Hier ist vermutlich die mittelhochdeutsche
höfische Legende Gregorius oder Der gute Sünder von Hartmann von Aue,
geschrieben etwa zwischen 1186 und 1190, gemeint. Sie wurde von Thomas Mann in seinem Werk
Der
Erwählte aus dem Jahr 1951 intensiv bearbeitet. [Lisa-Katharina Heyhusen]
Editorial Note
Sinngemäß aus
Schiller:
„... so muß man diesen Zustand der realen
und aktiven Bestimmbarkeit den ästhetischen heißen.“
Schillers Über die ästhetische Erziehung des Menschen, in
einer Reihe von Briefen (1795), S. 242
[Lisa-Katharina Heyhusen]
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unter der
Leitung von Mechthild Dehn hat
Klaus Mollenhauer am 27. Januar 1998 in die Universität Hamburg eingeladen, nachdem wir uns mehrere Sitzungen
mit seinem Buch Grundfragen ästhetischer
Bildung befaßt hatten. Uns beschäftigte die Frage,
ob sich seine Ergebnisse zur ästhetischen Rezeptivität und Produktivität von
Kindern und Jugendlichen im Bereich Musik und bildende Kunst auch auf
Erfahrungen von Kindern an Literatur und bildender Kunst und für den Ausdruck
dieser Erfahrung im Modus des Schreibens übertragen lassen. Schließlich kamen
wir auf die Idee, diese Frage an ihn persönlich heranzutragen. Er hatte für
unsere Fragen sofort ein offenes Ohr, obwohl er dafür seine
„Disziplin“
verlassen mußte. Diese
„Interdisziplinarität“
war dann auch der Grund dafür, warum Mollenhauer
keinen Vortrag im engeren Sinne halten wollte, sondern seine
„Anmerkungen“
als Diskussionsbeitrag verstanden wissen wollte. Wir
bereiteten die Diskussion vor, indem wir ihm ein Papier mit Überlegungen und
Fragen zu seinem Buch (vgl. S. 98ff.) und mit Kindertexten aus zwei dritten
Klassen (vgl. S. 96f.) zu den Mädchen am Meer von Edvard Munch (vgl. S.
95) zuschickten. Weil sich Mollenhauer in seinem Diskussionsbeitrag
immer wieder auf unser Papier bezieht, ist es im Anhang abgedruckt, damit die
Diskussion von den LeserInnen dieses Buches nachvollzogen werden kann.
[V86:2] Klaus Mollenhauer hielt dann, obwohl er sich nur Stichworte auf einem
Blatt Papier notiert hatte, einen als Diskussionsbeitrag deklarierten Vortrag,
der das gesamte Auditorium sehr beeindruckte und der verloren gegangen wäre,
wenn wir ihn nicht auf Tonband aufgezeichnet hätten. Klaus Mollenhauer ist am
18. März 1998 gestorben. Deshalb konnten wir mit ihm nicht mehr über eine
Veröffentlichung dieses Diskussionsbeitrags sprechen. Wir halten den Beitrag
aber für überlieferungswürdig, weil er die Arbeit von
„SchreibforscherInnen“
aus ästhetischer Perspektive so fundiert
beleuchtet, daß damit die Diskussion in diesem Zusammenhang vorangetrieben
werden kann. Deshalb sind wir mit Frau Mollenhauer
übereingekommen, den Beitrag in diesem Buch abzudrucken.
[V86:3] Frau Uhle,
der wir zu großem Dank verpflichtet sind, hat den Beitrag von der Kassette
transkribiert, und wir haben ihn nur insofern bearbeitet, daß wir Passagen
extremer Mündlichkeit in eine gemäßigte Mündlichkeit, die sich auch in der
Schriftform lesen läßt, übertragen haben. Außerdem haben wir zur Verdeutlichung
von Bezügen an manchen Stellen Fußnoten eingefügt und am Ende die Literatur
verzeichnet, auf die sich Klaus Mollenhauer mit seinem Beitrag bezogen hat. Wir
hoffen, daß durch die Beibehaltung der Vortragsform etwas vom Esprit des
Vortrags auf die LeserInnen übergeht. Steffi
Habersaat / Norbert Neuß
|a 84|
[V86:4] Ich bedanke mich bei Ihnen, daß Sie mich eingeladen haben, aber in den Dank mischt sich eine Beklommenheit hinein. Die Fragen, die Sie eigentlich interessieren, sind solche, für die ich mich nicht besonders kompetent fühle. Ich verstehe von der Linguistik nichts, ich verstehe von der Texttheorie oder von den Übergängen zwischen Oralität und Literalität nichts. Ich nehme diese Forschungen mit Bewunderung zur Kenntnis und kann jetzt nur mir eine Meinung darüber bilden, wie denn das, was unser Interesse in diesem Buch1
1Gemeint ist Mollenhauer 1996.
gewesen ist, und das, was Ihr Forschungsvorhaben2
2Vgl. Dehn
1993, 1996 und Dehn/Habersaat/Weinhold 1998
über lange Zeit hin ist, wie
das zusammenhängt – ob man da eine Brücke bauen kann oder nicht.
[V86:5] Das ist auch der Grund, warum ich gleich zu Anfang gesagt habe, ich halte keinen Vortrag, weil es mir sicher nicht gelungen wäre, in knapper Zeit eine Argumentation zu entwickeln, die einigermaßen befriedigen kann. Also laß ich mich auf die Fragen ein, die kritischen und zum Teil ja sehr an die Wurzel gehenden, die Sie in dem mir zugesandten Fragenpapier formuliert haben. Ich möchte das in drei verschiedenen Themenkreisen tun: Ich möchte zunächst etwas Grundsätzliches sagen, nur etwas, nicht das Grundsätzliche zum Problem ästhetischer Bildung, und zwar solche Fragen aufnehmen, die in ihrem Text mir kritisch vorgehalten worden sind. Ich möchte zweitens etwas sagen über ästhetische Erfahrung zwischen Bild, Musik, Wort, Schrift. Also zu der Frage: Ist es vielleicht allzu künstlich, dort Zusammenhänge sehen zu wollen, oder liegt es in der Natur der Sache, daß es Zusammenhänge gibt, also das Differente und das vielleicht Allgemeine benennen. Drittens will ich mich einlassen auf die kindlichen Dokumente3
3Siehe Seite 96-97, Kindertexte.
,
und Sie sehen schon, in der Abfolge der Themen nimmt zugleich meine
Kompetenz immer weiter ab. Im letzten Schritt bin ich am wenigsten
kompetent, habe trotzdem mir ein Herz gefaßt und mir dazu ein paar Gedanken
zu machen gewagt.
Grundsätzliches zur ästhetischen Bildung
[V86:6] Da habe ich drei von Ihnen formulierte Fragen aufgenommen: erstens
die Frage nach der Verwendung des Ausdrucks
„Kunstförmigkeit“
, zweitens die Frage, warum wir uns eigentlich an
der klassischen Moderne orientieren, und drittens die Frage, ob eine
Orientierung am Werk eigentlich noch zeitgemäß ist. Zu diesen drei Fragen
will ich nun etwas sagen, ohne daß ich damit beanspruchen kann, eine
triftige Argumentation vorzulegen.
[V86:7] Wir – ich sage immer wir, weil unser Buch ein Gemeinschaftsprodukt
ist, obwohl mein Name drüber steht – haben den Ausdruck
„Kunstförmigkeit“
verwendet in der vielleicht irrigen Annahme, daß er
nicht mißverstanden werden könne, so, als betrachten wir das, was Kinder
produzieren, als Kunst oder als würden wir der ästhetischen Tätigkeit von
Kindern etwa vorschreiben, sie sollen sich nun auf den Weg einer Tätigkeit
bege|a 85|ben, an deren Ende das steht, was in unserer
Kultur Kunst genannt wird. Wir meinen damit etwas, das in der Geschichte der
ästhetischen Theorie, zum ersten Mal ganz deutlich bei Karl Philipp Moritz, eine Rolle
spielt, nämlich die Unterscheidung zwischen Wahrnehmung überhaupt und einer
Wahrnehmung dessen, was unter dem Namen Kunst als besondere kulturelle
Figuration auftaucht. Also eine Abgrenzung zwischen dem, was man
„Aisthesis“
als Nachdenken über Wahrnehmungsvorgänge
überhaupt nennen könnte und dem, was im engeren Sinne Ästhetik heißt, als
die Auseinandersetzung eben mit einer bestimmten Sorte von kulturellen
Ereignissen. Das ist der eine Gedankengang, der uns dahin geführt hat, den
Ausdruck
„Kunstförmigkeit“
zu wählen, und der zweite
betrifft den Erwachsenen. Vielleicht ist das eine sehr heikle Unterstellung,
die wir da gemacht haben. Ich denke jedenfalls, daß niemand pädagogisch
handeln kann und auch niemand pädagogisch argumentieren kann, ohne sich
selbst dabei in irgendeiner Weise ins Spiel zu bringen. Wir sind keine
Tabula rasa. Was man früher den Kindern untergeschoben hat, sind wir nun
schon gar nicht, auch wenn wir uns dessen, was uns als kulturelle Erfahrung
eingeschrieben ist, nicht immer ganz bewußt sind. Wir sind also Erwachsene,
und als Erwachsene sind wir Teilnehmer an einer Kultur. Insofern innerhalb
dieser Kultur Kunst irgendeinen Ort hat, irgendeinen noch als relevant zu
bezeichnenden Ort, sind wir auch Teilnehmer an den Diskursen, die über Kunst
geführt werden. Insofern ist der Blick auch des wissenschaftlichen
Beobachters auf die ästhetische Tätigkeit von Kindern ein kunstförmiger. Der
Blick hat sozusagen die Form der Orientierung an Kunst angenommen.
[V86:8] Verursacht wurde vielleicht ein Unbehagen an diesem Ausdruck
dadurch, daß wir überhaupt nicht durchgehend, aber in einem Kapitel
jedenfalls Beispiele aus der Kunstproduktion, also der Bildenden Kunst wie
Musik verwendet haben, die schon etwas zurückliegen. Wir haben den Kindern
einigermaßen gelungene Kunstwerke vorgespielt oder vorgestellt. Da konnte
natürlich die Meinung entstehen, obwohl ich glaube, daß wir keinen Satz
geschrieben haben, der das bestätigen könnte: Die wollen also die Kinder an
die Kunst heranführen, an das, was innerhalb unserer Kultur an Kunstobjekten
existiert.
[V86:9] Aber kunstförmig heißt zunächst einmal nur, daß in unserem Kopf, in
dem Kopf des wissenschaftlichen Beobachters, die kulturelle Tatsache Kunst
ihre Bedeutung bekommt, daß dies eine Rolle spielt und daß unser Blick
dadurch mitbestimmt wird. Das ist also das Problem der Kunstförmigkeit.
[V86:10] Die zweite von Ihnen aufgeworfene Frage, ist vielleicht schon
schwerer zu beantworten: Nämlich warum in unserer ganzen Argumentation und
vielleicht sogar in den Arrangements der empirischen Situationen wir uns |a 86|an der klassischen Moderne orientiert hätten. Ich
will sagen, an diesem Einwand ist etwas dran. Und nun nenne ich das, was ich
sage, einfach eine Überzeugung. Das ist sozusagen das Wackeligste, was man
hat – das ist kein Argument, das ist nur einfach eine Überzeugung. Ich bin
der Überzeugung, daß nach wie vor das, was innerhalb der sogenannten
klassischen Moderne an Formbeständen erarbeitet wird, unseren gegenwärtigen
Blick auf Kunst bestimmt oder mitbestimmt, jedenfalls so hinreichend
mitbestimmt, daß man immer noch auf sie blicken kann, wenn man mit Hilfe
dieses Blicks auf Kinder blicken kann. Das klingt nun zugegebenermaßen
vielleicht ein bißchen konservativ. Ich hätte dagegen gar nichts
einzuwenden, denn auf der anderen Seite der Argumentation steht man, glaube
ich, auch nicht sehr gut gewappnet da. Man müßte ja Prognosen machen im
Hinblick auf die Kunstentwicklung innerhalb unserer Kultur. Ich getraue mich
nicht, irgendeine Prognose zu machen im Hinblick auf das, was in 10, 20 oder
30 Jahren in der Kunstszene passiert. Ich getraue mich höchstens zu sagen,
daß es immer, auch in den nächsten Jahrzehnten, eine ganze Reihe von
Künstlern gibt, die sich aktiv am Kulturprozeß beteiligen, für die diese
klassische Moderne immer noch einer von mehreren Ausgangspunkten ist. Ich
sehe keinen Mangel darin, sich an der klassischen Moderne zu orientieren,
sondern eher einen Vorteil.
[V86:11] Und nun kommt die dritte grundsätzliche Frage. Das ist nun die
schwierigste, auf die ich gar keine Antwort weiß, nicht mal eine Überzeugung
– vielleicht doch den Hauch einer Überzeugung. Nämlich der Vorwurf, wir
orientierten uns am Werk und nicht am Prozeß, wo doch der Prozeß auch in der
gegenwärtigen Kunstproduktion eine immer größere Rolle spielt. Da muß ich
nun ganz naiv bekennen, ich kann mir einfach nichts anderes vorstellen, als
sich am Werk zu orientieren, an irgendeiner Art von Werk. Auch das
Happening, um auf eine frühere Variante von Prozeßkunst zu kommen, ist ein
Werk. Es hat einen Anfang, es hat ein Ende, man ist Beobachter, man kann es
sogar auf Tonbänder und auf Videobänder aufzeichnen, man hat ein Objekt.
Statt Werk sollte man vielleicht besser sagen Figuration, weil schon der
Ausdruck Werk vielleicht konservative Konnotationen hat, die ich hier gerne
außer acht lassen möchte. Jede Art von Videoinstallationen würde ich ein
Werk nennen, aber wenn andere Vokabeln weniger mißverständlich sind, könnte
ich mich darauf sofort einlassen. Ich kann mir nur nicht vorstellen, was
Gegenstand des Nachdenkens ist, wenn das Werk herabsinkt zu einer
„quantité négligeable“
. Ich werde eine kleine Geschichte
erzählen:
[V86:12] Thomas
Mann hat ein kleines Erzählfragment hinterlassen, das
eigentlich zu den Josefs-Romanen gehört, das er dort aber nicht aufgenommen hat.
Der junge Josef,
15 oder 16 Jahre alt, spielt dort ein Spiel mit sich selbst. Er hat von
einem seiner Vorfahren Geschichten gehört, und diese |a 87|Geschichten haben ihn so beeindruckt, daß er sich, wie wir heute sagen
würden – Thomas Mann drückt
sich etwas feiner aus – identifiziert. Er hat also identifizierend sich
hineinphantasiert in diesen Ennoch, so hieß der Vorfahr, und diese Phantasien waren ihm eine
Quelle wunderbarster Erzählungen, die er besonders seinem jüngeren Bruder
Benjamin weitergegeben hat.
[V86:13] Man kann also sagen, der junge Josef benutzt ein Stück der
Erinnerung, um seine Phantasie reichhaltig spielen zu lassen. Es ist ein
innerer Prozeß, der hier eine Rolle spielt, und Thomas Mann sagt dann:
„Ja,
ja diese Kindereien.“
Er nennt das Kinderei. Sagt, er wird dann
sehen, wenn er älter wird – und wir alle wissen das –, wird aus dem Spiel
Ernst, ohne daß dadurch das Spiel verschwindet. Wann wird es ernst? Dann,
wenn es zum Objekt gerinnt. Wenn eine Erzählung daraus gemacht wird, egal ob
der Josef
die Erzählung dem Pharao Echnaton später in Ägypten erzählt oder ob Thomas Mann sich hinsetzt und diese Geschichte aufschreibt. Wie auch immer dieses Phantasiespiel dokumentiert werden soll, es muß in irgendeiner Weise zu einem Dokument kommen, erst dann ist das ein Spiel, das auch Ernst beanspruchen kann. Ein ernstes Spiel sozusagen.4
4Vgl. dazu:
Mollenhauer
1998.
[V86:14] Nun werden Sie sagen, kein Wunder, Thomas Mann, ein traditionalistischer Autor,
daß der natürlich ans Werk glaubt und nicht an den Prozeß, ist klar, aber
ich würde mich an diesem Punkt mit Thomas Mann gern gemein machen. Die Frage ist: Was heißt Prozeß,
oder was heißt ein Ausdruck wie
„offenes
Handlungskonzept“
? Worauf bezieht sich ein solcher Ausdruck? Hat er
irgend etwas zu tun mit der ästhetischen Erfahrung, oder ist der Ausdruck
„offenes Handlungskonzept“
ein Terminus, der eigentlich
ein Problem des unterrichtlichen Handelns zur Sprache bringt? Ob das offen
oder geschlossen sein kann, das ist mir unklar. Gesetzt den Fall, es gibt
ästhetische Erfahrung nur als Prozeß, dann frage ich mich: Wie ist das
empirisch zugänglich? Wenn das Werk keine Rolle spielen sollte, wie ist dann
ästhetische Erfahrung als Prozeß möglicher Gegenstand der empirischen
Beobachtung? Meine Phantasie versagt vollständig an dieser Stelle. Ich wüßte
gar nicht, wohin ich gucken oder hören soll, um nun dessen, was Prozeß sein
soll, irgendwie habhaft zu werden.
[V86:15] Nun wird damit die Frage verbunden, ob ich nicht noch einem
Subjekt-Objekt-Dualismus anhängen würde. Ich würde sagen: Ja, so ist es. Ich
weiß nicht, ob ich das Dualismus nennen soll, aber ich kann mir keine
Denkbewegung vorstellen, in der das Denken nicht einen Gegenstand des
Denkens hätte. Mindestens im Hinblick auf das Denken kann ich mir nicht
vorstellen, wie die Differenz zwischen dem denkenden Ich und dem Gedachten,
wie diese Differenz verschwinden könnte. Eine ganz andere Frage ist, ob wir
das handelnde Subjekt als systemisch verbunden mit vielen anderen Subjekten
und nicht nur mit Subjekten denken, so daß es keine einlinigen |a 88|Bewegungen mehr gibt, keine einlinigen Kausalitäten,
weil sie systemisch sozusagen in Kreisprozessen angeordnet werden müssen.
Auch die Eindeutigkeit des
„Sich-etwas-zum-Objekt-Machens“
im Denken ist nicht der Wahrheit
letzter Schluß. In Bezug auf das Subjekt des Denkens kann ich mir
schlechterdings nicht vorstellen, wie man plötzlich sagen kann, Descartes hätte
unrecht gehabt. Ich weiß, daß ich nicht im Mainstream mich bewege mit dieser
Meinung, aber mich haben die anderen Argumentationen – bisher jedenfalls –
noch nicht überzeugt.
Ästhetische Erfahrung zwischen Bild, Musik, Wort, Schrift
[V86:16] Mir scheint – obwohl ich diese Frage nicht wirklich gründlich
bedacht habe –, daß wir vielleicht Fehler machen, wann immer wir von
Ästhetik, von ästhetischer Bildung sprechen, so, als sei das ein
Allgemeines. Was vielleicht hilfreich wäre, wäre die Suche nach einer
differentiellen Ästhetik, ohne immer schon auf das Allgemeine dessen, was
das Wort ästhetisch aussagen soll, zu schielen, z.B. sich anzugucken,
welcher Art ästhetische Erfahrungen im Medium des Visuellen sind. Beim
Auditiven konzentriere ich mich auf das Ohr und versuche zunächst einmal zu
vergessen, was ich alles vom Auge her weiß. Also eine Ästhetik des Ohres –
sagen wir mal: des Hörens. Im Falle von Wort und Schrift wird es noch
schwieriger, weil sowohl das Ohr wie auch das Auge eine Rolle spielen. Aber
welche Funktion hat das Auge, wenn es Schriftzeichen entziffert? Ist da die
Funktion des Auges vergleichbar der Funktion, die das Auge erfüllt, wenn ich
einen Baum vor dem Fenster sehe oder wenn ich einen gemalten Baum irgendwo
hängen sehe. Ich vermute, und ich hab es auch schon angedeutet, daß diese
Differenz zusammenhängt mit der anderen Stellung zur Sinnentätigkeit.
[V86:17] Man müßte noch viel genauer wissen, als wir das wissen, ob z.B.
bei Kindern ein Unterschied gemacht wird zwischen den visuellen und den
akustischen Erfahrungen, ob ganz andere Qualitäten in dem einen oder dem
anderen enthalten sind, die man nicht immer schon unter das allgemeine Wort
„ästhetisch“
subsumieren sollte. Damit hängt zusammen, was Sie an unserem Zirkel5
5Vgl. Mollenhauer 1996, S.
31.
bemängelt haben. Sie haben
gemeint, der sei defizitär, wenn man ihn auf Wort und Schrift anwenden
wollte. Die entscheidende Erweiterung, die Sie vorgeschlagen haben, betrifft
den Ausdruck
„Welt“
. Nun könnte ich mich damit schnell
arrangieren und sagen, ja richtig, das haben wir vergessen und zwar deshalb,
weil natürlich überhaupt keiner unserer Sinne in irgendeiner Weise sich auf
ästhetische Erfahrung konzentrieren kann, ohne Informationen rezeptiv in
sich aufgenommen zu haben. Also muß man das nicht ausdrücklich
thematisieren. Aber ich habe nichts gegen eine ausdrückliche Thematisierung
und würde das als eine Bereicherung dieses Zirkels empfinden.
|a 89|
[V86:18] Nun könnte es allerdings sein, daß, wenn ich so schnell klein
beigebe, die Schwierigkeit des Problems zugedeckt wird. Denn es steckt darin
ja die Frage, was jetzt im Falle von Schrift und Wort eigentlich geschieht,
wenn Eindrücke von außen aufgenommen werden.
„Welt“
heißt
jetzt:
„Sinnlich zugängliche Eindrücke von außen“
. Wie
läuft das bei der Schrift ab? Es könnte wirklich sein, daß dieser Vorgang
bei Schrift und Wort völlig anders aussieht als beim Bild oder bei der
Musik.
[V86:19] Ich sehe jedenfalls ein Problem, so daß ich einerseits sage,
Weltbezug ist in Ordnung, Weltbezug schreiben wir mit ins Modell,
andererseits denke ich, da habe ich mir vielleicht ein Problem eingehandelt,
dessen Folgen ich noch gar nicht übersehen kann.
[V86:20] Das, worauf ich überhaupt nicht verzichten würde, wäre die
zentrale Funktion des Ausdrucks
„Empfindung“
. Dieser
könnte bei mir nicht einfach verloren gehen. Allerdings steckt
glücklicherweise in dem Ausdruck
„Empfindung“
schon
beides drin, denn etwas, was ich empfinde, kommt von außen herein, sonst
gibt es keine Empfindung. Der Begriff Empfindung ist mir deshalb wichtig –
und nun komme ich doch mit einer etwas pathetischen Vokabel – von der ich
nicht lassen kann, daß ästhetische Erfahrung die Erfahrung einer fingierten
Autonomie ist. Und wenn es fingierte Autonomie ist, dann betrifft es zentral
und vor allem das Selbst. Nicht was mit der Welt passiert, sondern was mit
dem Selbst passiert, steht dann im Mittelpunkt. Das hätte ich auch zu
überlegen, wenn ich vom Weltbezug spreche. Statt Empfindung könnte man
sagen, es geht also offenbar um Einbildungskraft oder mit dem Fremdwort: um
Imagination.
[V86:21] Wie ist eigentlich der Unterschied beschaffen, der Tätigkeit der
Einbildungskraft beim Bild und beim Wort? Oder auf die Sinnesorgane bezogen
– wie operiert die Einbildungskraft, wenn sie durch das Auge oder durch das
Ohr in Gang gesetzt wird? Oder was aktiviert die Einbildungskraft, wenn sie
sich visueller oder auditiver Erinnerungen bedient? Oder was ist der
Unterschied zwischen einer imaginierten Empfindung und andererseits einer,
wenn man so sagen darf, unmittelbar empfundenen Empfindung? Die imaginierte
Empfindung ist doch offenbar nicht dasselbe wie die tatsächliche Empfindung.
Das sind meine Fragen, die ich gerne argumentativ zureichend bearbeiten
würde, aber nicht zureichend bearbeiten kann. Jedenfalls nicht heute.
Gedanken zu sechs kindlichen Dokumenten
[V86:22] Jetzt zu den Kindertexten. Dieser Akt kommt mir vor wie eine
Prüfung. Mir wird da ein Text vorgelegt. Ich erinnere mich an meine
Promotion. Ich kriegte da einen Text, der war aus dem Gregorius von Hartmut von der Aue, ein mittelhochdeutscher Text: hier
nun Lesen, Grammatik bestimmen, Übersetzen usw.
|a 90|
[V86:23] Ich hatte beim Lesen, wie sagt man, gemischte Empfindungen, und
das sind ja die spannenden. Aus diesen gemischten Empfindungen nicht nur
beim Betrachten des Bildes, sondern auch bei den Texten, entstand bei mir
zunächst die Frage, worüber soll eigentlich nachgedacht werden, oder worüber
soll ich jetzt nachdenken? Es gibt drei Fragen, anhand derer über diese
sechs Dokumente nachgedacht werden kann. Die erste Frage würde ich so
formulieren: Welche Art von schreibender Tätigkeit stimuliert das Bild
einschließlich der Situation? Die zweite Frage wäre: Bringen die Texte
ästhetische, visuelle Erfahrung zur Sprache? Und die dritte Frage ist: Sind
die Texte selbst ästhetische Gegenstände?
1.Welche Art von schreibender Tätigkeit
stimuliert das Bild?
[V86:24] In fast allen Texten kommen Formulierungen vor, die ich
ikonographische Beschreibung nennen will: z.B.
„Frauenversammlung“
,
„Strand“
,
„Boot“
usw. Die sind natürlich nicht so, wie Panofsky sich das denkt, aber es sind ikonographische Beschreibungen auf dem einfachsten Niveau.6
6Vgl. Panofsky 1964b. Panofsky versucht den visuellen Ausdruck durch eine
Schichtentheorie des Bildes zu fassen und das Bild in drei Schichten
(Phänomensinn, Bedeutungssinn, Wesenssinn) sprachlich zu
zergliedern.
Dann tauchen narrative Assoziationen auf: z.B.
„warten“
,
„ärgern“
,
„auslachen“
,
„quälen“
u.a. Die dritte Sorte
schreibender Tätigkeit nenne ich identifizierende Selbstbeteiligung. Diese
gibt es nicht in allen Texten, aber in vielen: z.B.
„ich“
oder auch indirekt
„ein Junge ärgert die Mädchen“
– das
ist eine Aussage, die hin- und herschwankt, die hat eine ganz feine
Ambivalenz für den Interpreten, weil offen bleibt, ob sie identifikatorisch
oder nur deskriptiv ist. Die vierte Sorte sind Metaphern, also metaphorische
Beschreibungen, und dazu rechne ich nun auch Synästhesien, obwohl das
vielleicht nicht ganz streng aufrechtzuhalten ist im Hinblick auf den
Ausdruck Metapher. Also etwa:
„alter See“
,
„süßes Wasser“
,
„wie Glas“
,
„wie eine Qualle“
usw. – tolle Einfälle haben die Kinder
da gehabt.
2.Bringen die Texte ästhetische visuelle
Erfahrungen zur Sprache?
[V86:25] Jetzt muß ich ein Zusatzkriterium haben, denn meine Kategorien
geben noch nichts her zur Beantwortung der Frage, ob da eine ästhetische
visuelle Erfahrung formuliert ist. Ich verzichte auf eine Definition, das
kann ich eben nicht, sondern jetzt gehe ich genauso vor, wie wir in unserem
Projekt auch zunächst vorgegangen sind. Wir haben gesagt: Laß uns mal das
ganze Begriffliche zunächst einmal lassen. Jetzt schreiben wir einfach mal
auf, was uns einfällt. Tun wir mal so, als wüßten wir alle, was ästhetische
visuelle Erfahrung ist. In Wirklichkeit wissen wir es nicht, aber tun wir
mal so. Was fällt mir auf, wenn ich mit einer Art kategorial nicht gut
zugeschnittener Wünschelrute an die Texte herangehe? In allen vier
Kategorien sind solche sprachlichen Wendungen enthalten, die ich, vielleicht
etwas überheblich, ästhetisch visuelle Erfahrung nenne; nämlich
„weißes Kleid“
,
„rotes Kleid“
,
„kehren dem Jungen den Rücken zu“
,
„alter See mit |a 91|Strand“
,
„das
Wasser schmeckte sehr süß“
,
„ich bin auf dem Boot
mitgefahren“
,
„die Steine sind verwischt“
,
„acht Frauen“
. Bei
„acht Frauen“
habe
ich eine Weile überlegt, ob es das ist. Es ist schwer zu entscheiden, ob es
acht Frauen waren oder nicht. Es waren wahrscheinlich weniger. Aber welche
Art von Konzentration oder welche Art von Aufmerksamkeit bringt diese
sprachliche Form zum Vorschein, hinter der diese besondere Art von
ästhetischer Aufmerksamkeit steht? Bringen die Texte ästhetisch visuelle
Erfahrung zur Sprache? Ich sage: Ja, bringen sie – wenn man diese Beispiele,
die ich beschrieben habe, akzeptieren mag als
„Protokollaussagen“
einer selbstgemachten visuell ästhetischen
Erfahrung.
3.Sind die Texte selbst ästhetische
Gegenstände?
[V86:26] Nun wird es ganz abenteuerlich, denn jetzt muß jeder einzelne Text
als Ganzes in den Blick kommen. Mit dieser Frage habe ich mich unglaublich
schwer getan, und ich wollte schon sagen: Nein, da laß ich mir lieber von
Ihnen was erzählen, weil mir dazu nichts einfällt. Aber dann hab ich beim
Herumlesen und bei der Suche nach Schützenhilfe etwas gefunden: Havelocks Oralitätshypothese7
7Vgl. Havelock
1992
. Seine Behauptung ist diese: Ungefähr 700 v. Chr.
vollzog sich ein Übergang von einer durch und durch oral bestimmten Kultur
in eine alphabetische. Das ist nicht gleichbedeutend dem Übergang von einer
oralen Kultur zu einer, die in irgendeiner Form Schriftzeichen verwendet,
sondern das Alphabetische ist wichtig, keine Silbenschrift und keine
Bilderschrift. Das ist – so die Behauptung (und ich denke, das ist auch
philologisch-historisch klar) – die Erfindung der Griechen: das Alphabet. In
dieser Situation passierte eine Trennung des poetischen vom
philosophisch-wissenschaftlichen Diskurs. Vor dem war nämlich das, was
danach geschieden worden ist, innerhalb ein und derselben Diskurssorte
enthalten. Noch Homer
unterscheidet nicht, und zu seiner Zeit gibt es keinen Unterschied zwischen
einer mythischen, im Rhythmus vorgetragenen Erzählung, meistens noch mit
Musik und Tanz begleitet, und einem davon unabhängigen Text, der
philosophisch begriffliche Überlegungen anstellt. Die empirische
Möglichkeitsbedingung philosophischer Texte ist die Alphabetisierung. Das
ist der dritte Gedanke.
[V86:27] Der erste ist: Es gibt überhaupt einen Übergang. Der zweite ist
die Trennung von Poesie und philosophischem Diskurs. Der dritte Gedanke ist,
daß der ästhetische Charakter beim Reden und beim Schreiben mit der
Oralitätsfunktion der Sprache zusammenhängt. Denn auf diese muß auch das
Geschriebene immer wieder zurückkommen. Also könnte man sagen, es gibt so
etwas wie eine Repräsentanz äußerer und innerer Sinnlichkeit in der Sprache.
Das heißt, in poetischen Reden, die sich nun von den philosophischen Reden
trennen, ist größere Komplexität erforderlich als im philosophischen Reden.
Die besondere ästhetische Qualität des Redens |a 92|kommt
in der Poesie, weil es eine viel komplexere Art des Redens ist, nun deutlich
heraus im Unterschied zum philosophischen Argumentieren. Diesen Übergang
sieht Havelock zum ersten Mal
bei Hesiod, wo in einem
mythologisch erinnernden Gedicht zunächst wie bei Homer auch die Muse angerufen wird, und dann mischt
sich plötzlich bei Hesiod die
Frage hinein, ob die Musen denn die Wahrheit sagen oder nicht und was denn
nun der Unterschied zwischen Wahrheit und Lüge sei. Das ist eine
philosophische Frage. Hesiod
war einer der ersten voll alphabetisierten Griechen. Er beherrschte die
Kompetenz, für die das Alphabet die empirische Möglichkeitsbedingung
war.
[V86:28] Dieser Gedankengang war mir wichtig, weil ich den Eindruck hatte,
nun können mir einige Kriterien einfallen, mit deren Hilfe ich entscheiden
kann, ob ein sprachlicher Text eine ästhetische Qualität hat oder nicht, ob
er selbst ein ästhetischer Gegenstand ist. Übrigens möchte ich dazu noch
anmerken, daß der von Havelock gemachte Komplexitätshinweis eine kleine empirische
Stütze hier in ihrem kleinen Projekt hat. Denn interessanterweise sind die
markantesten Unterschiede, die zwischen den Texten auftauchen, solche, die
mit der unterschiedlichen Komplexität der Einführungssituation zu tun haben,
wenn man die Anweisungen ganz wörtlich nimmt. In dem einen Fall wurde eine
sehr komplexe Aufmerksamkeit des Kindes erregt, und in dem anderen Fall war
die Aufmerksamkeit ein bißchen mehr gerichtet oder eingeschränkt.
[V86:29] Welche Kriterien kann ich daraus im einzelnen gewinnen?
•
[V86:30] Havelock
sagt, daß sich in der poetischen Sprache die gesprochene Sprache
wiederholt und aufbewahrt wird. Sie ist ein Echosystem, denn das orale
Gedächtnis ist kein statischer Datenspeicher, sondern ein dynamisches
Angedenken. Ein Angedenken ist etwas anderes, als etwas im Gedächtnis zu
behalten, weil der Ausdruck
„Angedenken“
eine aktive
Tätigkeit des Sich-Erinnerns enthält, also ein dynamisches Element,
während die Vorstellung von den gespeicherten Daten im zentralen
Nervensystem eine statische ist. Das wäre mein erstes Kriterium.
•
[V86:31] Mein zweites Kriterium ist: Es gibt kein Angedenken ohne
Mimesis. Mimetische Vorgänge muß ich in dem Text wiederfinden können, um
ihn der Textsorte
„ästhetische Gegenstände“
zuordnen zu können. Das muß ich vielleicht nicht ausführen, weil wir dazu einiges in dem Buch auch geschrieben haben.8
8Vgl. Mollenhauer 1996, Kapitel 3
(Mimesis – Vorbild und Nachbild, S.
69-99).
Man muß dabei nur sagen, daß der
Ausdruck Mimesis mit dem Wort
„Nachahmung“
, so wie es
im 18. Jahrhundert noch verwendet wurde, nicht zureichend übersetzt
werden kann. Mimesis enthält sowohl einen passiven wie einen aktiven
Anteil. Schiller hat dafür eine schöne Vokabel gefunden. Er hat gesagt: Die ästhetische Tätigkeit ist eine Tätigkeit der aktiven Bestimmbarkeit.
„Bestimmbar“
enthält die von außen nach innen
laufende Empfindungskomponente, das Rezeptive. Das Aktive |a 93|enthält die Spontanitätskomponente, wie man in der
klassischen Periode vor 200 Jahren sagte. Beides ist beteiligt, und das
ist, damals jedenfalls relativ unübertroffen, von Karl Philipp Moritz so
formuliert worden.
•
[V86:32] Drittes Kriterium: Ein Text als ästhetischer Gegenstand ist
keine logische Ordnung, sondern eine der Deutungsdifferenzen, der
Deutungsambivalenzen oder der Oppositionen.
•
[V86:33] Und das vierte Kriterium ist wieder den Griechen
geschuldet, nämlich daß eine Balance geschaffen wird zwischen der
Herrschaft über Oralität und der Herrschaft über Literalität. Havelock sagt, und das hat
mich sehr überzeugt, daß der große Eindruck, den die klassischen
Tragödien immer noch auf uns machen, damit zusammenhängt, daß hier eine
Sprachform gefunden worden ist, in der die Erinnerung an die Oralität
des Redens voll erhalten bleibt. Daß andererseits aber die durch die
Literalisierung inzwischen eingetretene kognitive Differenzierung und
Aufmerksamkeitsrichtung auch ins Spiel kommen, aber keines von beiden
gewinnt die Oberhand. Deshalb sagt Havelock, bleibt diese Epoche historisch so
interessant. Solange eine Kultur immer noch mit diesem Problem zu
kämpfen hat, insofern sie immer noch literarisch ist, ist diese
Balanceleistung für ästhetische Gegenstände eine Notwendigkeit.
•
[V86:34] Mein fünftes Kriterium ergibt sich jetzt fast von selbst:
Das wäre die Verwendung von Metaphern. Immer wenn ich eine Metapher
finde, dann muß ich genauer lesen.
[V86:35] Ich ende mit einer hypothetischen Bestimmung: Immer dann, wenn
diese fünf Kriterien erfüllt sind, handelt es sich um einen ästhetisch
relevanten Text, wie Martin
Seel sagt. Diese ästhetische Relevanz in unserer Kultur verdanken
wir der Balance zwischen Oralität und Literalität.
Literatur
[V86:36] Dehn,
Mechthild (1993): Lernprozesse beim Textschreiben – Prozesse
ästhetischer Erfahrung? In: Der Deutschunterricht, 1993, Nr. 6, S.
78–93
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[V86:37] Dehn,
Mechthild (1996): Zur Funktion literarischer Muster in
Kindertexten. Vortrag auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft
für Sprachwissenschaft
„Schrift und Schreiben“
am 29.
Februar 1996 an der Universität Freiburg
[V86:38] Dehn,
Mechthild (1999): Texte und Kontexte. Schreiben als kulturelle
Tätigkeit in der Grundschule. Berlin
[V86:39] Dehn,
Mechthild/Steffi Habersaat/Swantje Weinhold (1998): Über literarische und Medienfiguren. Schreiben als kulturelle Tätigkeit. In: Claudia Osburg (Hrsg.): Textschreiben,
Rechtschreiben, Alphabetisierung. Initiierung sprachlicher Lernprozesse
im Bereich der Grundschule, Sonderschule und Erwachsenenbildung.
Hohengehren, S. 9–37
[V86:40] Havelock,
Eric A. (1992): Als die Muse schreiben lernte. Frankfurt a.M.
1992
[V86:41] Mollenhauer, Klaus (1996): Grundfragen
ästhetischer Bildung. Theoretische und empirische Befunde zur
ästhetischen Erfahrung von Kindern. Weinheim/München
1996.
[V86:42] Mollenhauer, Klaus (1998):
„Über die Schwierigkeit von Leuten zu erzählen, die
nicht recht wissen, wer sie sind“
. Einige
bildungstheoretische Motive in Romanen von Thomas Mann. In:
Zeitschrift für Pädagogik, 1998, S. 487–502
[V86:43] Panofsky,
Erwin (1964a): Aufsätze zu Grundfragen der Kunstwissenschaft.
Berlin
[V86:44] Panofsky,
Erwin (1964b): Zum Problem der Beschreibung und Inhaltsdeutung
von Werken der bildenen Kunst. In: ders.: Aufsätze zu Grundfragen der
Kunstwissenschaft. Berlin, S. 7–29
Edvard Munch: Mädchen am Meer (1903/04), Öl auf Leinwand, 148 x 90 cm, Hamburger Kunsthalle Foto: Elke Walford,
Hamburg|a [95]|