschichte, aber es war, wie man mir später erzählte, nicht so ganz einfach abgegangen
. Miss Lancashire hatte Elias’ Eltern zu sich gebeten.
Sie war ein wenig verwirrt und fragte sich, ob es damit zusammenhängen könne, daß
orientalische
Kinder viel früher reif werden können als englische
. Der Vater beruhigte die Lehrerin und meinte,
vielleicht hänge es mit den auffallend roten Backen des Mädchens zusammen
.
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[073:16] Den Kommentaren der Lehrerin und des Vaters fügt Canetti noch einen eigenen hinzu:
Ich habe später über diese junge Liebe nachgedacht, die ich nie vergaß
, und es fiel ihm
das erste spanische Kinderlied ein, das ich in Bulgarien gehört hatte: Ich wurde noch auf dem Arm getragen und ein weibliches Wesen näherte sich mir und sang:
Manzanicas colorados, las que vienen de Stambul
... dabei kam sie mit dem Zeigefinger meiner Backe immer näher und stieß ihn plötzlich fest hinein. Ich quietschte vor Vergnügen, sie nahm mich in die Arme und küßte mich ab.
[073:17] Auf den ersten Blick scheint diese von Canetti erzählte Geschichte aus seiner Kindheit wenig mit meinem Thema zu tun zu haben. Wenn ich dennoch gerade mit diesem Beispiel beginne, so hat das einen Grund, den ich vorläufig als heuristische These formulieren möchte: Die Zeit ist eine derart fundamentale Dimension des interpersonalen (Erziehungs-)Handelns, daß in jeder beliebigen (pädagogischen) Situation deren Zeitstruktur sich ermitteln läßt. Damit ist schon eine eigentümliche methodische Schwierigkeit behauptet: Es muß nämlich eine Möglichkeit gefunden werden, die Zeitstruktur einer Situation, einer Handlung, einer Darstellung zu ermitteln, auch wenn keine expliziten, auf Zeit unmittelbar verweisenden Indikatoren (Knappheit, Zeitrhythmen, Maße etc.) der Beobachtung zugänglich sind, d. h. wenn die Zeitstruktur
verborgen
ist; in mancher Hinsicht mehr, in mancher weniger. In einer knappen Interpretationsskizze der Geschichte Canettis möchte ich dieses Problem veranschaulichen.
[073:18] Wir erfahren, daß die Geschichte nicht nur Anfang und Ende, sondern auch eine der Handlungsstruktur innewohnende Zeitgliederung hat. Da wird z. B. mitgeteilt, daß der kleine Elias
so sehr verzaubert
war, daß er dem Unterricht nicht mehr folgte, sondern das Bedürfnis, die roten Backen zu küssen, das kräftigere Motiv wurde. Nun könnte das als die Differenz zweier Orte (Unterricht – Nicht-Unterricht) mit je zugeordneten, zugelassenen Handlungen interpretiert werden; das wäre gewiß richtig, macht aber darauf aufmerksam, daß Orte immer zugleich auch den zugelassenen Handlungen eine bestimmte Zeitstruktur vorschreiben: Die Struktur des pädagogischen Ortes
Unterricht
schreibt vor, daß der Rhythmus von auftauchendem Bedürfnis und seiner Befriedigung, wenn die Befriedigungs-Handlung nicht zu dem Ort paßt, gedehnt werden muß (Elias
mußte sich zusammennehmen
). Dieses Problem der zeitlichen Strukturierung von Bedürfnis-Entspannung wiederholt sich nun allerdings auch außerhalb des Unterrichts; es ist offenbar nicht nur ein Problem der Zeitstruktur eines bestimmten pädagogischen Ortes. Hält Elias zunächst noch bis zur Straßenecke aus, so versucht er doch bald, die Wartezeit zu verkürzen, und dabei wird eine weitere Dimension der Zeit sichtbar, die es – gleichsam ortsunabhängig – mit der Interaktionskompetenz zu tun hat: Ohne das Zögern oder gar den Widerstand des Mädchens gegen solche Heftigkeit in seinen Handlungsplan aufzunehmen, küßt er sie
immer wieder
, so daß das Mädchen den ersten Teil der Geschichte beendet:
Jetzt sag ich’s meiner Mutter!
Offenbar verfügt der sechs- oder siebenjährige Elias noch nicht über das, was in unserer Theorie-Sprache
Fähigkeit zur Rollenübernahme
heißt. Wer diese Fähigkeit hat, wer also seine eigene Handlung auch in der Perspektive des Handlungspartners zu sehen und zu beurteilen vermag, der gibt seinen Handlungen – offenbar – auch eine andere zeitliche Struktur. Perspektivität der Interaktion ist also auch ein Zeitproblem: Steht nicht nur meine, sondern auch die Zukunft des anderen auf dem Spiel, dann werden die Interaktionsschritte zahlreicher, wird nicht nur das Handlungsziel, sondern auch der Verlauf der Handlung bedeutsam, wird eine differenziertere innere Zeitgliederung der Handlung nötig.
[073:19] Die Mutter des Mädchens hat in der Geschichte einen besonders interessanten Auftritt. Im Unterschied zu der eigentlich aus der Spontaneität gespeisten Handlung der beiden Kinder wird hier die Erziehung in Szene gesetzt, deren entscheidende Sprechhandlung sich in einer sowohl pädagogisch-typischen als aber auch problematischen Figur darstellt: einer Reihung von empiri|a 72|schen Prognosen (
Du wirst die kleine Mary ... Ihr werdet nicht mehr ... Du wirst nicht...
). Natürlich sind es nur der sprachlichen Form nach Prognosen; der pragmatischen Bedeutung nach sind es Aufforderungen, in Zukunft bestimmte Handlungen zu unterlassen. Man könnte diese Differenz auf die Nachlässigkeit des Sprechers zurückführen. Aber unabhängig davon, wie diese Frage in diesem einen Fall entschieden werden mag – gerade diese Differenz verweist auf einen typischen pädagogischen Habitus im Hinblick auf den Umgang mit Bildungszeit und also mit der Zukunft des Kindes: Der Erzieher kann es sich leisten, seine Aufforderungen, Verbote, Gebote usw. in der Form empirischer Prognosen zu formulieren, sofern er annimmt, über die Mittel verfügen zu können, die nötig sind, um das faktische Eintreten der Prognose zu sichern. Daß es sich dabei tatsächlich nicht um eine nur singuläre Beobachtung handelt, sondern um ein Zeit-Strukturproblem
pädagogischen
Handelns
, insbesondere unseres Verhältnisses zu Zukunft und Vergangenheit, also auch um unseren Begriff von
bewegter Geschichte
, will ich hier vorerst nur andeuten(6)
(6)Vgl. dazu R. Kosellek, a. a. O., S. 38 ff.
. Kant hat auf dieses Problem hingewiesen mit der provozierenden Frage:
Wie ist Geschichte a priori möglich? Antwort: Wenn der Wahrsager die Begebenheiten selber macht ... die er zum voraus verkündigt
(7)
(7)Zitiert nach R. Kosellek, a. a. O., S. 61
.
[073:20] Eine andere Klasse von Zeitproblemen tritt im Verhalten der Lehrerin hervor. Auch sie ist – wie Marys Mutter – besorgt, macht indessen keine Prognosen auf die Zukunft, sondern bringt entwicklungspsychologische bzw. ethnische Zeitschemata zum Verständnis der kindlichen Handlungen ins Spiel: Vorstellungen vom rechten Zeitpunkt für bestimmte Handlungen in einem Reife- oder Entwicklungskontinuum und Vorstellungen von ethnischen oder kulturellen Varianten für solche rechte Zeitpunkte (
... daß
orientalische
Kinder viel früher reif werden können als englische
).
[073:21] Schließlich der Vater: Er mag die Bildungsprobleme seines Sohnes offenbar weder (wie die Lehrerin) im Sinne entwicklungspsychologischer Zeitrhythmen formulieren noch wie Marys Mutter als Vorhersage der Zukunft, sondern verwendet eine gleichsam atemporale Problembestimmung, in der vornehmlich Bedeutung und Bedeutsamkeit und weniger bestimmte Zeitregulierungen gelten:
Vielleicht hänge es mit den auffallend roten Backen des Mädchens zusammen
. Der Vater versteht die roten Backen, um die herum sich die Handlung des Knaben organisiert hat, als lebensgeschichtlich relevantes Symbol. Aber diese Problemformulierung ist wirklich nur
gleichsam
atemporal; auch die Symbole, in denen sich lebensgeschichtlich Bedeutungsvolles verschlüsselt, sind auf der Zeitachse miteinander verknüpft; allerdings vermutlich nach anderen Regeln als denen, die in entwicklungspsychologischen Phaseneinteilungen, in pädagogischen Vorhersagen (die sich selbst erfüllen), in den Zeitrhythmen von Organisationen oder industrieller Produktion, in den Stunden- (Pausen-) und Schuljahrzäsuren der institutionalisierten Bildungskarrieren, aber auch in naturalen (Sonnenauf- und Untergang, Tages- und Jahreszeiten usw.) Zeitvorstellungen in Geltung sind.
[073:22] Elias Canetti verknüpft diese vom Vater vorgenommene Strukturierung des Bildungsproblems jener Handlung mit seiner eigenen als sich autobiographisch erinnernder Autor. Diese Strukturierung liegt auf der Ebene dessen, was ich Erinnerungszeit nennen möchte. Die Bildungszeit – also die zeitliche Rhythmisierung der für den Bildungsprozeß bedeutungsvollen Erfahrungen, gleichsam die semantische Struktur der Bildungsprozesse auf der Zeitachse – gliedert sich nach Maßgabe relevanter Erinnerungen, freilich im Rahmen der zeitlichen Erwartungen des Lebenslaufes als des für das Individuum verbindlichsten Rahmens.
[073:23] Die eigentliche Leistung der Erinnerung, im Unterschied beispielsweise zur Assoziation, ist konstruktiv. Das Kapitel, in dem die – oben paraphrasierte – Geschichte aus dem Leben Canettis steht, ist überschrieben:
Little Mary. Der Untergang der Titanic. Captain Scott
. Diese Überschrift schon verknüpft verschiedene Zeit-Ereignis-Reihen miteinander. In der Darstel|a 73|lung dann tritt das konstruktive Moment der Erinnerungs-Komposition noch deutlicher hervor: Die Schule wird – über das Tauschen von Briefmarken und die Liebe zu einem Geographie-Puzzle – mit dem geographischen Interesse des Jungen verknüpft; dieses wiederum mit der Erinnerung an die
Massentrauer
, mit dem Untergang der Titanic einerseits und dem Ende Captain Scotts andererseits, das durch eine eindrucksvolle Ansprache der Lehrerin an die Schule gebunden ist. Und diese Erinnerungen führen, im Zusammenhang mit Little Mary, in die frühe Kindheit zurück und zu dem sich im Alter erinnernden Autobiographen. Die einzelnen Ereignisreihen umfassen verschieden lange Zeitdistanzen und sind von unterschiedlicher
innerer Dauer
, ergeben aber, durch die Verknüpfung und
Einschachtelungen
(Piaget), ein Profil, in dem der Bildungssinn des ganzen erinnerten Komplexes zur Darstellung kommt. Besser müßte man sagen: Diese Darstellung eines semantischen Netzes nach zeitlicher Ordnung ist der Bildungssinn; denn wir haben ihn ja nur in der Darstellung. Was sich also in dem kleinen Detail der
Little Mary
-Geschichte andeutet – die Verknüpfung des semantisch zunächst Verschiedenen, der Küsse des kleinen Elias und der
roten Äpfelchen
, die Synchronisierung der Kinder-Interaktion mit der Problematik der Schulzeit, die Einschachtelung solcher Ereignisse innerhalb eines Rahmens von Bildungszeit, schließlich auch die zeitliche Distanzierung des sich erinnernden und die Zeit-Organisation bewerkstelligenden Ich des Autobiographen – das sind, so denke ich, Grundprobleme der Darstellung individueller Bildungsstrukturen, die nicht nur für diesen Text relevant sind, sondern immer dann, wenn Individuen sich über sich selbst Rechenschaft zu geben versuchen(8)
(8)Was wir
Identität
nennen, hat es also wesentlich mit der Struktur dieser
Erinnerungszeit
zu tun. Zugespitzt könnte man sagen: Das Individuum ist, als was und an was es sich erinnert: in der Erinnerung
hat
es sich selbst. Die damit aufgeworfenen Fragen gehören also in das Zentrum einer Theorie der Bildung des Menschen.
.

3. Einige Klassifikationen

[073:24] Mit der Interpretationsskizze wollte ich folgendes plausibel machen: Für die Struktur von pädagogischen Verhältnissen und Bildungsprozessen sind Zeitprobleme nicht nur auf der rasch beobachtbaren Oberfläche, sondern bis in die Tiefenverästelungen hinein bedeutsam; auch Interaktionen lassen sich, über das gebräuchliche interaktionsanalytische Vokabular hinaus, in Zeit-Kategorien fassen; das läßt sich erweitern auf die Struktur der ganzen pädagogischen Situation hin, die einerseits einen je bestimmten meßbaren zeitlichen Ereignisablauf, andererseits aber auch das Zeiterleben der Beteiligten enthält; sowohl im meßbaren äußeren Ablauf als auch im inneren Erleben von Dauer sind Zeitschemata im Spiel, die ihren Halt teils in Institutionen und Rollen, teils im Habitus der geschichtlichen Epoche haben, teils aber auch in der Situation selbst erst hervorgebracht werden als Balance zwischen jenen Komponenten und dadurch intersubjektiv Geltung erlangen können.
[073:25] Um in die Vielfalt denkbarer Phänomene und Gesichtspunkte einige Ordnung zu bekommen, möchte ich nun einen Vorschlag zur Klassifikation machen.
  1. 1.
    [073:26] Im Hinblick auf die Thematik erziehungswissenschaftlicher Zeitanalysen kann sich die Aufmerksamkeit in zwei Richtungen bewegen: Wir können die Zeitstrukturen interpersoneller Situationen beobachten wollen oder die eines individuellen Bewußtseins. Diese Unterscheidung ist von fundamentaler Bedeutung. Denn einerseits können wir die Bildung von Bewußtsein und Handlungskompetenz beim Kinde uns nur verständlich machen, wenn wir das Bildungsgeschehen als wechselseitige Einwirkungen, als Interaktionen denken. Andererseits ist die individuelle Eigentümlichkeit einer Bildungsgestalt immer auch eine selbsttätige Hervorbringung dieses Individuums, ihm allein zugehörig und nicht reduzierbar auf die sozialen Situationen seines Lebens. Aus diesem Grunde auch hat die Theorie des symbolischen Interaktionismus an der Unterscheidung von
    sozialer
    und
    personaler Identität
    festgehalten. Wir müssen also in der erziehungswissenschaftlichen Analyse immer beides tun: Die Zeit|a 74|strukturen pädagogischer Handlungen und die Eigentümlichkeit im Zeitbewußtsein von Individuen beschreiben. Emil Staiger(9)
    (9)E. Staiger: Die Zeit als Einbildungskraft des Dichters, Zürich/Leipzig 1939, 1953²
    hat im Hinblick auf die zweite Aufgabe, wenngleich ohne pädagogisches Interesse, geradezu klassische Studien schon vor einer Generation vorgelegt – wie wir überhaupt zu dieser Frage gegenwärtig von anderen Wissenschaften am meisten lernen können.
  2. 2.
    [073:27] In beiden, der interpersonellen Situation und der individuellen Kognition, ist eine weitere Differenz enthalten: erlebte Zeit (psychologische Zeit, innere Dauer) und meßbare Zeit. Diese Unterscheidung ist mit der vorangegangenen nicht identisch, sondern liegt gleichsam quer zu ihr. In der pädagogischen Handlung müssen alle Beteiligten das Problem bewältigen, ob überhaupt und wie das eigene innere Erleben von Dauer in ein tolerables Verhältnis zur äußeren, meßbaren Handlungszeit gesetzt werden kann (Der kleine Elias beispielsweise wartete, bis der Unterricht vorüber war, mußte aber auch dann noch die erlebten Zeitdistanzen zwischen Bedürfnis und Befriedigung zu den äußeren situativen Bedingungen – etwa den Zeit-Toleranzen Marys und der Wegstrecken-Zeit – in Beziehung setzen). Das Gleiche kehrt in der Zeitordnung der Erinnerung wieder: Die subjektive Empfindung von Dauer und die tatsächlich abgelaufene Zeit müssen in der Erinnerungsdarstellung auf irgendeine Weise koordiniert werden – jedenfalls immer dann, wenn einerseits
    äußere
    Ereignisse und andererseits auch subjektive
    innere
    Wahrnehmung vorliegen.
  3. 3.
    [073:28]
    Es wäre indessen voreilig, die Intersubjektivität von Zeitschemata durch Hinweis auf ihre Genese aus Interaktionen und damit als nur historisches Produkt zu bestimmen. Zwar treten
    bei der kulturellen Konstruktion von Zeit
    (7)
    (7)Zitiert nach R. Kosellek, a. a. O., S. 61
    die historisch erzeugten, besonders die
    ereignisunabhängigen, abstrakten Zeitbegriffe
    immer deutlicher hervor (an der Bedeutung, die die Uhr für unser Leben spielt, wird das besonders sinnfällig); aber gleichsam hinter solcher Historizität stehen intersubjektive Zeitschemata, die nicht historisch relativierbar sind oder sich doch wenigstens gegenüber Relativierungsversuchen eigentümlich resistent verhalten: Rhythmen des Schlafens und Wachens, Sonnenauf- und Untergang, die Zeiten für die Befriedigung vitaler Bedürfnisse; die durch die notwendige Auseinandersetzung mit der äußeren Natur gesetzten Wartezeiten wie das Reifen der Frucht, das Garwerden der Speisen, die Herstellung eines Werkzeugs; aber auch universale Zeitbedingungen der Interaktion zwischen Personen wie die Zeitspanne zwischen Frage und Antwort; Verstehens-Zeit, Zeit zur Anbahnung von Kooperation, schließlich Universalien, die die Möglichkeitsbedingung verständlicher Mitteilung betreffen, wie die für symbolische Repräsentation nötige Zeit (wie lange braucht ein Bild, um gemalt, eine Melodie, um gespielt, eine Geschichte, um erzählt zu werden?), die beim Erzählen von Geschichten notwendige Zeitgliederung in Davor und Danach, die für jede Handlung konstitutive Differenz zwischen Jetzt und Künftig, ohne die sie als
    Handlung
    (im Unterschied zu
    Verhalten
    ) nicht verständlich wäre usw.. Neben der Unterscheidung von subjektiven und intersubjektiven Zeitschemata unterscheide ich deshalb anthropologisch auferlegte und historisch auferlegte Zeitschemata(10)
    (10)Die Unterscheidung zwischen anthropologisch und historisch auferlegten Zeitschemata mag suspekt erscheinen, sind doch die pädagogischen Beobachtungsdaten allemal historischer Natur. Die praktische Frage, wie denn unter historisch gegebenen Bedingungen zu handeln sei, nötigt uns indessen – wenn ich recht sehe – zwei Distanzierungsschritte ab: wir müssen das Gegebene im Hinblick auf das historisch Mögliche und das Mögliche im Hinblick auf das noch human zu Nennende reflektieren. Den zweiten Schritt nenne ich
    anthropologisch
    . Freilich enthält auch er noch eine Aufforderung zur Distanzierung: auch die Weise, in der wir das Human-Spezifische zu bestimmen suchen, gehört uns als historisch bestimmten Subjekten zu, auch dort noch, wo wir versuchen, eine
    Geschichte
    solcher anthropologischer Entwürfe zu rekonstruieren.
    . Diese Unterscheidung ist pädagogisch wichtig, weil die anthropologisch auferlegten Zeitschemata daran erinnern, daß es eine humanspezifische Grenze der Manipulierbarkeit (eben auch im Hinblick auf die Zeitordnungen) gibt, und weil die historisch auferlegten Zeitschemata daran erinnern, daß das Sich-Hinein-Bilden in Zeitordnungen die Bildung einer immer historisch bestimmten Form von Bildung ist. Es sind, mit Hilfe dieser Unterscheidung, auch Fälle beschreibbar, in denen beide Klassen nicht nur in Differenz, sondern auch in Widerspruch zueinander treten.
    Das sei am Beispiel der Erzählung Canettis noch einmal veranschaulicht. Anthropologisch auferlegt, d. h. schlechterdings unaufhebbar und eine Bedingung für die Verständigungsmöglichkeiten in dieser Situation und über sie, ist die zeitliche Strukturierung der Ereignisfol|a 75|gen in der Erzählung, sind aber auch Elemente der erzählten Handlung selbst wie die Lokalisierung des Kindseins im Lebenszyklus überhaupt und die Aufgabe des kleinen Elias, sich mit den Reaktionen Marys und damit mit Wartezeiten auseinanderzusetzen. Das alles geschieht unter historisch besonderen Zeitbedingungen: Der nach Unterrichtsstunden gegliederte Vormittag des Kindes, die entwicklungspsychologischen Vorstellungen für die rechten Zeitpunkte bestimmter Handlungen, das Verfügen von Erwachsenen über die Zukunft des Kindes (Prognose). Darin ist je sowohl meßbare Zeit enthalten (die Schulstunde, die Interaktionszeit, das Entwicklungsalter) als auch erlebte Zeit (die Wartezeit, die Elias zu lang wurde). Und der Erzähler schließlich berichtet von den Ereignissen in zwei Einstellungen: gleichsam als Beobachter jener Handlungssequenz und als Sich-Erinnernder, für den jene Situation in einen komplexen Kontext biographischer Erinnerungen eingeordnet werden.

4. Zur bildungstheoretischen und erziehungspraktischen Bedeutung

[073:29] Meine Überlegungen sind zunächst nichts als eine begriffliche Skizze, eine Reihe von Fragestellungen, die erst heuristisch-programmatischen Charakter haben. Ob sie sich auch in der Detailforschung bewähren, steht noch dahin. Dennoch oder gerade deshalb sollten wir jetzt schon fragen, ob derartige Analysen auch praktisch bedeutsames Wissen erzeugen könnten und welche Bedeutung sie für eine Theorie des Bildungsprozesses haben.
[073:30] Die mögliche praktische Bedeutsamkeit möchte ich auf drei Ebenen von Zeitregulierungen erläutern: Auf der Ebene der einfachen pädagogischen Interaktion, der institutionalisierten Interaktion und des gesellschaftlichen Habitus. In allen drei Hinsichten werden in der Erziehungshandlung Zeit-Entscheidungen getroffen, die über das Mittelglied der Situationsdefinition eine Sozialform etablieren, die das Material für die Bildung des Kindes ist. Ich folge dabei einer Interpretationsregel, die von Schleiermachers Vorlesungen über Hermeneutik bis zu Adorno und zu Sartres Arbeit über Flaubert zum wesentlichen Bestand geisteswissenschaftlicher Methode gehören: im Einzelnen das Allgemeine, im Individuellen das Gesellschaftliche, im Subjektiven das Intersubjektive aufzusuchen(11)
(11)Vergl. dazu F. D. E. Schleiermacher: Hermeneutik und Kritik, hrg. von M. Frank, Frankfurt 1977; I. P. Sartre: Der Idiot der Familie, Bd. 1, Reinbek 1977; M. Frank: Das Individuum in der Rolle des Idioten, in: T. König (Hg.), Sartres Flaubert lesen. Essay zu Error: java:org.exist.xquery.XPathException . exerr:ERROR XPTY0004: The actual cardinality for parameter 1 does not match the cardinality declared in the function's signature: kmg-util:quote-marks($rend as xs:string, $filename as xs:string, $mode as xs:string) item()*. Expected cardinality: exactly one, got 0. [at line 1044, column 47, source: /db/apps/sade/modules/kmg/transform.xqm] In function: kmg-util:quote-marks(xs:string, xs:string, xs:string) [1044:25:/db/apps/sade/modules/kmg/kmg-util.xqm] transformKMG:make-quote(node(), xs:string, item()*, xs:string, xs:string*) [733:17:/db/apps/sade/modules/kmg/transform.xqm] local:main(node(), xs:string, xs:string, xs:string, xs:string*) [76:21:/db/apps/sade/modules/kmg/transform.xqm]. XPTY0004: The actual cardinality for parameter 1 does not match the cardinality declared in the function's signature: kmg-util:quote-marks($rend as xs:string, $filename as xs:string, $mode as xs:string) item()*. Expected cardinality: exactly one, got 0.
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, ø 1980.
.
Was hat das mit der erzieherischen Bedeutsamkeit der Zeit als analytischer Kategorie zu tun? Ich will das kurz und trivial an einigen Beispielen erläutern.
Uns allen ist, mindestens durch immer wiederholte Erzählungen anderer, die Situation vertraut, in der sich Mutter und Säugling befinden, wenn der Säugling durch Schreien ankündigt, daß ihn ein unbefriedigtes Bedürfnis beunruhigt. All dem, was nun folgen kann, liegt ein relativ differenzierter Komplex von Zeitschemata für die Handlungsplanung zugrunde, und zwar auf allen drei Ebenen.
    Im Hinblick auf das, was ich Error: java:org.exist.xquery.XPathException . exerr:ERROR XPTY0004: The actual cardinality for parameter 1 does not match the cardinality declared in the function's signature: kmg-util:quote-marks($rend as xs:string, $filename as xs:string, $mode as xs:string) item()*. Expected cardinality: exactly one, got 0. [at line 1044, column 47, source: /db/apps/sade/modules/kmg/transform.xqm] In function: kmg-util:quote-marks(xs:string, xs:string, xs:string) [1044:25:/db/apps/sade/modules/kmg/kmg-util.xqm] transformKMG:make-quote(node(), xs:string, item()*, xs:string, xs:string*) [733:17:/db/apps/sade/modules/kmg/transform.xqm] local:main(node(), xs:string, xs:string, xs:string, xs:string*) [76:21:/db/apps/sade/modules/kmg/transform.xqm]. XPTY0004: The actual cardinality for parameter 1 does not match the cardinality declared in the function's signature: kmg-util:quote-marks($rend as xs:string, $filename as xs:string, $mode as xs:string) item()*. Expected cardinality: exactly one, got 0.
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    nenne, muß sich die Mutter entscheiden, ob sie die Wartezeit des Säuglings verkürzen oder verlängern will; ob sie, wenn sie sich dem Säugling zuwendet, ihm einen Schnuller oder Nahrung gibt und also die Zeitstruktur ihrer Handlung an leicht kalkulierbaren Signalen und an einem eher physisch bestimmten Rhythmus orientiert, oder ob sie die Bedürfnisspannung mit differenzierter Interaktionszeit ausfüllt, z. B. dadurch, daß sie den Säugling auf den Arm nimmt, mit ihm umhergeht, auf ihn einspricht usw.
    In solchen Entscheidungen aber ist die Mutter schon nicht mehr ganz frei. Der institutionelle Zusammenhang des Haushaltes schränkt die Vielzahl zunächst möglich scheinender Alternativen ein. Beispielsweise müssen, um diesen Zusammenhang aufrecht zu erhalten, die verschiedenen Zeit-Ereignisreihen von Haushaltsführung, Berufstätigkeit, Interaktion mit den beteiligten Erwachsenen, Interaktion mit dem Kind in ein balanciertes Verhältnis zueinander gesetzt werden. Daß die Mutter vielleicht den Schnuller wählt, ist u. U. nur zu verstehen aus dieser Nötigung, verschiedene Handlungs-Zeit-Reihen zu synchronisieren, ist damit auch abhängig von denjenigen Schemata der Zeitstrukturierung, die je innerhalb dieser Reihen gelten.
    Schließlich entstehen Handlungspläne zwar auch unmittelbar in Interaktions-Situationen; aber sie folgen, besonders in ihren institutionalisierten Formen, übergreifenden kulturellen Mustern, in unserem Fall eben einem Zeithabitus, der nicht nur Situationen, sondern auch größere geschichtliche Distanzen umgreifen kann. Zu Komponenten dieses Habitus scheinen gegenwärtig und für unseren Kulturkreis die Uhr zu gehören und der mit ihr gesetzte Typus der Zeitmessung, das Denken und Handeln nach objektiven Zeitintervallen wie dem industriellen Arbeitstag, der Schulstunde, den Fahrplänen usw. – also jener Zeit-Habitus, der gelegentlich Error: java:org.exist.xquery.XPathException . exerr:ERROR XPTY0004: The actual cardinality for parameter 1 does not match the cardinality declared in the function's signature: kmg-util:quote-marks($rend as xs:string, $filename as xs:string, $mode as xs:string) item()*. Expected cardinality: exactly one, got 0. [at line 1044, column 47, source: /db/apps/sade/modules/kmg/transform.xqm] In function: kmg-util:quote-marks(xs:string, xs:string, xs:string) [1044:25:/db/apps/sade/modules/kmg/kmg-util.xqm] transformKMG:make-quote(node(), xs:string, item()*, xs:string, xs:string*) [733:17:/db/apps/sade/modules/kmg/transform.xqm] local:main(node(), xs:string, xs:string, xs:string, xs:string*) [76:21:/db/apps/sade/modules/kmg/transform.xqm]. XPTY0004: The actual cardinality for parameter 1 does not match the cardinality declared in the function's signature: kmg-util:quote-marks($rend as xs:string, $filename as xs:string, $mode as xs:string) item()*. Expected cardinality: exactly one, got 0.
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    im Unterschied zur Error: java:org.exist.xquery.XPathException . exerr:ERROR XPTY0004: The actual cardinality for parameter 1 does not match the cardinality declared in the function's signature: kmg-util:quote-marks($rend as xs:string, $filename as xs:string, $mode as xs:string) item()*. Expected cardinality: exactly one, got 0. [at line 1044, column 47, source: /db/apps/sade/modules/kmg/transform.xqm] In function: kmg-util:quote-marks(xs:string, xs:string, xs:string) [1044:25:/db/apps/sade/modules/kmg/kmg-util.xqm] transformKMG:make-quote(node(), xs:string, item()*, xs:string, xs:string*) [733:17:/db/apps/sade/modules/kmg/transform.xqm] local:main(node(), xs:string, xs:string, xs:string, xs:string*) [76:21:/db/apps/sade/modules/kmg/transform.xqm]. XPTY0004: The actual cardinality for parameter 1 does not match the cardinality declared in the function's signature: kmg-util:quote-marks($rend as xs:string, $filename as xs:string, $mode as xs:string) item()*. Expected cardinality: exactly one, got 0.
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    genannt wird. Derartige Error: java:org.exist.xquery.XPathException . exerr:ERROR XPTY0004: The actual cardinality for parameter 1 does not match the cardinality declared in the function's signature: kmg-util:quote-marks($rend as xs:string, $filename as xs:string, $mode as xs:string) item()*. Expected cardinality: exactly one, got 0. [at line 1044, column 47, source: /db/apps/sade/modules/kmg/transform.xqm] In function: kmg-util:quote-marks(xs:string, xs:string, xs:string) [1044:25:/db/apps/sade/modules/kmg/kmg-util.xqm] transformKMG:make-quote(node(), xs:string, item()*, xs:string, xs:string*) [733:17:/db/apps/sade/modules/kmg/transform.xqm] local:main(node(), xs:string, xs:string, xs:string, xs:string*) [76:21:/db/apps/sade/modules/kmg/transform.xqm]. XPTY0004: The actual cardinality for parameter 1 does not match the cardinality declared in the function's signature: kmg-util:quote-marks($rend as xs:string, $filename as xs:string, $mode as xs:string) item()*. Expected cardinality: exactly one, got 0.
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    sind relativ gleichgültig gegenüber dem Erleben innerer Dauer, greifen deshalb auch stärker, als wir uns in der Regel bewußt sind, in die individuellen Bildungsprozesse ein. Die für die Ebene der einfachen Interaktion oben behauptete Alternative einer kurzzeitigen Befriedigung des Säuglings und einer zeitlich gedehnten Interaktion hat es vermutlich mit diesem Habitus zu tun. Wir müssen deshalb in der Regel auch besondere Anstrengungen aufbringen, wenn wir aus pädagogischer Vernunft Maximen zu befolgen versuchen, die jenem Habitus nicht entsprechen. Dazu aber müssen wir, wie bei den institutionellen Handlungsregeln, auch vom Habitus seine historische Genese, seine Geltungsgründe und Geltungsgrenzen kennen.
Sinnfälliger noch wird die Frage der erziehungspraktischen Bedeutung von Zeitanalysen am Beispiel der Schule. Daß die Schulen in den hochindustrialisierten Ländern im Regelfall einem Habitus folgen, den man Error: java:org.exist.xquery.XPathException . exerr:ERROR XPTY0004: The actual cardinality for parameter 1 does not match the cardinality declared in the function's signature: kmg-util:quote-marks($rend as xs:string, $filename as xs:string, $mode as xs:string) item()*. Expected cardinality: exactly one, got 0. [at line 1044, column 47, source: /db/apps/sade/modules/kmg/transform.xqm] In function: kmg-util:quote-marks(xs:string, xs:string, xs:string) [1044:25:/db/apps/sade/modules/kmg/kmg-util.xqm] transformKMG:make-quote(node(), xs:string, item()*, xs:string, xs:string*) [733:17:/db/apps/sade/modules/kmg/transform.xqm] local:main(node(), xs:string, xs:string, xs:string, xs:string*) [76:21:/db/apps/sade/modules/kmg/transform.xqm]. XPTY0004: The actual cardinality for parameter 1 does not match the cardinality declared in the function's signature: kmg-util:quote-marks($rend as xs:string, $filename as xs:string, $mode as xs:string) item()*. Expected cardinality: exactly one, got 0.
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nennen könnte, liegt fast auf der Hand und ist von Kritikern der Schule in den letzten Jahren häufig diskutiert worden. Bildungsprozesse als schematische Zeit-Karrieren zu denken und jeweils den Zeiteinheiten entsprechende Lernquanten zuzuordnen, ist das innere Prinzip, die geheime Regel aller Schulreformen seit 150 Jahren, so wie es ein Pädagoge vor 200 Jahren als Programm formulierte:
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(12) E. Chr. Trapp: ø Unterricht überhaupt; in: Allgemeine Revision des gesamten Schul- und Erziehungswesens (1785–1792), Bd. VIII, S. 184
: nicht nur ein Programm, das nachdenklich macht, sondern auch eine zutreffende Prognose! Mit den Folgen eines solchen pädagogischen Habitus haben wir heute zu tun. Die Schematisierung der Zeit ist vermutlich ein notwendiges und wirksames Mittel, um gesellschaftspolitische Planungen zu koordinieren. Aber hat dieses Mittel nicht an den spezifischen Aufgaben der Erziehung und Bildung eine Grenze? Erschrecken wir nicht, wenn ein Jugendlicher so redet, wie im folgenden Zitat aus einem Interview:
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Die Herkunft des hier verwendeten und auf S. 77 wieder aufgegriffenen Interviewzitats ist unklar
Prägnanter als der Jugendliche das tut, kann auch der Wissenschaftler das Problem nicht formulieren; er kann es nur erläutern. Die Berufschancen dieses Jugendlichen, in die Zukunft gerichtet, sind eine genaue Reproduktion des herrschenden Habitus. Die Ähnlichkeit mit den Zeit-Fahrplänen der Eisenbahn ist frappant: ein Bildungsprozeß wird gedacht als das Durchlaufen von vereinheitlichten Zeit-Weg-Strecken, es gibt Gabelungen und Umsteigmöglichkeiten, man kann sich ‒ freilich in Grenzen ‒ auf die Ankunftzeiten verlassen usw. Aber dann folgt dieser letzte Satz: Error: java:org.exist.xquery.XPathException . exerr:ERROR XPTY0004: The actual cardinality for parameter 1 does not match the cardinality declared in the function's signature: kmg-util:quote-marks($rend as xs:string, $filename as xs:string, $mode as xs:string) item()*. Expected cardinality: exactly one, got 0. [at line 1044, column 47, source: /db/apps/sade/modules/kmg/transform.xqm] In function: kmg-util:quote-marks(xs:string, xs:string, xs:string) [1044:25:/db/apps/sade/modules/kmg/kmg-util.xqm] transformKMG:make-quote(node(), xs:string, item()*, xs:string, xs:string*) [733:17:/db/apps/sade/modules/kmg/transform.xqm] local:main(node(), xs:string, xs:string, xs:string, xs:string*) [76:21:/db/apps/sade/modules/kmg/transform.xqm]. XPTY0004: The actual cardinality for parameter 1 does not match the cardinality declared in the function's signature: kmg-util:quote-marks($rend as xs:string, $filename as xs:string, $mode as xs:string) item()*. Expected cardinality: exactly one, got 0.
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. Das heißt doch ‒ um im Bild der Fahrpläne zu bleiben ‒ vielleicht steige ich irgendwo aus und gehe zu Fuß weiter! (Das machen ja in der Tat auch viele Jugendliche.) Übersetzt: Die Wünsche für meine Zukunft sind mehr als das, was in diesen verzeitlichten Karrieren aufgeht; meine künftige Zeit gliedert sich vielleicht nach anderen Regeln als denen, die die Struktur des Bildungssystems bestimmen. Error: java:org.exist.xquery.XPathException . exerr:ERROR XPTY0004: The actual cardinality for parameter 1 does not match the cardinality declared in the function's signature: kmg-util:quote-marks($rend as xs:string, $filename as xs:string, $mode as xs:string) item()*. Expected cardinality: exactly one, got 0. [at line 1044, column 47, source: /db/apps/sade/modules/kmg/transform.xqm] In function: kmg-util:quote-marks(xs:string, xs:string, xs:string) [1044:25:/db/apps/sade/modules/kmg/kmg-util.xqm] transformKMG:make-quote(node(), xs:string, item()*, xs:string, xs:string*) [733:17:/db/apps/sade/modules/kmg/transform.xqm] local:main(node(), xs:string, xs:string, xs:string, xs:string*) [76:21:/db/apps/sade/modules/kmg/transform.xqm]. XPTY0004: The actual cardinality for parameter 1 does not match the cardinality declared in the function's signature: kmg-util:quote-marks($rend as xs:string, $filename as xs:string, $mode as xs:string) item()*. Expected cardinality: exactly one, got 0.
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als ein Individuum mit nur mir zugehöriger Eigentümlichkeit, bin noch da – aber ich kann mich eigentlich nur als Nachsatz, als Panne, als Verlegenheitslösung einbringen.
Jürg Jegge schildert in seinen Arbeiten aus der Erfahrung der Sonderpädagogik viele solcher Fälle
(13)J. Jegge: Dummheit ist lernbar, Bern 1976; ders.: Angst macht krumm, Bern 1979
. Den meisten dieser Fälle ist gemeinsam, daß sie in den Maschen der Karriere-Zeit-Netze hängenbleiben, daß sowohl der generelle pädagogische Habitus als auch die Organisation der pädagogischen Institutionen zu den Lernrhythmen ihrer eigenen Bildung nicht paßte, d. h. daß sie auf der Ebene einfacher Interaktion keine Erfahrungen mit der Strukturierung von Zeit machen konnten, die ihrer Eigentümlichkeit Raum gab.
Wenn also die eingangs ø Annahme Schleiermachers zutrifft – die ja übrigens von Piaget empirisch gestützt werden konnte –, das Bewußtsein des Kindes bilde sich in seiner Zeit-Dimension derart, daß es allmählich fähig wird, immer weitere und differenziertere Rückgriffe in die Vergangenheit und Vorgriffe auf die Zukunft vorzunehmen, dann ist die folgende Hypothese plausibel: Die Bildung der Individualität des Kindes wird um so besser gelingen, je mehr die Präsentation von Zeitschemata auf der Ebene der einfachen Interaktion eine Balance zwischen der historisch auferlegten Zeitstruktur und der individuellen Zeiterfahrung als erfüllter innerer Dauer und damit auch Reflexion zuläßt; denn – wie Luhmann/Schorr schreiben –
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(14)N. Luhmann/K. E. Schorr: Reflexionsprobleme im Erziehungssystem, Stuttgart 1979, S. 290
. Da nur diese, zugleich Reflexion und Vorausschau ermöglichende Zeit-Struktur der Interaktion das Kind an seiner eigenen Zukunft – und sei dies zunächst nur die nächste Stunde oder der nächste Tag – beteiligen kann, besteht das praktische Interesse meiner theoretischen Überlegungen in der Beantwortung der Frage, wie die Interaktion in pädagogischen Situationen beschaffen sein muß, um jene Reflexion und Vorausschau zu ermöglichen.
Aber das ist nur die eine Hälfte der Sache. Erinnern wir uns an Schleiermachers Forderung, daß jeder Lebensmoment seine Befriedigung in sich haben müsse und keiner, sei es ungewisser, sei es bis im einzelnen geplanter Zukunft Error: java:org.exist.xquery.XPathException . exerr:ERROR XPTY0004: The actual cardinality for parameter 1 does not match the cardinality declared in the function's signature: kmg-util:quote-marks($rend as xs:string, $filename as xs:string, $mode as xs:string) item()*. Expected cardinality: exactly one, got 0. [at line 1044, column 47, source: /db/apps/sade/modules/kmg/transform.xqm] In function: kmg-util:quote-marks(xs:string, xs:string, xs:string) [1044:25:/db/apps/sade/modules/kmg/kmg-util.xqm] transformKMG:make-quote(node(), xs:string, item()*, xs:string, xs:string*) [733:17:/db/apps/sade/modules/kmg/transform.xqm] local:main(node(), xs:string, xs:string, xs:string, xs:string*) [76:21:/db/apps/sade/modules/kmg/transform.xqm]. XPTY0004: The actual cardinality for parameter 1 does not match the cardinality declared in the function's signature: kmg-util:quote-marks($rend as xs:string, $filename as xs:string, $mode as xs:string) item()*. Expected cardinality: exactly one, got 0.
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werden dürfe! Diese pädagogische Maxime enthält nicht nur ein Prinzip des Handelns, sondern auch ein hermeneutisches Prinzip des Verstehens: Sie verlangt Respekt vor dem einzelnen Lebensmoment, wie auch Respekt vor der Error: java:org.exist.xquery.XPathException . exerr:ERROR XPTY0004: The actual cardinality for parameter 1 does not match the cardinality declared in the function's signature: kmg-util:quote-marks($rend as xs:string, $filename as xs:string, $mode as xs:string) item()*. Expected cardinality: exactly one, got 0. [at line 1044, column 47, source: /db/apps/sade/modules/kmg/transform.xqm] In function: kmg-util:quote-marks(xs:string, xs:string, xs:string) [1044:25:/db/apps/sade/modules/kmg/kmg-util.xqm] transformKMG:make-quote(node(), xs:string, item()*, xs:string, xs:string*) [733:17:/db/apps/sade/modules/kmg/transform.xqm] local:main(node(), xs:string, xs:string, xs:string, xs:string*) [76:21:/db/apps/sade/modules/kmg/transform.xqm]. XPTY0004: The actual cardinality for parameter 1 does not match the cardinality declared in the function's signature: kmg-util:quote-marks($rend as xs:string, $filename as xs:string, $mode as xs:string) item()*. Expected cardinality: exactly one, got 0.
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des Menschen und seiner nicht restlos verstehbaren Selbsttätigkeit. Dieser Zusammenhang von Lebensmomenten, Eigentümlichkeit und Selbsttätigkeit ist uns zugänglich in der autobiographischen Mitteilung, in der das Ich sich uns darstellt. Diese Darstellung des Ich aber geht nie in reiner Nur-Gegenwart auf, sondern enthält immer Rückgriffe auf Vergangenheit und Vorgriffe auf die Zukunft. Sie kann nicht eigentlich Error: java:org.exist.xquery.XPathException . exerr:ERROR XPTY0004: The actual cardinality for parameter 1 does not match the cardinality declared in the function's signature: kmg-util:quote-marks($rend as xs:string, $filename as xs:string, $mode as xs:string) item()*. Expected cardinality: exactly one, got 0. [at line 1044, column 47, source: /db/apps/sade/modules/kmg/transform.xqm] In function: kmg-util:quote-marks(xs:string, xs:string, xs:string) [1044:25:/db/apps/sade/modules/kmg/kmg-util.xqm] transformKMG:make-quote(node(), xs:string, item()*, xs:string, xs:string*) [733:17:/db/apps/sade/modules/kmg/transform.xqm] local:main(node(), xs:string, xs:string, xs:string, xs:string*) [76:21:/db/apps/sade/modules/kmg/transform.xqm]. XPTY0004: The actual cardinality for parameter 1 does not match the cardinality declared in the function's signature: kmg-util:quote-marks($rend as xs:string, $filename as xs:string, $mode as xs:string) item()*. Expected cardinality: exactly one, got 0.
Offending node: TEI/text[2]/body/div/div[5]/p[10]/q[3]
, sondern nur hermeneutisch rekonstruiert werden. In ihr versuchen wir – Erwachsene wie Kinder und Jugendliche – all dies zusammenzuhalten: die Ereignisfolgen einzelner erinnerter Handlungen bzw. Interaktionen, die dabei erlebte innere Dauer, die Gleichzeitigkeit unähnlicher und die Ungleichzeitigkeit ähnlicher Situationen, ihre chronologische Staffelung, die erworbenen und auferlegten Zeitschemata der historischen Lage, die Erinnerungsdistanzen über einen Lebenslauf usw. Was das Individuum im Prozeß seines Erwachsenwerdens für sich selbst und für andere jeweils ist und wird, das ist also wesentlich zugänglich über die Zeitstrukturen, in denen es seine Darstellung dieses Prozesses ordnet.
Erziehung, wo sie gut ist, besteht immer auch aus solchen Mitteilungen, solchen Darstellungen eigener Erinnerung, in der nicht nur das im Augenblick gegebene Zeitbewußtsein, nicht nur die Zeitstruktur des Lebenslaufs, sondern auch die historische Tiefe und die in die Zukunft ausgreifende Kraft sich ø. Ich denke, daß Peter Handke in seiner Rede aus Anlaß der Verleihung des Büchner-Preises das sehr schön formuliert hat:
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(15)P. Handke: Als ø noch geholfen ø, Frankfurt 1974, S. 80
.